Permafrost

Aus Klimawandel
Verbreitung von Permafrost auf der Nordhalbkugel. Blauabstufungen: zusammenhängender Permafrost, unzusammenhängendes Vorkommen, sporadisches Vorkommen, isolierte Flecken, submariner Permafrost

Verbreitung

In Gebieten, in denen die Temperatur über mehrere Jahre unter 0 oC liegt, bildet sich dauerhaft gefrorener Boden, der so genannte Permafrost. Große Areale von Permafrost gibt es in den Tundren und borealen Waldgebieten Nordamerikas und Eurasiens. Permafrost findet sich in geringer Ausdehnung außerdem in eisfreien Gebieten der Antarktis, auf einigen subantarktischen Inseln, in Hochgebirgen sowie als Relikt der letzten Kaltzeit am Boden der Schelfgebiete des Arktischen Ozeans. Nach Modellberechnungen auf der Basis von Bodentemperaturen beträgt das Permafrostgebiet auf der Nordhalbkugel 13,8 Mio. km2. Davon sind 10,7 Mio. km2 Gebiete mit zusammenhängendem Permafrost, der Rest bersteht aus unzusammenhängendem Vorkommen. Davon zu unterscheiden ist die Permafrostregion, die auch isolierte und sporadische Vorkommen von Permafrost umfasst und auf 20,8 Mio. km2 berechnet wurde.[1] Die Mächtigkeit von Permafrost in den hohen Breiten kann zwischen über 1000 bis zu wenigen Metern schwanken. Das gesamte Volumen wird für die Nordhalbkugel auf 11000-35000 km3 geschätzt, was einem Meeresspiegelanstieg von 3-9 cm entsprechen würde.[2]

Die Bildung von Permafrost wird wesentlich durch die Kontinentalität des Klimas begünstigt. So haben die geringen Winterniederschläge in Sibirien ein Gefrieren des Erdbodens bis in Tiefen von mehreren Hundert Metern und eine Ausdehnung des Permafrosts bis in mittlere Breiten zur Folge, da hier eine schützende Schneedecke nur wenig ausgebildet ist.

Profil der Permafrostzone in Alaska zwischen 70° und 60° n.Br.

Permafrost in hohen Breiten

Erwärmung

Die Temperaturen im Permafrost sind ein sensibler Indikator für Klimaschwankungen in Zeitskalen von Jahrzehnten und Jahrhunderten. In den letzten Jahrzehnten ist die Temperatur im Permafrost der Nordhalbkugel deutlich gestiegen. So sind die Oberflächentemperaturen im Permafrost am Nordrand von Alaska seit den 1980er Jahren um 3 oC und im Norden Kanadas um 2 oC angestiegen. Auch in Sibirien gab es in den oberen Schichten des Permafrosts Temperaturanstiege um ca. 2 oC, und in Tibet haben die Permafrost-Temperaturen um 0,5 oC und im Nordosten Chinas um bis zu 1,5 oC zugenommen.[3] Die Ursache für die Erwärmung des Permafrostbodens liegt nicht nur in der Erwärmung der Atmosphäre, sonder teilweise auch in der höheren Schneebedeckung, die eine geringere Auskühlung des Bodens im Winter zur Folge hat.

Permafrostgebiete um das Jahr 2050. Dunkelblau: zusammenhängender Permafrost, blau: unzusammenhängendes Vorkommen, hellblau: sporadisches Vorkommen.

Verringerung der Permafrostgebiete

Die Folgen der Erwärmung sind in vielen Gebieten eine Verringerung der räumlichen Ausdehnung der Permafrostgebiete und der Mächtigkeit des dauerhaft gefrorenen Bodens sowie eine Vertiefung des über dem Permafrost liegenden Auftaubodens. Die Südgrenze der Permafrostzonen wandert durch die Erwärmung nach Norden. Zusammenhängende Permafrostgebiete werden teilweise durch unzusammenhängende und diese durch sporadische Permafrostzonen ersetzt. Modellprojektionen ergeben eine Verringerung der Permafrostgebiete der Nordhemisphäre bis 2080 um ca. ein Drittel und eine Zunahme der saisonalen Tiefe des Auftaubodens um bis zu 50% und mehr, bei allerdings relativ großen Differenzen zwischen den einzelnen Modellen.[3] So ergibt eine Modellsimulation eine Verringerung der Ausdehnung der zusammenhängenden Permafrostzone von gegenwärtig 10,5 auf etwa 1 Million km2 im Jahre 2100 nach dem A2-Emissions-Szenario des IPCC.[4]

Folgen für Ökosysteme

Die Auflösung von Permafrost und die Vertiefung des Auftaubodens haben weit reichende Folgen für Ökosysteme und Infrastrukturanlagen. Eine wichtige Konsequenz ist die Bildung von Thermokarst. Dabei handelt es sich um Bodenabsenkungen und -einbrüche, die vermooren und sich mit Wasser füllen. So zeigen Satellitendaten, dass sich in der zusammenhängenden Permafrostzone Sibiriens die von Seen eingenommene Fläche in den letzten 30 Jahren bereits um 12% vergrößert hat. Wo der Permafrost bis in die Tiefe ganz aufgetaut ist, versickert dagegen das Wasser und Anzahl und Fläche der Seen nimmt ab.[5] Hier können sich neue Pflanzengemeinschaften ansiedeln, so dass Strauchvegetation und Wälder ihre Grenzen nach Norden verschieben. Die sich nach Norden ausbreitende Vegetation kann einerseits mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen. Es wird jedoch angenommen, dass dieser klimatische Effekt durch den der verringerten Albedo von Strauch- und Wald- gegenüber Tundraflächen deutlich übertroffen wird.[6] Hinzu kommt, dass auftauender Permafrost gespeicherten Kohlenstoff in Form von Methan und Kohlendioxid frei setzt. Die gesamte im Permafrost der Nordhalbkugel gespeicherte Menge wird auf etwa 1000 Gigatonnen[7] geschätzt, die bei einem Auftauen des Permafrosts größtenteils innerhalb eines Jahrhunderts freigesetzt werden würde.[8] Dadurch können positive Rückkopplungen ausgelöst werden, durch die die regionale und globale Erwärmung verstärkt wird.[9]

Auftauender Permafrost kann auch die Wasserführung der Flüsse erhöhen, mit Konsequenzen vielleicht sogar für die ozeanischen Zirkulationssysteme, die sich durch die Zufuhr von Süßwasser verändern können. Besonders sensibel reagieren die arktischen Küsten auf den Permafrostabbau. Sie können durch Wellengang stärker erodiert werden.

Wirtschaftliche und soziale Folgen

Viele Verkehrswege und Bauten können durch das Auftauen von Permafrost ihre Untergrundstabilität verlieren. Straßen, Eisenbahnlinien, Pipelines, elektrische Leitungen und Flughäfen in Sibirien, Alaska und im nördlichen Kanada sind auf Permafrost gebaut. Besonders in Sibirien liegen auch größere Siedlungszentren in Permafrostgebieten. Taut das Eis im Untergrund auf, kann es zu erheblichen Zerstörungen kommen, die nur mit hohen Kosten reparabel sind oder sogar zur Aufgabe der Anlagen führen müssen. So gilt etwa in Alaska besonders die 1280 km lange Trans-Alaska-Pipeline als gefährdet.[10]

Nach Projektionen mit dem Szenario RCP4.5 für 2041-2060 (~2050) werden 3,6 Mio. Menschen bzw. Dreiviertel der aktuellen Bevölkerung in Permafrostgebieten der Nordhalbkugel durch das Tauen von Permafrost betroffen sein, insbesondere durch die Zerstörung von Infrastrukturanlagen. 69% der arktischen Infrastruktur befindet sich in Gebieten, wo der Permafrost nach Projektionen um die Jahrhundertmitte auftauen wird und es dadurch zu Bodenabsenkungen und dem Verlust der Stabilität des Bodens kommen kann. Besonders hoch ist das Risiko für Eisenbahnlinien. Ähnliches trifft aber auch für die Transportrouten von Öl und Gas zu. Um 2050 werden fast eine Mio. Menschen in Hochrisikozonen (Gebiete mit relativ hohem Bodeneisgehalt) leben. Diese Gebiete umfassen mehr als 36 000 Gebäude, 13 000 km Straßen und ca. 100 Flughäfen. Auch über 45 % der Öl- und Gasfelder in der russischen Arktis sind um 2050 wahrscheinlich Hochrisikogebiete, in denen auch wichtige Städte wie Vorkuta und Novyi Urengoy liegen. Aus der Yamal-Nenets-Region in Westsibirien bezieht die EU ein Drittel ihrer Pipeline-Importe.[11]

Methan im Permafrost

Alpiner Permafrost

Ein besonderes Problem stellt die Auflösung von Permafrost in den Hochgebirgen der mittleren Breiten dar. Hier leidet vor allem die Bodenfestigkeit an steilen Hängen. So war im Hitzesommer 2003 in den Alpen die Steinschlagtätigkeit und Felssturzaktivität außergewöhnlich hoch. In der Schweiz war der Sommer 2003 bis zu 5 oC wärmer als im langjährigen Durchschnitt 1961-1990.[12] Die Stabilität eisgefüllter Klüfte nimmt mit steigender Eis- bzw. Felstemperatur deutlich ab. Da steile Felshänge im Winter keine Schneebedeckung besitzen, sind sie über ihre Oberfläche direkt mit der Atmosphäre gekoppelt. Zunächst nimmt als Folge einer erhöhten Temperatur die Mächtigkeit der oberflächennahen jährlichen Auftauschicht zu. Im Juli und August 2003 war die Auftautiefe um einen halben Meter größer als in den vorhergegangenen 20 Jahren, die auch schon verhältnismäßig warm waren. Die außergewöhnliche Felssturz-Aktivität im Sommer 2003 ist hauptsächlich eine Folge der schnellen, oberflächennahen thermischen Reaktion der Felswände und einer wesentlich größeren Auftautiefe im Sommer 2003 als in den bereits warmen vorhergehenden Jahren. Die Ereignisse von 2003 können als erste Anzeichen einer künftigen Entwicklung gesehen werden.

Einzelnachweise

  1. Obu, J., S. Westermann, A. Bartsch, et al. (2019): Northern Hemisphere permafrost map based on TTOP modeling for 2000–2016 at 1 km2 scale, Earth Science Reviews, 193, 299–316. Earth-Sci. Rev. 2020, 203, 103037
  2. Kutzbach, L., P. Overduin, E.-M. Pfeiffer, S. Wetterich & S. Zubrzycki (2015): Terrestrischer und submariner Permafrost in der Arktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.). Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 78-86
  3. 3,0 3,1 ACIA (2005): Arctic Climate Impact Assessment 2005, Chapter 6: Cryosphere and Hydrology
  4. Lawrence, D.M., and A.G. Slater (2005): A projection of severe near-surface permafrost degradation during the 21st century, Geophys. Res. Lett., 32, L24401, doi:10.1029/2005GL025080
  5. Smith, L.C., Y. Sheng, G.M. MacDonald, and L.D. Hinzman (2005): Disappearing Arctic Lakes, Science 308, 1429
  6. Lawrence, D.M., and A.G. Slater (2005): A projection of severe near-surface permafrost degradation during the 21st century, Geophys. Res. Lett., 32, L24401, doi:10.1029/2005GL025080
  7. Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde (109) Tonnen oder einer Billion (1012) Kilogramm.
  8. Zimov, S.A., E.A.G. Schuur, and F.S. Chapin III (2006): Permafrost and the Global Carbon Budget, Science 312, 1612-1613
  9. Lawrence, D.M., and A.G. Slater (2005): A projection of severe near-surface permafrost degradation during the 21st century, Geophys. Res. Lett., 32, L24401, doi:10.1029/2005GL025080
  10. Nelson, F.E., and L.W. Brigham (2003): Climate Change, Permafrost, and Impacts on Civil Infrastructure, Chapter 3
  11. Hjort, J., O. Karjalainen, J. Aalto, et al. (2018): Degrading permafrost puts Arctic infrastructure at risk by mid-century. Nature Communications 9, 5147. https://doi.org/10.1038/s41467-018-07557-4
  12. PERMOS-Autorenteam: Permafrost der Schweizer Alpen 2002/03 und 2003/04 (2005): Die Alpen 10/2005

Weblinks


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