2023 und 2024 - die wärmsten Jahre

Aus Klimawandel
Version vom 2. Februar 2025, 18:29 Uhr von Anja (Diskussion | Beiträge) (→‎Ausblick)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Abb. 1: Globale Jahresmitteltemperatur 1850-2023, relativ zum Mittel 1850-1900 (vorindustriell). Vertikale Linien zeigen Unsicherheitsbereiche an.

Klimaänderung im Jahr 2023

Atmosphäre

2023 ist das wärmste Jahr, seit es ausreichend Daten für die Bestimmung der globalen Mitteltemperatur gibt, d.h. seit 1850. Die globale Mitteltemperatur lag nach dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union Copernicus Climate Change Service (C3S)[1] mit 1,48 °C über der vorindustriellen Periode 1850-1900 nur noch knapp unter der 1,5-Grad-Grenze, die nach dem Klimaabkommen von Paris (2015) im 21. Jahrhundert längerfristig (d.h. als Mittel einer Periode von 20 Jahren[2]) nicht überschritten werden sollte, um einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. Und 2023 übertraf mit 0,17 °C deutlich das bisher wärmste Jahr 2016. Die Daten des kalifornischen Instituts Berkeley Earth[3] zeigen sogar mit 1,54 °C eine Überschreitung der 1,5-Grad-Marke (Abb. 1), während das britische Hadley Centre ähnlich wie das C3S mit 1,46 °C knapp darunter liegt.[4]

Abb. 2: Globale Temperaturänderung 2023 im Vergleich zur vorindustriellen Periode 1850-1900 nach Monaten.

Nach einem kühlen Beginn aufgrund vorherrschender La-Niña-Bedingungen war jeder Monat des Jahres 2023 von Juni bis Dezember der wärmste je gemessene Monat seit 1850 (Abb. 2). Juli und August lagen um 0,3 °C über dem jeweils früheren Rekord-Monat, der September sogar um 0,5 °C. Einen solchen Abstand zu früheren Rekord-Monaten wie im September hatte es noch nie gegeben. Bei den absoluten Temperaturen lag der Juli 2023 zum ersten Mal über der 17-Grad-Marke.[4] Besonders warm waren die Monate September bis Dezember, in denen bis auf sehr wenige Ausnahmen sich alle Tage um mehr als 1,5 °C gegenüber den vorindustriellen Vergleichstagen erwärmt hatten. Auf das gesamte Jahr 2023 bezogen galt das für fast die Hälfte aller Tage (Abb. 3).[1]

Abb. 3: Zunahme der Tagesmitteltemperaturen des Jahres 2023 im Vergleich zur vorindustriellen Periode 1850-1900

Land und Ozean

Abb. 4: Erwärmung über Land und Ozean 1850-2024. Temperaturabweichung vom vorindustriellen Mittel 1850-1900 in °C.

Nicht nur die globalen Temperaturen, sondern auch die Mitteltemperatur von Land und Ozean (Abb. 4) übertrafen 2023 alle früheren Jahre, die Landgebiete mit über zwei Grad Celsius (2.1 °C) und die Temperaturen über dem Ozean mit mehr als einem Grad (1,1 °C). Die Landtemperaturen waren damit um 0,13 °C höher als in dem früheren Rekordjahr 2020.[3] Besonders hohe Temperaturen wurden über Mittel- und Südamerika sowie Teilen von Asien registriert. Insgesamt wurden in 77 Ländern Rekordtemperaturen erreicht und ebenso auf einem Gebiet, auf dem 2,3 Milliarden Menschen bzw. 29% der Weltbevölkerung leben.[4]

Meeresoberflächentemperaturen und Ozeanerwärmung

Abb. 5: Tageswerte der globalen Meeresoberflächentemperatur zwischen 60°S und 60°N 1981 bis Januar 2025 in °C.

Auch die Meeresoberflächentemperaturen erreichten 2023 Rekordwerte und waren zum ersten Mal über 1 °C wärmer als das vorindustrielle Mittel. In der zweiten Jahreshälfte lagen die Meeresoberflächentemperaturen um fast ein Grad über dem Mittel von 1982-2010 (Abb. 5). Der Monat mit dem größten Abstand vom Mittel 1981-2020 war der September mit 0,67 °C.[5] Normalerweise wird die höchste Meeresoberflächentemperatur am Ende des Süd-Sommers im März gemessen, was mit der größeren Wassermasse auf der Südhalbkugel im Vergleich zur Nordhemisphäre zusammenhängt, und nimmt dann ab. 2023 stieg die Temperatur an der Wasseroberfläche dagegen ab Mai wieder an und erreichte einen Rekordwert im August von über 21 °C, womit der August 2023 mit Abstand der wärmste je gemessene Monat war (Abb. 5).[6] Besonders hohe Werte wurden im Nordatlantik und Nordpazifik (Abb. 6) gemessen, aber auch in der ENSO-Region des tropischen Pazifiks. Neben den Meeresoberflächentemperaturen zeigte aber auch der tiefere Ozean bis 2000 m die stärkste Erwärmung seit Beginn der Messungen.[5] Die zusätzliche Wärme durch anthropogene Treibhausgase in der Atmosphäre wird zu 93% vom Ozean aufgenommen, zweidrittel davon in den oberen 700 m.[4] Von 2019 bis 2023 übertraf die Erwärmung bis 2000 m Tiefe jedes Jahr die Temperaturen des vorhergehenden Jahres.[5]

Abb. 6: Ozeanischer Wärmegehalt in 0-2000 m Tiefe 2023 relativ zum Mittel 1981-2010 in 109 Joule pro m2

Erklärungen

Die längerfristigen Temperaturveränderungen über Jahrzehnte werden zunehmend durch den steigenden Gehalt anthropogener Treibhausgase in der Atmosphäre bestimmt. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre liegt inzwischen bei 420 ppm, die Methan-Konzentration bei 1920 ppb und die Distickstoff-Konzentration bei fast 337 ppb, mit langfristig unveränderten Steigerungsraten.[7] Auch die hohen Temperaturen 2023 sind hauptsächlich auf die Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre zurückzuführen. Die globale Erwärmungsrate liegt inzwischen bei 0,2 °C pro Jahrzehnt.[3] Hinzu kommen weitere anthropogene und natürlich Faktoren, die im Wesentlichen kurzfristig wirken.

Abb. 7: Änderung der Globalen Monatsmitteltemperaturen und El-Niño- (rot), La-Niña- (blau) und neutrale (grau) Jahre 1950-2024

Schwankungen von Jahr zu Jahr sind vor allem durch das ENSO-System (Abb. 7) bedingt, einer natürlichen Variabilität von warmen und kühlen Wassertemperaturen im östlichen tropischen Pazifik, die weltweite Auswirkungen besitzt. So war das bisher wärmste Jahr, 2016, durch einen starken El Niño, der warmen Phase von ENSO, beeinflusst. Ab 2020 dominierte eine längere La Niña, die kalte Schwester von El Niño.[8] Als Folge stiegen die Temperaturen ab 2021 und 2022 nicht weiter an. Auch in den ersten Monaten des Jahres 2023 herrschten noch die La-Niña-Bedingungen aus den beiden vorangehenden Jahren vor. Ab Mitte des Jahres kam es jedoch durch einen neuen El Niño wieder zu höheren Wassertemperaturen im Pazifik, die sich um einige Monate verzögert dann auch auf die globalen Temperaturen auswirkten. Dabei trat der El Niño 2023 gegenüber vorhergehenden Jahren ungewöhnlich früh auf.[3]

Auch der 11-jährige Schwabe-Zyklus der Sonneneinstrahlung, die aktuell etwas zunimmt, besitzt einen gewissen Einfluss auf die globale Mitteltemperatur, der jedoch sehr gering ist. Zeitlich noch kurzfristiger wirken Vulkanausbrüche durch die Emission von Sulfat-Aerosolen in die Stratosphäre, die in der Regel einen abkühlenden Effekt besitzen. Im Januar 2022 gab es jedoch einen ungewöhnlichen untermeerischen Vulkanausbruch durch den Hunga Tonga,[9] bei dem sehr viel Wasserdampf in die Stratosphäre gelangt ist, aber nur wenige Sulfat-Aerosole entstanden, wodurch dieser Ausbruch geringfügig zur Erwärmung beigetragen hat. Speziell für die ungewöhnliche Erwärmung der Meeresoberflächentemperaturen im Nordatlantik kommt auch eine geringere Staubbelastung durch weniger Sahara-Staub in Frage, wodurch mehr Sonnenstrahlen die Meeresoberfläche erreichten und sie erwärmen konnten. Auch eine anthropogene Maßnahme hatte einen gewissen Anteil an der Erwärmung 2023. 2020 wurden durch ein internationales Abkommen die Schwefeldioxid-Emissionen durch den Schiffsverkehr um 8,5 Mio. t pro Jahr auf 2,5 Mio. t reduziert, was eine abrupte Abnahme der globalen SO2-Emissionen, aus denen in der Atmosphäre Sulfat-Aerosole entstehen, um 10%[10][11] und damit einen Erwärmungseffekt von 0,2 °C über dem Nordatlantik zur Folge hatte.[3]

Die Wirkung von Aerosolen reicht allerdings über die Maßnahme beim Schiffsverkehr weit hinaus. Vor allem durch das Verbrennen von fossilen Energieträgern ist es im 20. Jahrhundert zunächst zu einer sich verstärkenden Emission von Aerosolen, und zwar besonders von SO2-Aerosolen, gekommen. Das hat dazu geführt, dass die globale Erwärmung abgeschwächt wurde, weil Aerosole durch die Reflektion von Sonnenstrahlung und die Förderung der Wolkenbildung eine Abkühlung bewirken. Seit den 2000er Jahren hat die Luftreinhaltepolitik in zahlreichen Staaten jedoch dazu geführt, dass die SO2-Emissionen auch global zurückgegangen sind, in manchen Regionen wie Europa und Nordamerika auch schon seit den 1970er und 1980er Jahren. Die Folge war eine Verringerung des Abkühlungseffekts durch Aerosole, wodurch sich die Erwärmung durch die zunehmenden Treibhausgase ungehinderter bemerkbar machen konnte. Nach Jenkins et al. (2022) hat sich allein dadurch die Zunahme der globalen Mitteltemperatur von 0,18 °C/Jahrzehnt in den 2000er Jahren auf 0,35 °C/Jahrzehnt in den 2010er Jahren fast verdoppelt.[12]

Auswirkungen

Klimaänderung im Jahr 2024

Globale Erwärmung

Abb. 9: Globale Temperaturen 1967-2024 relativ zu 1850-1900 nach verschiedenen Datenreihen. Die orangenen Punkte geben die Werte anderer Datenquellen an.

2024 hat das Jahr 2023 noch übertroffen und ist nunmehr das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen. Die globale Mitteltemperatur lag nach den Daten von Berkeley Earth 1,62 °C über dem Mittel der als vorindustriell geltenden Klimaperiode 1850-1900.[13] Nach den Reanalyse-Daten des europäischen Klimadienstes Copernicus Climate Change Service (C3S) lag die globale Mitteltemperatur bei 15,1 °C und damit um 1,6 °C über dem vorindustriellen Wert und um 0,12 °C höher als die globale Mitteltemperatur des bisherigen Rekordjahrs 2023. Der 22. Juli 2024 war mit 17,16 °C der wärmste je gemessene Tag.[14] Die WMO schätzt nach Auswertung von 5 Datensätzen die globale Erwärmung von 2024 auf 1,55 °C über dem vorindustriellen Niveau.[15]

Damit ist 2024 nach 2023 das zweite Jahr, das die Grenze des Pariser Klimaabkommens von 2015 von 1,5 °C überschritten hat, wobei sich diese Grenze in dem Pariser Abkommen allerdings auf ein Mittel über mehrere Jahrzehnte bezieht und nicht auf ein oder zwei Jahre. Andererseits wird immer deutlicher, dass ein Überschreiten der 1,5°C-Grenze auch über einen längeren Zeitraum kaum noch zu vermeiden sein wird. Mit der Erwärmung zwischen 2022 und 2024 liegt der abrupteste Temperaturanstieg seit den 1870er Jahren vor.[13] Die Erwärmungsrate über die letzten 50 Jahre betrug 0,2 °C pro Jahrzehnt.[16] 2024 war zudem jeder Monat um 1,5 °C wärmer als in der vorindustriellen Zeit von 1850 bis 1900. Und die letzten 10 Jahre sind die 10 wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen in den 1850er Jahren. Möglicherweise befindet sich die Erde gegenwärtig sogar in dem wärmsten Zustand seit der letzten Zwischeneiszeit vor 120.000 Jahren.[13] Auf diesem Hintergrund schätzt Copernicus Climate Change, dass die 1,5-Grad-Grenze als Mittelwert über 20-30 Jahre in den 2030er Jahren überschritten wird.[14]

Land und Ozean

Die Temperaturzunahme betrifft sowohl die Lufttemperatur über dem Land als auch über dem Ozean (Abb. 4). Dabei hat sich die Temperatur über den Landflächen mit 2,28 °C über dem Mittel von 1850-1900 wie üblich stärker erhöht als die über den Ozeanen. Die Zunahme über dem Land von 0,6 °C zwischen 2022 und 2024 ist die stärkste Temperaturzunahme innerhalb von zwei Jahren seit den 1870er Jahren.[13] Regional haben besonders die Tropen und die nördlichen mittleren Breiten zu den Rekordtemperaturen beigetragen. Bei über 91% der globalen Fläche lagen die Jahresmittelwerte über dem Mittel der jüngsten Klimaperiode 1991-2020. Die stärksten Abweichungen fanden sich mit bis zu 3 °C im nordöstlichen Kanada und im östlichen Europa. Die höchste gefühlte Temperatur wurde mit 59,1 °C in Algerien registriert.[14] Etwa 3,3 Mrd. Menschen lebten in Regionen, in denen 2024 die Jahresmitteltemperaturen Rekorde erreichten, besonders in Asien, Süd- und Mittelamerika, Afrika und Osteuropa.[13]

Die Erwärmung der Luft über den Ozeanen lag 2024 bei 1,15 °C und damit nur geringfügig um 0,05 °C über der des Jahres 2023.[13] Gegenüber früheren Jahren waren aber die Temperaturen in der oberen Wasserschicht, die Meeresoberflächentemperaturen (auch SST nach engl. Sea Surface Temperature genannt), sowohl 2023 als auch 2024 außergewöhnlich hoch. Besonders war das der Fall im Atlantik, im Mittelmeer und im nördlichen Indischen Ozean.[14] Nach der Studie von Cheng et al.(2025) [17] spielte für die außerordentliche Erhöhung der globalen Mitteltemperatur 2023/24 die Erwärmung des Ozeans eine Schlüsselrolle. Dabei erwärmten sich die Meere nicht nur an der Oberfläche, sondern bis in eine Tiefe von 2000 Metern. Zwischen 2023 und 2024 haben die oberen 2000 m der Ozeane 16 Zettajoules (= 16 x 1021 Joules) an Wärme aufgenommen. Das sind 140mal so viel wie durch die Stromerzeugung der Welt produziert wird.[15]

Die Erwärmung des Ozeans

Abb. 10: Änderung der Meeresoberflächentemperatur 2024 gegenüber dem Mittel 1981-2010 in °C.
Abb. 11: Erhöhung des Wärmegehalts der oberen 2000 m im Jahr 2024 gegenüber dem Mittel 1981-2010 in 109 Joule (= Gigajoule) pro m2.

Bei der Beurteilung der globalen Erwärmung sollte man nicht nur auf die 2m-Temperatur der Luft schauen, sondern vor allem auf den Ozean. Der Ozean nimmt viel mehr der globalen Erwärmung durch den Menschen auf als die Atmosphäre, in der der Klimawandel üblicherweise gemessen wird. Etwa 90% der zusätzlichen Wärme durch menschliche Aktivitäten im Klimasystem wird in den Weltmeeren gespeichert. Der Ozean ist daher der Schlüsselindikator der durch den Menschen bedingten Klimaänderung. Hier zeigt sich zunächst eine Temperaturzunahme in der oberen Wasserschicht, die sich seit den 1970er Jahren zunehmend beschleunigt hat, und das besonders in den 2010er und noch einmal verstärkt in den letzten Jahren. So hat sich von 2022 auf 2023 die Meeresoberflächentemperatur um 0,24 °C erhöht. Die rekordhohe Meeresoberflächentemperatur von 2023 setzte sich im ersten Halbjahr 2024 fort, schwächte sich aber in der 2. Hälfte ab und lag über das ganze Jahr gemittelt bei 0,05-0,07 °C über dem Mittel von 2023. Im Vergleich zu dem Durchschnitt von 1981-2020 war die Meeresoberflächentemperatur von 2024 dagegen um 0,61 °C höher.[17]

Die Zunahme der Meeresoberflächentemperatur war 2024 auf der Nordhalbkugel höher als auf der Südhemisphäre. Die höchste Erwärmung unter den Ozeanbecken zeigten der NW-Pazifik und der N-Atlantik mit >3°C bzw. >2°C gegenüber dem Mittel von 1981-2010. Als möglicher Grund wird der Rückgang der industriellen Aerosol-Emissionen in China seit 2010 angenommen. Eine Abkühlung der SST zeigt der Südliche Ozean rund um die Antarktis, möglicherweise durch den Süßwassereintrag durch Schmelzprozesse auf dem Antarktischen Eisschild. Die stärkste Erwärmung überhaupt ereignete sich im Mittelmeerraum. Hier war die Temperaturzunahme von 2023 auf 2024 in den oberen 2000 m fünf Mal höher als die mittlere Erwärmungsrate in den letzten zwei Jahrzehnten.[17]

Eine deutlich stärkere Zunahme zeigte dagegen der Wärmegehalt der Ozeane in der Wasserschicht von 0 bis 2000 m Tiefe. Er lag 2024 um 16 ZJ über dem Wärmegehalt von 2023. Die Höhe dieser Erwärmungszunahme wird deutlich, wenn man die bisherige Erwärmungsraten der letzten Jahrzehnte betrachtet. Sie betrug 1958-1985 rd. 3 ZJ pro Jahr, verdreifachte sich danach auf 9 ZJ/Jahr und lag im letzten Jahrzehnt bei 10-12 ZJ/Jahr. Regional zeigt die stärkste Erwärmung der Nordrand des antarktischen Zirkumpolarstroms, eine Schlüsselregion für die ozeanische Wärmeaufnahme, von wo die Wärme nach Norden verteilt wird. Die größte Wärmeaufnahme der einzelnen Ozeane weist dabei der Atlantik auf, während im Indischen und Pazifischen Ozean Regionen auffallen, die sich 2024 gegenüber dem Zeitraum 1981-2010 auch abgekühlt haben.[17]

Erklärungen

Abb. 12: Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga Tonga am 15.1.2022.
Abb. 13: Änderung der globalen CO2- und CH4-Konzentration zwischen 2003 und 2024.

Die Ursache für die hohe globale Mitteltemperatur 2024, mit der zum ersten Mal seit Beginn der Messungen im 19. Jahrhundert die Grenze des Pariser Abkommens von 1,5 °C überschritten wurde, setzten sich im Wesentlichen von 2023 in das Jahr 2024 fort. An erster Stelle steht die Erhöhung der Konzentration der anthropogenen Treibhausgase in der Atmosphäre. Dann folgen die bis über die Mitte des Jahres anhaltenden Wirkungen von El Niño (Abb. 7), die abnehmende Wirkung der anthropogenen Aerosolbelastung, die Wasserdampfemissionen des Hunga-Tonga Vulkans (Abb. 12), der Schwabe-Zyklus der Sonneneinstrahlung und der geringere Sahara-Staub über dem Nordatlantik.[18]

Die Anteile der einzelnen Antriebe an der Erwärmung 2024 sind schwierig zu berechnen. Nach Hausfather (2025)[18] betrug der Anteil von El Niño 0,16 °C und hatte damit 2024 eine deutlich stärkere Wirkung als 2023, als die warme ENSO-Phase nur mit 0,04 °C beteiligt war. Der Grund ist darin zu sehen, dass die ENSO-Schwankungen im Pazifik sich erst mit einer Verzögerung von 3-6 Monaten[13] auf die globale Temperatur auswirken. Für die Ozeanerwärmung, die im NW-Pazifik noch stärker war als im N-Atlantik (Abb. 10 und 11), wird als mögliche Ursache in einer jüngsten Studie die Abnahme der Aerosol-Emissionen in China angenommen.[17] Die Effekte der Solarstrahlung, des Hunga-Tonga und der Abnahme der Aerosol-Emissionen durch Regelungen im Schiffsverkehr schätzen Goessling et al. (2025)[19] in ihrer Untersuchung auf nicht mehr als 0,1 °C ein. Eine deutlich stärkere Auswirkung sehen die Autoren in der Wirkung der Abnahme niedriger Wolken, besonders in den nördlichen mittleren Breiten und den Tropen, deren Ursache aber nicht endgültig geklärt sind. Ein Grund könnte in der Erwärmung der Ozeane durch den anthropogenen Treibhauseffekt liegen, womit es sich hier um eine Rückkopplung mit der globalen Erwärmung handeln würde, die auch künftig eine Rolle spielen könnte.

Die mit Abstand wichtigste und auch über die nächsten Jahre und Jahrzehnte anhaltende Ursache der Erhöhung der globalen Mitteltemperatur sind jedoch die menschlichen Aktivitäten, besonders die fortgesetzt steigende Erhöhung der Treibhausemissionen sowie die Abnahme der Emissionen von Schwefeldioxid und damit der Aerosolbelastung. Betts et al. (2025)[20] schätzen den Temperatureffekt von CO2 und anderen anthropogenen Treibhausgasen für 2024 auf über 1,3 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau, und damit auf ein Vielfaches der oben angesprochenen singulären natürlichen wie anthropogenen Gründe, die kurzfristigen Schwankungen unterliegen. Die CO2-Konzentration hat auf der Messstation Mauna Loa auf Hawaii von 2023 auf 2024 so stark zugenommen wie nie zuvor. Während die Anstiegsrate in den 1960er Jahren bei 0,86 ppm/Jahr lag und in der ersten Hälfte der 2020er Jahre (2020-2024) bei 2,58 ppm/Jahr, stieg sie zwischen 2023 und 2024 auf den Rekordwert von 3,58 ppm/Jahr. Die wichtigste Ursache waren die CO2-Emissionen, die u.a. aufgrund zahlreicher Brände auf der Nordhalbkugel verstärkt wurden. Es kam aber noch hinzu, dass auch die CO2-Aufnahme durch die Landvegetation ungewöhnlich gering war und damit mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre verblieb. Eine Ursache waren die El-Niño-Bedingungen, durch die vielerorts heißes und trockenes Wetter herrschte, was das Pflanzenwachstum hemmte.

Die globale CO2-Konzentration (Abb. 13) liegt etwas niedriger als die Konzentration auf dem Mauna Loa,[21] da es eine Weile dauert, bis sich die hohen Werte des Mauna Loa von 2024 über den ganzen Globus ausgebreitet haben.[20] Die Anstiegsrate der Methan-Konzentration hat sich zwischen 2023 und 2024 zwar etwas abgeschwächt, steigt aber ebenfalls weiter an (Abb. 13).[22]

Ausblick

Abb. 14: Änderung der globalen Jahresmitteltemperatur ab 1950 nach Beobachtungen und CMIP6-Modellsimulationen (ab 2015 nach dem Szenario SSP2-4.5) im Vergleich zur Referenzperiode 1981-2010.

Die Jahre 2023 und 2024 waren möglicherweise der Einstieg in eine von der Menschheit nie erfahrenen Klimaperiode. Das schnelle Tempo des Wandels hat Wissenschaftler überrascht und Besorgnis über die Folgen extremer Wetterbedingungen hervorgerufen.[23] Manche Forscher sprechen von einem 'unvermessenen Territorium', in das die Welt sich begeben habe.[23][24] Die Grenze von 1,5 °C, die nach dem Paris-Abkommen von 2015 die Grenze zu einem gefährlichen Klimawandel markiert, wurde nur knapp unterschritten bzw. sogar überschritten. Allerdings meint das Abkommen von Paris die Mitteltemperatur über einen längeren Zeitraum, im allgemeinen über 20 Jahre, nicht nur über ein Jahr oder gar einen Monat.[25] Das Jahr 2024 ist noch einmal wärmer geworden als 2023. Ein Grund sind die ungebremst weitergehenden Treibhausgasemissionen, ein anderer der bis zur Mitte des Jahres 2024 andauernde El Niño.[3]

Trotz der starken Temperatursteigerung 2023 und 2024 liegen die beiden Jahre innerhalb der von Klimamodellen vorhergesagten Bandbreite der globalen Temperaturentwicklung (Abb. 14). Klimamodelle der jüngsten Generation CMIP6 haben einerseits die Vergangenheit in sog. ‚Nachhersagen‘, also retrospektiven Klimavorhersagen, simuliert, andererseits die auf diese Simulation folgenden Jahre vorhergesagt. Die Grenze der beiden Berechnungen lag bei 2015. Benutzt wurden 37 CMIP6-Modelle. Die Vorhersagen wurden mit dem Szenario SSP2-4.5 durchgeführt. Der Vergleich mit den Beobachtungen zeigt, dass die tatsächliche Änderung der globalen Mitteltemperatur im 21. Jahrhundert weitgehend unterhalb des Mittels der Modellergebnisse liegt, das Jahr 2024 das Modellmittel aber geringfügig überschreitet.[18] Die Modellvorhersagen in Abb. 14 wurden bis 2030 gerechnet. Es ist davon auszugehen, dass sie wie in den vergangenen Jahrzehnten auch mit den künftigen Beobachtungen sehr wahrscheinlich übereinstimmen werden. Diese werden 2030 etwa 1,0 °C über der Referenzperiode 1980-2010 liegen. Obwohl mit einer Abnahme der Steigerungsrate der Treibhausgasemissionen gerechnet wird, kommt es nicht zu einer Abschwächung der Temperaturzunahme. Ein wichtiger Grund dürfte die Verringerung der Aerosol-Belastung sein, durch die weniger Sonneneinstrahlung reflektiert wird und mehr bis auf den Erdboden gelangt.

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Copernicus Climate Change Service (2024): Global Climate Highlights 2023
  2. Betts, R.A., S.E. Belcher, L. Hermanson et al. (2023): Approaching 1.5 °C: how will we know we’ve reached this crucial warming mark? Nature, 1. December 2023
  3. Hochspringen nach: 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 Rohde, R. (2024): Global Temperature Report for 2023
  4. Hochspringen nach: 4,0 4,1 4,2 4,3 Hausfather, Z., Carbon Brief (2024): State of the Climate: 2023 smashes records for surface temperature and ocean heat
  5. Hochspringen nach: 5,0 5,1 5,2 Cheng, L., J. Abraham, K.E. Trenberth et al. (2024): New Record Ocean Temperatures and Related Climate Indicators in 2023, Advances in Atmospheric Siences
  6. Climate Reanalyzer (2024): Daily Sea Surface Temperature
  7. NOAA - Global Monitoring Laboratory (2023): Carbon Cycle Greenhouse Gases
  8. World Meteorological Organization, WMO (2023): State of the global climate 2022
  9. A. Tandom, Carbon Brief (2023): Tonga volcano eruption raises ‘imminent’ risk of temporary 1.5C breach
  10. Hausfather, Z., Carbon Brief (2023): State of the climate: Global temperatures throughout mid-2023 shatter records
  11. Hausfather Z, Forster P. 2023. Analysis: How low-sulphur shipping rules are affecting global warming. Carbon Brief
  12. Jenkins, S., R. Grainger, A. Povey, A. Gettelman, P. Stier and M. Allen (2022): Is Anthropogenic Global Warming Accelerating?, J. Climate, 1–43
  13. Hochspringen nach: 13,0 13,1 13,2 13,3 13,4 13,5 13,6 Berkeley Earth (2025): Global Temperature Report for 2024
  14. Hochspringen nach: 14,0 14,1 14,2 14,3 C3S (2025): Copernicus: Global Climate Highlights 2024
  15. Hochspringen nach: 15,0 15,1 WMO (2025): WMO confirms 2024 as warmest year on record at about 1.55°C above pre-industrial level
  16. NOAA National Centers for Environmental Information (2025): Global Climate Report 2024
  17. Hochspringen nach: 17,0 17,1 17,2 17,3 17,4 Cheng, L., J. Abraham, K.E. Trenberth et al. (2025): Record High Temperatures in the Ocean in 2024, Advances in Atmospheric Sciences
  18. Hochspringen nach: 18,0 18,1 18,2 Hausfather, Z., CarbonBrief (2025): State of the climate: 2024 sets a new record as the first year above 1.5C
  19. Goessling, H.F., T. Rackow & T. Jung (2025): Recent global temperature surge intensified by record-low planetary albedo. Science387, 68-73 https://www.science.org/doi/10.1126/science.adq7280
  20. Hochspringen nach: 20,0 20,1 Betts, R., C. Jones, R. Keeling, CarbonBrief (2025): Met Office: Atmospheric CO2 rise now exceeding IPCC 1.5C pathways
  21. NOAA Global Monitoring Laboratory (2025): Trends in Atmospheric Carbon Dioxide (CO2)
  22. NOAA Global Monitoring Laboratory (2025): Trends in Atmospheric Methane (CH4)
  23. Hochspringen nach: 23,0 23,1 Ripple, W.J., C. Wolf, J.W. Gregg et al. (2023): The 2023 state of the climate report: Entering uncharted territory, BioScience, 2023;, biad080
  24. Schmidt, G. (2024): Why 2023’s heat anomaly is worrying scientists, Nature 627, DOI: 10.1038/d41586-024-00816-z
  25. Berkeley Earth (2023): September 2023 Temperature Update

Weblinks


Bildergalerie zum Thema


Lizenzhinweis

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen.
Kontakt: Dieter Kasang