Klimaänderungen und Landwirtschaft Indien: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 12. Mai 2018, 11:42 Uhr
Landwirtschaft und Klima
Die Landwirtschaft nimmt in Indiens Wirtschaft immer noch eine dominierende Stellung ein. Zwar ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1983 und 2001 von 39 % auf 24 % zurückgegangen. Der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft an allen Beschäftigten hat sich im selben Zeitraum jedoch nur von 63 auf 57 % verringert und umfasst immer noch die Mehrheit der indischen Arbeitskräfte. Zwar konnte die Produktion zwischen dem Beginn der 1980er Jahre und dem Beginn des neuen Jahrhunderts von 130 auf 212 Mio. t gesteigert werden. Die wachsende Bevölkerung macht es jedoch erforderlich, dass bis 2020 die Produktion auf rund 300 Mio. t erhöht werden muss, um den heutigen Ernährungsstand von ohnehin sehr geringen 550 gr/Tag und Kopf (USA: 2850 gr) zu halten. 60 % der Agrarfläche, auf denen diese enorme Erntesteigerung geleistet werden muss, bestehen aus Regenfeldbau und sind von den unsicheren Niederschlägen des Monsuns abhängig. Das zeigt deutlich die Abhängigkeit der indischen Landwirtschaft vom Klima.[1]
Vor allem besteht eine deutliche Abhängigkeit der indischen Landwirtschaft vom Sommermonsun. Etwa 86 % der jährlichen Reisernte fällt in Indien in die Monsunzeit von Juni bis Oktober. Die Reisproduktion wird daher primär vom Verhalten des Monsuns bestimmt. So hat 2009/10 das späte Einsetzen der Monsunregenfälle zu einer Reduktion der Reisproduktion um ca. 10 Mio. t (bei einer Gesamtproduktion von ca. 95 Mio t in 2010/11) geführt.[2] Der Monsunniederschlag zeigt starke Schwankungen von Jahr zu Jahr, die für weiträumige Dürren und Überschwemmungen verantwortlich sind. Auch für den Anbau in der Nachmonsunzeit (ab November) sind die vorausgegangenen Monsunniederschläge wichtig, da bei reichlichen Niederschlägen Bodenfeuchte und Grundwasserspeicher hoch sind, was den Winterpflanzen zugute kommt bzw. der Bewässerung dient. Die Veränderung der Monsunzirkulation durch den Klimawandel ist daher von größter Bedeutung für die indische Landwirtschaft. Außerdem spielt auch der prognostizierte Temperaturanstieg eine wichtige Rolle, da er mit einer höheren Verdunstung und mit Hitzewellen einhergeht. Günstig wird sich dagegen der steigende CO2-Gehalt der Atmosphäre auf das Pflanzenwachstum auswirken.
Klimaänderungen und Landwirtschaft
Die indische Mitteltemperatur ist im 20. Jahrhundert um ca. 0,6 °C angestiegen.[3] Das ist zwar etwas weniger als der globale Durchschnitt von über 0,7 °C, zeigt aber dennoch Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion. Untersuchungen haben ergeben, dass auch schon eine geringe Zunahme der Temperatur in Kombination mit der ebenfalls beobachteten Abnahme der Sonneneinstrahlung durch Aerosolbelastung in der Indus-Ganges-Ebene, dem Kerngebiet der indischen Landwirtschaft, zu einem negativen Trend in der Reis- und Weizenproduktion geführt haben. Der Temperaturanstieg zeigte sich vor allem bei den Minimumtemperaturen der Nacht, die 1991-2000 um 0,56 °C zugenommen hat. Die Sonneneinstrahlung ist dagegen 1981-2004 um 5 % gefallen. Beide Trends führten nach Untersuchungen zu einer Reduzierung der Reisernte. Die Erhöhung der Nachttemperaturen hat am Ende der sommerlichen Wachstumszeit sogar einen höheren Effekt als die Änderungen des Monsuns (s.u.).[4]
In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind die Monsunniederschläge weniger häufig, aber intensiver geworden, wodurch das Risiko von Dürren und Überschwemmungen mit Zerstörungen von Reisernten zugenommen hat. Dürren haben dabei einen deutlich größeren negativen Effekt als extreme Niederschläge. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass der indische Monsun sich auf zwei Arten verändert hat: 1. ist er schwächer geworden, und 2. sind die Niederschläge während der Monsunzeit extremer geworden. Im Zeitraum 1961-1998 lag der mittlere Niederschlag während der Monsunzeit Juni-September bei 1211 mm und damit um 5 % unter dem Mittel der davor liegenden 30-Jahresperiode 1931-1960, das 1259 mm betrug. In nahezu derselben Zeit stieg die jährliche Wahrscheinlichkeit einer Dürre von 8,6 % auf 16,4 %. Zwischen 1951 und 2000 hat außerdem die Häufigkeit von starken und sehr starken Niederschlagsereignissen in Zentralindien um 50 bzw. 100 % zugenommen.[4] Dabei sind vor allem die kurzfristigen Schwankungen der Sommermonsunniederschläge ein Problem für die landwirtschaftliche Produktion. So hat der Abfall der Niederschläge im Jahre 2002 um 19 % zu einer Abnahme der Nahrungsmittelproduktion von 212 Mio. t auf 174 Mio. t (bzw. um 18 %) geführt.[1]
Projektionen
Zahlreiche Modelluntersuchungen haben versucht, die Folgen einer Klimaerwärmung und Erhöhung der CO2-Konzentration auf die Ernte der wichtigsten Anbaufrüchte in Indien für das 21. Jahrhundert zu berechnen. Bei allen zeigen die Erhöhung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre und die Zunahme der Temperatur gegensätzliche Effekte. So zeigen einige Modellrechnungen, dass eine Verdoppelung der CO2-Konzentration die Reisernte um 15 %, die Weizenernte um 28 % und die Sojaernte um 50 % erhöhen würde. Eine Temperaturerhöhung um 3 °C würde diesen positiven Effekt jedoch wieder aufheben. Der Grund liegt vor allem in der Verkürzung der Kornfüllungsphase. Ohne Berücksichtigung des CO2-Effekts würde schon eine Erwärmung um 2 °C genügen, um die Einnahmen in der Landwirtschaft um 8,4 % zu reduzieren.[1]
Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede zwischen Nord- und Südindien. Vor allem Südindien muss bei steigender Temperatur mit Ernteverlusten rechnen, die allerdings durch einen höheren CO2-Gehalt bis zu einem gewissen Grad wieder ausgeglichen werden können. So würde eine Temperaturzunahme um 3 °C in Südindien zu einer Reduzierung der Reisernte um 20 % führen, die nur kompensiert werden kann, wenn die CO2-Konzentration auf nahezu 650 ppm steigt. In Nordindien würde eine Temperaturerhöhung um 3 °C nur zu einem Ernteverlust von ca. 10 % führen. Und hier genügen schon 500 ppm CO2, um den Verlust wieder auszugleichen.[1]
Reis
Reis ist das Hauptnahrungsmittel in Indien. Die Verbesserungen im Reisanbau haben in Indien deutlich dazu beigetragen, die Armut und den Hunger in der indischen Bevölkerung zu reduzieren. Um dem wachsenden Bedarf durch die zunehmende Bevölkerung und die ökonomische Entwicklung zu begegnen, müsste die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts in Indien wie in anderen Entwicklungsländern etwa verdoppelt werden. Auf diesem Hintergrund ist der Einfluss des Klimawandels auf die Reisproduktion von elementarer Bedeutung.
Der Klimawandel wirkt zum einen durch den CO2-Düngungseffekt auf die Reisernte. So könnte nach Freilandexperimenten eine Erhöhung der CO2-Konzentration auf 570 ppm zu einem Plus von 7-15 % bei der Reisernte führen. Eine deutliche Temperaturzunahme könnte diesen Effekt jedoch wieder aufheben. Auch Niederschlagsänderungen sind von Bedeutung.[2]
Die Ernten des bewässerten Reisanbaus werden nach Modellberechnungen bis Ende des Jahrhunderts um etwa 10 % durch den Klimawandel zurückgehen. Dabei sind die regionalen Unterschiede relativ groß. Die stärksten Verluste werden mit 23-30 % im trockenen Nordwesten erwartet, die geringsten im regenreichen Osten und Nordosten. Entscheidend ist dabei die Reaktion der Reispflanzen auf die höheren Temperaturen. Reis ist zwar als tropische Pflanze relativ gut an hohe Temperaturen angepasst. Die indischen Reissorten sind jedoch empfindlich gegenüber hohen Minimumtemperaturen von über 19 °C, hauptsächlich wegen einer reduzierten Verlagerung der organischen Stickstoff- und Kohlenstoffverbindungen in der Pflanze. Aber auch zu hohe Maximumtemperaturen, wie sie mit einem Anstieg um 4-5,3 °C vor allem für den Nordwesten Indiens projiziert werden, können die Reispflanzen unter Stress setzen.[2]
Beim Regenfeldbau, auf den 42 % der Reisanbaugebiete Indiens fallen, zeigen die Modelle eine relativ starke Reduktion der Reisernte bis 2020 um 6 %. In den folgenden Jahrzehnten wird jedoch mit einer relativ unbedeutenden Verringerung von weniger als 2,5 % gerechnet. Der Grund sind deutliche Zunahmen der Reisernte durch den Klimawandel von z.T. bis zu 20 % bis zum Jahrhundertende im Süden Indiens, die die Verluste in den übrigen Regionen z.T. ausgleichen. Der Süden erhält mit 400-800 mm ggenwärtig relativ mäßige Monsunniederschläge. Eine Erhöhung um 15-25 %, wie sie Modellprojektionen zeigen, bedeutet eine deutliche Verbesserung der Anbaubedingungen. Im Osten und Nordosten dagegen mit gegenwärtig schon über 1000 mm Niederschlägen während des Sommermonsuns führt eine Zunahme der Regenfälle um 10-35 % zu Ernteverlusten.[2]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 R.K. Mall et al. (2006): Impact of climate change on Indian agriculture: a review, Climatic Change (2006) 78: 445–478
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Soora, N.K., et al. (2013): An assessment of regional vulnerability of rice to climate change in India, Climatic Change, DOI 10.1007/s10584-013-0698-3
- ↑ Blunden, J., D. S. Arndt, and M. O. Baringer, Eds. (2011): State of the Climate in 2010. Bull. Amer. Meteor. Soc., 92 (6), 1–266.
- ↑ 4,0 4,1 Auffhammer, M., V. Ramanathan, J.R. Vincent (2011): Climate change, the monsoon, and rice yield in India, Climatic Change, DOI 10.1007/s10584-011-0208-4
Klimadaten zum Thema
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Schülerarbeiten zum Thema
Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:
- Indischer Sommermonsum Führt die Klimaerwärmung zur Unbewohnbarkeit von Teilen des indischen Sommermonsumgebietes? (Johanneum zu Lübeck, Lübeck)
Lizenzhinweis
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Klimaänderungen und Landwirtschaft Indien aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |