Kohlenstoffkreislauf: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Klimawandel
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(12 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
== Übersicht ==
== Übersicht ==
[[Bild:CO2-kreislauf.jpg|thumb|420px|Kohlenstoffaustausch zwischen Atmosphäre, Landvegetation und Ozean in GtC pro Jahr sowie die Reservoire in GtC (Gigatonnen = Milliarden t; 1 t C entspricht 3,67 t CO<sub>2</sub>). Die grünen Pfeile und Werte zeigen die natürlichen Austausche und die blauen Werte die natürlichen Reservoire vor 1750 (vor Beginn der Industrialisierung). Die roten Pfeile und Werte zeigen die anthropogenen Flüsse in den 1200er Jahren, die roten Werte bei den Reservoiren die anthropogenen Veränderungen seit Beginn der Industrialisierung.]]
[[Bild:CO2-kreislauf.jpg|thumb|420px|Die Abb. zeigt den Kohlenstoffaustausch zwischen Atmosphäre, Landvegetation und Ozean in GtC pro Jahr sowie die Reservoire in GtC (Gigatonnen = Milliarden t; 1 t C entspricht 3,67 t CO<sub>2</sub>). Die grünen Pfeile und Werte zeigen die natürlichen Austausche und die blauen Werte (in den weißen Kästchen) die natürlichen Reservoire vor 1750. Die roten Pfeile und Werte zeigen die jährlichen anthropogenen Flüsse und der rote Wert in dem Reservoir Atmosphäre die jährliche Kohlentoffzunahme in den 2010er Jahren.]]
Der durch menschliche Aktivitäten in die [[Atmosphäre]] emittierte Kohlenstoff tritt in einen komplizierten natürlichen Kreislauf ein. Neben der Atmosphäre sind der [[Ozean im Klimasystem|Ozean]] und die [[Biosphäre im Klimasystem|Landbiosphäre]] die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, die mit der Atmosphäre in einem aktiven Austausch stehen. Die Landvegetation enthält etwa drei Mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre, der Ozean etwa 50 Mal so viel.
Der durch menschliche Aktivitäten in die [[Atmosphäre]] emittierte Kohlenstoff tritt in einen komplizierten natürlichen Kreislauf ein. Neben der Atmosphäre sind der [[Ozean im Klimasystem|Ozean]] und die [[Biosphäre im Klimasystem|Landbiosphäre]] die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, die mit der Atmosphäre in einem aktiven Austausch stehen. Die Landvegetation enthält etwa drei Mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre, der Ozean etwa 50 Mal so viel.


===Der natürliche Kreislauf===
===Der natürliche Kreislauf===
Das atmosphärische CO<sub>2</sub> wird relativ schnell mit dem Ozean und den Land-Ökosystemen ausgetauscht. Das Verhältnis zwischen der Aufnahme von atmosphärischem CO<sub>2</sub> und der Abgabe an die Atmosphäre durch diese beiden Reservoire bestimmt allgemein das Tempo der Zu- oder Abnahme von [[Kohlendioxid]] in der Atmosphäre. Landvegetation und Ozean sind für atmosphärisches Kohlendioxid sowohl Quellen wie Senken. Die Fähigkeit des Ozeans und der Ökosysteme auf dem Land, als Netto-Senken zu wirken, entscheidet darüber, wie viel von dem anthropogen emittierten Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleibt. Während der letzten 10 000 Jahre vor 1750 war der Austausch zwischen Atmosphäre und Land sowie Atmosphäre und Ozean relativ ausgeglichen. Die natürlichen Austauschmengen betrugen zwischen Atmosphäre und Land 120 Gt C/Jahr (Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr) und zwischen Atmosphäre und Ozean 70 Gt C/Jahr. Das wesentlich größere, allerdings auch sehr langsam reagierende Reservoir des Ozeans steuert den atmosphärischen CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre über Zeiträume von Jahrhunderten und Jahrtausenden nachhaltiger als das Landreservoir.
* Hauptartikel [[Natürlicher Kohlenstoffkreislauf]]
Das atmosphärische CO<sub>2</sub> wird relativ schnell mit dem Ozean und den Land-Ökosystemen ausgetauscht. Das Verhältnis zwischen der Aufnahme von atmosphärischem CO<sub>2</sub> und der Abgabe an die Atmosphäre durch diese beiden Reservoire bestimmt allgemein das Tempo der Zu- oder Abnahme von [[Kohlendioxid]] in der Atmosphäre. Landvegetation und Ozean sind für atmosphärisches Kohlendioxid sowohl Quellen wie Senken. Die Fähigkeit des Ozeans und der Ökosysteme auf dem Land, als Netto-Senken zu wirken, entscheidet darüber, wie viel von dem anthropogen emittierten Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleibt. Während der letzten 10 000 Jahre vor 1750 war der Austausch zwischen Atmosphäre und Land sowie Atmosphäre und Ozean relativ ausgeglichen. Die natürlichen Austauschmengen betrugen zwischen Atmosphäre und Land 120 Gt C/Jahr (Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr) und zwischen Atmosphäre und Ozean 90 Gt C/Jahr.<ref name="Crisp 2022">Crisp, D., H. Dolman, T. Tanhua et al. (2022): [https://doi.org/10.1029/2021RG000736 How well do we understand the land-ocean-atmosphere carbon cycle?] Reviews of Geophysics, 60, e2021RG000736</ref> Das wesentlich größere, allerdings auch sehr langsam reagierende Reservoir des Ozeans steuert den atmosphärischen CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre über Zeiträume von Jahrhunderten und Jahrtausenden nachhaltiger als das Landreservoir.


===Die anthropogene Störung===
===Die anthropogene Störung===
Durch anthropogene Emissionen sind die Austauschprozesse zwischen den drei Reservoiren merklich verändert worden. Dabei tauscht der Ozean von dem [[Kohlendioxidemissionen|anthropogen emittierten Kohlenstoff]] etwa das Zehnfache der Menge mit der Atmosphäre aus, die zwischen Land und Atmosphäre ausgetauscht wird. Beide Reservoire sind z. Zt. eine Netto-Senke von [[anthropogen]]em Kohlenstoff. Die anthropogenen Störungen des natürlichen CO<sub>2</sub>-Kreislaufs resultieren aus zwei Haupt-Quellen:
Durch anthropogene Emissionen sind die Austauschprozesse zwischen den drei Reservoiren merklich verändert worden. Die anthropogenen Störungen des natürlichen CO<sub>2</sub>-Kreislaufs resultieren aus zwei Haupt-Quellen:
# aus der Verbrennung fossiler Energie-Träger und  
# aus der Verbrennung fossiler Energie-Träger und  
# aus Veränderungen der [[Landnutzung]], vor allem der Entwaldung.  
# aus Veränderungen der [[Landnutzung]], vor allem der Entwaldung.  


Von den anthropogenen Emissionen seit 1750 sind etwa die Hälfte in der Atmosphäre verblieben, den Rest haben der Ozean und die Landvegetation aufgenommen. Der Kohlenstoff-Gehalt der Atmosphäre hat durch anthropogene Emissionen [[Industrielle Revolution|seit Beginn der Industrialisierung]] um 240 GtC oder ca. 50 % zugenommen. Die Landvegetation hat 160 GtC akkumuliert, jedoch 180 GtC über den gesamten Zeitraum von 1750 bis 2011 durch veränderte Landnutzung verloren. In den letzten Jahrzehnten ist die Landvegetation jedoch durch vermehrte Photosynthese infolge des höheren CO<sub>2</sub>-Gehalts der Atmosphäre zu einer Kohlenstoff-Senke geworden. Eine wichtige Kohlenstoffsenke ist der Ozean über den gesamten Zeitraum gewesen. Sein Kohlenstoffgehalt hat sich seit 1750 insgesamt um 155 GtC erhöht.<ref>IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I, 6.3.1</ref>
Von den gesamten anthropogenen Emissionen seit 1850 ("vorindustriell") von 650 GtC sind knapp die Hälfte in der Atmosphäre verblieben, den Rest haben der Ozean und die Landvegetation aufgenommen. Die Atmosphäre hat von allen anthropogenen Emissionen [[Industrielle Revolution|seit Beginn der Industrialisierung]] 265 GtC bzw. ca. 41% aufgenommen. Die Landvegetation hat 210 GtC bzw. 32% der Emissionen akkumuliert. Eine wichtige Kohlenstoffsenke ist über den gesamten Zeitraum außerdem der Ozean gewesen. Sein Kohlenstoffgehalt hat sich seit 1750 insgesamt um 160 GtC erhöht, was 25% der gesamten Emissionen durch den Menschen entspricht. Ein Rest von 2% ist ungeklärt.<ref name="Friedlingstein 2020">Friedlingstein, P., O'Sullivan, M., Jones, M. W., et al. (2020): [https://doi.org/10.5194/essd-12-3269-2020 Global Carbon Budget 2020], Earth Syst. Sci. Data, 12, 3269–3340</ref>


Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich die Aufnahme von Kohlenstoff zu Lasten der Atmosphäre verschoben. Die Emission aus fossilen Energien ist zwischen den 1990er Jahren und 2002-2011 von 6,4 auf 8,3 GtC pro Jahr gestiegen. Davon hat die Atmosphäre  in den 1990er Jahren jährlich 3,1 GtC, in den 2000er Jahren 4,3 GtC aufgenommen, der Ozean 2,2 und 2,4 GtC und die Landvegetation 1,1 und 1,6 GtC. <ref>IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I, Table 6.1</ref>
Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich die Aufnahme von Kohlenstoff zu Lasten der Atmosphäre verschoben. Die Emission aus fossilen Energien ist zwischen den 1990er und den 2010er Jahren von 6,3 auf 9,4 GtC pro Jahr gestiegen. Die Emissionen aus der Änderung der Landnutzung haben sich in dem Zeitraum wenig verändert und betrugen in den 2010er Jahren 1,6 GtC/Jahr. In der Summe beliefen sich die anthropogenen C-Emissionen in den 2010er Jahren auf ~11 GtC/Jahr. Davon hat die Atmosphäre  in den 1990er Jahren jährlich 3,2 GtC, in den 2010er Jahren 5,1 GtC aufgenommen, der Ozean 2,0 und 2,5 GtC und die Landvegetation 2,6 und 3,4 GtC.<ref name="Friedlingstein 2020" />
* Hauptartikel: [[Terrestrischer Kohlenstoffkreislauf]]
* Hauptartikel: [[Terrestrischer Kohlenstoffkreislauf]]
* Hauptartikel: [[Kohlenstoff im Ozean]]
* Hauptartikel: [[Kohlenstoff im Ozean]]
Zeile 21: Zeile 22:


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.dmg-ev.de/gesellschaft/publikationen/pdf/promet/pdf_gross/promet30_4.pdf Erste Kopplung von Modellen des Klimas und des Kohlenstoffkreislaufs]. Ein Artikel von Prof. Martin Heimann. Zu finden auf Seite 202 (in der Datei S. 36).
* Kasang, D. (2023): [https://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/buchreihe/climate-engineering/kapitel-1-2/ Globaler Kohlenstoffkreislauf – Wieviel CO2 bleibt jährlich in der Atmosphäre und wieviel Zeit haben wir noch?] In: Lozán J. L., H. Graßl, S.-W. Breckle, D. Kasang & M. Quante (Hrsg.). Warnsignal Klima. S. 24-33. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.climate.engineering.04
* Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC): [http://cdiac.ornl.gov/GCP/ Global Carbon Budget]


== Lizenzhinweis ==
== Lizenzhinweis ==

Aktuelle Version vom 27. April 2024, 11:04 Uhr

Übersicht

Die Abb. zeigt den Kohlenstoffaustausch zwischen Atmosphäre, Landvegetation und Ozean in GtC pro Jahr sowie die Reservoire in GtC (Gigatonnen = Milliarden t; 1 t C entspricht 3,67 t CO2). Die grünen Pfeile und Werte zeigen die natürlichen Austausche und die blauen Werte (in den weißen Kästchen) die natürlichen Reservoire vor 1750. Die roten Pfeile und Werte zeigen die jährlichen anthropogenen Flüsse und der rote Wert in dem Reservoir Atmosphäre die jährliche Kohlentoffzunahme in den 2010er Jahren.

Der durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre emittierte Kohlenstoff tritt in einen komplizierten natürlichen Kreislauf ein. Neben der Atmosphäre sind der Ozean und die Landbiosphäre die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, die mit der Atmosphäre in einem aktiven Austausch stehen. Die Landvegetation enthält etwa drei Mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre, der Ozean etwa 50 Mal so viel.

Der natürliche Kreislauf

Das atmosphärische CO2 wird relativ schnell mit dem Ozean und den Land-Ökosystemen ausgetauscht. Das Verhältnis zwischen der Aufnahme von atmosphärischem CO2 und der Abgabe an die Atmosphäre durch diese beiden Reservoire bestimmt allgemein das Tempo der Zu- oder Abnahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Landvegetation und Ozean sind für atmosphärisches Kohlendioxid sowohl Quellen wie Senken. Die Fähigkeit des Ozeans und der Ökosysteme auf dem Land, als Netto-Senken zu wirken, entscheidet darüber, wie viel von dem anthropogen emittierten Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleibt. Während der letzten 10 000 Jahre vor 1750 war der Austausch zwischen Atmosphäre und Land sowie Atmosphäre und Ozean relativ ausgeglichen. Die natürlichen Austauschmengen betrugen zwischen Atmosphäre und Land 120 Gt C/Jahr (Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr) und zwischen Atmosphäre und Ozean 90 Gt C/Jahr.[1] Das wesentlich größere, allerdings auch sehr langsam reagierende Reservoir des Ozeans steuert den atmosphärischen CO2-Gehalt der Atmosphäre über Zeiträume von Jahrhunderten und Jahrtausenden nachhaltiger als das Landreservoir.

Die anthropogene Störung

Durch anthropogene Emissionen sind die Austauschprozesse zwischen den drei Reservoiren merklich verändert worden. Die anthropogenen Störungen des natürlichen CO2-Kreislaufs resultieren aus zwei Haupt-Quellen:

  1. aus der Verbrennung fossiler Energie-Träger und
  2. aus Veränderungen der Landnutzung, vor allem der Entwaldung.

Von den gesamten anthropogenen Emissionen seit 1850 ("vorindustriell") von 650 GtC sind knapp die Hälfte in der Atmosphäre verblieben, den Rest haben der Ozean und die Landvegetation aufgenommen. Die Atmosphäre hat von allen anthropogenen Emissionen seit Beginn der Industrialisierung 265 GtC bzw. ca. 41% aufgenommen. Die Landvegetation hat 210 GtC bzw. 32% der Emissionen akkumuliert. Eine wichtige Kohlenstoffsenke ist über den gesamten Zeitraum außerdem der Ozean gewesen. Sein Kohlenstoffgehalt hat sich seit 1750 insgesamt um 160 GtC erhöht, was 25% der gesamten Emissionen durch den Menschen entspricht. Ein Rest von 2% ist ungeklärt.[2]

Mit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich die Aufnahme von Kohlenstoff zu Lasten der Atmosphäre verschoben. Die Emission aus fossilen Energien ist zwischen den 1990er und den 2010er Jahren von 6,3 auf 9,4 GtC pro Jahr gestiegen. Die Emissionen aus der Änderung der Landnutzung haben sich in dem Zeitraum wenig verändert und betrugen in den 2010er Jahren 1,6 GtC/Jahr. In der Summe beliefen sich die anthropogenen C-Emissionen in den 2010er Jahren auf ~11 GtC/Jahr. Davon hat die Atmosphäre in den 1990er Jahren jährlich 3,2 GtC, in den 2010er Jahren 5,1 GtC aufgenommen, der Ozean 2,0 und 2,5 GtC und die Landvegetation 2,6 und 3,4 GtC.[2]

Einzelnachweise

  1. Crisp, D., H. Dolman, T. Tanhua et al. (2022): How well do we understand the land-ocean-atmosphere carbon cycle? Reviews of Geophysics, 60, e2021RG000736
  2. 2,0 2,1 Friedlingstein, P., O'Sullivan, M., Jones, M. W., et al. (2020): Global Carbon Budget 2020, Earth Syst. Sci. Data, 12, 3269–3340

Weblinks

Lizenzhinweis

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen.
Kontakt: Dieter Kasang