Methan im Permafrost: Unterschied zwischen den Versionen

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Über Jahrzehnte bis Jahrhunderte könnten nach dem Szenario RCP8.5 durch Emissionen von CO<sub>2</sub> und CH<sub>4</sub> bis 2100 rund 5-15% des im Permafrost gespeicherten Kohlenstoffs in die Atmosphäre gelangen bzw. 67-237 PgC. Das würde einer jährlichen Freisetzung von 0,5-2 PgC pro Jahr entsprechen. Die darin enthaltenen Methanemissionen würden 40-70% des [[Strahlungsantrieb]]s ausmachen. Heutige [[Erdsystemmodelle]] unterschätzen jedoch die künftigen Emissionen, da sie das Auftauen des Permafrostbodens nur als graduellen Prozess simulieren und auch die Veränderungen der arktischen Ökosysteme meistens nicht enthalten. Vor allem erfassen sie auch keine schnellen Auftauprozesse, die durch das Tauen von Eis im Untergrund zu Absenkungen ganzer Landflächen führen können oder durch das Eindringen von Wasser den Tauprozess im Untergrund beschleunigen. 20% der nördlichen Permafrostregion sind durch schnelle Auftauprozesse gegenwärtig oder in Zukunft gefährdet. Neuere Regionalmodelle, die das Pflanzenwachstum nach schnellen Auftauprozessen simulieren, zeigen, dass bis 2300 dadurch 40% zusätzlicher Kohlenstoff emittiert werden würde. Von dieser Menge würden 20% als Methan freigesetzt, die die Hälfte des Strahlungseffekts durch Emissionen, die durch schnelle Auftauprozesse ausgelöst werden, ausmachen. Das durch das schnelle Auftauen angeregte Pflanzenwachstum würde allerdings ca. 20% des freigesetzten Kohlenstoffs wieder binden.<ref name="Schuur 2022" />  
Über Jahrzehnte bis Jahrhunderte könnten nach dem Szenario RCP8.5 durch Emissionen von CO<sub>2</sub> und CH<sub>4</sub> bis 2100 rund 5-15% des im Permafrost gespeicherten Kohlenstoffs in die Atmosphäre gelangen bzw. 67-237 PgC. Das würde einer jährlichen Freisetzung von 0,5-2 PgC pro Jahr entsprechen. Die darin enthaltenen Methanemissionen würden 40-70% des [[Strahlungsantrieb]]s ausmachen. Heutige [[Erdsystemmodelle]] unterschätzen jedoch die künftigen Emissionen, da sie das Auftauen des Permafrostbodens nur als graduellen Prozess simulieren und auch die Veränderungen der arktischen Ökosysteme meistens nicht enthalten. Vor allem erfassen sie auch keine schnellen Auftauprozesse, die durch das Tauen von Eis im Untergrund zu Absenkungen ganzer Landflächen führen können oder durch das Eindringen von Wasser den Tauprozess im Untergrund beschleunigen. 20% der nördlichen Permafrostregion sind durch schnelle Auftauprozesse gegenwärtig oder in Zukunft gefährdet. Neuere Regionalmodelle, die das Pflanzenwachstum nach schnellen Auftauprozessen simulieren, zeigen, dass bis 2300 dadurch 40% zusätzlicher Kohlenstoff emittiert werden würde. Von dieser Menge würden 20% als Methan freigesetzt, die die Hälfte des Strahlungseffekts durch Emissionen, die durch schnelle Auftauprozesse ausgelöst werden, ausmachen. Das durch das schnelle Auftauen angeregte Pflanzenwachstum würde allerdings ca. 20% des freigesetzten Kohlenstoffs wieder binden.<ref name="Schuur 2022" />  
In der Öffentlichkeit ist manchmal von der "Methan-Bombe" die Rede, die durch ein plötzliches Autauen des Permafrosts drohen würde. Ein solches Szenario wird durch Beobachtungen und Projektionen jedoch nicht gestützt. Die in jüngster Zeit entdeckten Krater mit hoher Konzentration von Methan in einigen Gebieten Sibiriens haben allerdings neue Fragen aufgeworfen und könnten auf neue Emissionswege für tiefes fossiles Methan hindeuten.<ref>Bogoyavlensky, V.,
I. Bogoyavlensky, R. Nikonov et al. (2020): [https://doi.org/10.3390/geosciences11020071 New Catastrophic Gas Blowout and Giant Crater on the Yamal Peninsula in 2020: Results of the Expedition and Data Processing], Geosciences 2021, 11, 71</ref> Ein anderes Problem ist eine mögliche ausgedehnte Austrocknung der arktischen Landschaft, z.B. durch das Trockenfallen von Seen durch das Tauen von Permafrost. Das könnte dazu führen, dass die CH<sub>4</sub>-Emissionen unter das vorindustrielle Niveau fallen. Andererseits entstehen dadurch neue aerobe Bedingungen, unter denen die Zersetzungsprozesse mehr CO<sub>2</sub>-Emissionen zur Folge haben könnten. Höhere Temperaturen und größere Trockenheit könnten auch zum Absterben von Pflanzen führen und damit die Fähigkeit der Biomasse verringern, mehr CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre aufzunehmen. Allerdings könnten durch mehr Wärme und ausreichend Feuchte Pflanzengemeinschaften sich auch ausweiten und so viel Kohlenstoff aufnehmen, dass die Kohlenstoff-Verluste aus dem Boden aufgewogen werden.<ref name="Schuur 2022" />


== Rückkopplungseffekte ==
== Rückkopplungseffekte ==

Version vom 28. Januar 2024, 13:07 Uhr

Profil der Permafrostzone in Alaska zwischen 60° und 70° n.Br.

Veränderung der Permafrostgebiete

25% der Landgebiete der nördlichen Hemisphäre sind von Permafrost eingenommen. Gegenwärtig bedeckt der Permafrost weltweit ungefähr 30 Mio. km2, wovon sich 13-18 Mio. km2 in der Arktis, 1 Mio. km2 im Hochland von Tibet und 16-21 km2 unter dem Meeresboden in arktischen Schelfgebieten befinden. 1 Mio. km2 sind von Yedoma-Permafrost eingenommen, einem bis 40 m und mehr tiefreichenden gefrorenen Boden, der während des Eiszeitalters gebildet wurde. In den oberen drei Metern hat sich der Permafrost in jüngster Zeit um ca. 0,4 °C pro Jahrzehnt erwärmt, wodurch der gefrorene Boden sich teilweise in Feuchtgebiete umgewandelt hat. Ein typisches Lanschaftsmerkmal sind daher Thermokarstseen, die beim Auftauen von Permafrost entstehen und gegenwärtig rund 1 Mio. km2 bedecken. Modellsimulationen gehen von einem Permafrost-Verlust von 3-5 Mio. km2 bis 2100 nach einem mittleren Szenario aus.[1]

Auftauen von Permafrost

Besondere Verhältnisse herrschen in den Permafrostböden der hohen Breiten vor allem der Nordhalbkugel. In Gebieten, in denen die Temperatur über mehrere Jahre unter 0 °C liegt, bildet sich dauerhaft gefrorener Boden, der so genannte Permafrost. In den letzten Jahrzehnten ist die Temperatur im Permafrost der Nordhalbkugel um 2-3° C gestiegen.[2] Die Folgen der Erwärmung sind in vielen Gebieten eine Verringerung der räumlichen Ausdehnung der Permafrostgebiete und der Mächtigkeit des dauerhaft gefrorenen Bodens sowie eine Vertiefung des über dem Permafrost liegenden Auftaubodens. Modellprojektionen ergeben eine Verringerung der Permafrostgebiete der Nordhemisphäre bis 2080 um ca. ein Drittel. Die Ausdehnung der zusammenhängenden Permafrostzone von gegenwärtig 10,5 km2 könnte sich sogar auf etwa 1 Million km2 reduzieren. Außerdem wird die saisonale Tiefe des Auftaubodens um bis zu 50% und mehr zunehmen.[3]

Kohlenstoffgehalt und -emissionen

Permafrostgebiete speichern auf 15% der globalen Bodenfläche 60% des weltweiten Boden-Kohlenstoffs. Der arktische Permafrost enthält auf 25% der Fläche der Nordhalbkugel ca. 1.700 Mrd. t Kohlenstoff.[1] Im Boden der Permafrostregion befindet sich damit doppelt so viel Kohlenstoff wie in der Atmosphäre. Organischer Kohlenstoff ist besonders gespeichert in wassergesättigten Sümpfen, ebenso in mineralischen Permafrostböden unterhalb von 1 m. Aber auch unterhalb von 3 m gibt es Permafrost-Kohlenstoff. In den tieferen Yedoma-Schichten in Alaska und Sibirien wird er auf 327-466 PgC geschätzt, in den arktischen Flussdeltas auf ca. 96 PgC. Hinzu kommen ~560 PgC im untermeerischen Permafrost der Arktis, der ebenfalls während der letzten Eiszeit, als der Meeresspiegel deutlich tiefer lag, gebildet wurde.[4]

Wenn Permafrost im Sommer oberflächlich auftaut, wird bei der Zersetzung von organischem Material Kohlendioxid (CO2) gebildet und unter anaeroben Bedingungen, z.B. unter der Wasseroberfläche, Methan (CH4). Beim nächsten Gefrieren werden beide Kohlenstoffverbindungen im gefrorenen Boden gespeichert. Die natürlichen Ökosysteme der nördlichen Permafrostregionen wie Feuchtgebiete und boreale Wälder sind eine Netto-Senke für CO2. Dem gegenüber steht eine Netto-Quelle für CH4 durch Emissionen aus Feuchtgebieten und Gewässern im Binnenland. Bezogen auf das Gewicht sind die nördlichen Permafrostregionen insgesamt eine Kohlenstoffsenke. Bezogen auf das Treibhausgaspotential der einzelnen Gase (CO2=1, CH4=28), das sich auf den Strahlungsantrieb von Kohlendioxid und Methan bezieht, sind sie eine Quelle. Modellsimulationen zeigen, dass die Emissionen aus natürlichen Ökosystemen und anthropogenen Quellen in der nördlichen Permafrostregion eine Treibhausgasquelle von 147 Tg CO2Äq[5]/Jahr sind – zusammengesetzt aus einer CO2-Senke von -237 Tg CO2Äq/Jahr und einer CH4-Quelle von 343 Tg CO2Äq/Jahr.[6]

Änderungen des Kohlenstoffkreislaufs

Nach der letzten Eiszeit waren die sich neu organisierenden Ökosysteme über Jahrtausende bzw. das gesamte Holozän bis zum Beginn der Industrialisierung eine Kohlenstoffsenke und haben in der pflanzlichen Biomasse und im Boden mehr Kohlenstoff aufgenommen als sie an die Atmosphäre wieder abgegeben haben. Der anthropogene Klimawandel hat dann möglicherweise bereits einige Ökosysteme von einer Netto-Senke in eine Netto-Quelle von Kohlenstoff umgewandelt. Verschiedene Beobachtungsmethoden zeigen über die letzten 40 Jahre gemittelt für die Arktis und die borealen Regionen eine Senke von 0,42 Pg C/Jahr. Manche Tundragebiete wie z.B. in Alaska haben sich inzwischen in eine C-Quelle umgewandelt.[4] Die Methan-Emissionen aus den nördlichen Permafrostregionen insgesamt zeigen jedoch keine eindeutige Zunahme.[7] Auch atmosphärische Messungen belegen keine CH4-Trends während der letzten 30 Jahre oder über die Periode 2000-2016.[8]

Über Jahrzehnte bis Jahrhunderte könnten nach dem Szenario RCP8.5 durch Emissionen von CO2 und CH4 bis 2100 rund 5-15% des im Permafrost gespeicherten Kohlenstoffs in die Atmosphäre gelangen bzw. 67-237 PgC. Das würde einer jährlichen Freisetzung von 0,5-2 PgC pro Jahr entsprechen. Die darin enthaltenen Methanemissionen würden 40-70% des Strahlungsantriebs ausmachen. Heutige Erdsystemmodelle unterschätzen jedoch die künftigen Emissionen, da sie das Auftauen des Permafrostbodens nur als graduellen Prozess simulieren und auch die Veränderungen der arktischen Ökosysteme meistens nicht enthalten. Vor allem erfassen sie auch keine schnellen Auftauprozesse, die durch das Tauen von Eis im Untergrund zu Absenkungen ganzer Landflächen führen können oder durch das Eindringen von Wasser den Tauprozess im Untergrund beschleunigen. 20% der nördlichen Permafrostregion sind durch schnelle Auftauprozesse gegenwärtig oder in Zukunft gefährdet. Neuere Regionalmodelle, die das Pflanzenwachstum nach schnellen Auftauprozessen simulieren, zeigen, dass bis 2300 dadurch 40% zusätzlicher Kohlenstoff emittiert werden würde. Von dieser Menge würden 20% als Methan freigesetzt, die die Hälfte des Strahlungseffekts durch Emissionen, die durch schnelle Auftauprozesse ausgelöst werden, ausmachen. Das durch das schnelle Auftauen angeregte Pflanzenwachstum würde allerdings ca. 20% des freigesetzten Kohlenstoffs wieder binden.[4]

In der Öffentlichkeit ist manchmal von der "Methan-Bombe" die Rede, die durch ein plötzliches Autauen des Permafrosts drohen würde. Ein solches Szenario wird durch Beobachtungen und Projektionen jedoch nicht gestützt. Die in jüngster Zeit entdeckten Krater mit hoher Konzentration von Methan in einigen Gebieten Sibiriens haben allerdings neue Fragen aufgeworfen und könnten auf neue Emissionswege für tiefes fossiles Methan hindeuten.[9] Ein anderes Problem ist eine mögliche ausgedehnte Austrocknung der arktischen Landschaft, z.B. durch das Trockenfallen von Seen durch das Tauen von Permafrost. Das könnte dazu führen, dass die CH4-Emissionen unter das vorindustrielle Niveau fallen. Andererseits entstehen dadurch neue aerobe Bedingungen, unter denen die Zersetzungsprozesse mehr CO2-Emissionen zur Folge haben könnten. Höhere Temperaturen und größere Trockenheit könnten auch zum Absterben von Pflanzen führen und damit die Fähigkeit der Biomasse verringern, mehr CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen. Allerdings könnten durch mehr Wärme und ausreichend Feuchte Pflanzengemeinschaften sich auch ausweiten und so viel Kohlenstoff aufnehmen, dass die Kohlenstoff-Verluste aus dem Boden aufgewogen werden.[4]


Rückkopplungseffekte

Nicht alle Veränderungen in heutigen Permafrostgebieten werden allerdings zu einer Verstärkung des Treibhauseffekts führen. Denn auf den aufgetauten Böden werden sich auch neue Pflanzengemeinschaften ansiedeln, die mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und auch an den Boden weitergeben. Durch diesen Effekt wird die Erwärmung abgeschwächt. Die neue Strauch- und Waldvegetation wird aber regional die Albedo verringern. Dadurch kommt es in der darüber liegenden Atmosphäre zu einer Erwärmung, die nach heutiger Kenntnis die Abkühlungswirkung durch die CO2-Aufnahme übertreffen wird.[10] Über den Netto-Effekt von zunehmender Emission von Methan aus Permafrostböden sowie zunehmender CO2-Aufnahme und Verringerung der Albedo durch Pflanzenwachstum besteht noch keine endgültige Klarheit.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Miner, K.R., Turetsky, M.R., Malina, E. et al. (2022): Permafrost carbon emissions in a changing Arctic. Nat Rev Earth Environ 3, 55–67 (2022). https://doi.org/10.1038/s43017-021-00230-3
  2. ACIA (2005): Arctic Climate Impact Assessment 2005, Chapter 6: Cryosphere and Hydrology
  3. Lawrence, D.M., and A.G. Slater (2005): A projection of severe near-surface permafrost degradation during the 21st century, Geophys. Res. Lett., 32
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Schuur, E.A.G., B.W. Abbott, R. Commane et al. (2022): Permafrost and Climate Change: Carbon Cycle Feedbacks From the Warming Arctic. Annual Review of Environment and Resources, 47(1), 343–371
  5. Das CO2-Äquivalent wird nach dem Treibhausgaspotential des jeweiligen Gases berechnet. Es beträgt für CH4 28 für 100 Jahre, d.h. "dass ein Gramm Methan in 100 Jahren 28-mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Gramm Kohlendioxid". Vgl. Kohlendixod-Äquivalent oder CO₂-Äquivalent - was ist das?
  6. Hugelius, G., J.L. Ramage, E.J. Burke et al. (2023): Two decades of permafrost region CO2, CH4, and N2O budgets suggest a small net greenhouse gas source to the atmosphere. ESS Open Archive. DOI: 10.22541/essoar.169444320.01914726/v1
  7. IPCC AR6 WGI (2021): Global Carbon and other Biogeochemical Cycles and Feedbacks, Box 5.1
  8. Saunois, M., A.R. Stavert, B. Poulter et al. (2020): The Global Methane Budget 2000–2017. Earth System Science Data, 12(3), 1561–1623, doi:10.5194/essd-12-1561-2020
  9. Bogoyavlensky, V., I. Bogoyavlensky, R. Nikonov et al. (2020): New Catastrophic Gas Blowout and Giant Crater on the Yamal Peninsula in 2020: Results of the Expedition and Data Processing, Geosciences 2021, 11, 71
  10. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, 4.4.6

Weblinks

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