Erwärmung des Ozeans: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 19. Oktober 2018, 10:49 Uhr

Abb. 1a: Meeresoberflächentemperatur im Mittel der Sommermonate (JJA) 1961-2000 in °C

Die Zunahme der Treibhausgaskonzentration hat die im Erdsystem gespeicherte Wärme erhöht. Gewöhnlich wird das an der Erwärmung der Atmosphäre abgelesen. Aber der allergrößte Teil der zusätzlichen Energie, die zwischen 1971 und 2010 das Erdsystem erwärmt hat, nämlich ca. 93 %, geht in den Ozean.[1] Der Ozean ist durch seine großes Volumen und seine hohe Wärmekapazität mit mit Abstand das größte Wärme-Reservoir im Klimasystem. Die Wärmeaufnahme durch den Ozean stellt daher einen Puffer bei Klimaänderungen dar und verlangsamt im gegenwärtigen Klimawandel deutlich die Erwärmungsrate der Atmosphäre.[2]

Abb. 1b: Meeresoberflächentemperatur im Sommer 2070-2099 nach RCP8.5 in °C

Meeresoberflächentemperaturen

Die Meeresoberflächentemperatur (auch SST nach engl. Sea Surface Temprature) ist die Wassertemperatur der oberen Ozeanschicht. Die Tiefe der Schicht ist nicht genau definiert und beträgt zwischen weniger als einen mm bis einige m. Die Meeresoberflächentemperatur ist vor allem durch zwei Faktoren bestimmt:

  1. die Temperatur der Atmosphäre und
  2. die Meeresströmungen.

Entsprechend sieht man einerseits eine deutliche Temperaturabnahme vom Äquator zu den höheren Breiten und zweitens charakteristische Abweichungen von diesem Muster in bestimmten Regionen, die durch kalte bzw. warme Meeresströmungen geprägt sind (Abb. 1a). Auffällig sind in dieser Hinsicht zum einen die relativ kalten Temperaturen vor der Küste von Peru. Sie sind durch den kühlen Humboldt-Strom verursacht, der aus höheren südlichen Breiten kaltes Wasser Richtung Äquator transportiert. Hinzu kommt, dass der Humboldt-Strom vor der Peruanischen Küste durch die Corioliskraft nach Westen abdriftet und damit kaltes Auftriebswasser erzeugt. Bei dem ENSO-Phänomen, d.h. dem Wechsel zwischen La Niña und El Niño, spielt dieses kalte Wasser eine wichtige Rolle. Ähnlich wirken sich der Benguela-Strom vor der Westküste Südafrikas und der Kuroshio vor der Ostküste Japans aus (allerdings ohne ENSO). Zweitens fällt auf, dass das Oberflächenwasser des Atlantiks vor der europäischen Nordwestküste bis weit nach Norden relativ warm ist. Dafür sind der Golfstrom und seine Fortsetzung, der Nordatlantik-Strom, verantwortlich, die relativ warmes Wasser aus dem Golf von Mexiko bis vor die Küsten Norwegens transportieren.

Die Frage nach dem Einfluss der globalen Erwärmung auf die Meeresoberflächen-Temperatur muss daher in zwei Fragen aufgeteilt werden:

  1. Wie beeinflusst die wärmere Atmosphäre das Meerwasser?
  2. Wie beeinflusst die wärmere Atmosphäre die Meeresströmungen?

Die Temperatur in den letzten 100 Jahren ist stärker über dem Land, insbesondere über den großen Kontinentalmassen, als in der oberen Schicht des Meeres angestiegen. So sind die Meeresoberflächentemperaturen im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts nur etwa halb so stark gestiegen wie die Landtemperaturen. Einzelne Ozeangebiete zeigen sogar eine Abkühlung.

Die Meeresoberflächentemperaturen stehen in unmittelbarem Kontakt mit der Atmosphäre, weshalb sich deren Temperaturänderungen ähnlich auch bei den Temperaturen der Meeresoberfläche[3] bemerkbar machen. Ähnlich wie bei den Temperaturen der Atmosphäre zeigt sich bei den Meeresoberflächentemperaturen ein deutlicher Anstieg vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis ca. 1940, dann eine leichte Abnahme und seit den 1970er Jahren wieder ein sehr deutlicher Anstieg. Neben der atmosphärischen Temperatur spielen aber auch Schwankungen der Ozeanzirkulation eine wichtige Rolle für die Meeresoberflächentemperatur. Daher entwickeln sich die Temperaturen in den einzelnen Ozeanen durchaus abweichend. Im Pazifik besitzt das ENSO-Phänomen einen wichtigen Einfluss, im Atlantik die thermohaline Zirkulation.

Abb. 2: Mittlere zonale Temperaturveränderung des Ozeans bis zu einer Tiefe von 700 Metern 1971-2010 in °C pro Jahrzehnt; schwarze Linien: zonale Mitteltemperaturen in °C

Auf längeren Zeitskalen gibt es großräumige Abkühlungs- und Erwärmungsphasen bei den Meeresoberflächentemperaturen im Nordatlantik durch die Atlantische Multidekadische Oszillation (AMO), die zumindest teilweise von der thermohalinen Zirkulation bzw. Meridionalen Umwälzzirkulation (MOC) angetrieben wird. Der Nordatlantik hat sich seit den 1970er Jahren stark erwärmt, aber seit Beginn des neuen Jahrhunderts sind die Temperaturen nahezu konstant geblieben.[4]

Ähnliche Temperaturschwankungen wie im Nordatlantik gibt es auch bei der Meeresoberflächentemperatur im Pazifik. Eine Ursache ist die erwähnte El-Niño-Southern-Oscillation (ENSO). So war z.B. 1998 deshalb ein außergewöhnlich warmes Jahr, weil der stärkste je gemessenen El Niño die Temperaturen weltweit nach oben getrieben hat. Einen fast so starken El Niño gab es auch 2015/16. Bei einem El Niño wird durch Umverteilung von Wassermassen im Pazifik kaltes Auftriebswasser im östlichen tropischen Pazifik unterdrückt und durch warmes Wasser aus dem westlichen Pazifik ersetzt. Bei einer La-Niña-Phase ist es umgekehrt: Kaltes Auftriebswasser gelangt vor der südamerikanischen Westküste vermehrt an die Oberfläche und breitet sich nach Westen aus. Seit dem Jahr 2000 gab es kein größeres El-Niño-Ereignis; vielmehr dominierten im tropischen Pazifik die kühlen La-Niña-Zustände. Außerdem spielt im Pazifik eine Schwankung eine Rolle, die als Pazifische Dekaden Oszillation (PDO) bezeichnet wird. Die Mechanismen sind noch wenig verstanden. Seit den späten 1970er Jahren zeigt der PDO-Index einen positiven Trend, der sich seit der Jahrhundertwende dann aber negativ entwickelt hat. Zusammen mit den vorherrschenden La-Niña-Zuständen könnte die PDO durchaus nennenswert zu den kühleren Meeresoberflächentemperaturen seit ca. 2000 beigetragen haben.[4]

Abb. 3: Ozeanerwärmung in den oberen 700 m für die Zeit 1955 bis Juni 2018

Der tiefere Ozean

Abb. 4: Speicherung der zusätzlichen Energie durch die globale Erwärmung 1971-2010; gestrichelte Linie: Unsicherheitsbereich bei der Abschätzung der Erwärmung des Ozeans

Zwischen 1971 und 2010 hat die Erde durch den Anstieg der Treibhausgaskonzentration eine Energiemenge von 274 ZJ (1 Zettajoule= 1021 Joule ) gewonnen. 93 % dieser Energiemenge ist im Mittel über den Zeitraum 1971-2010 in den Ozean gegangen. Der obere Ozean (0-700 m) hat 64 %, der tiefere (700-2000) 29 % aufgenommen. 3 % sind in das Schmelzen von Eis eingegangen, ebenfalls 3 % durch die Erwärmung der Landoberfläche der Kontinente und 1 % durch die Erwärmung der Atmosphäre.[1] Die Erwärmung bis 2000 m Tiefe des Weltozeans hat zwar zwischen 1955 und 2010 nur 0,09 °C betragen. Würde man jedoch die 24x1022 Joule, die diese Erwärmung bewirkt haben, auf die unteren 10 km der Atmosphäre übertragen, würde sich diese Atmosphärenschicht um 36 °C erwärmen.[5] Der erstaunliche Unterschied kommt dadurch zustande, dass die Gesamtmasse des Ozeans die der Atmosphäre um mehr als das 250fache übertrifft und die Wärmekapazität des Meerwassers vier Mal so groß ist wie die der Luft.

Die Erhöhung der Meeresoberflächentemperatur wird auch an die tieferen Schichten der Wassersäule weitergegeben. Ein Vergleich moderner Daten mit der Messkampagne der HMS Challenger im Zeitraum 1872-1876 über die letzten 135 Jahre zeigt eine mittlere Erwärmung von 0,33 °C in den oberen 700 Metern Wasserkörper.[2] Auch seit den 1950er Jahren zeigt die Erwärmung des tieferen Ozeans einen deutlichen Trend, der im Wesentlichen auf die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre zurückgeführt werden kann, also anthropogen bedingt ist.[6] Es spielen offensichtlich aber auch natürliche Ursachen eine Rolle, wie die Schwankung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zeigt, die wahrscheinlich mit dynamischen Prozessen des Ozeans zusammenhängt. So hat es eine deutliche Erwärmung von 1969 bis 1980 gegeben, danach eine Abkühlung bis 1985, auf die wieder eine Erwärmung bis zu Beginn des neuen Jahrhunderts folgte.

Der IPCC-Bericht von 2007 gibt für die oberen 700 m eine mittlere Zunahme der Wärmekapazität von 1953 bis 2003 von 10,9x1022 Joule an. [7] Die Daten, auf denen solche Schätzungen beruhen, sind jedoch weder räumlich noch zeitlich konsistent, und so kommen neuere Untersuchungen auf einen deutlich höheren Wert von 16x1022 Joule. [8] Außerdem ist die Erwärmung regional verschieden über die Ozeane verteilt. So hat die Hälfte der Erwärmung von 1955 bis 2003 im Atlantischen Ozean stattgefunden, während für das Jahrzehnt 1993-2003 der Pazifik den größten Anteil hatte. Der Atlantik zeigt außerdem aufgrund seiner ausgeprägten Tiefenkonvektion Erwärmungen bis in 1000 m Tiefe, während die Temperaturzunahme der anderen Ozeane auf die oberen 100 m beschränkt blieb.[9] Auch die Daten über den größeren Zeitraum zwischen Ende des 19. und Anfang des 21. Jahrhunderts zeigen eine deutlich stärkere Erwärmung des Atlantiks in den oberen 700 m Wasserschicht, in der der Atlantik sich um 0,58 °C, der Pazifik sich dagegen nur um 0,22 °C erwärmt hat.[2]

Seit der Jahrhundertwende scheint sich der tiefere Ozean allerdings stärker erwärmt zu haben als die oberen Schichten (Abb. 6). Die schwierige Auswertung von Beobachtungen legt den Schluss nahe, dass gerade die Temperatur zwischen 700 und 2000 m stärker steigen, während die Erwärmung in den oberen Schichten eher stagniert. Eine mögliche Ursache könnten Änderungen der Passatwinde und deren Wirkung auf großräumige Ozeanströmungen sein.[10] Über dem mittleren und östlichen Pazifik herrschten besonders in den Subtropen tendenziell höhere Luftdruckverhältnisse, die deutlich stärkere Passatwinden als normalerweise bewirkt haben. Dadurch wurde wärmeres Oberflächenwasser nach Westen getrieben und kaltes Tiefenwasser gelangte im östlichen Pazifik an die Oberfläche.[11]

Abb. 5: Änderung der Meeresoberflächentemperatur 2070-2099 im Vergleich zu 1961-1990 nach dem Szenario RCP8.5 in °C

Projektionen

Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird die stärkste Erwärmung des Ozeans in den oberen paar hundert Metern erwartet. Nach Modellrechnungen wird sich bei dem Szenario RCP2.6 die Temperatur der oberen Schicht bis 1 km Tiefe um 0,5 °C und nach dem Szenario RCP8.5 um 1,5 °C bis 2100 erhöhen. Am stärksten wird dabei die Erwärmung in den tropischen und subtropischen Gebieten ausfallen.[12] Dabei werden sich die Regionen mit einer SST zwischen 26 °C und 30 °C, die geeignet sind, tropische Wirbelstürme entstehen zu lassen, in allen drei Ozeanen deutlich ausdehnen (vgl. Abb. 1a und 1b).

Regional gibt es zwei zentrale Muster der Erwärmung der SST: einen deutlichen Höhepunkt am Äquator und einen deutlichen Unterschied zwischen den nördlichen und südlichen Subtropen (Abb. 5).[13] Für die geringere SST-Zunahme in den Subtropen wird eine Zunahme der Windgeschwindigkeit der Passate angenommen, die eine Dämpfung der SST-Zunahme bewirkt, während die sich kaum verändernden tropischen Winde nur einen geringen Einfluss besitzen. Außerdem nimmt die Verdunstung, die einen Abkühlungseffekt bedsitzt, in den Subtropen stärker zu als in den Tropen. Die Verdunstung wiederum ist abhängig von der SST, der Windgeschwindigkeit und der relativen Feuchte. Das zweite Muster zeigt eine um 0,5 °C höhere SST-Zunahme in den nördlichen im Vergleich zu den südlichen Subtropen. Als Ursache wird ein höherer Anstieg der Verdunstung in den südlichen Subtropen angenommen, der dadurch bedingt sei, dass die Windgeschwindigkeit der Südostpassate durch den Klimawandel um 0,3 m/sec zunehmen wird, während die Nordostpassate sich leicht abschwächen.

In den mittleren Breiten spielt der Einfluss der Atmosphäre eine wesentlich geringere Rolle. Wichtiger sind hier die Ozeanströmungen und ihr Wärmetransport für die Muster der SST-Erwärmung.[13]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Box 3.1
  2. 2,0 2,1 2,2 Roemmich, D., W.J. Gould and J. Gilson (2012): 135 years of global ocean warming between the Challenger expedition an the Argo Programme, Nature Climate Change 2, 425–428, DOI: 10.1038/NCLIMATE1461
  3. Ältere von Schiffen und Bojen gemessene Daten beziehen sich auf die oberen Meter des Wasserkörpers, Satellitendaten seit 1979 auf dessen „Haut“.
  4. 4,0 4,1 MetOffice (2013): The recent pause in global warming (2): What are the potential causes?
  5. Levitus, S., et al. (2012): World ocean heat content and thermosteric sea level change (0–2000 m), 1955–20, Geophysical Research Letters 39, doi:10.1029/2012GL051106
  6. Hegerl, G.C., Bindoff, N.L. (2005): Warming of the World's Oceans, Science 309, 254-255
  7. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 5.2.2
  8. Domingues, C.M, Church, J.A:, White, N.J., Gleckler, P.J, Wijffels, S.E., Barker, P.M. and J.R.Dunn (2008): Improved estimates of upper-ocean warming and multi-decadal sea-level rise. Nature 453:1090-1094
  9. Barnett, T.P., D.W. Pierce, K.M. AchutaRao, P.J. Gleckler, B.D. Santer, J.M. Gregory, and W.M. Washington (2005): Penetration of human-induced warming into the world's oceans. Science 309, 284-287
  10. Balmaseda, M.A., K.E. Trenberth, and E. Källén (2013): Distictive climate signals in reanalysis of the global ocean heat content, Geophysical Research Letters 40, 1754-1759
  11. Trenberth, K. E., and J. T. Fasullo (2013): An apparent hiatus in global warming? Earth’s Future, 1, 19–32, doi:10.1002/2013EF000165
  12. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 12.4.7
  13. 13,0 13,1 Xie, S.-P., C. Deser, G.A. Vecchi, J. Ma, H. Teng, and A.T. Wittenberg (2010): Global warming pattern formation: Sea surface temperature and rainfall. Journal of Climate 23, 966–986


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