Landwirtschaft und Klima

Aus Klimawandel

Ernährungsfragen

Abb. 1: Entwicklung der Zahl der unterernährten Menschen in Entwicklungsländern in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts

Eine der ernstesten Folgen des Klimawandels wird höchstwahrscheinlich die Landwirtschaft und die Ernährung der Weltbevölkerung betreffen. Gerade die Menschen in den ärmsten Regionen der Welt sind in hohem Maße direkt von einer Landwirtschaft abhängig, die unmittelbar von den natürlichen Bedingungen bestimmt wird. Während in entwickelten Industrieländern 5% der Bevölkerung und weniger von der Landwirtschaft leben, sind es in der Dritten Welt bis zu 80 %. Und da hier die Bevölkerung besonders stark wächst, ist der Agrarsektor zunehmend weniger in der Lage, ausreichend Nahrung zu produzieren. Die jüngste Schätzung (2008) der von der UNO eingerichteten Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO über die Anzahl von unterernährten Menschen liegt bei 963 Millionen weltweit.[1] Zwar konnte der Hunger in manchen bevölkerungsreichen Ländern Asiens wie China und Indien deutlich zurückgedrängt werden, in Afrika südlich der Sahara hat er jedoch deutlich zugenommen (Abb. 1). Hier sind 40% der Bevölkerung chronisch unterernährt und arm, was nicht nur durch die Bevölkerungszunahme, sondern auch durch den Rückgang der Produktivität des Agrarsektors bedingt ist. Es ist zu erwarten, dass gerade hier der Klimawandel die stärksten negativen Folgen haben wird.[2]

Folgen des Klimawandels

Abb. 2: Wechselwirkung zwischen Landwirtschaft und Klima und andere Einflussfaktoren

Weltweit wird der klimatische Wandel allerdings nicht nur negative, sondern in manchen Regionen auch positive Auswirkungen haben. Im allgemeinen wird erwartet, dass besonders in tropischen und subtropischen Breiten die Produktion zurückgehen wird, da hier höhere Temperaturen und geringere Niederschläge das Anpassungsvermögen der traditionellen Agrarwirtschaft wahrscheinlich überfordern werden. Es spricht einiges dafür, dass gerade das schwarze Afrika, das seine Produktion als einziger Kontinent der Dritten Welt in den letzten Jahrzehnten nicht steigern konnte, auch am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben wird. In den höheren Breiten könnte der Klimawandel dagegen die Anbauzonen nach Norden verschieben und teilweise zu verbesserten Anbaubedingungen führen.

Die Landwirtschaft wird trotz moderner Produktionsmethoden wie Massentierhaltung und Treibhausanbau weltweit immer noch stark durch die klimatischen Verhältnisse geprägt. Die Klimazonen bestimmen wesentlich mit, welche Anbauprodukte in bestimmten Regionen optimal, schlecht oder gar nicht gedeihen und ob Viehhaltung, ob als Stall- oder Weideviehwirtschaft, lohnend ist. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich der Klimawandel gerade auf die landwirtschaftliche Produktion auswirken wird. Das ist ganz besonders in solchen Gesellschaft der Fall, in denen Landwirtschaft in direkter Abhängigkeit von den natürlichen Bedingungen betrieben wird, wie z.B. in der Weidewirtschaft oder im Regenfeldbau. Dabei spielen sowohl Temperaturveränderungen wie Änderungen des Wasserkreislaufs eine Rolle. Bei beiden Faktoren können sich außerdem Extremereignisse gravierend auf die landwirtschaftliche Produktion auswirken. Indirekt wird das auch über den Einfluss des Klimas auf Schädlinge und Krankheitserreger geschehen. Hinzu kommt, dass das Pflanzenwachstum über die Photosynthese auch direkt vom CO2-Gehalt der Atmosphäre abhängig ist.

Weitere Einflussfaktoren

Änderungen des Klimas und der Zusammensetzung der Atmosphäre werden in den nächsten Jahrzehnten allerdings nicht die einzigen Faktoren sein, die die landwirtschaftliche Produktion beeinflussen. Die erwartete Zunahme der Weltbevölkerung um weitere drei Milliarden bis 2050 macht eine Steigerung der Produktion unausweichlich. Dabei werden noch mehr als bisher die künstliche Düngung, Pflanzenschutzmittel bis hin zur Gentechnologie eine Rolle spielen. Agrarpolitische Konflikte um die gesellschaftlich akzeptierten Methoden der Produktion, internationale Abkommen im Spannungsfeld zwischen Protektion und liberalem Agrarhandel, Börsenspekulationen und globale Krisen werden ebenfalls die Landwirtschaft in vielen Teilen der Erde beeinflussen. Möglicherweise wird sogar der Klimawandel über den Umweg der Nutzung pflanzlicher Biomasse für die Energieproduktion verheerende Folgen für die Ernährungssicherheit großer Teile der Weltbevölkerung haben.

Die Landwirtschaft als Klimafaktor

Bei der Beziehung von Landwirtschaft und Klima ist auch zu bedenken, dass die Landwirtschaft nicht nur Opfer des Klimawandels ist, sondern auch selber erheblich dazu beiträgt. Sie ist einerseits wie die Vegetation Teil des Klimasystems und wirkt auf den Strahlungs- und Wasserhaushalt. Wo etwa ein Wald zugunsten von Anbauflächen beseitigt wird, erhöht sich die Reflexion der Sonnenstrahlung und verringert sich der Wasserkreislauf. Außerdem ist die Landwirtschaft ein wichtiger Emittent von Treibhausgasen, von Kohlendioxid bei der eingesetzten Energie, von Distickstoffoxid durch die Düngung und von Methan durch den Nassreisanbau und die Viehhaltung. Hinzu kommt, dass neuerdings die landwirtschaftlichen Anbauflächen sogar für die Bekämpfung des Klimawandels genutzt werden. Mit so genannter „Bioenergie“ aus Raps, Soja, Zuckerrohr soll aus nachwachsenden Rohstoffen CO2-neutraler Treibstoff gewonnen werden.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung der FAO vom 10.12.2008: Number of hungry people rises to 963 million
  2. Vgl. Fischer, G., M. Shah, and H. van Velthuizen (2002): Climate Change and Agricultural Vulnerability, Johannesburg


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