Kohlenstoff im Ozean

Aus Klimawandel

Der Kohlenstoff im Ozean bildet einen eigenen Kreislauf, der Teil des gesamten Kohlenstoffkreislaufs ist, und sich mit dem Terrestrischen Kohlenstoffkreislauf und dem Kohlendioxid in der Atmosphäre austauscht. Der Austausch mit der Atmosphäre beeinflusst stark deren Kohlendioxid-Konzentration.

Die ozeanische Deckschicht

Der ozeanische Kohlenstoffkreislauf. Physikalische und chemische Prozesse sind rot, biologische Prozesse grün dargestellt.

Der Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre

Die gesamte im Ozean gelöste Menge an Kohlenstoff ist etwa 42 Mal größer als jene in der Atmosphäre und 10 Mal größer als der an Land (Vegetation und Böden) gespeicherte Kohlenstoff.[1] Der Ozean tauscht Kohlendioxid (CO2) mit der Atmosphäre aus und fungiert bei einer steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre über längere Zeiträume als wichtige CO2-Senke. Der CO2-Austausch mit der Atmosphäre findet über die ozeanische Deckschicht statt, die je nach Region zwischen 50 und mehreren 100 m dick ist. Er wird hauptsächlich durch die Differenz im CO2-Partialdruck zwischen Ozean und Atmosphäre angetrieben. Ist der CO2-Druck in der Atmosphäre niedriger als im Ozean, gast der Ozean Kohlenstoff (in Form von CO2) in die Atmosphäre aus, bei einem höherem CO2-Druck in der Atmosphäre wird Kohlendioxid im Oberflächenwasser des Ozeans aufgenommen. Der zunehmende atmosphärische CO2-Gehalt durch menschliche Emissionen erhöht daher die Aufnahme von Kohlendioxid durch den Ozean.

Der Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre umfasst gegenwärtig (2014-2023) in jede Richtung 80 GtC[2] pro Jahr. Dabei nimmt der Ozean durch den höheren Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre 2,9 Gt Kohlenstoff mehr aus der Atmosphäre auf als er an sie abgibt.[1] Der Austausch ist regional sehr unterschiedlich. Es gibt Gebiete mit warmem oder aufsteigendem Wasser (vor allem in den Tropen), in denen von Natur aus der Ozean eine Quelle ist. Dagegen sind die Ozeanregionen in höheren Breiten, in denen kaltes und salzreiches Wasser absinkt, eine Senke.

Gelöstes Kohlendioxid

Die für den Austausch zwischen Atmosphäre und Ozean entscheidenden Eigenschaften von Kohlendioxid sind seine leichte Löslichkeit und seine chemische Reaktivität im Wasser. Die Löslichkeit ist bestimmt durch Temperatur, Salzgehalt, Luftdruck, windabhängige Durchmischung und anderen Faktoren, wobei die Temperatur den größten Einfluss besitzt. Die durch menschliche Emissionen von Treibhausgasen verursachte Erwärmung der Atmosphäre erwärmt auch das Wasser der Ozeane. Wasser mit höherer Temperatur kann weniger Kohlenstoff aufnehmen als Wasser mit geringerer Temperatur. Die globale Erwärmung wirkt daher der Aufnahme von Kohlendioxid durch den unterschiedlichen CO2-Partialdruck entgegen. Hinzu kommt, dass das wärmere Oberflächenwasser weniger stark in die Tiefe absinkt, wodurch auch weniger CO2 aus den oberen Schichten in die Tiefe des Ozeans transportiert wird. Meeresströmungen werden aber nicht nur durch Temperaturunterschiede angetrieben, sondern auch durch Wind und Unterschiede im Salzgehalt.[3]

Chemischer Puffer

Die chemische Reaktivität im Wasser ist die zweite wichtige Eigenschaft von Kohlendioxid im Meerwasser. In der Atmosphäre reagiert CO2 nicht mit anderen Molekülen; es ist chemisch inert. Das ist im Meerwasser ganz anders. Der allergrößte Teil des Kohlendioxids, das im Meerwasser gelöst wird, reagiert chemisch mit Wassermolekülen zu Kohlensäure (H2CO3), Hydrogenkarbonat (HCO3) und Karbonat (CO3. Die wichtigste Verbindung ist Hydrogenkarbonat, in dem 90% des im Ozean gespeicherten Kohlenstoffs gebunden sind.[4] 8% sind als Karbonat (CO32-) gespeichert und nur 1% als physikalisch gelöstes CO2. Bei der Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre wird das Gas also fast vollständig in andere Verbindungen umgewandelt. Das hat den positiven Effekt, dass der Ozean weiteres CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen kann. Die Konzentration von Karbonat, das in geringen Mengen aus der Verwitterung an Land über die Flüsse nachgeliefert wird, ist allerdings auch eine kritische Größe für die CO2-Aufnahmekapazität des Ozeans. Da ein steigender CO2-Gehalt der Atmosphäre auch die Aufnahme von Kohlendioxid im Ozean erhöht, wird bei den chemischen Lösungsvorgängen auch mehr Karbonat verbraucht, und es steht zunehmend weniger Karbonat für die chemische Reaktion mit Kohlendioxid zur Verfügung.

Die Entstehung von Kohlensäure durch die Reaktion von CO2 mit Meerwasser ist zudem mit einem erheblichen Problem für zahlreiche Lebewesen im Meer verbunden, vor allem für diejenigen, die Kalkschalen bilden, nämlich der Ozeanversauerung. Die Ozeanversauerung bewirkt eine zunehmende Untersättigung des Ozeanwassers mit Karbonat-Ionen, wodurch es zur Auflösung von Kalkschalen kommen kann.[5]

Biologischer Puffer

Das in der ozeanischen Deckschicht gelöste atmosphärische Kohlendioxid wird aber nicht nur chemisch verwandelt, sondern auch durch die Photosynthese des Phytoplanktons gebunden. Der Kohlenstoff wird dabei in Form von Kohlendioxid oder Hydrogenkarbonat aufgenommen. Das verringert den Partialdruck von CO2 in der oberen Wasserschicht und fördert damit die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Die Bruttoprimärproduktion durch das ozeanische Phytoplankton wird auf 103 GtC pro Jahr geschätzt, die Veratmung (autotrophe Respiration) auf 58 GtC und die Nettoprimärproduktion entsprechend auf 45 Gt C pro Jahr. Der daraus resultierende und im Phytoplankton gebundene organische Kohlenstoff wird vom Zooplankton konsumiert, wobei durch heterotrophe Respiration 34 Gt C pro Jahr wieder frei gesetzt werden. Der Rest wird direkt oder indirekt zu Abfall (Detritus).

Der tiefe Ozean

Anthropogener Kohlenstoff im Ozean: gemittelt über den den jeweiligen Ozean

Unterhalb der ozeanischen Deckschicht nimmt die Konzentration des gelösten anorganischen Kohlenstoffs deutlich zu. Die Ursache liegt in zwei fundamentalen Prozessen im Innern des Ozeans: der "physikalischen Pumpe" und der "biologischen Pumpe". Bei der physikalischen Pumpe wird CO2 durch absinkende Wassermassen in die Tiefe verfrachtet, bei der biologischen Pumpe durch das Absinken von organischen Substanzen, in denen Kohlenstoff gebunden ist.

Die physikalische Pumpe

Die Wirkung der physikalischen Pumpe hängt u.a. von der thermohalinen Zirkulation ab. Da CO2 in kaltem Waser besonders gut löslich ist, wird der Transport von atmosphärischem Kohlendioxid in den tieferen Ozean vor allem durch die Bildung von kaltem Wasser mit hoher Dichte im Nordatlantik und dem Gebiet des Antarktischen Zirkumpolarstroms kontrolliert. Mit dem Absinken großer Wassermassen in die Tiefe und ihrer weiteren Ausbreitung über große Entfernungen, z.T. über alle Ozeane, wird das CO2 effektiv und über lange Zeiträume von Jahrzehnten bis Jahrhunderten dem Austausch mit der Atmosphäre entzogen. Das heißt aber auch, dass eine Störung des innerozeanischen Kohlenstoff-Gleichgewichts durch zusätzliche CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre erst über Zeiträume von bis zu 1000 Jahren, der Umwälzzeit des Ozeans durch die thermohaline Zirkulation, wieder ausgeglichen werden kann. Die langen Austauschzeiten sind vor allem darin begründet, dass sich erstens die Wassermassen der ozeanischen Tiefenströmungen nur sehr langsam bewegen und zweitens in großen Teilen des Ozeans eine wärmere und leichtere Deckschicht das Aufsteigen von Tiefenwasser verhindert.

Durch den globalen Klimawandel wird auch das Oberflächenwasser des Ozeans erwärmt, und es bilden sich weniger kalte Wassermassen, die in die Tiefe absinken könnten. Dadurch wird der Transport von Kohlenstoff in den tieferen Ozean durch die "physikalische Pumpe" reduziert. Durch den kombinierten Effekt von 1. der zunehmenden chemischen Sättigung des Oberflächenwassers und 2. der zunehmenden Schichtung der Wassersäule werden zwei wichtige negative Rückkopplungen im Kohlenstoff-Klima-System geschwächt und damit die Rate der Aufnahme von anthropogenem Kohlenstoff durch den Ozean reduziert. Die Größenordnung ist entscheidend davon abhängig, wie die ozeanische Zirkulation und die chemische Mischung auf den klimatischen Antrieb reagieren.

Die biologische Pumpe

Das durch die Photosynthese erzeugte organische Material sinkt als Gewebepartikel (particulate organic carbon = POC) in größere Tiefe und wird dort remineralisiert, d.h. in seine Bestandteile aufgelöst. Dieser Abwärtsfluss von organischem Kohlenstoff aus dem oberen Ozean, der etwa 25% des Kohlenstoffs, der im oberen Ozean durch Photosynthese gebunden wird, ausmacht, wird als "biologische Pumpe" bezeichnet und wird gegenwärtig auf etwa 11 Gt C pro Jahr geschätzt. Nur ein minimaler Teil sinkt in das Sediment ab, hauptsächlich im Küstenbereich. Der restliche organische Kohlenstoff wird im tiefen Ozean durch Zersetzung in gelösten anorganischen Kohlenstoff (DIC) zurückverwandelt, der durch aufsteigendes Wasser wieder an die Oberfläche gelangt. Insgesamt sorgt die biologische Pumpe dafür, dass die atmosphärische CO2-Konzentration 150-200 ppm unter dem Wert liegt, der ohne das ozeanische Phytoplankton herrschen würde.

Die Karbonat-Gegenpumpe

Zusätzlich zu diesen Vorgängen bilden einige Phytoplankton- und Zooplanktonarten Kalzium(CaCO3)-Schalen, die in tiefere Schichten sinken, wo Teile davon aufgelöst werden. Die Auflösung geschieht erst in Tiefen, in denen keine Karbonatsättigung mehr vorliegt, d.h. unterhalb der sogenannten Lysokline (wo eine durch den hohen Druck verursachte starke Änderung der Löslichkeit besteht), die im nördlichen Atlantik bei 5 km und im nördlichen Pazifik bei 1 km Tiefe liegt. Der Abwärtstransport von festem organischem Material führt zwar ebenfalls zu einer Reduktion im Oberflächen-DIC, allerdings handelt es sich um Karbonat, welches der Oberfläche entzogen wird. Aufgrund der oben erläuterten Reaktion zwischen Karbonat und CO2 verschiebt sich so das Gleichgewicht des Puffersystems hin zu mehr CO2. Obwohl also Kohlenstoff in die Tiefe sinkt, steigert dieser Vorgang paradoxerweise den CO2-Gehalt der Atmosphäre. Dieser Mechanismus wird manchmal als "Karbonat-Pumpe" bezeichnet, manchmal aber auch als Teil der biologischen Pumpe verstanden.

Blick in die Zukunft

Seit Beginn der Industrialisierung hat die Menge des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC) im Ozean um 118 Gt C zugenommen, von denen allerdings nur 18 Gt C im oberen und 100 Gt C im tieferen Ozean zu finden sind. Zum Vergleich: die Zunahme der Atmosphäre im selben Zeitraum betrug 165 Gt C (vgl. Kohlenstoffkreislauf). Insgesamt befindet sich jedoch mehr als die Hälfte des anthropogenen Kohlenstoffs im Ozean noch in den oberen 400 m. Der Anteil der Ozeanischen Aufnahme von CO2 an der gesamten anthropogenen Emission hat sich in jüngster Zeit wahrscheinlich von 42% auf 37% verringert.[6]

Die folgende Mechanismen werden in Zukunft wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Aufnahme von anthropogenem Kohlendioxid aus der Atmosphäre durch den Ozean geringer wird:

  • die Erwärmung des Ozeans
  • die Abschwächung des chemischen Puffers
  • die Abschwächung der physikalischen Pumpe

Vor allem durch biologische Prozesse kann die Aufnahme von anthropogenem Kohlendioxid gesteigert werden, und zwar durch:

  • eine Stärkung des biologischen Puffers
  • eine Intensivierung der biologischen Pumpe

Nach Modellberechnungen sorgt die biologische Pumpe tendenziell dafür, dass die Verringerung der CO2-Aufnahme durch die physikalische Pumpe abgeschwächt wird. Wenn die biologische Pumpe auch im 21. Jahrhundert das anthropogene CO2 effektiv absorbieren soll, müsste ihre Effizienz allerdings gesteigert werden, z.B. durch höhere Nährstoffzufuhr oder -ausnutzung. Ob die Nährstoffzufuhr in den Ozean allerdings zukünftig genügend zunehmen wird, ist unklar. Einerseits ist eine weitere Steigerung durch die Nutzung von Stickstoffdünger in der Landwirtschaft, der durch Flüsse ins Meer gespült wird, möglich. Andererseits wird angenommen, dass in einem wärmeren Klima der Eintrag von Staub, der Eisen-, Zink- und andere Partikel enthält, in den Ozean abnehmen wird.[7] Die wahrscheinlich höhere Effizienz der biologischen Pumpe wird jedoch zu gering sein, um der CO2-Emission in den kommenden Jahrzehnten und der Abschwächung der physikalischen Pumpe und der chemischen Umwandlung wirksam entgegenzuwirken. Man kann insgesamt davon ausgehen, dass die Kohlenstoff-Senke des Ozeans sich abschwächen wird, was dazu führt, dass ein größerer Teil der anthropogenen Kohlendioxid-Emissionen in der Atmosphäre verbleiben wird.

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Friedlingstein, P., M. O'Sullivan, M.W. Jones et al. (2025): Global Carbon Budget 2024, Earth Syst. Sci. Data, 17, 965–1039, https://doi.org/10.5194/essd-17-965-2025
  2. Gigatonnen Kohlenstoff; 1 Gigatonne = 1 Milliarde Tonnen
  3. IPCC AR6 WGI (2021): Global Carbon and other Biogeochemical Cycles and Feedbacks, 5.4.4
  4. CDRmare (2022): CDRmare (2023): Der natürliche Kohlenstoffkreislauf der Erde – Kohlenstoffspeicher Ozean: So nimmt das Meer Kohlendioxid auf.
  5. IPCC AR6 WGI (2021): Global Carbon and other Biogeochemical Cycles and Feedbacks, 5.3
  6. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 5.4.2.2
  7. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 7.3.4.4

Weblinks

Literatur

  • Liebezeit, G. (2011): Meereschemie und globaler Klimawandel, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 3236


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