Klimaänderungen in Nordamerika

Aus Klimawandel

Nordamerika steht unter dem Einfluss zahlreicher natürlicher Klimaschwankungen wie der Nordatlantischen Oszillation (NAO), der Pazifischen Dekadenoszillation (PDO) und ENSO. So beeinflusst die NAO Temperatur und Niederschlag im östlichen Nordamerika im Winter. Die PDO ist im Winter mit wärmeren Temperaturen im nordwestlichen Nordamerkia und Alaska verbunden.[1] Diese natürlichen Schwankungen ereignen sich auf Zeitskalen von Jahren bis Jahrzehnten und machen es schwierig, den Erwärmungstrend durch steigende Treibhausgaskonzentration zu identifizieren. Dennoch zeigt sich die aktuelle Klimaänderung auch auf dem nordamerikanischen Kontinent. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. Grob gesehen haben sich die hohen Breiten, vor allem der Norden Kanadas, stärker erwärmt als der Rest des Kontinents.

Abb. 1: Mittlere Jahrestemperaturen in Kanada über den Zeitraum 1976-2005

Kanada

Abb. 2: Änderung der Jahresmitteltemperatur für Kanada 1948-2016

Temperatur

Aufgrund seiner Ausdehnung in Nord-Südrichtung von ca. 4600 km und seiner Ost-West-Ausdehnung von ca. 5500 km besitzt Kanada die unterschiedlichsten Klimazonen, von der Polarzone im Norden bis zur gemäßigten Zone im Süden, vom maritimen Klima an der pazifischen West- und der atlantischen Ostküste bis zum stark kontinentalen Klima im Landesinnern. Neben der geographischen Lage bestimmen Meeresströmungen wie der Alaska-Strom im Pazifik und der Golf- und Labrador-Strom im Atlantik das Klima des Landes. Ebenso steht Kanada unter dem Einfluss großräumiger atmosphärischer Zirkulationssysteme. Die Westküste steht unter starkem Einfluss der Westwindzone mit milden Temperaturen und starken Niederschlägen. Polarluft kann im Landesinnern über den flachen Kontinent bis weit nach Süden vordringen. Die mittlere Jahrestemperatur liegt im südlichen Kanada bei 10 °C, ganz im Norden bei -20 °C. Im Sommer reicht die Spanne von 22 °C im Süden bis 2 °C im Norden und im Winter von -5 °C bis -35 °C.[2]

Zwischen 1948 und 2016 ist die mittlere Jahrestemperatur in Kanada um 1,7 °C über das gesamte Land gemittelt gestiegen, was dem Doppelten der globalen Erwärmung entspricht. Im nördlichen Kanada waren es 2,3 °C, eine Verdreifachung der globalen Temperaturzunahme. Der Temperaturanstieg war mit 3,3 °C im Winter gut doppelt so hoch wie im Sommer mit 1,5 °C. Regional gab es die stärkste Temperaturzunahme im Nordwesten, die geringste im Südosten. In einigen Gebieten wie im nördlichen British Columbia und Alberta wurde bei den Wintertemperaturen zwischen 1948 und 2016 sogar eine Zunahme um 4-6 °C gemessen.[2]

Eine leichte Zunahme zeigen auch die jährlichen Tagesmaxima mit 0,61 °C zwischen 1948 und 2016. Deutlich stärker hat die Temperatur der jährlichen Tagesminima mit 3,3 °C in demselben Zeitraum zugenommen. Heiße Tage mit Temperaturen von über 30 °C gibt es allenfalls in Süd-Kanada, sind aber auch dort bisher selten, weshalb ein gesicherter Trend nicht auszumachen ist. Frost- und Eistage haben deutlich um 15 bzw. 10 Tage pro Jahr abgenommen. Damit einher ging eine Ausdehnung der frostfreien Jahreszeit um 20 Tage sowie eine Verlängerung der Wachstumszeit um 15 Tage zwischen 1948 und 2016.[2]

Der Temperaturanstieg ist vor allem auf die globale Erwärmung infolge der Zunahme der Emission anthropogener Treibhausgase zurückzuführen. Ein Teil ist aber auch natürlichen Schwankungen zuzuschreiben, so dem Einfluss der Pazifischen Dekadenoszillation (PDO) und der Nordatlantischen Oszillation (NAO). Einzelne Untersuchungen haben den Einfluss der anthropogenen Klimawandels auf die Abnahme der Schneebedeckung in British Columbia sowie auf das erhöhte Feuerrisiko in Alberta nachgewiesen.[2]

Abb. 3: Änderung der Niederschläge im Winter für Kanada 1948-2017

Niederschlag

Die Niederschlagsmengen sind in Kanada von Region zu Region sehr unterschiedlich. In den pazifischen Küstengebirgen und den Rocky Mountains stammt ein Großteil der Niederschläge aus westlichen Tiefdruckgebieten. Die Jahresniederschläge können hier 3000 mm oder mehr erreichen. In den kanadischen Prärieprovinzen fallen dagegen nur ca. 300 mm Niederschlag. Auch weit im Norden ist die jährliche Niederschlagsmenge aufgrund der geringen Wasserdampfkapazität der vorherrschenden kalten Luft mit ca. 200 mm sehr gering.[2]

Für die Messung von Niederschlägen gibt es in Kanada eine ungenügende Stationsdichte, weshalb Trendaussagen nur begrenzt aussagekräftig sind. Über das gesamte Land gemittelt haben die Niederschläge zwischen 1948 und 2012 um 20 % zugenommen. Genauere Aussagen über die Veränderungen lassen sich nur für den Süden des Landes machen, da es im Norden zu wenige Messstationen gibt. Ein auffälliges Merkmal über ganz Kanada ist, dass der Schneefall zunehmend durch Regen ersetzt wird. Das gilt auch für den Arktischen Ozean und den kanadisch-arktischen Archipel.[2]

Vereinigte Staaten

Abb. 4: Änderung der Jahresmitteltemperatur 1895 bis 2019 in den USA, links in Fahrenheit, rechts in °C
Abb. 5: Die Farben der Karte zeigen die Änderung der über den Zeitraum 1991-2012 gemittelten Jahrestemperatur im Vergleich zu dem Mittel von 1901-1960, bei Alaska und Hawaii im Vergleich zum Mittel von 1951-1980, in °Fahrenheit. Die Säulendarstellung rechts zeigt die Temperaturveränderung in den einzelnen Jahrzehnten im Vergleich zum Mittel 1901-1960.
Abb. 6: Änderung der frostfreien Jahreszeit (letztes Vorkommen von 0 °C im Frühjahr bis erstes Vorkommen von 0 °C im Herbst) in den USA 1991-2012 gegenüber 1901-1960

Temperatur

Zwischen 1901 und 2016 ist die mittlere Temperatur auf dem zusammenhängenden Staatsgebiet der USA um 1,0 °C angestiegen. Nach Paläo-Daten sind die aktuellen Jahrzehnte die wärmste Periode der letzten 1400 Jahre. Zwischen der Periode 1986-2016 und dem Mittel der Periode 1901-1960 betrug der Anstieg 0,7 °C. Die größten Veränderungen verzeichneten die westlichen Vereinigten Staaten, während der Südosten die geringste Temperaturzunahme bzw. besonders im Sommer sogar eine gewisse Abkühlung zeigte. Dabei stiegen die Minimumtemperaturen zumeist stärker als die Maximumtemperaturen. Die stärkste Zunahme der kalten Temperaturen gab es mit ca. 2.5 °C in den nördlichen Great Plains und im Nordwesten. Entsprechend nahm die Anzahl kalter Nächte überall ab. Die warmen Extreme weisen dagegen in der gesamten Osthälfte der USA eine Abnahme auf. Das hängt zum einen mit der Dust-Bowl-Zeit der 1930er Jahre zusammen, als vor allem der Mittlere Westen außergewöhnliche Hitze und Trockenheit erlebte, die bei den hohen Temperaturen in den späteren Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurden. Zum anderen unterdrückte eine starke Aerosol-Belastung durch die starke Industrialisierung der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre hinein höhere Temperaturen.[3]

Die fehlende Erwärmung im Südosten des Landes wird in der Literatur als "Erwärmungsloch" diskutiert (Abb. 3).[4][5]

Mit dem Temperaturanstieg hat sich auch die Dauer der frostfreien Jahreszeit seit 1980 kontinuierlich verlängert. So war zwischen 1991 und 2011 die frostfreie Periode um 10 Tage länger als im Zeitraum 1901-1960. Damit verbunden war eine Verlängerung der Wachstumszeit. Die Zunahme der frostfreien Jahreszeit war mit 2-3 Wochen im Nordwesten und Südwesten deutlich ausgeprägter als mit 1-2 Wochen im Mittleren Westen, den Great Plains und Nordosten oder gar mit weniger als einer Woche im Südosten.[6]

Temperaturextreme

Besonders haben die heißen Tage und Hitzewellen in den letzten 50 Jahren zugenommen, auch wenn die Hitzewellen der 1930er Jahre danach nicht wieder übertroffen wurden. Auf der anderen Seite hat die Anzahl der ungewöhnlich kalten Tage abgenommen und die frostfreien Jahreszeiten haben zugenommen. Im allgemeinen gibt es einen Wandel zu einem wärmeren Klima mit einer Zunahme extrem hoher Temperaturen und einer Abnahme extrem niedriger Temperaturen. Diese Änderungen haben sich besonders in der westlichen Hälfte Nordamerikas gezeigt.[7]

Hitzewellen haben in den USA seit Ende des 19. Jahrhunderts in den 1930er Jahren deutlich ihren Höhepunkt erreicht und sind danach auf ein Minimum in den 1960er und 1970er Jahren zurückgegangen. Seitdem zeigt sich jedoch wieder ein Aufwärtstrend bis in die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts. Auffällig ist, dass die Hitzewellen in den 1930er Jahren zwar sehr hohe Tages-, aber keine ungewöhnlichen Nachttemperaturen aufwiesen. Das weist auf den Einfluss der Sonneneinstrahlung als hauptverantwortlich für die Hitzewellen in den 1930er Jahren, also auf natürliche Ursachen. Anders sieht es bei den Hitzewellen seit 2000 aus, bei denen gerade die Nachttemperaturen sehr hoch waren, was die höhere Konzentration von Treibhausgasen als wichtige Ursache der Hitzewellen belegt.[7]

Auch die Kältewellen haben sich in den USA deutlich verändert. Im Jahrzehnt 1996-2005 hat es so wenige Kältewellen gegeben wie in keinem anderen Jahrzehnt seit Beginn der Messungen im Jahr 1895. Die Anzahl der Frosttage ist in den USA um vier Tage pro Jahr seit Mitte des 20. Jahrhunderts zurückgegangen. Der Beginn der frostfreien Jahreszeit hat sich entsprechend um 11 Tage vorverlagert. Seit 1895 hat sich die frostfreie Jahreszeit bis 2000 um ganze zwei Wochen ausgedehnt.[7]

Niederschlag

Die mittleren Niederschläge haben in den gesamten USA im Mittel von 1895 bis 2011 um 50 mm zugenommen. In den letzten Jahrzehnten haben die mittleren Niederschläge im Mittleren Westen, in den Großen Ebenen, im Nordosten und in Alaska zugenommen, abgenommen dagegen in Teilen des Südostens und Südwestens. Nach Modellprojektionen werden die Jahresniederschläge in den nördlichen USA ansteigen, in den südlichen USA, bes. im Südwesten, abnehmen.[8]

Auch die sehr starken Niederschläge (= die stärksten 1 % aller Tagesniederschläge 1901-2012) haben fast überall in den USA zugenommen. Und sehr starke Niederschläge werden auch künftig zunehmen. So werden Niederschlagsereignisse, die bisher nur alle 20 Jahre einmal aufgetreten sind, am Ende des 21. Jahrhunderts alle 5-15 Jahre einmal auftreten.[8]

Anderseits wird auch die Länge von Trockenperioden nach Modellprojektionen künftig zunehmen, besonders in den südlichen und nordwestlichen Teilen des zusammenhängenden Staatsgebietes der USA.[8]


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Einzelnachweise

  1. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 14.8.3
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Zhang, X., G. Flato, M. Kirchmeier-Young, et al. (2019): Changes in Temperature and Precipitation Across Canada; Chapter 4 in Bush, E. and Lemmen, D.S. (Eds.): Canada’s Changing Climate Report. Government of Canada, Ottawa, Ontario, pp 112-193.
  3. USGCRP (2017): Climate Science Special Report: Fourth National Climate Assessment, Volume I, U.S. Global Change Research Program, Washington, DC, USA, 470 pp., doi: 10.7930/J0J964J6. Vose, R.S., D.R. Easterling, K.E. Kunkel, A.N. LeGrande, and M.F. Wehner (2017): Temperature changes in the United States. In: Climate Science Special Report: Fourth National Climate Assessment, Volume I, Ch. 6, pp. 185-206
  4. Kunkel, K., Liang, X.-Z., Zhu, J., and Y. Lin (2006): Can CGCMs simulate the twentieth-century “warming hole” in the central United States? Journal of Climate, 19: 4137–4153
  5. Jokimäki (2017): Papers on the warming hole of the United States
  6. Walsh, J., et al. (2014): Chapter 2: Our Changing Climate. In: Climate Change Impacts in the United States: The Third National Climate Assessment, J. M. Melillo, Terese (T.C.) Richmond, and G. W. Yohe, Eds., U.S. Global Change Research Program, 19-67. doi:10.7930/J0KW5CXT.
  7. 7,0 7,1 7,2 Karl, T.R., et al. (2008): Weather and Climate Extremes in a Changing Climate
  8. 8,0 8,1 8,2 Georgakakos, A., et al. (2014): Chapter 3: Water Resources. In: Climate Change Impacts in the United States: The Third National Climate Assessment, J. M. Melillo, Terese (T.C.) Richmond, and G. W. Yohe, Eds., U.S. Global Change Research Program, 69-112. doi:10.7930/J0G44N6T.

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