Sonneneinstrahlung und Klimaänderungen

Aus Klimawandel

Der Einfluss der Erdbahnparameter

Abb. 1: Skizze der wesentlichen Änderungen in Position und Umlaufbahn der Erde mit den jeweiligen Periodendauern

Die Erde bewegt sich nicht gleichmäßig wie ein Uhrwerk um die Sonne, sondern weist aufgrund der Anziehungskraft durch andere Planeten und den Mond regelmäßige und daher berechenbare Abweichungen davon auf, die sich auf die Einstrahlung der Sonne auswirken. Diese Erdbahnparameter sind der wesentliche Anstoß für den Wechsel von Kalt- und Warmzeiten in den Eiszeitaltern der Erde, bei denen die globale Mitteltemperatur um ca. 5 °C schwankt. Die wichtigsten Änderungen der Erdbahnparameter sind erstens Abweichungen der elliptischen Erdbahn von der Kreisbahn, die sog. Exzentrizität, zweitens Variationen in der Neigung der Erdachse gegen die Erdbahnebene die Obliquität, und drittens Pendelbewegungen der Achse der Erde, die Präzession (Abb. 1).

Die Abweichung der elliptischen Erdbahn von der Kreisbahn, besitzt mit 2,4 W/m2 der Solarkonstanten den geringsten Effekt auf die Solarstrahlung, der sich allerdings auf den gesamten Globus und nicht nur auf bestimmte Breiten auswirkt. Einen größeren Einfluss hat mit ca. 20 W/m2 bei z.B. 50 °N die Variation in der Neigung der Erdachse gegen die Erdbahnebene, allerdings nur in den höheren Breiten und so, dass die Effekte auf Nord- und Südhalbkugel sich weitgehend ausgleichen. Noch größer ist mit 70 bis 100 W/m2 bei 50 °N der Effekt der Präzession, die die Jahreszeiten auf der Erdbahn um die Sonne wandern lässt, so dass manchmal der Nord-Winter den sonnenächsten Punkt (Perihel) durchläuft, manchmal der Nord-Sommer.

In der Summe kommt es zu komplizierten Überlagerungen und Abhängigkeiten der einzelnen Effekte. So ist die Präzession von der Exzentrizität abhängig und verstärkt deren Wirkung, so dass der Wechsel von Warm- und Kaltzeiten im wesentlichen die 100.000-Jahresperiode der Exzentrizität widerspiegelt. Obliquität und Präzession sind für die globale Temperatur allein wenig wirksam, da die gegensätzlichen Wirkungen auf Nord- und Südhemisphäre sich im globalen Mittel aufheben und die atmosphärische und ozeanische Zirkulation für einen verhältnismäßig raschen Energieausgleich sorgt. Um eine Eiszeit herbeizuführen ist aber nicht die mittlere Bestrahlung entscheidend, sondern die sommerliche Einstrahlung auf der Nordhalbkugel. Im Winter ist es ohnehin kalt genug für Eis in der Arktis. Wenn zusätzlich aber die Sommer so kalt sind, dass weniger Eis schmilzt als sich im Winter gebildet hat, wachsen die Eismassen im nächsten Winter, und es kommt es zu einer Eiszeit.

Auch die Unterschiede zwischen einzelnen Warm- und Kaltzeiten sind durch die Erdbahnparameter bedingt. So lag die Sonneneinstrahlung vor 125 000 Jahren, in der letzten Warmzeit, dem Eem, auf der Nordhemisphäre der Erde im Sommer um ca. 10–20 % höher als heute. Das Eem war daher im globalen Mittel um etwa 2 °C wärmer als das Holozän. Vor allem in den mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel war es wesentlich wärmer als heute. Das arktische Meereis war weitgehend abgeschmolzen.[1]

Allerdings sind die Unterschiede in der Sonneneinstrahlung durch die Schwankungen der Erdbahnparameter viel zu schwach, um das ganze Ausmaß der Temperaturunterschiede zwischen Kalt- und Warmzeiten zu erklären. Tatsächlich lässt sich aus ihnen nur ein Temperaturunterschied von höchstens 0,5 °C ableiten, während der wirkliche Unterschied typischerweise bei 5 °C lag. Es muss also Prozesse im Klimasystem selbst geben, die durch positive Rückkopplungen den solaren Antrieb wesentlich verstärkt haben. Dabei handelt es sich um die Albedo, vor allem der Eis-Albedo, und zweitens die Wirkung der Treibhausgasen der Atmosphäre, vor allem von Kohlendioxid.

Der Einfluss der Sonnenaktivität

Abb. 2: Der aktuelle Schwabe-Zyklus: Sonnenflecken zwischen 1985 und 2015

Solarzyklen

Die Änderungen der Erdbahnparameter sind für Schwankungen der Sonneneinstrahlung auf Zeitskalen von mehreren tausend Jahren verantwortlich. Die Schwankungen der Solarstrahlung auf kurzen Zeitskalen von Jahrzehnten hängen dagegen von den Aktivitäten auf der Sonne selbst ab. In den letzten 1200 Jahren haben sich die Erdbahnparameter aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wesentlich verändert. Unterschiedliche Sonneneinstrahlung wurde in diesem Zeitraum hauptsächlich durch eine verschiedene Abstrahlung von der Sonnenoberfläche verursacht, deren elektromagnetische und Partikelstrahlung gewissen Zyklen unterliegt. Von besonderer Bedeutung ist der 11jährige Schwabe-Zyklus (Abb. 2). Daneben gibt es den Gleissberg-Zyklus mit einer Periode von ca. 80 Jahren.

Die Änderungen der Strahlungs-Zyklen sind jedoch verhältnismäßig klein und besitzen daher auch nur geringe Auswirkungen auf das Klima. Die mittlere Sonneneinstrahlung an der Obergrenze der Atmosphäre beträgt 239 W/m2. Die 11-jährige Schwankung bewirkt daran eine Änderung von nur 0,17 W/m2 oder 0,07 % zwischen Maximum und Minimum. Von größerer Bedeutung sind längerfristige Änderungen der Strahlung über mehrere Zyklen hinweg. So wird über die letzten 30 Jahre eine Änderung von 0,017 W/m2 pro Jahrzehnt angenommen. Zum Vergleich ist die Zunahme des Strahlungsantriebs durch Treibhausgase mit 0,30 W/m2 pro Jahrzehnt in diesem Zeitraum etwa 17 Mal höher.[2] Auch die längerfristigen Trends der Solarstrahlung sind in der Größenordnung von Jahrhunderten relativ klein in ihrer Wirkung. So wird vom IPCC 2013 die Zunahme der Solarstrahlung seit 1750 auf 0,05 W/m2 geschätzt. Der anthropogene Strahlungsantrieb durch langlebige Treibhausgase beträgt dagegen 2,83 W/m2.[3]

Die letzten 1000 Jahre

Die quantitativen Abschätzungen früherer Schwankungen der Sonneneinstrahlung sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Direkte Messungen der Sonneneinstrahlung an der Obergrenze der Atmosphäre durch Satelliten gibt es erst seit November 1978. Für die Zeit davor stützt man sich auf de Zählung von Sonnenflecken, die bis 1610 zurückreicht. Die frühere Sonnenaktivität wird durch die Radionuklide 10Be und 14C in Eiskernen und Baumringen als Proxy-Daten mit der sog. Radiokohlenstoffmethode abgeschätzt. Je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht, desto unsicherer werden daher die gewonnenen Daten.

Abb. 3: Sonneneinstrahlung und Vulkanismus in den letzten 1000 Jahren

Die beiden auffälligsten vorindustriellen Klimaschwankungen der letzten 1000 Jahre auf der Nordhalbkugel, die Mittelalterliche Warmzeit und die Kleine Eiszeit, können dennoch durch die Sonneneinstrahlung bis zu einem gewissen Grad erklärt werden. So wurden während des sog. Maunder-Minimums, der kältesten Phase der Kleinen Eiszeit von 1645 bis1715, so gut wie keine Sonnenflecken beobachtet. Auch im 15. und 16. Jahrhundert war die Sonnenfleckenzahl vermutlich sehr gering, worüber aber keine Beobachtungen vorliegen. Während der Mittelalterlichen Warmzeit war die Sonneneinstrahlung dagegen wahrscheinlich ähnlich hoch wie im 20. Jahrhundert. Der Strahlungsantrieb während der Kleinen Eiszeit war allerdings nur um 0,2 W/m2 geringer als heute.[4][2]

Abb. 4: Anzahl der Sonnenflecken seit dem Maunder-Minimum

Neben den Schwankungen der Sonneneinstrahlung gab es noch andere Einflüsse auf das Klima, vor allem Vulkanausbrüche. Eine Kombination aus Schwankungen der Sonneneinstrahlung und Vulkanausbrüchen kann die Änderungen der globalen Oberflächentemperatur weitgehend erklären.[2] Hinzu kommen interne Schwankungen des Klimasystems und Rückkopplungsmechanismen, wie z.B. die Eis-Albedo-Rückkopplung. Auch die Änderung der Bodenbedeckung durch die Umwandlung von Wald in Ackerland kann eine Rolle gespielt haben. Manche Forscher halten es sogar für möglich, dass die Abkühlung des Klimas der Nordhalbkugel vom Mittelalter bis zur Kleinen Eiszeit zum größeren Teil durch die Änderung der Landnutzung verursacht wurde.[5]

Auch in der industriellen Ära, die der Weltklimarat IPCC um 1750 beginnen lässt, hat die Sonne einen Einfluss auf das Klima. Er fällt jedoch über die gesamte Zeit von 1750 bis 2005 mit 0,12 W/m2 im Vergleich zu dem Nettoantrieb durch den Menschen von 1,6 W/m2 sehr gering aus.

20. Jahrhundert und Gegenwart

Abb. 5: Anzahl der Sonnenflecken und Temperaturentwicklung seit 1900

Die globale Erwärmung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist z.T durch eine zunehmende Sonneneinstrahlung bedingt, die wahrscheinlich auch der dominierende Faktor war. Die Abb. zeigt zwischen 1910 und 1940 bei Temperatur und Sonnenfleckenzahl etwa dieselbe Entwicklung. Danach aber folgen beide Faktoren sehr unterschiedlichen Trends. Die Sonnenfleckenzahl der Maxima des 11jährigen Schwabe-Zyklus nimmt bis etwa 1960 weiterhin stark zu, die Temperaturentwicklung stagniert jedoch bis in die 1970er Jahre. Ab 1980 zeigen die Sonnenfleckenmaxima einen abfallenden Trend, während die globale Mitteltemperatur kräftig ansteigt. Der fehlende Temperaturanstieg nach 1950 wird im allgemeinen durch anthropogene Aerosole erklärt. Seit etwa 1950 überwiegen eindeutig die anthropogenen Einflüsse, die allerdings durch natürliche Einflussfaktoren wie die Solarstrahlung, Vulkanausbrüche und interne Klimaschwankungen moduliert werden.

In den letzten ca. 30 Jahren sind die Sonnenzyklen durch Satelliten gut belegt. Die Maxima der Schwabe-Zyklen zeigen eine deutliche, die Minima eine leichte abnehmende Tendenz. Über den Zeitraum von Ende der 1970er Jahre bis 2000 ist die globale Mitteltemperatur allerdings deutlich um 0,16 °C pro Jahrzehnt angestiegen.[6] Die Sonneneinstrahlung kann diese Temperaturzunahme nicht erklären. Sie ist allenfalls zusammen mit dem starken El Niño 1997/98 an der Erwärmung Ende der 1990er Jahre beteiligt. Ebenso ist davon auszugehen, dass der deutliche Abschwung des Schwabe-Zyklus zwischen 2002 und 2009 einen Einfluss darauf hatte, dass es im neuen Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts trotz weiterhin steigender Treibhausgaskonzentration keine weitere Zunahme der globalen Mitteltemperatur gegeben hat.[6] Für die ausbleibende Erwärmung der letzten zehn Jahre werden jedoch auch interne Klimaschwankungen diskutiert, so die vorherrschenden La-Niña-Bedingungen und schwachen El-Niño-Phasen im Pazifik und die Meeresoberflächentemperaturen (SST) im Nordatlantik.[7]

Einzelnachweise

  1. U. Cubasch (2009): Die Rolle der Sonne im Klimasystem, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin 103, 149–158
  2. 2,0 2,1 2,2 Gray, L.J., et al. (2010): Solar influence on climate, Reviews of Geophysics 48, doi:10.1029/2009RG000282
  3. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 8.6
  4. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 9.2.1.3
  5. Govindasamy, B., P. B. Duffy, and K. Caldeira (2001): Land use changes and Northern Hemisphere cooling, Geophys. Res. Lett., 28, 291- 294; Goosse, H. et al. (2006): The origin of the European Medieval Warm Period, Climate of the Past 2, 99-113
  6. 6,0 6,1 J.L. Lean (2010): Cycles and trends in solar irradiance and climate, WIREs Climate Change 1, 111-122
  7. Mojib Latif (2011): Klimavariabilität, El Nino/Southern Oszillation, die Nordatlantische und die Atlantische Multidekadische Oszillation - Mit Anmerkungen zur Vorhersagbarkeit, in: J.L. Lozán, H. Graßl, L. Karbe, K. Reise: Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 78-89

Weblinks

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