Ozean im Klimasystem
Übersicht
Der Ozean gehört zu den sich eher langsam ändernden Subsystemen des Klimasystems und übt vor allem auf die Atmosphäre eine dämpfende Wirkung aus. Andere Subsysteme sind die Atmosphäre, die Biosphäre, die Kryopshäre (Eis und Schnee) und der Boden.
Das Klima der Erde und seine Variabilität werden ganz wesentlich von der Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre bestimmt. Dabei kommt dem Ozean schon deswegen eine große Bedeutung zu, weil er 71 % der Erdoberfläche einnimmt und daher die Strahlungsenergie der Sonne hauptsächlich in der obersten Schicht des Ozeans in Wärmeenergie umgewandelt wird.
Die Temperaturerhöhung an der Wasseroberfläche wird jedoch durch die hohe spezifische Wärmekapazität von Wasser verlangsamt: Um eine bestimmte Masse Wasser um 1°C zu erwärmen, wird sehr viel mehr Energie gebraucht als bei anderen Stoffen. Die Temperatur eines Stoffes ist ein Maß dafür, wie schnell sich die einzelnen Moleküle eines Stoffes bewegen. Normalerweise führt die Zufuhr von Energie zu höheren Geschwindigkeiten der Moleküle und somit zu einer höheren Temperatur. Da zwischen den verschiedenen H2O-Molekülen jedoch, im Gegensatz zu anderen Flüssigkeiten, zusätzliche Bindungen (die sog. Wasserstoffbrückenbindungen, siehe Abbildung) auftreten, werden schnellere Bewegungen der einzelnen Moleküle erschwert. Es benötigt viel mehr Energie um diese Bindungen zu lockern oder aufzubrechen und die Teilchengeschwindigkeit zu erreichen, die einer Erwärmung um 1°C entspricht.[1] Außerdem wird die oberste Schicht des Ozeans ständig durchmischt, so dass damit eine viel größere Masse erwärmt werden muss als bei Landoberflächen um eine gleiche Oberflächentemperaturerhöhung hervorzurufen.
Zwischen Ozean und Atmosphäre herrscht ein ständiger Energie-/Wärmeaustausch: Energie wird immer an das Subsystem gegeben, welches gerade weniger Energie besitzt. Im Sommer/ am Tag ist der Ozean kälter als die Atmosphäre, da diese sich schneller durch die höhere solare Einstrahlung erwärmt. Es wird also Wärme von der Atmosphäre in den Ozean transportiert, der diese speichert. Auch im Winter/ in der Nacht reagiert der Ozean nur sehr langsam auf die viel geringere Einstrahlung. Während die Atmosphäre schon wieder stark abgekühlt ist, ist in der oberen Schicht des Ozeans noch viel Wärme gespeichert und erwärmt somit die über ihm liegende Atmosphäre. Der Ozean dämpft also den Einfluss der Sonneneinstrahlung, sodass Landgebiete in Meeresnähe im Winter eher wärmer, im Sommer kühler als meerferne Gebiete sind. Sie zeigen somit einen schwächeren Jahresgang. Analoges gilt für Tag- und Nachttemperaturen.
Die Trägheit des Ozeans bewirkt auch, dass das Klimasystem nur langsam auf Antriebe, z.B. steigende Treibhausgasemissionen, reagiert. Da die Wärmekapazität so hoch und die vertikale Durchmischung so langsam ist, wird es Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern, bis sich das Klima wieder in einem neuen Gleichgewicht befindet, auch wenn der Antrieb plötzlich verschwindet. Eine Folge davon ist, dass heutige Klimaschutzmaßnahmen erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts einen sichtbaren Effekt hätten. Davor reagiert das Klima im Wesentlichen auf die bisher bereits emittierten Treibhausgase.
Die träge Erwärmung von Wasser ist auch im Vergleich zu der Erwärmung von Landoberfläche sehr wichtig. Denn erst durch die starken Temperaturunterschiede können Phänomene wie Monsune auftreten. Dabei erwärmten sich das Land und damit die Luft über dem Land im Sommer so stark, dass sie aufsteigt und Luft vom Meer nachfließen muss. Dabei können sehr hohe Windgeschwindigkeiten erreicht werden. Weil diese nachfließende Luft zusätzlich noch sehr feucht ist, kommt es dabei dann zu starken Niederschlägen.[2] Zwischen Ozean und Atmosphäre findet nämlich nicht nur ein Austausch von Wärme statt, sondern auch von Wasser. Meer und Meereis geben durch Verdunstung Wasserdampf an die Atmosphäre ab. Wie viel Wasser verdunstet, hängt sowohl von der Temperatur ab (je wärmer, desto mehr Wasserdampf kann in der Atmosphäre aufgenommen werden) als auch von der schon vorhandenen Wasserdampfkonzentration. Denn Luft kann nur eine begrenzte Menge an Feuchtigkeit aufnehmen. Diese Feuchtigkeit gibt die Atmosphäre dem Meer als Niederschlag wieder zurück.Ein besonderes Beispiel für den Austausch von Wasser zwischen Ozean und Atmosphäre ist die Innertropische Konvergenzzone. Hier verdunstet viel Wasser aufgrund der hohen Temperaturen, gleichzeitig führt der hohe Wassergehalt in der Luft aber auch zu starkem Regen, der die Feuchte wieder zurück in den Ozean führt.[2] Die Abgabe von Wasserdampf an die Atmosphäre impliziert auch immer die sogenannte latente Wärme. Dies ist Energie, die frei werden kann, wenn der Wasserdampf wieder kondensiert, die einzelnen Moleküle sich also zu Wassertröpfchen verbinden.[2]
Ein weiterer Faktor, der die Ozeane ins Klimasystem einbindet, ist das ozeanische Strömungssystem, das erhebliche Mengen von Energie über große Entfernungen transportiert, in der Regel von den Haupteinstrahlungsgebieten beiderseits des Äquators in Richtung Pol. Der die Einstrahlungsgegensätze ausgleichende Energietransport auf der Erde, der das Leben in den höheren geographischen Breiten überhaupt erst ermöglicht, geschieht aber stärker durch die Atmosphäre als durch den Ozean.
Strömungen
Der ozeanische Transport erfolgt durch Oberflächen- und Tiefenströmungen. Die Oberflächenströme und ihr Energietransport werden durch die atmosphärische Dynamik, d.h. durch Wind, angetrieben, die Tiefenströme wesentlich durch Dichteunterschiede des Meerwassers, die einerseits durch die Temperatur, andererseits durch den Salzgehalt bestimmt werden. Das "Globale Förderband" ist ein alle drei Ozeane umspannendes Strömungssystem, das sowohl durch Dichteunterschiede wie durch Wind angetrieben wird. Temperatur und Salzgehalt des oberflächennahen Meerwassers und damit seine Dichte werden durch Energie- und Frischwasserflüsse (Niederschlag und Verdunstung) zwischen Atmosphäre und Ozean beeinflusst. Der Salzgehalt von Meerwasser wird außerdem durch Süßwasserzufuhr vom Land oder schmelzendes bzw. gefrierendes Meereis bestimmt. Die windgetriebenen Oberflächenströmungen und die Tiefenzirkulation stehen in einem engen Wechselverhältnis: Winde treiben etwa Wasser mit hohem Salzgehalt in Gebiete, in denen es abkühlt und absinkt (wie im Nordatlantik), oder sie treiben warmes Oberflächenwasser von Küsten weg, wodurch kälteres Tiefenwasser aufsteigen kann (vgl. Meeresströmungen). Letzteres geschieht zum Beispiel vor der Westküste des tropischen Südamerikas: Da vor der Küste von Ecuador und Peru die Passatwinde vom Land aufs Meer wehen, schieben sie das Oberflächenwasser von dort weg. Zum Ausgleich steigt an diesen Küsten Tiefenwasser von unten zur Oberfläche auf. Dieses Wasser bringt viele Nährstoffe aus tieferen Schichten mit nach oben, weshalb diese Gebiete sehr fruchtbar und fischreich sind. Dies ändert sich jedoch dramatisch in El Niño-Jahren (siehe auch ENSO).
Gasaustausch
Eine weitere wichtige Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre besteht in dem Gasaustausch zwischen diesen beiden Subsystemen des Klimasystems. Von besonderer Bedeutung für das Klima ist die Fähigkeit des Ozeans das atmosphärische Treibhausgas CO2 durch Lösung aufzunehmen. Dabei kann kaltes Oberflächenwasser mehr Kohlendioxid aufnehmen als warmes. Das ist der Hintergrund für wichtige Rückkopplungsprozesse. Falls sich die Atmosphäre, z.B. durch eine geringere Sonneneinstrahlung, abkühlt, wird auch das Oberflächenwasser des Ozeans kälter und kann dadurch mehr CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Die Folge sind eine Schwächung des Treibhauseffekts und eine noch kühlere Atmosphäre, woraus eine weitere Abkühlung des Oberflächenwassers folgt, das dadurch noch mehr CO2 aufnehmen kann usw, bis ein neues Gleichgewicht hergestellt ist. Bei einer Erwärmung der Atmosphäre, z.B. durch anthropogene CO2-Emissionen, läuft der Prozess in umgekehrter Richtung ab.
Kohlendioxid besitzt im Meer einen eigenen Kreislauf, in dem es verschiedene Stadien durchläuft. Gelöstes CO2 geht im Wasser neue chemische Verbindungen ein und wird durch Photosynthese im Phytoplankton gebunden. Ein bedeutender Teil des Kohlenstoffs wird durch Konvektion (d.h. durch absinkende Wassermassen) und absinkende organische Substanzen dem Oberflächenwasser und damit dem Austausch mit der Atmosphäre für längere Zeit entzogen. Auch diese Prozesse sind temperaturabhängig. So verstärkt kälteres Wasser die Konvektion und wärmeres schwächt sie. Dadurch wird in dem ersten Fall mehr Kohlendioxid dem Oberflächenwasser entzogen, das infolgedessen weiteres CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen kann, wodurch sich die Atmosphäre weiter abkühlt und die Konvektion noch mehr verstärkt wird usw.
Eine zunehmende Aufnahme von Kohlendioxid durch den Ozean, wie sie gegenwärtig durch den erhöhten CO2-Gehalt der Atmosphäre erfolgt, hat aber auch negative Folgen. Der Ozean versauert. Und das ist für zahlreiche Lebewesen im Meer ein Problem (das sog. "andere CO2-Problem"), vor allem für diejenigen, die Kalkschalen bilden. Das Ozeanwasser ist inzwischen so stark versauert wie seit 20 Mio. Jahren nicht mehr. In der Atmosphäre ist Kohlendioxid chemisch inaktiv, d.h. es geht keine Verbindungen mit anderen Gasen ein. Ganz anders verhält sich CO2 jedoch im Meerwasser. Fast das gesamte darin gelöste CO2 reagiert mit Wasser und bildet Kohlensäure. Als Ergebnis sinkt der pH-Wert des Wassers, das dadurch weniger basisch wird, während der von Karbonat-Ionen sinkt. Karbonat-Ionen werden jedoch zur Bildung von Kalziumkarbonat benötigt, dem Baustein von Kalkskeletten und –schalen z.B. von Korallen, Muscheln, Schnecken und Seeigeln.
Unterricht
- Experiment: Die Bedeutung des Ozeans im Klimasystem sieht man im Prinzip jedes Mal veranschaulicht, wenn man kocht. Obwohl die Herdplatte (der Antrieb) schnell heiß wird, dauert es recht lange, bis das Wasser im Topf kocht. Auch wenn man die Herdplatte irgendwann ausschaltet, wird das Wasser durch die Restwärme eventuell sogar noch etwas wärmer, bis es langsam abkühlt. Das Klima reagiert genauso verzögert auf eine Beeinflussung von außen.
Einzelnachweise
Weblinks
- OFFICE FOR CLIMATE EDUCATION (2021): IPCC-Sonderbericht „Ozean und Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima” – Zusammenfassung für Lehrerinnen und Lehrer
- J. Jacobeit (2007): Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Klimasystem, in: Wilfried Endlicher, Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe: Der Klimawandel – Einblicke, Rückblicke und Ausblicke, 1-16
- J. Lozan (Hg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken
Klimadaten zum Thema
Klimadaten zum Thema selbst auswerten? Hier können Sie aus globalen Daten eigene Karten erzeugen.
Hier finden Sie eine: Anleitung zur Visualisierung der Daten.
Klimamodell-Experimente zum Thema
Mit dem einfachen Klimamodell Monash Simple Climate Model (MSCM) können Experimente zur Bedeutung des Ozeans im Klimasystem durchgeführt werden:
- Experiment zur Temperaturwirkung des Ozeans im Klimasystem Durchführung des Experiments mit dem MSCM
- Experiment zur Erwärmung des Ozeans in einem künftigen Klima Durchführung des Experiments mit dem MSCM nach dem Szenario RCP8.5
- Bedienungsanleitung Kurzanleitung zur Nutzung des MSCM
- Arbeitsblätter und Lehrerhandreichungen Anleitung zur Arbeit mit Schülern
Schülerarbeiten zum Thema
Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:
- Erderwärmung ohne uns? Führt die Abschwächung des Nordatlantikstroms zu einer Abkühlung des Klimas in Europa? (Stadtteilschule Walddörfer, Hamburg)
- El Niño über den Einfluss des Klimawandels auf das El-Niño-Phänomen (Johanneum zu Lübeck)
Lizenzhinweis
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