Schnee im Klimawandel

Aus Klimawandel
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Minimale und maximale Schneebedeckung auf der Nordhalbkugel

Schnee im Klimasystem

Die Schneebedeckung ist die am stärksten sich ändernde Komponente der Kryopshäre. Sie reagiert unmittelbar auf Niederschlags-, Temperatur- und Windveränderungen und kann sich durch den Durchzug eines Tiefdruckgebietes innerhalb weniger Tage um bis zu 1 Million km2 vergrößern. Schnee ist durch seine hohe Albedo von 80 bis 90% ein wichtiger Klimafaktor und dafür verantwortlich, dass ein großer Teil der Sonneneinstrahlung wieder in den Weltraum reflektiert wird. Der Zeitpunkt der Schneeschmelze im Frühjahr (und des ersten Schneefalls im Herbst), durch die die Albedo um 20-60% reduziert (erhöht) wird, ist daher von großer Bedeutung für den Strahlungshaushalt im Jahresablauf. Schnee isoliert zudem den darunter liegenden Boden und verhindert weitgehend den Austausch von Feuchtigkeit und Energie zwischen den oberen Bodenschichten und der Atmosphäre. Eine dauerhafte Schneedecke unterbindet das Abfließen von Niederschlag und bremst das Versickern in den Boden. Im Winter schützt Schnee die oberen Bodenschichten vor Auskühlung, in den warmen Jahreszeiten vor Erwärmung und ist damit eine wichtige Einflussgröße auch für Veränderungen von Permafrost. Es wird angenommen, dass größere Schneeflächen und ihre Veränderung auch die atmosphärische Dynamik beeinflussen, so z.B. die Stärke des asiatischen Sommermonsuns (weniger Schnee im Frühjahr lässt den Boden bis zum Sommer stärker austrocknen und verstärkt damit den Land-Meer-Gegensatz und verstärkt den Monsun) und wahrscheinlich auch die Arktische Oszillation.

Globale Schneebedeckung

Große zusammenhängende Schneeflächen befinden sich vor allem auf der Nordhalbkugel, deren Landmassen im Winter fast zur Hälfte mit Schnee bedeckt sind. Auf der Südhalbkugel außerhalb der Antarktis kommt eine ganzjährige Schneebedeckung nur in Gebirgszonen vor. Die Ausdehnung der nordhemisphärischen Schneedecke (ohne die Schneeflächen auf Grönland und dem arktischen Meereis) schwankt jahreszeitlich sehr stark zwischen weniger als 1 Million km2 im späten August und 40-50 Millionen km2 im Februar.

Veränderungen der Schneebedeckung

Entwicklung der Schneebedeckung auf der Nordhalbkugel im Juni 1979-2012. Dicke Linie: 5-Jahresmittel

Zwischen 1979 und 2011 hat die Schneebedeckung der Nordhalbkugel im Juni um 17,8 % pro Jahrzehnt abgenommen. Das ist doppelt so stark wie der Trend beim Meereisverlust im September. Rechnet man den Rekordverlust im Juni 2012 dazu, sind es sogar 21,5 % pro Jahrzehnt. Die Abnahme der Schneebedeckung im Mai und Juni hat sich in den 2000er Jahren deutlich beschleunigt. Um 1980 lag die Schneebedeckung bei ca. 9 Mill. km2, um 2000 waren es noch ca. 7 Mill. km2, 2012 nur noch zwischen 2 und 3 Mill. km2.[1] Die mittlere Dauer der Schneesaison auf der Nordhalbkugel verkürzte sich gegenüber dem Winter 1972/73 alle 10 Jahre um 5,3 Tage.[2] Die deutliche Abnahme im Frühjahr ist konsistent mit der starken Erwärmung in den höheren Breiten der Nordhemisphäre. Die Schneetiefe hat dagegen in einigen Regionen wie im asiatischen Sibirien aufgrund höherer Niederschläge zugenommen.[3]

Modellrechnungen haben für die Jahre 2071-2090 eine weitere Verringerung der Schneefläche um 9-18% simuliert.[3] Auch in Zukunft wird es die größten absoluten Abnahmen im Frühling geben. Dem Rückgang der Schneefläche korrespondiert eine Verkürzung der Schneesaison. Nach Berechnungen von regionalen Klimamodellen wird nach dem A2-Szenario die Schneesaison im nördlichen Europa (nördlich 55 °N) 2071-2100 gegenüber 1961-1990 um 45-60 Tage abnehmen. Die insgesamt fallende Schneemenge wird sogar um 50-70 % zurückgehen. Dabei gibt es jedoch große räumliche Unterschiede. So wird die Schneemenge über Nordskandinavien und den skandinavischen Gebirgen nur um ca. 20 %, die über Südschweden, Dänemark, SW-Finnland und der norwegischen Westküste bis zum Ende dieses Jahrhunderts dagegen um 60 % und mehr reduziert. Entscheidend für diese Entwicklung ist eine Erwärmung von 3-6 °C in den Monaten November bis März nach dem A1B-Szenario für 2070-2099. Die Niederschlagserhöhung von ca. 20 % spielt demgegenüber eine untergeordnete Rolle, da der Niederschlag gegenüber heute zunehmend als Regen fällt und die Schmelzsaison deutlich früher beginnt. Nur in wenigen nördlichen und höheren Regionen,wo die Temperaturen kalt genug bleiben, führt die Niederschlagszunahme auch zu einer Zunahme des Schneefalls.[4]

Schnee in Hochgebirgen

Änderung der Schneetage pro Jahr als Resultat von Simulationen mit dem deutschen Klimamodell CLM. Dargestellt ist die Differenz der Jahre 2071-2100 und 1961-1990. Für das 21. Jahrhundert wurde hier das Szenario A1B des IPCC zugrunde gelegt. Wegen der Eis-Albedo-Rückkopplung ist die Abnahme der Schneetage in den Gebirgen und in Nordosteuropa besonders prägnant.

In der Fläche zwar gering, regional aber dennoch von großer Bedeutung sind die Schneedecken in den Hochgebirgen der mittleren Breiten wie etwa den Alpen, den Rocky Mountains, den Anden oder den neuseeländischen Alpen. In den Gebirgsregionen der Sierra Nevada und der Rocky Mountains bis nach Kanada hat eine Erwärmung um 0,8 oC seit den 1950er Jahren zu einer deutlichen Reduzierung der Schneebedeckung geführt, trotz höherer Niederschläge in einigen Regionen. Selbst eine geringe Erwärmung um 1-2 oC bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts würde in manchen Regionen einen Verlust von bis zu 60% der Schneemasse im Frühjahr zur Folge haben, ein Anstieg um 3 oC bis 2090, als best case Szenario, sogar um bis zu 72%.[5] Auch in der Schweiz zeigen sich nach einer Zunahme der Schneebedeckung bis zum Beginn der 1980er Jahre seitdem deutliche Abnahmen, vor allem in den mittleren und tieferen Lagen. Da die Hauptursache in der Temperaturerhöhung liegt, durch die im Winter immer mehr Niederschlag als Regen denn als Schnee fällt, ist mit einer Fortsetzung des Trends auch für die nächsten Jahrzehnte zu rechnen.[6]

Rußablagerungen

Außer durch Temperatur und Niederschlag wird mit der zunehmenden Industrialisierung der Erde die Ausdehnung und Mächtigkeit von Schneedecken (und von Eis) in zunehmendem Maße auch durch Rußablagerungen beeinflusst.[7] Ruß verringert die Albedo heller Flächen und erhöht die Absorption der Sonneneinstrahlung und beschleunigt so den Schmelzprozess. Durch die stärkere Absorption erhöht sich die Temperatur der Atmosphäre, was wiederum auf Schnee und Eis zurückwirkt. Die Veränderung des Klimaantriebs auf der Nordhalbkugel durch die Wirkung von Ruß auf Schnee und Eis wird auf 0,3 W/m2 (Watt pro Quadratmeter) geschätzt, verglichen mit ca. 1,5 W/m2 global durch Kohlendioxid. In manchen Regionen wie im Nordosten Kanadas und im Norden Sibiriens resultiert daraus eine Erwärmung um mehr als 1 °C allein durch die Strahlungswirkung von Rußpartikeln.

Einzelnachweise

  1. C. Derksen, and R. Brown (2012): Spring snow cover extent reductions in the 2008–2012 period exceeding climate model projections, Geophysical Research Letters 39, doi:10.1029/2012GL053387
  2. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 4.5.2
  3. 3,0 3,1 ACIA (2005): Arctic Climate Impact Assessment 2005, Chapter 6: Cryosphere and Hydrology
  4. Räisänen, J, and J. Eklund (2012): 21st Century changes in snow climate in Northern Europe: a high-resolution view from ENSEMBLES regional climate models, Climate Dynamics, 38, 2575–2591
  5. Service, R.F. (2004): As the West Goes Dry, Science 303, 1124-1127; Mote, P.W., A.F. Hamlet, M.P. Clark, and D.P. Lettenmaier (2005): Declining mountain snowpack in western North America, Bull. of the Amer. Meteorol. Soc., 86, 39-49
  6. Laternser, M., and M. Schneebeli (2003): Long-term snow climate trends of the Swiss Alps (1931-99). International Journal of Climatology 23(7), 733-750
  7. Hansen, J., and L. Nazarenko (2004): Soot climate forcing via snow and ice albedos. Proc. Natl. Academy of Sciences 101(2), 423-428

Literatur

Weblinks


Bildergalerie zum Thema


Klimadaten zum Thema

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Klimamodell-Experimente zum Thema

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