Hitzewellen im Mittelmeerraum

Aus Klimawandel
Abb. 1: Topographische Karte des Mittelmeerraums

Einleitung

Europa ist der Kontinent, der sich in den letzten Jahrzehnten am stärksten erwärmt hat, besonders im Sommerhalbjahr.[1] Er wurde zudem von mehreren starken Hitzewellen in immer kürzeren Abständen überzogen wie 2003, 2010, 2015, 2017, 2018, 2019, 2020, 2022, 2023 und 2024. Daran einen Anteil hatte in den meisten Fällen auch der Mittelmeerraum, manchmal auch den stärksten Anteil.

Der Mittelmeerraum wird im jüngsten Bericht des Weltklimarates IPCC als einer der Hotspots des Klimawandels klassifiziert. Klimamodelle projizieren eine zukünftige Erwärmung, die um 20% über dem globalen Mittel liegt, verbunden mit einer Abnahme der Niederschläge um 12% bei einer Erwärmung um 3 °C.[2] Schon bisher ist die Mitteltemperatur im Mittelmeerraum schneller angestiegen als im weltweiten Durchschnitt,[3] im östlichen Mittelmeerraum sogar um das Doppelte.[4] Zudem macht sich in der Region durch den Klimawandel besonders die Verschiebung der Klimazonen nach Norden bemerkbar,[5] wodurch sie zunehmend unter den Einfluss des trockenen subtropischen Klimas gerät. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Mittelmeerregion auch in starkem Maße von Extremereignissen betroffen ist und nach Modellsimulationen die sommerliche Erwärmungsrate im Mittelmeerraum um 50% höher ausfallen wird als global.[4]

2003 - die Mega-Hitzewelle

Die "Mega-Hitzewelle" 2003[6] konzentrierte sich zwar auf Mittel- und Westeuropa, erfasst aber auch einige Mittelmeerstaaten. So wurden Maximumtemperaturen von über 40 °C im Innern Spaniens und zentralen Portugal gemessen und fast 40 Grad im südlichen Frankreich. In Portugal wurde mit 47,3 °C der vorherige historische Rekord der Tageshöchsttemperatur sowie mit 30,6 °C der nächtlichen Minimumtemperatur deutlich übertroffen.[7] Die Todeszahlen der Hitzewelle betrugen für ganz Europa über 70.000. Die Mittelmeerländer waren daran stark beteiligt: Spanien mit 15.000, Italien und Frankreich mit je rund 20.000, Portugal mit 2.700 Toten.[8] Die Großwetterlage über Europa zeigte das übliche Muster bei sommerlichen Hitzewellen: einen blockierenden Hochdruckrücken über West- und Mitteleuropa, der die sonst vom Atlantik heranziehenden Tiefdrucksysteme in einem großen Bogen um sich herumlenkte und in dem absteigende Luftmassen für eine längere Periode mit klarem Himmel und hoher Sonneneinstrahlung sorgten. Hinzu kam in den betroffenen Regionen eine längere Trockenperiode seit Februar 2003, die den Boden und die Vegetation ausgetrocknet hatte, so dass während der Hitzewelle im August kaum noch Feuchtigkeit zum Verdunsten zur Verfügung stand.

Abb. 2: Rang der Tagesmaximumtemperaturen im Juli 2015 bezogen auf 1950-2015. Dunkelbraun: die höchsten Tagesmaxima gab es 2015.

2015 - der wärmste Juli seit 1950

Die Hitzewelle 2010 beschränkte sich fast ganz auf das europäische Russland; die Mittelmeerländer blieben davon verschont. 2015 war dagegen neben Mitteleuropa auch der Mittelmeerraum wieder betroffen, wobei die Opferzahlen mit ca. 1250 für ganz Europa wesentlich geringer waren als 2003. Nach 2003 war 2015 für den Mittelmeerraum der zweite sehr warme (und trockene) Sommer im neuen Jahrhundert. Die höchsten Temperaturen wurden mit 45,2 °C in Cordoba in Spanien gemessen. Aber auch Catania in Italien verzeichnete mit 42,8 °C eine ähnlich hohe Temperatur. In Spanien und in großen Teilen Italiens war der Juli 2015 der bis dahin wärmste Juli seit 1950 (Abb. 2). Begleitet wurden die hohen Temperaturen auf dem Land von ungewöhnlich hohen Meeresoberflächentemperaturen, die im Mittelmeer 28 °C überschritten und etwa 3 °C über dem Mittel lagen. Bedingt wurden die hohen Temperaturen durch Hochdruckverhältnisse über der Iberischen Halbinsel mit starker Sonneneinstrahlung und teilweise durch eine blockierende Omega-Wetterlage, die warme und trockene Luft von Afrika nach Norden lenkte. Die blockierenden Wetterlagen waren wie 2003 durch einen stärker mäandrierenden Jetstream infolge der arktischen Verstärkung bedingt. Hinzu kam der Einfluss der hohen Meeresoberflächentemperaturen, der vor allem die Nachttemperaturen auf einem hohen Niveau hielt.[9]

2017 - Luzifer, menschengemacht

Abb. 3: Abweichung der Mitteltemperatur vom Durchschnitt im Juni 2017 in Europa.

Der Sommer 2017 zeichnete sich zwischen Juni und August durch extreme Hitze und mehrere Hitzewellen vor allem im südlichen Europa aus. Die Hitzewelle Anfang August erhielt sogar den Namen „Luzifer“. Aber bereits zum Sommeranfang wurden Länder wie Frankreich, Portugal und Spanien von einer Hitzewelle überzogen (Abb. 3). In den ersten August-Tagen stiegen die Maximum-Temperaturen mancherorts in Italien und dem Balkan auf über 40 °C. In Nimes, in Süd-Frankreich, wurde ein Rekordwert von 41,6 °C erreicht, und auf Korsika blieben die Nachttemperaturen über 30 °C. Die mittleren Sommertemperaturen in Frankreich lagen nur wenig unter denen von 2003 und über den Werten on 2015.[10]

Im gesamten Mittelmeerraum lag das Mittel der maximalen Tagestemperatur im Juni-August 2017 bei 29,2 °C und damit um 2,2 °C höher als im Mittel von 1981-2010. Die heißesten Gebiete im August lagen in der südlichen Iberischen Halbinsel und auf dem Balkan mit über 38 °C. In einem größeren Raum, der Italien und den westlichen Balkan umfasst, erreichten die Maximum-Temperaturen an den drei wärmsten Tagen des Monats August im räumlichen Mittel 34,4 °C und lagen damit um etwa 7 °C über dem langjährigen Mittel des Monats. Um 1950 lag die statistische Chance einer solchen Hitzeperiode in dem bezeichneten Raum bei einmal in 160 Jahren, unter den klimatischen Bedingungen von 2017 dagegen bei einmal in 20 Jahren. Die Wiederkehrperiode des Temperaturniveaus über den gesamten Sommer lag 2017 bei rund 10 Jahre, während derartige Temperaturverhältnisse bei den Klimabedingungen um 1900 nur alle 2000 Jahren zu erwarten gewesen sind. Einen wesentlichen Anteil daran hat die globale Erwärmung durch die Emission von Treibhausgasen. Es ist daher damit zu rechnen, dass der Sommer 2017 um die Mitte des 21. Jahrhunderts ein normaler Sommer sein wird.[10]

Die Folgen der beiden Hitzewellen waren bereits im Juni starke Waldbrände in Portugal und Spanien. In Portugal fielen den Bränden 64 Menschen zum Opfer, und in Spanien verloren über 500 Menschen ihre Behausungen. Im August gab es ebenfalls starke Waldbrände im Mittelmeerraum, so in Albanien, Serbien, Bosnien, Mazedonien, Kroatien, Griechenland und Italien. Andererseits zogen die Hitzewellen die Landwirtschaft der betroffenen Länder stark in Mitleidenschaft. Bosnien berichtete den Verlust der halben Ernte; auch in Italien erreichten die Ernteverluste mehrere Milliarden Euro.[10]

2018 und 2019 - neue Hitzerekorde

Abb. 4: Maximumtemperaturen in der Zeit vom 25. bis 29. Juni 2019

Die europäischen Hitzewellen in den Jahren 2018 und 2019 erfassten vor allem Frankreich, Mitteleuropa und Skandinavien und im Sommer 2018 auch einige Balkanländer. Ansonsten war der Mittelmeerraum kaum betroffen. Die Ausnahme waren allerdings kurze und heftige Hitzewellen im August 2018 und Juni 2019 auf der Iberischen Halbinsel, die im Wesentlichen durch das Eindringen von Sahara-Luft aus Nordafrika bedingt waren. Die August-Hitze 2018 führte z.B. in Portugal an zahlreichen Stationen zu Rekordwerten von über 40 °C und an 17 Wetterstationen sogar zu Temperaturen über 45 °C. Trotz seiner meernahen Lage wurden selbst in der Hauptstadt Lissabon 44 °C gemessen, 2 °C mehr als während der Megahitze im Jahr 2003.[11]

Im Juni 2019 erstreckten sich die Gebiete mit sehr hohen Temperaturen vor allem über das nordöstliche Spanien und das südwestliche Frankreich. Im südöstlichen Frankreich wurden am 28. Juni in der Nähe von Nîmes zum ersten Mal 45,9 °C gemessen;[12] an einzelnen Tagen lagen die Temperaturen sogar über denen von 2003. Werte über 40 °C wurden auch in Spanien gemessen, so mit 44,4 °C in Albuquerque in der Region Extremadura.[13] Europaweit gab es im Jahr 2019 zwei Hitzewellen, Ende Juni und Ende Juli, von denen die zweite den mediterranen Raum jedoch kaum betraf. Die Gründe für die hohen Temperaturen lagen für die Juni-Hitzewelle vor allem in dem Eindringen heißer und trockener Sahara-Luft, das durch ein Tiefdrucksystem über dem östlichen Atlantik und eine Hochdruckbrücke über Nordafrika begünstig wurde.[14] Die Hitzewelle 2019 wird zu einem erheblichen Teil dem Klimawandel zugeschrieben. Ohne den Klimawandel wäre die Hitzewelle in Frankreich extrem unwahrscheinlich gewesen und sollte nur einmal in 1000 Jahren vorkommen statt wie unter den gegenwärtigen Klimabedingungen einmal in 50-150 Jahren.[15]

2021 - Europa-Rekord auf Sizilien

Die europäische Hitzewelle 2021 war zwar nicht die stärkste, aber mit 63 Tagen die mit Abstand längste Hitzewelle seit 1950. Sie begann bereits im Juni 2021 und bildete räumlich unterschiedlich Schwerpunkte aus, u.a. auch in der Mittelmeerregion.[16] Im Sommer 2021 breiteten sich Dürren von Italien bis zur Türkei aus, die zu extrem trockenen Böden führten. Das verhinderte über große Regionen die Evaporation und damit deren Abkühlungseffekt. Daraus folgten im europäischen Mittelmeerraum stark steigende Temperaturen und die Entwicklung einer Hitzewelle ab Mitte Juli, die etliche Rekordtemperaturen zur Folge hatte. Am 11. August wurde mit 48,8 °C in Syrakus auf Sizilien ein neuer europäischer Temperaturrekord aufgestellt. Der Süden Spaniens verzeichnete in Murcia am 15. August mit 47 °C einen neuen Landesrekord. In Teilen von Mittel- und Süditalien sowie von Südfrankreich wurde eine ungewöhnlich hohe Anzahl warmer Nächte gezählt, die den Hitzestress weiter erhöhte. Die am stärksten betroffenen Regionen erlebten 30 und mehr warme Nächte über dem Mittel der Referenzperiode 1991-2020.[17]

Abb. 5: Anzahl warmer Nächte im Sommer 2021 im zentralen Mittelmeerraum relativ zum Mittel der Referenzperiode 1991-2020.
Abb. 6: Höchsttemperaturen während der Hitzewelle Ende Juli/Anfang August 2021 in Griechenland.

Besonders betroffen von der Hitzewelle war Ende Juli/Anfang August Griechenland. Über 200 Wetterstationen zeigten eine Höchsttemperatur von über 40 °C.[18] Die absolute Höchsttemperatur wurde mit 46,3 °C am 3. August in der mittelgriechischen Stadt Makrakomi gemessen. An acht weiteren Stationen stieg die Temperatur über 45 °C. Auch die nächtlichen Tiefstwerte zeigten an einigen Wetterstationen um die 30 °C, mit dem Rekordwert von 31,6 °C in Athen. Für Athen wurde die Hitzewelle 2021 außerdem als die längste und intensivste Hitzewelle seit 1900 eingestuft. Dürren und Waldbrände waren einige Auswirkungen der griechischen Hitzewelle.[4] Modellsimulationen zeigen, dass die steigende Konzentration von anthropogenen Treibhausgasen zu der Intensität der Hitzewelle beigetragen haben, der wahrscheinlich 2300 Menschen zum Opfere gefallen sind.[18]

Zu den hohen Temperaturen der Hitzewelle 2021 im Mittelmeerraum trug maßgeblich ein Hochdrucksystem in der oberen Atmosphäre bei, das für absinkende Luftmassen sorgte. Die Folge waren ein häufig wolkenfreier Himmel und eine starke Sonneneinstrahlung. Verbunden mit dieser Wetterlage war ein Einstrom warmer Luftmassen aus Nordafrika, von dem vor allem Italien, Griechenland und die Türkei betroffen waren. Vom zentralen Mittelmeerraum breitete sich Mitte August die Hitze westwärts in Richtung Iberische Halbinsel aus.[17]

2022 - hohe Nacht- und Meerestemperaturen

Abb. 7: Rangordnung der mittleren Tagestemperaturen 2022 für die Periode 1950 bis 2022 in Europa. 1 = Die Temperaturen waren in dem Gebiet die höchsten seit 1950

Für große Teile Europas war 2022 das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen, für ganz Europa war es das zweitwärmste Jahr nach 2020, wobei die Sommermonate wärmer als alle früheren Sommer waren. Ab Mai 2022 wurde Europa von einer Serie von Hitzewellen überzogen, insbesondere der Südwesten des Kontinents.[19] In Portugal wurden laut Deutschem Wetterdienst[20] über 42 °C gemessen, in Spanien 44,5 °C und in Biarritz an der südfranzösischen Atlantikküste Frankreichs 42,9 °C. Das sind auch für Südeuropa so früh im Jahr Temperaturen, die deutlich über dem Durchschnitt liegen. Der Deutsche Wetterdienst stuft die Hitzewelle im Juni als die zweitgrößte nach 2003 für Südwesteuropa ein. Verbunden war die Hitzewelle in den betroffenen Staaten mit zahlreichen und ausgedehnten Waldbränden.

Besonders betroffen war Spanien mit sehr hohen Temperaturen im Jahr 2022. Das Land erlebte mit einer Mitteltemperatur von 24,6 °C, die 0,5 °C höher als der Sommer 2003 war und 2,1 °C über dem sommerlichen Mittel von 1981 bis 2010 lag, den heißesten Sommer der Geschichte. Insgesamt gab es in Spanien während mehrerer Hitzewellen 42 Tage unter Hitzewellenbedingungen, wobei besonders einige Städte Rekordtemperaturen erlebten. So wurde in Morón de la Frontera im Juli die Höchsttemperatur von 46,0 °C gemessen, in Murcia 45,1 °C und in Sevilla 44,8 °C. Die Nachttemperaturen kletterten an einigen Stationen auf fast 30 °C, so in Palma de Mallorca auf 29 °C, auf Menorca waren es 28,8 °C und in Cadiz 28,2 °C.[21] Auch im Oktober herrschten noch im Westen der Iberischen Halbinsel, im Südwesten Frankreichs und Norden Italiens sehr hohe Tagestemperaturen.[19]

Die lang anhaltenden und intensiven Hitzewellen in Spanien lassen sich auf ein dauerhaftes Hochdruckgebiet über den Azoren und ein Tief über dem westlichen Nordatlantik zurückführen, durch die es zur Advektion warmer Luftmassen aus der Sahara nach Spanien kam. Ein weiterer Faktor waren die ungewöhnlich hohen Meeresoberflächentemperaturen im westlichen Mittelmeer, die über dem gesamten westlichen Meeresbecken um 1 °C über dem Mittel von 2008-2022 lagen, zeitweilig auch um mehr als 2,5 °C. Die absoluten Temperaturen betrugen an 43 aufeinanderfolgenden Tagen im Mittel über 27 °C. Der Sommer von 2022 besaß damit die höchsten Wassertemperaturen im Zeitraum 2008-2022, die sich zudem über die Rekordperiode von sechs Wochen hielten. Eine Folge waren die oben erwähnten hohen Nachttemperaturen an küstennahen Messstationen.[21]

2023 – Hitzewellen in einer nie erfahrenen Klimaperiode

2023 war nicht nur das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen. Es wurde auch als Einstieg in eine von der Menschheit nie erfahrene Klimaperiode bewertet.[22] Und das Jahr zeichnete sich zudem durch beispiellose Wetter- und Klimaextreme in vielen Teilen der Welt aus. Die hohen Durchschnittstemperaturen mit nie zuvor registrierten Monatsmittelwerten von Juni bis Dezember hatten vor allem extreme Hitzewellen zur Folge, die sich in Südwesteuropa ungewöhnlich früh im Jahr ereigneten. So wurden Rekordwerte bereits im Frühjahr in Spanien und Portugal und im nordwestlichen Afrika gemessen.[23]

Abb. 8: Abweichung der Oberflächentemperatur vom Mittel im April 2023 in °C
Abb. 9: Bodenfeuchtigkeit im westlichen Mittelmeerraum am 27. April 2023 in Perzentil bezogen auf das Mittel 1950-2022. Die weißen Punkte zeigen Gebiete mit weniger als 1% Feuchtigkeit im Vergleich zum langjährigen Mittel. Der gelbe Rahmen bezieht sich auf ein Untersuchungsgebiet der Studie.

Heiße Tage schon im Frühjahr!

Im westlichen Mittelmeerraum herrschte schon im April 2023 sowohl auf dem europäischen wie auf dem afrikanischen Kontinent eine außergewöhnliche Hitzewelle. In Spanien wurden fast 39 °C, in Portugal fast 37 °C und in Marokko und Algerien über 41 °C bzw. über 40 °C gemessen. Die Temperaturen lagen damit um bis zu 20 °C über den normalen Temperaturen zu dieser Jahreszeit und um bis zu 6 °C höher als frühere Rekordtemperaturen für April. Obwohl der Mittelmeerraum in den letzten Jahren zahlreiche Hitzewellen erlebt hat, war diese Hitzewelle aufgrund ihres jahreszeitlich so frühen Auftretens auch in dem gegenwärtigen warmen Klima ein seltenes Ereignis. Selbst unter den aktuellen klimatischen Bedingungen wurde die Wiederkehrperiode der April-Hitze im westlichen Mittelmeerraum auf 400 Jahre geschätzt.[24]

Regionale Ursache der Hitzewelle im westlichen Mittelmeerraum waren ein subtropisches Hochdruckgebiet und eine mehrjährige starke Dürre. Der Wasserstand in den spanischen Stauseen lag um 50% unter dem Durchschnitt, in Marokko betrug die Staumenge nur 33%, in Tunesien fasste die Wassermenge des größten Stausees nur 16% seines Maximums. Die Böden besaßen über große Gebiete der Iberischen Halbinsel und im westlichen Maghreb weniger als 10% ihrer mittleren Feuchte, weitgehend sogar unter 1% (Abb.). Die trockenen Bedingungen wirkten als Verstärker der hohen Temperaturen durch die geringe Verdunstung. Insofern kann hier von einem zusammengesetzte Extremereignis gesprochen werden.[25]

Abb. 10: Oberflächentemperatur am 10. Juli 2023 in Italien und angrenzenden Regionen

Hitzewelle im Sommer

In der zweiten Julihälfte kam es erneut zu einer intensiven Hitzewelle, dieses Mal nahezu rund um das gesamte Mittelmeer. Die Höchsttemperaturen lagen in etlichen europäischen Anrainerstaaten über 40 °C. Der bisherige Europa-Rekord von 48,8 °C aus dem Jahr 2021 auf Sizilien wurde auf Sardinien mit 48,2 °C fast erreicht. Auf Sizilien selbst wurden an mehreren Stationen Temperaturen von 47 °C und mehr gemessen. In Spanien kam es zur Überschreitung der 45-Grad-Marke. In Nordafrika gab es in Algerien und Tunesien Tageshöchsttemperaturen von mehr als 49 °C. Vor der Ostküste Korsika kam es bei 30 °C laut Deutschem Wetterdienst zu einer „Marinen Hitzewelle“, durch die vielfach die kühlende Wirkung des Wassers für die küstennahen Gebiete ausblieb.[26]

Wichtig für die hohen Temperaturen im Juli war primär ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet über Südeuropa. Die Folge war eine reduzierte Bewölkung und hohe Sonneneinstrahlung, durch die die Erdoberfläche aufgeheizt wurde, die wiederum die darüber liegenden Luftschichten erwärmte. Das Eindringen von warmer Luft aus Nordafrika war in diesem Fall von geringerer Bedeutung. Eher spielte noch die marine Hitzewelle im östlichen Nordatlantik eine Rolle, durch die die Abkühlung durch frische Meeresluft ausblieb.[27]

In Europa wären Hitzewellen wie im Juli 2023 ohne die Aufheizung des Klimas durch fossile Brennstoffe praktisch unmöglich. Hitzewellen mit derselben Auftrittswahrscheinlichkeit wie gegenwärtig wären ohne den Klimawandel in Südeuropa um bis zu 4 °C kühler und in einer um nur 0,8 °C wärmeren Welt um ca. 2 °C wärmer als heute. In einer um 2 °C wärmeren Welt würden sie allerdings alle 2-5 Jahre vorkommen.[28]

Einzelnachweise

  1. WMO (2022): State of the Climate in Europe 2021
  2. IPCC AR6, WGII (2022): Cross-Chapter Paper 4: Mediterranean Region, FAQ CCP4.1
  3. Cramer, W. (2024): Mittelmeerraum: Hitze & Trockenheit 2023 brechen aller Rekorde. In: J. L. Lozán, H. Graßl, D. Kasang, M. Quante & J. Sillmann (Hrsg.). Warnsignal Klima: Herausforderung Wetterextreme – Ursachen, Auswirkungen & Handlungsoptionen. S. 19-23. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.wetterextreme.04
  4. 4,0 4,1 4,2 Founda, D., G. Katavoutas, F. Pierros & N. Mihalopoulos (2022): The extreme heat wave of summer 2021 in Athens (Greece): cumulative heat and exposure to heat stress. Sustainability, 14, 7766
  5. Cui, D., S. Liang & D. Wang (2021): Observed and projected changes in global climate zones based on Köppen climate classification. WIREs Climate Change, 12(3), https://doi.org/10.1002/wcc.701
  6. Miralles, D.G., et al. (2014): Mega-heatwave temperatures due to combined soil desiccation and atmospheric heat accumulation, Nature Geoscience, DOI: 10.1038/NGEO2141
  7. García-Herrera, R., J. Díaz, R.M. Trigo et al. (2010): A Review of the European Summer Heat Wave of 2003, Critical Reviews in Environmental Science and Technology, 40: 4, 267 — 306, http://dx.doi.org/10.1080/10643380802238137
  8. Robine, J.-M., S.L.K. Cheung, S. Le Roy et al. (2008): Death toll exceeded 70,000 in Europe during the summer of 2003. Comptes Rendus Biol. 331, 171–178, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18241810/
  9. Ionita, M., L.M. Tallaksen, D.G. Kingston et al. (2017): The European 2015 drought from a climatological perspective, Hydrology and Earth System Science 21, 1397–1419
  10. 10,0 10,1 10,2 World Weather Attribution (2017): Euro-Mediterranean Heat — Summer 2017, https://www.worldweatherattribution.org/euro-mediterranean-heat-summer-2017/
  11. Sousa, P. M., D. Barriopedro, A.M. Ramos et al. (2019): Saharan air intrusions as a relevant mechanism for Iberian heatwaves: the record breaking events of August 2018 and June 2019. Weather Climate Extremes 26, https://doi.org/10.1016/j.wace.2019.100224
  12. Van Oldenborgh, J., et al., World Weather Attribution (2019): Human contribution to record-breaking June 2019 heatwave in France, https://www.worldweatherattribution.org/human-contribution-to-record-breaking-june-2019-heatwave-in-france/
  13. Imbery, F., K. Friedrich, R. Fleckenstein u.a. (DWD 2019): Neuer Rekord der mittleren Junitemperatur für Deutschland und intensive Hitzewelle in Europa, https://www.dwd.de/DE/leistungen/besondereereignisse/temperatur/20190703_bericht_juni2019.pdf?__blob=publicationFile&v=2
  14. Sousa, P.M., D. Barriopedro, R. García-Herrera et al. (2020): Distinct influences of large-scale circulation and regional feedbacks in two exceptional 2019 European heatwaves. Commun Earth Environ 1, 48 (2020). https://doi.org/10.1038/s43247-020-00048-9
  15. Vautard, R., O. Boucher, G.J. van Oldenborgh, F. Otto et al. (2020): Human contribution to the record-breaking June and July 2019 heatwaves in Western Europe, Environmental Research Letters 15, 9, https://doi.org/10.1088/1748-9326/aba3d4
  16. Lhotka, O., & J. Kysely (2022): The 2021 European heat wave in the context of past major heat waves. Earth and Space Science, 9(11), 1–12. https://doi.org/10.1029/2022EA002567
  17. 17,0 17,1 Copernicus Climate Service, ESOTEC 2021 (2021): Mediterranean summer extremes, https://climate.copernicus.eu/esotc/2021/mediterranean-summer-extremes
  18. 18,0 18,1 Giannaros, C., S. Dafis, V. Kotroni & K. Lagouvardos (2023): The extreme heat wave of late July/early August 2021 in Greece under the context of the direct effect of anthropogenic greenhouse gases, Atmospheric Science Letters 25(1), https://doi.org/10.1002/asl.1191
  19. 19,0 19,1 Copernicus Climate Change Service, ESOTEC 2022 (2022): Extreme heat, https://climate.copernicus.eu/esotc/2022/extreme-heat
  20. Imbery, F., et al., DWD (2022): Intensive Hitzewelle im Juni 2022 in Deutschland und Mitteleuropa, https://www.dwd.de/DE/leistungen/besondereereignisse/temperatur/20220629_temperatur_hitzewelle-juni.pdf?__blob=publicationFile&v=2
  21. 21,0 21,1 Serrano-Notivoli, R., E. Tejedor, P. Sarricolea et al. (2023): Unprecedented warmth: a look at Spain’s exceptional summer of 2022, Atmos. Res. 293, https://doi.org/10.1016/j.atmosres.2023.106931
  22. Ripple, W.J., C. Wolf, J.W. Gregg et al. (2023): The 2023 state of the climate report: Entering uncharted territory, BioScience, 2023; biad080, https://doi.org/10.1093/biosci/biad080
  23. Zhang, W., R. Clark, T. Zhou et al. (2024): 2023 - Weather and Climate Extremes Hitting the Globe with Emerging Features. Adv. Atmos. Sci. https://doi.org/10.1007/s00376-024-4080-3
  24. Philip, S., S. Kew1, R. Vautard et al. (2023): Extreme April heat in Spain, Portugal, Morocco & Algeria almost impossible without climate change, https://www.worldweatherattribution.org/extreme-april-heat-in-spain-portugal-morocco-algeria-almost-impossible-without-climate-change/
  25. Lemus-Canovas, M., D. Insua-Costa, R. M. Trigo, and D. G. Miralles (2024): Record-shattering 2023 spring heatwave in western Mediterranean amplified by long-term drought. npj Climate and Atmospheric Science, 7, 25, https://doi.org/10.1038/s41612-024-00569-6
  26. Bissolli, P., S. Haeseler, J. Daßler u.a., DWD (2023): Erster Rückblick auf die Hitzewelle im Mittelmeerraum im Juli 2023 mit Waldbränden und Rekord Hagel in Nordost-Italien, https://www.dwd.de/DE/leistungen/besondereereignisse/temperatur/20230802_bericht_hitzewelle_mittelmeer_juli2023.html
  27. Copernicus Climate Change (2023): The European Heatwave of July 2023 in a longer-term context, https://climate.copernicus.eu/european-heatwave-july-2023-longer-term-context
  28. Zachariah, M., S. Philip, I. Pintoet al. (2023): Extreme heat in North America, Europe and China in July 2023 made much more likely by climate change, DOI: https://doi.org/10.25561/105549

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