Klimaänderungen im Nordseeraum
Geographische Merkmale
Entstehung der Nordsee
Die Nordsee ist ein flaches Schelfmeer am Rande des Nordatlantiks, das eine breite Verbindung zum angrenzenden Ozean zwischen Norwegen und Schottland und eine flache und schmalere durch den Ärmelkanal besitzt. Nach Osten besteht außerdem eine Verbindung zur Ostsee. Die größte Tiefe findet sich mit 725 m in der Norwegischen Rinne vor der südnorwegischen Küste. Der größte Teil der Nordsee ist jedoch weniger als 100 m, vor den Küsten im Süden und Osten sogar weniger als 20 m tief. Die Nordsee besitzt sehr unterschiedliche Küstentypen, z.B. Felsenküsten, Fjorde, Ästuare, Deltas, Watten, Dünen- und Strandküsten.
In der heutigen Form ist die Nordsee durch das Abschmelzen der Eismassen der letzten Eiszeit entstanden. Während der letzten Warmzeit, im Eem, vor ungefähr 115 bis 130 Mio. Jahren lag der Meeresspiegel etwa 4-6 m höher als heute. In der letzten Eiszeit, deren Höhepunkt vor ca. 20 000 Jahren lag, bewirkte die Bildung von großen Eisschilden ein Absinken des Meeresspiegels um über 100 m. Das Abschmelzen des Eises mit dem Ausklingen der Kaltzeit erhöhte den Meeresspiegel wieder, der vor ca. 2000 Jahren ungefähr seinen aktuellen Stand erreichte. Die Nordsee lag während der letzten Eiszeit trocken und wurde erst allmählich seit ca. 11 000 Jahren vh. von Wasser aus dem Nordostatlantik überflutet. Teilweise lag die Rate des Meeresspiegelanstiegs bei 2 m pro Jahrhundert.[1]
Klima
Wind ist die wichtigste meteorologische Komponente im Nordseeraum. Die Nordsee liegt in der Westwinddrift zwischen den Hochdruckgebieten der Subtropen und den polaren Tiefs im Norden. Der Raum wird vor allem von der Nordatlantischen Oszillation (NAO) dominiert, die durch den Luftdruckgegensatz zwischen dem Island-Tief und dem Azoren-Hoch bestimmt und am wirksamsten im Winter ist. Eine positive NAO-Phase, wie sie in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren vorkam, bedeutet für die Nordsee starke Winterstürme, relativ milde Temperaturen durch den atlantischen Einfluss und in Schottland und Norwegen überdurchschnittliche Niederschläge. Eine negative NAO-Phase mit schwachen Winden vom Atlantik und starken Einflüssen osteuropäischer Hochdruckgebiete im Winter hat in Nordeuropa niedrigere Temperaturen und geringe Windaktivitäten zur Folge. Die Sturmaktivitäten waren entsprechend von den 1960ern bis in die 1990er Jahren relativ hoch,[2] fielen dann ab und sind in den letzten Jahren wieder angestiegen.
Vor den Küsten ist die Lufttemperatur hauptsächlich durch die Meeresoberflächentemperatur bestimmt; daneben spielen die Landmassen eine Rolle. Die mittlere Jahrestemperatur liegt zwischen 7-8 °C vor den Küsten Norwegens und 12-13 °C im westlichen Ärmelkanal. Die Temperaturgegensätze zwischen Sommer und Winter sind in der zentralen Nordsee relativ gering, im Küstenbereich dagegen deutlich höher. Der kälteste Monat ist der Februar mit einer mittleren Temperatur von 2 °C in der Deutschen Bucht, während es hier im August im Mittel 15,5 °C warm ist.[1]
Die mittleren Jahresniederschläge über der Nordsee betragen 810 mm, wobei die geringsten Niederschläge im Frühjahr und die höchsten im Herbst fallen. Grund für die hohen Niederschläge im Herbst sind die zunehmenden Aktivitäten der Tiefdrucksysteme vom Nordostatlantik her. Auch in diesem Zusammenhang ist NAO-Index wichtig. Ein positiver NAO-Index hat überdurchschnittliche Niederschläge zur Folge.
Klimaänderungen über dem Land
Windaktivität
Teilweise wurde für die Nordsee eine Zunahme starker Winde während des 20. Jahrhunderts festgestellt, die sich allerdings seit Mitte der 1990er Jahre wieder abgeschwächt hat.[3] Grundsätzlich ist es schwierig, langfristige Trends zu bestimmen, weil Beobachtungsdaten meist nicht länger als für 50 Jahre vorliegen und die natürlichen Schwankungen von länger wirkenden Antrieben damit kaum zu unterscheiden sind.[4]
Verschiedene Studien zeigen für die letzten 40-60 Jahre einen positiven Trend der Sturmaktivitäten über dem NO-Atlantik und der Nordsee sowie eine Verlagerung der Sturmbahnen nach Nordosten. Während die Zunahme der Windgeschwindigkeiten im Rahmen der historischen Beobachtungen nicht ungewöhnlich ist und durch natürliche Schwankungen bedingt zu sein scheint, ist die nordöstliche Verlagerung der Sturmbahnen wahrscheinlich ein neues Phänomen. Sie ist konsistent mit Simulationen von Klimamodellen bis 2100 bei einem Antrieb von höherer Treibhausgaskonzentration,[1] eine Rückführung auf den anthropogenen Klimawandel für die vergangenen Jahrzehnte ist dennoch nicht geklärt.[2]
Temperatur
Zwischen 1950 und 2010 betrug die Zunahme der jährlich gemittelten Tagesmitteltemperatur etwa 0,2 °C pro Jahrzehnt. Während der Zeit von 1980 bis 2010 hat diese Temperatur um 0,38 °C pro Jahrzehnt zugenommen und die positive Rate sich damit nahezu verdoppelt. Der Trend der letzten 30 Jahre ist geringer als für ganz Europa aber höher als der Trend der nördlichen Hemisphäre und global. Ebenso hat die Zahl der Sommertage (max. Temperatur >25 °C) über den Landgebieten im Nordseeraum deutlich zugenommen und die der Frosttage (min. Temperatur <0 °C) abgenommen.[1]
Niederschlag
Auch die Menge der Niederschläge und die Anzahl der extremen Niederschläge haben zugenommen. So zeigt eine niederländische Station einen Trend von 14,5 mm pro Jahrzehnt für den Zeitraum 1901 bis 2014. Allgemeinen zeigen sich nahezu überall über den Landgebieten Zunahmen des Jahres-Niederschlags in der Nordseeregion. Die stärksten Zunahmen wurden für den Winter festgestellt.[1]
Meeresoberflächentenperatur
Meeresoberflächentemperaturen werden von Schiffen, Bojen und Satelliten gemessen bzw. geschätzt. Sie beziehen sich im allgemeinen auf die ersten Meter unter der direkten Wasseroberfläche. Die Meeresoberflächentemperaturen der Nordsee sind stark abhängig vom Einfluss des Nordatlantiks, bei dem in den letzten rund 100 Jahren kühle (1900-1925, 1970-1990) und warme (1930-1960 sowie seit 1990) Perioden sich abgewechselt haben. In der nördlichen Nordsee ist im Bereich des Einstroms vom Atlantik die Meeresoberflächentemperatur um ca. 0,8 °C seit den 1970er Jahren angestiegen. Die gesamte Nordsee zeigt eine kalte Phase in den frühen 1900er Jahren, ein ‚Plateau‘ zwischen 1930 und 1950, eine Abnahme der Temperatur bis 1988 und einen anschließenden deutlichen Anstieg um ca. 1 °C bis 2008. Über die Periode von 1983 bis 2012 ist die Meeresoberflächentemperatur vor allem im südlichen Teil um fast 0.6 °C pro Jahrzehnt angestiegen, dagegen nur um 0,2 °C pro Jahrzehnt in der nördlichen Nordsee. Die stärkste Erwärmung in den letzten Dekaden zeigt die Deutsche Bucht.[1]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Quante, M., and F. Colijn (eds., 2016): North Sea Region Climate Change Assessment, Regional Climate Studies, DOI 10.1007/978-3-319-39745-0_3
- ↑ 2,0 2,1 von Storch, H., I. Meinke, M. Claußen (2017): Hamburger Klimabericht - Wissen über Klima, Klimawandel und Auswirkungen in Hamburg und Norddeutschland
- ↑ Wang, X.L., H. Wan, F.W. Zwiers, V. Swail, G.P. Compo, R.J. Allan, R.S. Vose, S. Jourdain, X. Yin (2011): Trends and low-frequency variability of storminess over western Europe 1878–2007, Climate Dynamics 37:2355–2371
- ↑ Feser, F., M. Barcikowska, O. Krueger, F. Schenk, R. Weisse, L. Xia (2015): Storminess over the North Atlantic and Northwestern Europe – a Review. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society 141:350–382
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