Terrestrischer Kohlenstoffkreislauf

Aus Klimawandel
Schematische Darstellung des terrestrischen Kohlenstoffkreislaufs. Die Werte geben Kohlenstoffflüsse in Gt C/Jahr an.

Kohlendioxid kommt auf der Erde in verschiedenen Speichern vor, in der Atmosphäre, im Ozean, auf dem Land und in geologischen Gesteinsschichten. Zwischen den Reservoiren kommt es zu Austauschprozesse, die den Kohlenstoffkreislauf bilden. Dieser Kreislauf ist im Hinblick auf die Geschwindigkeit der Austauschprozesse zweigeteilt. Der langsame Kohlenstoffkreislauf bezieht durch Vulkanausbrüche, Verwitterung und Plattentektonik sowie in jüngster Zeit durch die Förderung von fossilen Energieträgern durch den Menschen den geologischen Speicher mit ein. Für das Klima und das Leben auf der Erde ist jedoch unmittelbar nur der Kohlenstoff in den oberflächennahen Speichern Ozean, Landbiosphäre und Atmosphäre von Bedeutung.

Der Kohlenstoffkreislauf auf dem Land

Auf dem Land sind drei große Kohlenstoffspeicher zu unterscheiden:

  1. die Vegetation mit 450 GtC (Gigatonnen[1] Kohlenstoff[2]),
  2. die Böden mit 1700 GtC
  3. und der Permafrost 1400 GtC.[3]

Bei den angegebenen Größenordnungen handelt es sich um die natürlichen Reservoire, wie sie um 1750 vor Beginn der Industrialisierung existierten. Dabei tauscht die Landbiosphäre mit der Atmosphäre in einem natürlichen Kreislauf 120 GtC aus.[4]

Die wichtigste Wechselwirkung zwischen Atmosphäre und Land spielt sich über die Vegetation ab. Der Austausch zwischen Atmosphäre und Landbiosphäre geschieht durch die Prozesse von Photosynthese, Veratmung und Verrottung. Pflanzen nehmen durch die Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und geben durch autotrophe Respiration (Veratmung lebender Pflanzen) Kohlendioxid wieder an die Atmosphäre ab. Ein anderer Teil wird durch heterotrophe Respiration beim Abbau abgestorbener Biomasse durch Organismen der Atmosphäre zugeführt. Nur ein geringer Teil des Kohlenstoffs wird über längere Zeit im Boden gespeichert. Durch die Photosynthese der Pflanzen wird auch Sauerstoff freigesetzt. Dass Pflanzen insgesamt mehr CO2 aufnehmen als sie abgeben, liegt daran, dass sie mittels Photosynthese Biomasse aufbauen.

In der Bruttoprimärproduktion (BPP) der Pflanzen werden 120 Gt C pro Jahr zunächst durch die Photosynthese assimiliert (aufgenommen).[5] Etwa die Hälfte dieses Kohlenstoffs (ca. 60 Gt C pro Jahr) geht durch die Atmung der Pflanzen (autotrophe Respiration, Ra) aber unmittelbar wieder an die Atmosphäre verloren. Die andere Hälfte geht dauerhafter in das Wachstum der Biomasse ein (Nettoprimärproduktion, NPP). Ein Großteil der Biomasse fällt jedoch als Streu (Laub, heruntergefallene Zweige etc.) an und wird durch Bodenorganismen mineralisiert, wobei jährlich 55 Gt C des durch das Wachstum der Pflanze gespeicherten Kohlenstoffs von 60 Gt C pro Jahr wieder an die Atmosphäre abgegeben werden (heterotrophe Respiration, Rh). D.h. nur 5 Gt C werden über längere Zeiträume durch die sogenannte Nettoökosystemproduktion im Stamm und Wurzelwerk gespeichert.

Die anthropogene Störung

Änderung der Netto-Primärproduktion

Wie viel CO2 eine Pflanze als Biomasse speichert, hängt von vielen Faktoren ab, die für eine effiziente Photosynthese unerlässlich sind: Die Verfügbarkeit von Wasser, die Verfügbarkeit von Sonnenlicht im richtigen Wellenlängenbereich, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Stickstoff- und Schwefelverbindungen und einigen anderen. Für die Photosynthese sind besonders Licht, Nahrung und Kohlendioxid von Bedeutung, die Atmung ist dagegen vorrangig von der Temperatur abhängig.

Abhängigkeit der Blattphysiologie von der Temperatur. Links: Bruttoprimärproduktion (obere Kurve) und Atmung (untere Kurve). Da die Atmung der Pflanzen mit der Temperatur ansteigt, die Photosyntheserate aber ein Maximum erreicht und danach wieder abfällt, hat auch die Differenz der beiden, nämlich die Nettoprimärproduktion (rechts), ein Maximum.

Die natürlichen Kreisläufe werden gegenwärtig durch den menschengemachten Klimawandel erheblich verändert. So werden in den mittleren und höheren Breiten verlängerte Wachstumszeit durch einen früheren Frühlingsbeginn und ein späteres Herbstende beobachtet. Die Erwärmung hat in Europa bereits heute zu einer längeren Wachstumszeit von 11 Tagen seit den frühen 1960er Jahren geführt und damit auch zu einer vermehrten CO2-Aufnahme. In höheren Breiten können dadurch außerdem Pflanzen reifen, für die das bislang wegen zu niedriger Temperaturen nicht möglich war. Allerdings sind viele Pflanzen an die Kombination bestimmter Temperatur- und Helligkeitsperioden im Tag-Nacht-Rhythmus angepasst, so dass sie nicht ohne weiteres von niederen in höhere Breiten migrieren können.

Einige Untersuchungen gehen davon aus, dass sich die Nettoprimärproduktion der meisten Pflanzen der mittleren und höheren Breiten bei einer CO2-Verdoppelung um 33% erhöhen könnte, wobei das größte Potential bei den Wäldern dieser Klimazonen liegt. Bei vielen Pflanzen in den Trockengebieten würde dieser Wert deutlich darunter liegen. Bei einer deutlich höheren CO2-Konzentration von z.B. 800-1000 ppm[6] zeigen experimentelle Untersuchungen, dass sich die Nettoprimärproduktion entweder nur geringfügig erhöhen oder sogar zurückgehen wird.

Im Gegensatz zu den hohen Breiten reagiert die Biosphäre der Tropen vermutlich mit einer sinkenden NPP auf die Erwärmung, da das Temperaturoptimum dort überschritten wird. Aktuelle Modellrechnungen ergeben, dass der Rückgang der NPP in den Tropen deutlich stärker ausfallen könnte als der Zuwachs in den hohen Breiten.[7]

Änderung der heterotrophen Respiration

Viele verschiedene Arten von Mikroorganismen auf und in den Böden sind daran beteiligt, das organische Material der toten Pflanzen zu zersetzen und aufgrund ihrer Atmung dann als CO2 in die Atmosphäre abzugeben. Untersuchungen zeigen eine starke Abhängigkeit dieser heterotrophen Respiration von der Temperatur (wie es dem obigen Bild entsprechend auch bei der autotrophen Respiration, also der Atmung der Pflanzen, der Fall ist). Je höher die Temperatur im Boden ist, desto schneller findet diese Zersetzung statt - die heterotrophe Respiration steigt und hat damit senkenden Einfluss auf die Netto-Biomproduktion. In den höheren Breiten der Nordhalbkugel ist zudem damit zu rechnen, dass ein großer Teil der Permafrostböden, in denen sich nahezu 20% des globalen im Boden gespeicherten Kohlenstoffs befinden, auftaut und Teil des aktiven Kohlenstoffkreislaufs wird. Dabei wird wahrscheinlich mehr Kohlendioxid freigesezt, als durch Pflanzenwachstum gespeichert wird. In den Trockengebieten wird eine temperaturbedingte Erhöhung der Verdunstung eher zu einer verringerten CO2-Aufnahme führen, da hier das Pflanzenwachstum stark durch die Wasserversorgung gesteuert wird. Quantitativ lassen sich die Auswirkung der klimatischen Änderungen auf den Kohlenstoffkreislauf allerdings schwer abschätzen.

Quellen und Senken

Der Austausch der Atmosphäre mit der terrestrischen Biospäre kann je nach Intensität der Kohlenstoff bindenden bzw. freisetzenden Prozesse für die Atmosphäre positiv sein, dann ist die Biospäre eine Quelle von Kohlenstoff für die Atmosphäre, oder er kann negativ sein, dann ist die terrestrische Biosphäre eine Senke. Seit 1850 hat sich die terrestrische Senke auf 195 GtC summiert, was über den gesamten Zeitraum gerechnet 30% der anthropogenen Emissionen ausmacht. Dabei hat sich die Wachstumsrate der terrestrischen CO2-Senke in den letzten 60 Jahren mit der steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 1,2 GtC/Jahr in den 1960er Jahren auf 3,1 GtC/Jahr in den 2010er Jahren fast verdreifacht. Am stärksten hat sich der CO2-Düngungseffekt in den Tropen ausgewirkt. Insgesamt ist der Anteil der Landsenke jedoch auch über die letzten 60 Jahre relativ konstant geblieben.[8]

Die vermehrte Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch die Landbiosphäre (Vegetation und Bode) ist vor allem durch den sog. CO2-Düngungseffekt infolge der Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration bedingt, aber auch durch klimatische Änderungen wie eine Verlängerung der Wachstumszeit in höheren Breiten.[8] Die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre fördert das Wachstum der Landvegetation und verstärkt damit die CO2-Speicherung von Ökosystemen. Dieser CO2-Düngungseffekt wird beeinflusst durch die Temperatur und die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Klimasimulationen zeigen, dass die CO2-Aufnahme durch die Landvegetation bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bei dem hohen Szenario SSP8.5 auch weiterhin zunehmen, bei den niedrigeren Szenarien allerdings zurückgehen wird. Der Rückgang ist dabei vor allem durch die begrenzte Verfügbarkeit von Nährstoffen bedingt.[9]

Auch die Entwicklung von Störungen der Ökosysteme, vor allem durch Waldbrände, hängt davon ab, wie das Klima sich ändern wird und wie ihre Bewirtschaftung durch den Menschen geschieht. Es wird vermutet, dass die CO2-Emissionen durch Störungen in Zukunft zunehmen werden. Eine genaue Abschätzung der zukünftigen Emissionen aus Bränden und anderen Störungen ist aufgrund der großen Unsicherheiten nicht durchführbar. Dass es sich aber um einen bedeutenden Beitrag handeln könnte, zeigt sich an der Größenordnung der gegenwärtigen Störungen, die jährlich mehrere Gigatonnen Kohlenstoff freisetzen, etwa ein Drittel der menschengemachten direkten Emissionen. Mehr Informationen zu Waldbränden findet sich in dem Artikel Waldbrände.

Erst die Gesamtsumme der obigen Beiträge ergibt global und über das Jahr gemittelt die Änderung der Netto-Biomproduktion und damit die Menge an Kohlenstoff, die der Atmosphäre jährlich entzogen wird. Beobachtungen zeigen momentan noch ein Überwiegen des Düngeeffekts über die Folgen des Klimawandels, die die drei letzten Terme der Bilanz in die Höhe treiben.

Den Ergebnissen von Klimamodellen zufolge wird die NBP in den nächsten Jahrzehnten positiv bleiben, durch den voranschreitenden Klimawandel jedoch zur Mitte des 21. Jahrhunderts negativ werden. Das Land wird dann zu einer CO2-Quelle. Dies hängt natürlich noch zusätzlich davon ab, welche Klima- und Landnutzungspolitik betrieben wird. Für die zukünftige Entwicklung dieses wichtigen Kohlenstoffspeichers ist es also von Bedeutung, wie in Zukunft mit den globalen Wäldern umgegangen wird.

Die Entwicklung des Kohlendioxidgehalts ist zwar äußerst klimarelevant, aber nicht der einzige Einfluss, den die Biosphäre im Klimasystem hat. Außer den hier genannten biogeochemischen Effekten gibt es auch starke biogeophysikalische Einflüsse: Pflanzen beeinflussen das Klima auch über den Austausch von Wasser und Impuls und die Steuerung der Oberflächenenergiebilanz. Ob die Vegetationsbedeckung an einem Ort oder global einen kühlenden oder erwärmenden Einfluss hat, hängt daher nicht nur von ihrer Speicherfähigkeit für Kohlenstoff ab!

Landnutzungsänderungen

In den letzten Jahrhunderten musste ein großer Teil der Wälder und der sonstigen natürlichen Vegetation der landwirtschaftlichen Nutzung weichen. Dieser Prozess degradierte den Boden, führte häufig zur Bodenerosion und laugte die Nährstoffe aus. Die Vernichtung der natürlichen Vegetation und die Bodenzerstörung führten zu erheblichen Kohlenstoffverlusten. Nahezu 90% davon entfallen auf die Vernichtung von Wäldern. Eine jüngere Berechnung schätzt die gesamte Kohlenstoffemissionen der Landbiosphäre für die Zeit von 1850 bis 2006 auf 158 Gt C.[10] Während der ersten 100 Jahre war die Umwandlung in Ackerland in Europa und Nordamerika die Hauptquelle für die CO2-Emissionen aus Landnutzungsänderungen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Ackerfläche hier jedoch kaum noch ausgeweitet und ist teilweise, auch durch Wiederaufforstung, zurückgegangen. Dadurch sind von den außertropischen Gebieten in den 1980er und 1990er Jahren Netto kaum noch CO2-Emissionen in die Atmosphäre erfolgt. Dafür haben sich durch die Abholzung von Regenwäldern zunehmend die Tropen zu CO2-Quellen entwickelt, in den 1980er Jahren mit 1,4 Gt Kohlenstoff pro Jahr, in den 1990er Jahren mit 1,6 Gt C/Jahr.[11]

Einzelnachweise

  1. 1 Gigatonne = 1 Mrd. Tonnen
  2. 1 Gigatonne C = 3,664 Gt CO2
  3. Werte nach Friedlingstein, P., M. O'Sullivan, M.W. Jones et al. (2023): Global Carbon Budget 2023, Earth Syst. Sci. Data, 15, 5301–5369
  4. Crisp, D., H. Dolman, T. Tanhua et al. (2022): ow well do we understand the land-ocean-atmosphere carbon cycle? Reviews of Geophysics, 60, e2021RG000736.
  5. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Sientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge and New York 2001, Figure 3.1
  6. ppm (Teile pro Million) ist das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtzahl der Moleküle in trockener Luft.
  7. Raddatz et al. (2007): Will the tropical land biosphere dominate the climate–carbon cycle feedback during the twenty-first century?, Climate Dynamics (29), 565–574.
  8. Hochspringen nach: 8,0 8,1 Friedlingstein, P., M.W.Jones, M. O'Sullivan (2022): Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005
  9. IPCC AR6, WGI (2021): Global Carbon and other Biogeochemical Cycles and Feedbacks, 5.4.1
  10. Josep G. Canadell et al. (2007): Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 10.1073/pnas.0702737104
  11. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 7.2

Weblinks


Schülerarbeiten zum Thema

Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:

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