Wälder in hohen Breiten

Aus Klimawandel
Abb. 1: Schwarzfichten-Wald am Copper River in Alaska

Einleitung

Abb. 2: Anteil der Waldflächen nach Klimazonen

Die borealen Wälder, die auch als Taiga bezeichnet werden, liegen zwischen dem 50. und 70. nördlichen Breitengrad. Die Temperaturen der borealen Zone liegen im Juli am Südrand bei ungefähr 18°C, am Nordrand bei ungefähr 13 °C.[1] Die borealen Wälder bedecken eine Fläche von 15,1 Mio. km2 bzw. 23% der globalen Waldgebiete,[2] nach Daten der FAO[3] (2020) sogar 27% (Abb. 2). Sie speichern mehr als 32% des Kohlenstoffs aller Wälder und stehen mit 55% für mehr als die Hälfte der Waldgebiete mit einem geringen anthropogenen Einfluss. Im Wesentlichen bestehen die borealen Wälder aus Nadelbäumen wie Fichten, Kiefern, Tannen und Lärchen als vorherrschenden Baumarten, aber auch Laubbäume wie Birken kommen vor; der Unterwuchs ist durch Moose dominiert. Während die meisten Nadelbäume immergrün sind, werfen Lärchen ihre Nadeln zum Winter hin ab.[2]

Der Klimawandel kann für die borealen Wälder positive wie negative Auswirkungen haben. Auf der einen Seite können höhere Temperaturen die Wachstumsperiode verlängern, und eine höhere atmosphärische CO2-Konzentration kann die Photosynthese und Biomasse der Bäume erhöhen. Auf der anderen Seite können Extremereignisse wie Hitzewellen, Dürren, Feuer und Insektenausbrüche die Biomasse verringern. Die Folgen sind regional verschieden, wobei negative Folgen eher an den südlichen Ränder vorkommen und positive Folgen im nördlichen Bereich des Waldgürtels auftreten.[4]

Abb. 3: Taiga im östlichen kanadischen Schild

Boreale Wälder als Kohlenstoffspeicher

Alle Wälder der Erde speichern global 662 Gt Kohlenstoff (C)[5].[6] Davon befinden sich 45% in der lebenden Biomasse, 45% im Boden und 10% in Totholz und Streu. Der Gesamtspeicher von Kohlenstoff in Wäldern hat zwischen 1990 und 2020 abgenommen, der Kohlenstoffvorrat pro ha jedoch zugenommen, z.T. durch eine verbesserte Forstwirtschaft oder eine Verdichtung des Baumbestands durch den Klimawandel (s.u.). Die terrestrische Senke von Kohlenstoff, die hauptsächlich durch Wälder bestimmt wird, beträgt 29% der jährlichen anthropogenen Emissionen von ca. 11 GtC.[6] Durch Entwaldung werden 1,9 GtC pro Jahr in die Atmosphäre emittiert, durch Wiederbewaldung 1,3 Gt C jährlich absorbiert.[7]

Die borealen Wälder sind schätzungsweise mit 20-40% an der globalen Kohlenstoffsenke in Wäldern beteiligt und wirken damit den CO2-Verlusten durch Veratmung und Verrottung entgegen. 70% des gespeicherten Kohlenstoffs wird in borealen Wäldern im Boden gespeichert, 30% in der oberirdischen Biomasse.[8] Einerseits besteht die Sorge, dass die schnelle Erwärmung der hohen Breiten den Permafrost auftaut und die nördlichen Ökosysteme durch Temperaturextreme und Dürren sich zu einer Netto-Quelle von Kohlenstoff verändern. Andererseits hat das Wachstum der Vegetationsbedeckung in einigen arktischen Regionen zu einer höheren Brutto-Primärproduktion geführt und damit zu einer vermehrten Kohlenstoffaufnahme. Das Kohlenstoff-Budget in den hohen nördlichen Breiten zu quantifizieren stößt allerdings auf diverse Schwierigkeiten. Die Beobachtung vor Ort erfasst nur einen kleinen Ausschnitt des riesigen Gebietes. Vegetationsmodelle haben vielfach keine übereinstimmenden Ergebnisse erzielt und Satellitenbeobachtungen hatten lange Zeit eine zu grobe Auflösung.[9]

Ein Vergleich zwischen der Kohlenstoff-Bilanz in borealen und tropischen Wäldern kommt zu dem Resultat, dass die borealen Wälder in der Zeit 1992-2015 durch den CO2-Düngungs-Effekt und den Klimawandel sich nicht nur flächenmäßig (um 28.000 km2 jährlich) ausgedehnt haben, sondern auch deren C-Senke im Gegensatz zu den tropischen Wäldern zugenommen hat.[8] Eine aktuelle Studie von Watts et al. (2023)[9] kombiniert Ergebnisse von über die boreal-arktische Region verteilten Beobachtungstürmen mit Modell-Berechnungen, die mit den Beobachtungen abgeglichen werden. Die borealen Wälder erwiesen sich in der Untersuchungsperiode 2003-2015 als eine Netto-CO2-Senke von 311 TgC[10] Kohlenstoff pro Jahr. Die Feuchtgebiete in der borealen Zone nahmen weitere 274 TgC pro Jahr auf. Jahreszeitlich waren Winter und Herbst CO2-Quellen, Sommer und Frühling dagegen CO2-Senken. Die borealen Ökosysteme Eurasiens hatten an der Kohlenstoff-Senke einen Anteil von 74%, Nordamerika nur von 26%. Das östliche Sibirien mit einem hohen Lärchen-Anteil zeigte sich als stärkste CO2-Senke. In Nordamerika war der östliche Kanadische Schild im nördlichen Quebec und Labrador die größte Senke. Auch die borealen Strauch- und Gras-Gebiete waren eine signifikante Kohlenstoffsenke von 249 TgC jährlich. In der zeitlichen Entwicklung zeigte die boreale Zone in Eurasien eine Zunahme, die nordamerikanische eine leichte Abnahme der Kohlenstoffsenke. Der Grund liegt vor allem in den häufigeren Waldbränden und Dürren in Nordamerika im Vergleich zu Eurasien. Besonders eine höhere Feueraktivität könnte die Kohlenstoffsenke in den borealen Wäldern insgesamt in Zukunft in eine Kohlenstoffquelle verwandeln.[9]

Abb. 4: Wichtige Störungen in der Region der borealen Wälder

Natürliche und anthropogene Störungen

Der in den borealen Wäldern gespeicherte Kohlenstoff ist vor allem durch natürliche und anthropogene Störungen des Wachstums der borealen Vegetation gefährdet. Die Region der borealen Wälder hat sich zwischen 1961 und 2015 um 0,2 °C bis 0,5 °C pro Jahrzehnt erwärmt.[11] Es wird erwartet, dass sich die borealen Wälder von allen Waldbiomen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit 4-11 °C am stärksten erwärmen werden.[4] Als wichtigste Gefahrenquelle gelten in den borealen Wäldern Feuer, die sich in den letzten Jahrzehnten durch den Klimawandel verstärkt haben. Aber auch Insektenbefall, Dürren und Windwurf haben durch die globale Erwärmung zugenommen und bedrohen den Baumbestand in Nordamerika und im nördlichen Eurasien.[12] Hinzu kommen Abholzungen, die vor allem in den südlichen Bereichen des borealen Waldgürtels den Baumbestand dezimieren (Abb. 4).

Abb. 5: Kronen- und Bodenfeuer in borealen Wäldern in Nordamerika (links) und Eurasien (rechts).

Waldbrände

In den Wäldern der hohen nördlichen Breiten (Abb. 4), also in Sibirien, Kanada, Alaska und Skandinavien, hat es schon immer von Natur aus große Waldbrände gegeben, die häufig von Menschen wegen ihrer Abgelegenheit nicht registriert und beachtet wurden. Hinzu kamen die von Menschen verursachten Brände, die ebenfalls meistens sich selbst überlassen blieben. In den letzten Jahrzehnten konnte jedoch durch Satellitenbeobachtung festgestellt werden, dass die borealen Waldbrände in der Häufigkeit und ihrer regionalen Ausbreitung zugenommen haben.[13] In den borealen Wäldern ist die Wahrscheinlichkeit für das Ausbrechen und die Verbreitung von Waldbränden in Nadelwäldern höher als in Laubwäldern. Nadelbäume produzieren leicht entzündliche Harze und ihr Laub besitzt nur einen geringen Feuchtigkeitsgehalt. In den borealen Wäldern Nordamerikas dominieren Kronenfeuer (Abb. 5).[12] Das ist vor allem durch die vorherrschende Schwarzfichte bedingt, die hoch entzündbare immergrüne Nadeln besitzt und ihre abgestorbenen Äste nicht abwirft, wodurch das Feuer leicht bis in die Krone gelangen kann. In Eurasien, wo Lärchen und Waldkiefern vorherrschen, dominieren dagegen Bodenfeuer. Die Lärche wirft ihre Nadeln im Winter ab und ist daher weniger entzündlich, und Kiefern werfen ihre toten unteren Zweige ab, so dass sich Feuer meistens nur im Unterholz ausbreiten (Abb. 5).[14][15]

In Kanada brachen im Mittel des Zeitraums 1959-2015 jährlich 8000 Feuer auf 2 Mio. ha aus. Bei den großen Feuern ab 200 ha wurden 85% durch Blitzschlag verursacht. Laubwälder brennen weniger leicht als Nadelwälder und junge Bestände geraten weniger in Brand als alte Bäume mit einer großen Biomasse. Obwohl in Kanada die Brandbekämpfung mit Satellitenbeobachtung und den Versuchen, die Feuer in einem frühen Stadium zu löschen, weit entwickelt ist, entstehen immer wieder Großfeuer, die über 90% der Brandflächen einnehmen. Die Brandfläche hat sich seit 1959 um 350 ha pro Jahr erhöht und wird nach Projektionen in Zukunft noch einmal um das Zwei- bis Vierfache zunehmen.[12]

Beträchtlich größer als in Nordamerika sind die durch Feuer betroffenen Flächen in Russland. So brannten hier 2020 z.B. 35.134 Feuer auf 16 Mio. ha, wobei 90% davon östlich des Urals vorkamen, wo Kiefern und Lärchen dominieren. In den Fichtenwäldern Westsibiriens sind Waldbrände dagegen eher selten. Insgesamt dominieren in Sibirien Boden- vor Kronenfeuer. Fast die Hälfte der Brände werden in Russland aufgrund ihrer entfernten Lage und Unzugänglichkeit sich selbst überlassen.[12] In Skandinavien wurden die Häufigkeit, Intensität und Größe von Waldbränden durch die Mechanisierung der Brandbekämpfung und ein dichtes Wegenetz in den Waldgebieten sowohl gegenüber früheren Zeiten als auch gegenüber dem europäischen Russland stark zurückgedrängt. So betrug die mittlere Brandfläche 2007-2016 in Finnland nur 496 ha, in Norwegen 842 ha und in Schweden 2876 ha. Die Größe der Brandflächen schwankt allerdings stark von Jahr zu Jahr. So brannten 2018 in Schweden 22.400 ha.[12]

Die jährlich verbrannten Flächen in den borealen Wäldern haben sich insgesamt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts von 0,8 Mio. ha/Jahr auf 1,5 Mio. ha/Jahr in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts nahezu verdoppelt. Die zunehmenden Waldbrände haben in dieser Zeit entscheidend dazu beigetragen, dass die Bedeckung mit immergrünem Nadelwald im borealen Nordamerika stark zurückgegangen ist (s.u.). Hinzu kommen vor allem im südlichen Teil der Region weitere Ursachen wie Holzeinschlag, Insektenbefall, Dürren und invasive Arten.[16]

Insektenbefall, Dürren und Abholzung

Neben Waldbränden sind Ausbrüche von Insekten eine wichtige Gefahr für die borealen Wälder. In manchen Regionen bewirkt der Insektenbefall sogar die stärksten Zerstörungen des Waldbestandes. Anders als Waldbrände befallen Insekten selektiv die älteren und verletzlichen Bäume. Einer der bedeutendsten Schädlinge ist die Raupe der Schmetterlingsart Choristoneura fumiferana, die in den Nadelwäldern Kanadas und der nordöstlichen USA vorkommt und neben Fichten auch Tannen befällt. Zwischen Insektenbefall und Waldbränden bestehen Wechselwirkungen, indem durch Insekten oder Krankheiten geschwächte Bäume leichter entzündlich sind als gesunde Bäume. Auch höhere Temperaturen und Dürren können die Ausbreitung von Insekten in nördlichere Gebiete begünstigen bzw. die Bäume schwächen und anfälliger für Insektenbefall machen.[12]

Abb. 6: Kahlschlag-Fläche in im borealen Waldgürtel Kanadas

Durch die globale Erwärmung entsteht ein Wasserdampfdefizit in der Atmosphäre, wodurch es zu höheren Verdunstungsraten und bei geringen Niederschlägen zu starker Trockenheit kommen kann. In Kanada ist davon vor allem der Westen betroffen, mit negativen Folgen für das Pflanzenwachstum, während die Wälder im feuchteren Osten von den höheren Temperaturen profitieren.[11] Auch in Russland wird eine Zunahme von mehr Dürren erwartet und eine dadurch bedingte Abnahme des Baumwachstums sowie größere und häufigere Waldbrände.[12]

Durch Holzeinschlag kommt es in den borealen Gebieten ähnlich wie durch Feuer in manchen Fällen zur Zerstörung des Baumbestandes größerer Flächen (Abb. 6). In Kanada werden durch Feuer jährlich rund 2 Mio. ha Wald zerstört, durch Holzernten etwa 0,8 Mio. ha. Die Regeneration von Wald ist nach einem Holzeinschlag im Allgemeinen höher als nach einem Feuer, da die kanadische Forstwirtschaft verpflichtet ist, abgeholzte Gebiete vollständig wieder zu bepflanzen.[17] Besonders gefährdet durch Abholzungen sind Altbestände mit 100 und mehr Jahre alten Bäumen (engl. old-growth forests), die bedeutende CO2-Speicher sind und eine hohe Biodiversität besitzen. Sie sind vor allem im nördlichen Skandinavien bereits auf kleine und isolierte Flecken zurückgedrängt. Aber auch in Kanada und in Russland kommt es durch eine industriell betriebene Forstwirtschaft zu Kahlschlägen in solchen Altbeständen. Modellsimulationen für das östliche Kanada lassen vermuten, dass die Ökosysteme der Altbestände in den nächsten Jahrzehnten verschwinden könnten.[12]

Änderungen von Ausdehnung und Zusammensetzung

Abb. 7: Junge Weißfichte als Pionierpflanze in der Tundra, Alaska

Ausdehnung

Entlang der wärmsten Randgebiete des borealen Waldgürtels könnten zunehmende Hitze und Trockenheit zunächst die Produktivität der Vegetation verringern und die Baumsterblichkeit erhöhen, was schließlich zur Umwandlung von Wald in Buschland oder Grasland führen könnte, insbesondere, wenn es zu Störungen durch Feuer, Insektenbefall und Holzeinschlag kommt. Umgekehrt könnte die Erwärmung an den kältesten Rändern die Produktivität der Vegetation und das Wachstum von Bäumen erhöhen und zu einer allmählichen Ausdehnung der Wälder in die arktische Tundra führen (Abb. 7). Feld- und Satellitenbeobachtungen liefern einige Hinweise darauf, dass solche Veränderungen bereits im Gange sind. Ökosystemmodelle sagen weitere Veränderungen entlang der klimatischen Ränder des borealen Waldbioms bei anhaltenden klimatischen Veränderungen in diesem Jahrhundert voraus.[2]

Abb. 8: Änderung der Baumbedeckung in der borealen Zone Nordamerikas 2000-2019; Zu- (grün) und Abnahme (rot) in % pro Jahr.

Dennoch ist unklar, inwieweit eine Biomverschiebung in dem riesigen borealen Wald bereits im Gange ist, da die meisten Feldstudien nur lokal durchgeführt werden, es kaum systematische ökologische Bodenüberwachung gibt und lange Zeit nur grob aufgelöste Satellitendaten zur Verfügung standen. Neue Satellitendaten des Landsat-Projekts[18] mit einer 30m-Auflösung haben die vermuteten Veränderungen durch ein Erfassen von Greening- und Browning-Trends in ungestörten Waldgebieten jedoch weitgehend bestätigt. Die Blattflächendichte hat danach 1985-2019 auf 38% der untersuchten Flächen zugenommen (Greening), während auf 13% der Flächen eine Abnahme (bzw. ein Browning) registriert wurde. Das Greening war damit drei Mal häufiger als das Browning, und zwar vor allem in den kühleren und eher spärlich mit Bäumen bestandenen nördlicheren Gebieten, während das Browning primär an den wärmeren Rändern des südlichen borealen Waldgürtels mit immergrünen Nadelbäumen vorherrschte (Abb. 8). Grund ist in beiden Fällen die globale Erwärmung, mit Hitze- und Dürrestress an den südlichen Rändern und erhöhter Produktivität durch Erwärmung und längere Wachstumszeiten weiter nördlich.[2]

Satellitenbeobachtungen zeigen nach Rotbarth et al. (2023)[19], dass sich der Rückzug am Südrand des borealen Waldgürtels wesentlich schneller vollzieht als das Eindringen der borealen Bäume in die arktische Tundra. Die Migration der Bäume nach Norden hängt von der Samenverbreitung und dem erfolgreichen Anwachsen der Bäume ab, ein sehr langsam ablaufender Prozess, der mit der Verschiebung der Klimazonen bei weitem nicht mithalten kann. Während sich die klimatische Grenze zwischen Taiga und Tundra nach Projektionen für das 21. Jahrhundert um 1000 bis 10.000 m pro Jahr polwärts wandert, verschiebt sich die ökologische Wald-Tundra-Grenze etwa im Osten Kanadas um nicht mehr als 10 m pro Jahr.[20] Dagegen erfolgt der Rückzug des borealen Waldes am Südrand vor allem durch die Schädigung der Bäume durch hohe Temperaturen und Dürren, Waldbrände und intensiveren Holzeinschlag relativ schnell. Die Folge ist eine Kontraktion des borealen Waldgürtels, der im Grenzbereich zur Tundra nicht das an Waldflächen gewinnt, was er am Südrand verliert. Allerdings wird der Verlust an Bäumen am Südrand durch eine Verdichtung des Baumbestands in der nördlichen Hälfte im Innern des borealen Waldgürtels um das Doppelte übertroffen (Abb. 8). Ein Grund ist, dass die durch Feuer zerstörten Waldflächen im nördlichen Teil schneller wieder zuwachsen als im Süden des Waldgürtels, z.B. weil Nadelbäume relativ schnell durch Büsche und Laubbäume ersetzt werden. Außerdem wirken sich im Norden die höheren Temperaturen und längeren Vegetationszeiten stärker auf das Wachstum aus.

Abb. 9: Änderung der Zusammensetzung der borealen Wälder in Alaska und Kanada nach Waldbränden.

Zusammensetzung

Auf den kahlen Waldflächen entsteht nach Bränden bzw. Holzeinschlag in den Folgejahren und -jahrzehnten eine Sekundärvegetation, entweder von Natur aus wie in der Regel bei Bränden oder durch bewusste Wiederbewaldung wie häufig nach forstwirtschaftlichen Eingriffen. Die durch Feuer zerstörten Nadelbäume werden nach der Untersuchung von Kim et al. (2024)[21] in den ersten ca. zwei Jahrzehnten nach dem Feuer primär durch eine spärliche Strauchvegetation ersetzt, die sich durch das Nährstoffangebot im Boden und die höheren Temperaturen schnell entwickelt. Danach siedeln sich verstärkt wieder Nadelbäume, aber auch Laubbäume an. Nach ca. 50 Jahren dominiert wieder der Anteil von immergrünen Nadelbäumen, der jedoch um ein Drittel geringer als vor dem Feuer ist, während der Anteil von Laubbäumen und Büschen zugenommen hat (Abb. 9). Linares & Ni-Meister (2024) betonen ebenfalls die starke Änderung der Vegetation hin zu Büschen und Laubbäumen.[22]

Die Änderung der Waldzusammensetzung durch Feuer, die zumindest in den ersten Jahrzehnten durchaus signifikant ist, hat Folgen für die biophysikalischen wie für die biochemischen Wechselwirkungen der kanadischen Wälder mit dem Klima. Die höhere Oberflächenreflexion und saisonal offenen Kronen von Laubbäumen bewirken eine höhere Albedo als immergrüne Nadelbäume und damit mehr Reflexion von Sonnenstrahlung und einen lokalen Abkühlungseffekt.[22] Durch die fehlende Belaubung und die Schneebedeckung am Boden ist der Strahlungseffekt von Laubbaumflächen am stärksten im Frühjahr.[23] Bei stärkeren Feuern kann jedoch mehr Ruß auf den Schneeflächen abgelagert werden und so der höheren Albedo entgegenwirken. Außerdem kann die weitere Erwärmung dazu führen, dass die Schneebedeckung immer früher abschmilzt und der dunklere Boden mehr Sonnenstrahlung absorbiert, wodurch der negative Strahlungseffekt ebenfalls reduziert wird.

Einzelnachweise

  1. United Nations Economic Commission for Europe (2023): Boreal Forests and Climate Change. From Impacts to Adaptation
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Berner, L.T., & S.J. Goetz (2022): Satellite observations document trends consistent with a boreal forest biome shift. Global Change Biology, 28, 3275–3292
  3. Food and Agriculture Organization of the United Nations, dt.: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen bzw. Welternährungsorganisation
  4. 4,0 4,1 Triviño, M., M. Potterf, J. Tijerín et al. (2023): Enhancing Resilience of Boreal Forests Through Management Under Global Change: a Review. Curr Landscape Ecol Rep 8, 103–118
  5. 1 Gt C = 3,67 Gt CO2
  6. 6,0 6,1 FAO (2022): The State of the World’s Forests 2022. Forest pathways for green recovery and building inclusive, resilient and sustainable economies. Rome, FAO
  7. Friedlingstein, P., M. O'Sullivan, M.W. Jones et al. (2023): Global Carbon Budget 2023, Earth Syst. Sci. Data, 15, 5301–5369
  8. 8,0 8,1 Gundale, M.J., E.P. Axelsson, E. P., V. Buness et al. (2024): The biological controls of soil carbon accumulation following wildfire and harvest in boreal forests: A review. Global Change Biology, 30, e17276
  9. 9,0 9,1 9,2 Watts, J. D., M. Farina, J.S. Kimball et al. (2023): Carbon uptake in Eurasian boreal forests dominates the high-latitude net ecosystem carbon budget. Global Change Biology, 29(7), 1870–1889
  10. 1 TgC = 1 GtC
  11. 11,0 11,1 Mirabel, A., M.P. Girardin, J. Metsaranta et al. (2023): Increasing atmospheric dryness reduces boreal forest tree growth. Nat Commun 14, 6901 (2023)
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 12,4 12,5 12,6 12,7 Girona, M.M., H. Morin, S. Gauthier et al. (eds.) (2023): Boreal Forests in the Face of Climate Change, Advances in Global Change Research 74
  13. Flannigan, M., Stocks, B., Turetsky, M., Wotton, W. (2009): Impacts of climate change on fire activity and fire management in the circumboreal forest. Global Change Biology 15, 549–560
  14. Archibald, S., C.E.R Lehmann, C.M. Belcher et al. (2018): Biological and geophysical feedbacks with fire in the Earth system, Environmental Research 13, 3
  15. Rogers, B. M., A.J. Soja, M.L. Goulden, J.T. Randerson, J. T. (2015): Influence of tree species on continental differences in boreal fires and climate feedbacks, Nat. Geosci., 8, 228–234, doi:10.1038/ngeo2352
  16. Kim, J. E., J.A. Wang, Y. Li, C.L. Czimczik & J.T. Randerson (2024): Wildfire-induced increases in photosynthesis in boreal forest ecosystems of North America. Global Change Biology, 30, e17151
  17. Guindon, L., P. Bernier, S. Gauthier et al. (2018: Missing forest cover gains in boreal forests explained. Ecosphere 9(1):e02094. 10.1002/ecs2.2094
  18. Erdbeobachtungssatelliten der NASA; Lexikon der Fernerkundung (~ 2022): Landsat
  19. Rotbarth, R., E.H. Van Nes, M. Scheffer et al. (2023): Northern expansion is not compensating for southern declines in North American boreal forests. Nat Commun 14, 3373
  20. Rees, W. G., A. Hofgaard, S. Boudreau et al. (2020): Is subarctic forest advance able to keep pace with climate change? Global Change Biology, 26, 3965–3977
  21. Kim, J. E., J.A. Wang, Y. Li, C.L. Czimczik & J.T. Randerson (2024): Wildfire-induced increases in photosynthesis in boreal forest ecosystems of North America. Global Change Biology, 30, e17151
  22. 22,0 22,1 Linares, M., & W. Ni-Meister (2024): Impact of Wildfires on Land Surface Cold Season Climate in the Northern High-Latitudes: A Study on Changes in Vegetation, Snow Dynamics, Albedo, and Radiative Forcing. Remote Sens. 2024, 16, 1461
  23. Massey, R., B.M. Rogers, L.T. Berner et al. (2023): Forest composition change and biophysical climate feedbacks across boreal North America. Nat. Clim. Chang. 13, 1368–1375

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