Hitzewellen Europa

Aus Klimawandel
(Weitergeleitet von Hitzewelle 2003)
Abb. 1: Hitzewelle in Nordeuropa im Juni 2008

Übersicht

Europa hat in den letzten Jahrezehnten mehrere große Hitzewellen erfahren. Besonders herausragend war in den 2000er Jahren die "Mega-Hitzewelle"[1] von 2003. Nach Einschätzung der World Health Organization (WHO) und anderen Untersuchungen hat der extrem heiße Sommer 2003 in Europa in allen betroffenen Ländern zusammen etwa 70 000 Todesopfer gekostet,[2][3] woran Frankreich und Italien am stärksten beteiligt waren.[4] Auch in den Folgejahren ereigneten sich starke Hitzewellen in Europa, so in Westeuropa 2006 und in Nordeuropa 2008. Die 2010er Jahre begannen mit der extremen Hitzewelle im europäischen Russland 2010 mit lang anhaltenden Temperaturen von über 40 °C. In West- und dann in Mittel-Osteuropa folgten 2015 mehrere Hitzewellen hintereinander. 2017 waren schon im Frühsommer große Teile der Iberischen Halbinsel, Südfrankreich und Italien von außergewöhnlich hohen Temperaturen betroffen. Mit 2018 begannen dann einige Jahre, in denen sich Hitzewellen mit ausgedehnten Dürren paarten, die vor allem in Mitteleuropa zu extrem trockenen Bodenverhältnissen führten. 2021 wurden im Rahmen weiterer Hitzewellen mit 48,8 °C auf Sizilien am 11. August ein neuer europäischer Temperaturrekord gemessen sowie in Spanien mit 47,4 °C ein neurer Landesrekord.[5] Obwohl die Jahre 2021 und 2022 global gesehen aufgrund der herrschenden La-Niña-Verhältnisse keine besonders warmen Jahren waren, blieb Europa auch 2022 nicht von extremen Hitzewellen verschont. Der Sommer 2022 war der heißeste Sommer in Europa seit Beginn der Messungen, der damit sogar den Sommer 2003 übertraf und auch an die Zahl der Todesopfer durch Hitzewellen mit über 61 000 Opfern an das Jahr 2003 fast heranreichte.[6] Hinzu kamen Temperaturen von über 40 °C in höheren Breiten, in denen sie neue Rekorde bedeuteten, so in Großbritannien und in Hamburg (s.u.).

Die Ursachen für die zunehmenden Hitzewellen in Europa sind vielfältig, gehen aber letztlich auf die globale Erwärmung zurück. Neben der direkten Temperaturerhöhung über dem europäischen Kontinent und zunehmend trockeneren Böden aufgrund erhöhter Verdunstung spielt eine Abschwächung und nach jüngster Forschung sogar eine Zweiteilung des Jetstreams eine Rolle (s.u.: #Ein zweigeteilter Jetstream).

Die Hitzewelle 2003

Höchsttemperaturen

Abb. 2: Temperaturabweichung der Hitzewelle im August 2003 vom Normalwert 1961–1990 in °C.

Meteorologisch ist der Sommer 2003 als ein äußerst seltenes Ereignis einzustufen, das statistisch unter den bis in die 1970er Jahre herrschenden Klimabedingungen höchstens alle 10 000 Jahre einmal vorkommen und damit nahezu ausgeschlossen sein sollte.[7] Die mittleren Sommertemperaturen lagen über großen Gebieten Kontinentaleuropas um 3 °C über dem Mittel der Periode 1961-1990[8] und waren damit bei weitem die höchsten Sommertemperaturen seit 1500.[9] In einzelnen Regionen und an einzelnen Stationen waren die Abweichungen vor allem während der heißesten Periode im August 2003 noch wesentlich höher. So lagen die Temperaturen im August in Zentral-Frankreich um bis zu 14 °C über dem August-Mittel von 1971-2000. In Deutschland lagen die Sommertemperaturen um 3,4 °C über dem Mittel von 1961-1990 und waren damit eindeutig die höchsten seit dem Beginn der Flächenmittel-Abschätzungen, d.h. seit 1761. Die Zahl der extremen Hitzetage mit einer Temperatur von über 36 °C war z.B. an der Station Karlsruhe mit 16 deutlich höher als bei dem bisherigen Spitzenreiter 1952 (10 Tage).[7] An zahlreichen Stationen wurden die bisherigen Höchstwerte überschritten, an einigen sogar die 40 °C-Marke.[10]

Die Großwetterlage und andere Gründe

Die Großwetterlage über Europa zeigte das übliche Muster bei sommerlichen Hitzewellen: einen blockierenden Hochdruckrücken über West- und Mitteleuropa, der die sonst vom Atlantik heranziehenden Tiefdrucksysteme in einem großen Bogen um sich herumlenkte und in dem absteigende Luftmassen für eine längere Periode mit klarem Himmel und hoher Sonneneinstrahlung sorgten. Hinzu kam in den betroffenen Regionen eine längere Trockenperiode seit Februar 2003, die den Boden und die Vegetation ausgetrocknet hatte, so dass während der Hitzewelle im August kaum noch Feuchte zum Verdunsten zur Verfügung stand. In Deutschland war es - im Widerspruch zum langfristigen Trend - die längste Trockenperiode seit 100 Jahren.[11] Die Bodenfeuchtigkeit bestimmt entscheidend den Energiefluss zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre. Bei einem feuchten Boden ist die latente Wärme der wichtigste Fluss, der die von der Sonne empfangene Energie durch Verdunstung und Kondensation vom Boden in die Atmosphäre leitet. Dabei kühlt sich die Erdoberfläche ab und in der Atmosphäre nimmt der Wasserdampf zu. Das begünstigt in der bodennahen Atmosphäre die Bildung von Wolken, die einen weiteren Abkühlungseffekt haben, da sie die Sonneneinstrahlung verringert. Ist der Boden dagegen durch eine längere Dürre ausgetrocknet, bestimmt die sensible Wärme den Energiefluss zwischen Boden und Atmosphäre. Dadurch wird die untere Atmosphäre wärmer und trockener und die Bildung von Wolken wird behindert. Die Sonne kann ungehindert einstrahlen, was den Erwärmungseffekt verstärkt.[12]

Hitzewelle in Russland 2010

Abb. 3: Temperaturabweichung 20.-27. Juli 2010 im Vergleich zum selben Zeitraum 2000-2008

Nach einem sehr kalten Winter erlebte Russland im Sommer 2010 eine extreme Hitzewelle. Im Juli und August lagen die Temperaturen in vielen Städten in Westrussland über eine längere Periode bei 40 °C und damit um 10 °C über dem Mittel der früheren Sommertemperaturen. So waren die Moskauer Juli-Temperaturen die wärmsten seit 130 Jahren und waren vier Mal höher als die üblichen Abweichungen vom Mittel (Standardabweichungen) im Juli. Eine Folge waren großflächige Wald- und Torfbrände auf 25 Millionen ha, die zahlreiche Menschen obdachlos machten, Tote und Verletzte forderten. Zeitweilig wüteten allein in der Region südöstlich von Moskau über 700 Feuer. Die hitzebedingten Todesfälle in Russland werden auf 55 000 geschätzt, nicht wenige davon in Moskau durch Rauch und Luftverschmutzung. Die Ernteverluste beliefen sich auf ca. 25 % der Jahresernte, die wirtschaftlichen Verluste auf 15 Mrd. US$. [13][14]

Als unmittelbare Ursache der russischen Hitzewelle gilt eine ungewöhnlich lange anhaltende Blockierende Wetterlage. Unter einer Blockierenden Wetterlage versteht man eine im Mittel etwa ein bis zwei Wochen dauernde stationäre Lage der planetaren Wellen. Diese bewegen sich normalerweise in den mittleren Breiten vom Jetstream gesteuert von Westen nach Osten rund um den Globus. Bei einer Blockierenden Wetterlage setzen sich größere Hoch- und Tiefdruckgebiete über mehrere Tage fest und können im Sommer Hitzewellen auf der einen und Starkniederschläge auf der anderen Seite bewirken. In Russland dauerte die stationäre Wetterlage von Anfang Juli bis Mitte August, also mindestens drei Mal so lange wie im Durchschnitt. Als Folge entwickelte sich ein ungewöhnlich starkes Hochdruckgebiet. Klarer Himmel mit starker Sonneneinstrahlung und absinkende Luftmassen bewirkten die seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nie gemessenen hohen Temperaturen. Hinzu kam, dass es seit Beginn des Sommers kaum geregnet hatte, wodurch Pflanzen und Böden ausgetrocknet waren und eine Abkühlung durch Verdunstung ausblieb.[13][14]

Ein Zusammenhang der ungewöhnlichen Blockierenden Wetterlage mit der globalen Erwärmung ist umstritten. Einerseits wird argumentiert, dass es über Westrussland keinen Trend der Blockierenden Wetterlage seit 1948 gebe und dass in früheren heißen Sommern keine ungewöhnlich lang andauernde Blockierende Wetterlage vorgelegen habe.[13] Andererseits weist etwa der bekannte US-Klimaforscher Trenberth darauf hin, dass die globale Erwärmung den Blocking-Effekt verstärkt und so erst die Entstehung der extremen Hitzewelle möglich gemacht habe.[15]

Abb. 4: Abweichungen der Meeresoberflächentemperaturen und der Maximumtemperatur über Land vom langjährigen Mittel im Sommer 2015.

Die Hitzewelle 2015

Nach 2003, 2010 und 2013 war der Sommer 2015 der vierte in einer Reihe aufeinander folgender ungewöhnlich heißer und trockener Sommer im neuen Jahrtausend. Es kam von Ende Juni bis Anfang September zwischen Frankreich und Westrussland zu einer Folge von vier starken Hitzewellen. Die Maximum-Temperaturen lagen deutlich über dem langjährigen Mittel von 1971 bis 2000, im Westen des Kontinents um 2 °C, im Osten um 3 °C und in einzelnen Monaten und Gebieten (so im August in Polen und der Ukraine) sogar um 5 °C. Der Sommer 2015 war der drittwärmste Sommer in Europa seit 1910. In Deutschland lag die höchste Temperatur bei 40,3 °C in Kitzingen, womit der bisherige Rekordwert von 2003 eingestellt wurde, in Italien mit 42,8 °C in Catania und in Spanien mit 45,2 °C in Córdoba.[16] Die Anzahl sehr heißer Tage (>35 °C) war an einigen Orten besonders hoch, so in Wien mit 18 Tagen. Die Hitzewellen waren teilweise 2003 und 2010 länger als 2015, aber 2015 folgten mehrere Hitzewellen aufeinander, so im Juli und August in Wien mit zwei Hitzewellen über jeweils zwei Wochen.[17] Teilweise lagen die Mitteltemperaturen der heißesten drei Tage bis zu 6 °C über dem langfristigen Durchschnitt. Europa insgesamt erfuhr den heißesten August und den drittwärmsten Sommer seit Beginn der Messungen.[18] Die Temperaturen waren vergleichbar mit 2003 und 2010.

Die Serie der Hitzewellen begann mit einem stark mäandrierenden Jetstream und einer sommerlichen blockierenden Omega-Wetterlage, die sehr warme subtropische Luft nach Mittel- und Westeuropa lenkte. Später verschob sich der Jet nach Norden und es breitete sich ein ausgedehntes Hoch über Mittel- und Osteuropa aus.[18] 2015 war auch der trockenste Sommer in den letzten Jahrzehnten. Die anomale Hochdrucklage sorgte für sehr geringe Niederschläge über Mitteleuropa, die wiederum eine geringe Verdunstung und Wolkenbedeckung zur Folge hatten. Am Tage kam es daher zu einer starken Sonneneinstrahlung sowie zu einem reduzierten latenten Wärmefluss in höhere Luftschichten. Nach Modelluntersuchungen war die europäische Hitzewelle 2015 zu einem Drittel durch interne Klimaschwankungen bedingt. Zweidrittel sind danach auf Veränderungen der arktischen Meereisbedeckung (mit ihren Konsequenzen für den Jetstream und blockierende Wetterlagen), auf niedrige Meeresoberflächentemperaturen im Nordatlantik und auf den anthropogenen Treibhausantrieb zurückzuführen.[19]

Die Kausalitäten sind im Einzelnenen nicht durchgehend geklärt. Auffällig ist aber, dass eine sehr niedrige Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik nicht nur 2015, sondern auch bei früheren Hitzewellen seit 1980 den hohen Sommertemerpaturen in Mitteleuropa vorangegangen ist, so in den heißen Sommern der Jahre 1992, 1994, 2003 und 2012. Dieser Kältepol im Nordatlantik hat möglicherweise über dem Meer zu einer Verschiebung des Jetstreams nach Süden geführt, über Mitteleuropa dagegen nach Norden. Mitteleuropa gelangte so unter den Einfluss subtropischer Luftmassen und Hochdrucksysteme, die eine erhöhte Sonneneinstrahlung bewirkten.[20]

Hitzewellen 2017

Im Jahre 2017 waren West- und Südeuropa sowohl am Anfang des Sommers wie gegen Ende von Hitzewellen betroffen. Die Hitzewelle im August wurde sogar mit dem Namen "Luzifer" getauft, um die hohen Temperaturen wie die gravierenden Folgen zu bezeichnen. Aber schon im Juni wurden Länder wie Frankreich, die Schweiz, Belgien, die Niederlande, England, Portugal und Spanien von einer Hitzewelle überzogen. In großen Teilen Frankreichs lagen die mittleren Nachttemperaturen über 26 °C. In den Niederlanden war der Juni 2017 der heißeste je gemessenene Juni-Monat.[21] Im Spätsommer stiegen in den ersten August-Tagen die Maximum-Temperaturen mancherorts in Italien und auf dem Balkan auf über 40 °C. In Nimes, in Süd-Frankreich, wurde ein Rekordwert von 41,6 °C erreicht, und auf Korsika verblieben sogar die Nachttemperaturen bei über 30 °C. Die mittleren Temperaturen des gesamten Sommers (Juni-August) lagen in Frankreich nur wenig unter denen von 2003, aber über den Werten von 2015.[22]

Abb. 5: Monatsmitteltemperatur Juli 2018 global und Europa, relativ zum Julimittel über den Zeitraum 1981-2010. Global gesehen liegen die Schwerpunkte hoher Abweichungen der Monatsmitteltemperaturen in Skandinavien und dem nordwestlichen Mitteleuropa sowie rund um das Kaspische Meer und über Teilen der Antarktis.
Abb. 6: Die Karte zeigt, in welchem Jahr in den Regionen Europas die höchsten Mitteltemperaturen von April bis September auftraten.

Im gesamten Mittelmeerraum lag das Mittel der maximalen Tagestemperatur im Juni-August 2017 bei 29,2 °C und damit um 2,2 °C höher als im Mittel von 1981-2010. Die heißesten Gebiete im August lagen in der südlichen Iberischen Halbinsel und auf dem Balkan mit über 38 °C. In einem größeren Raum, der Italien und den westlichen Balkan umfasst, erreichten die Maximum-Temperaturen an den drei wärmsten Tagen des Monats August im räumlichen Mittel 34,4 °C und lagen damit um etwa 7 °C über dem langjährigen Mittel des Monats. Um 1950 lag die statistische Chance einer solchen Hitzeperiode in dem bezeichneten Raum bei einmal in 160 Jahren, unter den klimatischen Bedingungen von 2017 dagegen bei einmal in 20 Jahren. Die Wiederkehrperiode des Temperaturniveaus über den gesamten Sommer lag 2017 bei rund 10 Jahre, während derartige Temperaturverhältnisse bei den Klimabedingungen um 1900 nur alle 2000 Jahren zu erwarten gewesen sind. Einen wesentlichen Anteil daran hat die globale Erwärmung durch die Emission von Treibhausgasen. Es ist daher damit zu rechnen, dass der Sommer 2017 um die Mitte des 21. Jahrhunderts ein normaler Sommer sein wird.[22]

Die Folgen der beiden Hitzewellen waren bereits im Juni starke Waldbrände in Portugal und Spanien. In Portugal fielen den Bränden 64 Menschen zum Opfer, und in Spanien verloren über 500 Menschen ihre Behausungen.[21] Im August gab es ebenfalls starke Waldbrände im Mittelmeerraum, so in Albanien, Serbien, Bosnien, Mazedonien, Kroatien, Griechenland und Italien. Andererseits zogen die Hitzewellen die Landwirtschaft der betroffenen Länder stark in Mitleidenschaft. Bosnien berichtete den Verlust der halben Ernte; auch in Italien erreichten die Ernteverluste mehrere Milliarden Euro.[22]

Die Hitzewelle 2018

Der Sommer 2018 zeichnete sich vor allem durch langanhaltende hohe Temperaturen und starke Trockenheit aus. In einigen Regionen, vor allem in Skandinavien, ist es auch zu Rekordtemperaturen gekommen. Über große Teile Nord- und Mitteleuropas und des Balkans waren die Mitteltemperaturen von April bis September 2018 so hoch wie in keinem anderen Jahr seit Beginn der Messungen.[23] In anderen Teilen Europas wurden sie im wesentlichen nur von den Temperaturen des Jahrhundertsommers 2003 übertroffen. Ursache war eine stabile Wetterlage mit einem blockierenden Hochdruckgebiet über Skandinavien, die seit April warme und trockene Luftmassen aus Südosten nach Norden lenkte und ein Weiterziehen des Systems nach Osten verhinderte.

In Skandinavien wurden selbst nördlich des Polarkreises Maximumtemperaturen bis 34 °C registriert und in Nordnorwegen überstiegen sogar die Nachttemperaturen 25 °C.[24]. Die heißesten drei-Tages-Perioden lagen im nördlichen Skandinavien und auch im westlichen Irland um 5 °C über den höchsten 3-Tages-Maxima 1981-2010. Auch in den Niederlanden betrug diese Differenz noch 3 °C.[25]

In Deutschland war bereits das Gesamtjahr 2018 außergewöhnlich warm. Die jährliche Mitteltemperatur lag mit 2,3 °C über der Vergleichsperiode 1961-1990, obwohl die Monate Februar und März sehr kalt ausfielen. Im April gab es aber bereits die ersten Sommertage mit Temperaturen über 25 °C.[26] Der anschließende Sommer war dann durch eine ungewöhnlich lange Periode hoher Temperaturen und eine sehr außergewöhnliche Trockenheit geprägt. Eine intensive Hitzeperiode bestimmte vor allem die 2. Julihälfte mit in weiten Bereichen über 30 °C bei den Tagesmaxima und in der letzten Juliwoche sogar über 35 °C. Der bisherige Höchstwert betrug 39,5 °C in Bernburg an der Saale. Damit wurden die Höchsttemperaturen des Sommers 2003, als in Süddeutschland sogar die 40-Grad-Marke überschritten wurde, noch nicht übertroffen. Ungewöhnlich bei den Temperaturen 2018 ist aber vor allem die Länge der Phase hoher Temperaturen von April bis Juli mit durchschnittlichen 3,6 °C über dem Mittel der entsprechenden Monate von 1961 bis 1990, die es so in den Wetteraufzeichnungen seit 1881 noch nie gegeben hat. Bezeichnend dafür ist die hohe Anzahl an Sommertagen (Tagesmaximum ab 25 °C) und heißen Tagen (ab 30 °C). So verzeichneten Hamburg 44 Sommertage (gegenüber 19,5 in 1961-1990) und Frankfurt a.M. 24 heiße Tage (gegenüber 8,7).[24]

Bemerkenswert waren neben den Temperaturen die geringen Niederschläge, die zusammen mit der starken Verdunstung durch die starke Hitze zu einer großen Trockenheit führten. So wurde für den gesamten Zeitraum von April bis Juli mit -110 mm (in manchen Regionen auch über -300 mm) in Deutschland noch nie ein so hohes Defizit wie 2018 gemessen.[24]

Hitzewellen 2019

Abb. 7: Höchsttemperaturen während der Hitzewelle 14. Juli – 3. August 2019
Abb. 8: 2m-Temperatur und Bodenfeuchte während der zwei Hitzewellen im Juni und Juli 2019 in NO-Frankreich und Belgien

Das Jahr 2019 war durch zwei Hitzeperioden Ende Juni und Ende Juli in Mittel- und Westeuropa geprägt. Der Sommer 2019 gehört zu den fünf wärmsten Sommern in Europa seit dem 16. Jahrhundert und wird nur von den Sommern 2018, 2010 und 2003 übertroffen, die alle bereits im 21. Jahrhundert liegen. Die gemittelten kontinentalen Temperaturen lagen im Sommer 2019 um 2 °C über dem Durchschnitt von 1981-2010 und sind vergleichbar mit denen von 2003.[27]

Der Juni war in Deutschland der wärmste Juni seit Beginn der Messungen; er war sogar wärmer als der Juni im Jahrhundertsommer 2003. Die Wärmebelastung trat besonders in Ostdeutschland auf, wo die Juni-Temperaturen um 5 °C und mehr über dem langjährigen Juni-Mittel lagen. Der höchste Wert wurde mit 39,6 °C in Bernburg/Saale gemessen. Noch stärker wirkte sich die Hitzewelle in Frankreich aus, wo die Werte teilweise um 10 °C über den langjährigen Juni-Mitteltemperaturen lagen. In Gallargues-le-Montueux in Okzitanien wurde mit 45,9°C sogar ein neuer französischer Rekord aufgestellt, der den bisherigen Temperatur-Rekord von 44,1 °C aus dem Jahre 2003 deutlich übertraf. Werte über 40 °C wurden auch in Spanien gemessen, so mit 44,4 °C in Alburquerque in der Region Extremadura.[28]

Der heiße Juni 2019 wurde vor allem in Deutschland noch übertroffen durch die Hitzewelle Ende Juli. Während dieser Hitzewelle wurde zunächst ein neuer nationaler Rekord von 42,6 °C in Lingen (Emsland) aufgestellt, der jedoch später vom DWD wegen Mängel an der Wetterstation annulliert wurde.[29] Der Schwerpunkt der Hitzewelle lag diesmal im Westen Deutschlands. Der bisherige Hitzerekord in Deutschland wurde mit 40,3 °C 2015 in Kitzingen erreicht; der neue Rekord von Lingen lag um mehr als 2 °C darüber. Insgesamt wurde der Rekordwert von 2015 im Juli 2019 von 14 Stationen übertroffen, von denen außer Lingen noch drei weitere Stationen Werte von über 41 °C aufzuweisen hatten. Nationale Hitzerekorde gab es auch in anderen Ländern in Westeuropa und in Skandinavien. Zum ersten Mal über 40 °C wurden in den Niederlanden und Belgien gemessen. Helsinki verzeichnete einen Rekordwert von 33,2 °C, Schweden über 32 und Norwegen über 34 Grad.[30]

Die Hitzewellen im Juni und Juli zeigen einige charakteristische Unterschiede. Die räumliche Ausdehnung reichte im Juli weiter nach Norden als während der Hitzewelle im Juni. Und die Hitzewelle im Juni, die in Nordafrika begann und sich dann nach Nordfrankreich ausdehnte, setzte weiter im Süden ein als im Juli, die in Frankreich einsetzte und später bis nach Skandinavien reichte. Bei beiden Hitzewellen erstreckte sich ein Hochdruckrücken von Nordafrika bis Westeuropa, der jedoch im Juni stärker ausgebildet war. Die Folge waren stärkere Südwinde und ein weit nach Norden reichendes Eindringen von Sahara-Luft nach Europa. Für die Hitze Ende Juni war demnach primär die Advektion warmer Luft aus Afrika bestimmend. Die hohen 2m-Temperaturen Ende Juli 2019 waren dagegen stärker durch einen vertikalen Fluss sensibler Wärme vom Boden in die Atmosphäre bedingt. Grund war ein ausgetrockneter Boden, bedingt zum einen durch die Hitzewelle Ende Juni, zum anderen durch fehlenden Niederschlag und starke Sonneneinstrahlung zwischen den beiden Hitzeperioden. Die fehlende Bodenfeuchte verhinderte eine Abkühlung durch Verdunstung, so dass die Erwärmung des Bodens direkt an die Atmosphäre abgegeben wurde. Durch Advektion bzw. horizontalen Lufttransport wurde die so erwärmte Luft über Frankreich hinaus bis nach Skandinavien transportiert.[27]

Inzwischen gibt es einen Forschungszweig, der sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit einzelne Extremereignisse dem Klimawandel oder anderen Faktoren zuzuordnen sind.[31] Dabei wird in Modellsimulationen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Extremereignisses unter den gegenwärtigen Klimabedingungen mit der Wahrscheinlichkeit unter nicht vom Klimawandel beeinflussten Bedingungen verglichen. Die Hitzewelle in Frankreich und den Niederlanden im Juli ist danach auch unter den gegenwärtigen Klimabedingungen, d.h. bei einer globalen Erwärmung von ca. 1 °C gegenüber den vorindustriellen Verhältnissen, ein äußerst seltenes Ereignis, das nur alle 50-150 Jahre einmal zu erwarten ist. Ohne den Klimawandel wäre die Hitzewelle in diesen beiden Ländern extrem unwahrscheinlich und sollte nur einmal in 1000 Jahren vorkommen. Ihre Wahrscheinlichkeit hat sich also um das Zehnfache erhöht. In Deutschland tritt unter den gegenwärtigen Klimabedingungen eine solche Hitzewelle um das Dreifache häufiger auf als ohne den Klimawandel.[32]

Hitzewellen 2022

Abb. 9: Anzahl der Tage mit sehr starkem Hitzestress (38-46 °C) im Sommer 2022

Bereits im Juni 2022 erfasste eine starke Hitzewelle die Länder im Südwesten Europas. In Portugal wurden laut Deutschem Wetterdienst[33] über 42 °C gemessen, in Spanien 44,5 °C und in Biarritz an der südfranzösischen Atlantikküste Frankreichs 42,9 °C. Das sind auch für Südeuropa so früh im Jahr Temperaturen, die deutlich über dem Durchschnitt liegen. Der Deutsche Wetterdienst stuft die Hitzewelle im Juni als die zweitgrößte nach 2003 für Südwesteuropa ein. Verbunden war die Hitzewelle in den betroffenen Staaten mit zahlreichen und ausgedehnten Waldbränden. Mitte Juli hatte sich das Gebiet extrem hoher Temperaturen Richtung Großbritannien und Mitteleuropa ausgedehnt.

Die Hitzewelle in Großbritannien stand im Zusammenhang mit der räumlich umfangreicheren und länger anhaltenden Hitzewelle auf dem europäischen Kontinent, die im Juli zu Spitzentemperaturen von über 40 °C in Frankreich, 45 °C in Spanien und 47 °C in Portugal geführt hat. Der frühere Rekord in Großbritannien vom Juli 2019 lag bei 38,7 °C. Er wurde im Juli 2022 von 46 Messstationen gebrochen, wobei sieben Stationen Werte von 40 °C und mehr aufwiesen. Für den Zeitraum 1991-2020 lagen die mittleren maximalen Temperaturen für den Monat Juli bei 21-22 °C. Sie wurden im Juli 2022 an zahlreichen Messstationen Großbritanniens um 14-18 °C übertroffen.[34] Am 19. Juli 2022 wurde in Corningsby, Lincolnshire, mit 40,3 °C ein neuer Hitzerekord für England aufgestellt, der von der britischen Wetterbehörde Met Office als Meilenstein in der Klimageschichte des Landes eingestuft wurde. Mit 25,8 °C gab es im Raum London auch einen neuen landesweiten Rekord der nächtlichen Minimum-Temperaturen. In dem wesentlich weiter nördlich liegenden Schottland stiegen die Tages-Höchsttemperaturen ebenfalls auf einen neuen Spitzenwert von 35 °C.[35] Nach Einschätzung der World Weather Attribution (WWA) Initiative wären die Hitzetage in England ohne den Klimawandel ein Ereignis, das höchstens einmal in 1000 Jahren vorgekommen wäre, und die hohen Temperaturen wären um 4 °C kühler als 2022 gewesen. Unter den heutigen Klimabedingungen sind sie "nur" noch ein Jahrhundertereignis.[36]

Im Juli 2022 kam die Hitzewelle auch in Deutschland an. Am 20 Juli 2022 wurden in mehreren Bundesländern bisher nie gemessene Rekordtemperaturen registriert, mit über 40 °C in Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und mit über 39 °C in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. In Hamburg wurde der bisherige Rekord sogar um 3 Grad übertroffen und mit 40.1 °C ein neuer Rekord für Europa (ohne Russland) nördlich des 53. Breitengrades aufgestellt.[37] Der Deutsche Wetterdienst stufte den Sommer 2022 als den viertwärmsten Sommer seit Beginn der Messungen ein, wobei an erster Stelle immer noch der Sommer 2003 steht. Der Temperaturdurchschnitt lag im Sommer 2022 bei 19,2 °C (2003 bei 19,6 °C) und damit um 1,6 °C über dem Mittel von 1991-2020. Einen Rekord stellte der Sommer 2022 bei der Sonnenscheindauer mit 820 Stunden auf, gegenüber dem Mittel von 614 Stunden in der Periode 1961-1990.[38]

Hitzewellen 2023

Abb. 10: Abweichung der maximalen Tagestemperatur am 26.-28.4.2023 im Vergleich zum Mittel 1991-2020

Die Frühjahrshitzewelle im westlichen Mittelmeerraum

Im westlichen Mittelmeerraum herrschte 2023 schon im April sowohl auf dem europäischen wie auf dem afrikanischen Kontinent eine außergewöhnliche Hitzewelle (Abb. 10). In Spanien wurden fast 39 °C, in Portugal fast 37 °C und in Marokko und Algerien über 41 °C bzw. über 40 °C gemessen. Die Temperaturen lagen damit um bis zu 20 °C über den normalen Temperaturen zu dieser Jahreszeit und um bis zu 6 °C höher als frühere Rekordtemperaturen für April. Obwohl der Mittelmeerraum in den letzten Jahren zahlreiche Hitzewellen erlebt hat, war diese Hitzewelle aufgrund ihres jahreszeitlich so frühen Auftretens auch in dem gegenwärtigen warmen Klima ein seltenes Ereignis. Unter den aktuellen klimatischen Bedingungen wurde die Wiederkehrperiode der April-Hitze im westlichen Mittelmeerraum auf 400 Jahre geschätzt.[39]

Die extremen Temperaturen verstärkten die Auswirkungen einer mehrjährigen Dürre auf die Landwirtschaft und das menschliche Wohlbefinden und folgten auf die Hitzewellen von 2022, die 4000 Tote in Spanien und 1000 Tote in Portugal gefordert hatte.[40] So frühe Hitzewellen und Dürren im Jahresverlauf sind besonders kritisch, weil sie beim Getreideanbau die Phase der Kornfüllung behindern und die Bevölkerung sich noch nicht an hohe Temperaturen akklimatisiert hat. Auch die regionalen Hitzeaktionspläne waren wie z.B. in Madrid nicht auf so frühe Rekordtemperaturen vorbereitet. Die Kombination von sehr hohen Temperauren und extremer Trockenheit wirkte sich besonders kritisch für die Landwirtschaft und die Wasserversorgung aus. In Spanien waren 60% der landwirtschaftlichen Fläche von der Dürre betroffen und die Wasserreservoire waren nur bis zu 50% gefüllt.[39]

Die mediterrane Hitzewelle im Sommer 2023

Auch im Sommer 2023 blieb der Mittelmeerraum nicht von Temperaturextremen verschont. In der zweiten Julihälfte ereignete sich eine intensive Hitzewelle nahezu rund um das gesamte Mittelmeer. Die Höchsttemperaturen lagen in etlichen europäischen Anrainerstaaten über 40 °C. Der bisherige Europa-Rekord von 48,8 °C aus dem Jahr 2021 auf Sizilien wurde dieses Mal auf Sardinien mit 48,2 °C fast erreicht. Auf Sizilien selbst wurden an mehreren Stationen Temperaturen von 47 °C und mehr gemessen. In Spanien kam es zur Überschreitung der 45-Grad-Marke. In Nordafrika gab es in Algerien und Tunesien Tageshöchsttemperaturen von mehr als 49 °C. Eine Besonderheit waren hohen Meeresoberflächentemperaturen, die über das gesamte Mittelmeer bei durchschnittlich bei 28,7 °C lagen und an der Ostküste von Korsika 30 °C erreichten und vom Deutschen Wetterdienst als „Marine Hitzewelle“ eingestuft wurden. Durch die hohen Wassertemperaturen blieb vielfach die kühlende Wirkung für die küstennahen Gebiete aus.[41] Auch die marine Hitzewelle im östlichen Nordatlantik spielte eine Rolle, da dadurch der Transport kühler Atlantikluftmassen in den Mittelmeerraum weitgehend ausfiel.[42]

Neben dem warmen Mittelmeer spielte die Wetterlage in der zweiten Julihälfte 2023 eine Rolle für die Entstehung der Hitzewelle. Wichtig für die hohen Temperaturen im Juli war primär das Hochdruckgebiet über Südeuropa. Die Folge war eine reduzierte Bewölkung und hohe Sonneneinstrahlung, durch die die Erdoberfläche aufgeheizt wurde, die wiederum die darüber liegenden Luftschichten erwärmte. Das Eindringen von warmer Luft aus Nordafrika war in diesem Fall weniger wichtig.[42] Wie langfrisitge Daten zeigen, ist jedoch für die Intensität der Hitzewellen im Mittelmeerraum und die immer neuen Temerpaturrekorde die globale Erwärmung der entscheidende Faktor. Die das Mittelmeer säumenden Landstriche sind bekannt als die sich im Sommer am schnellsten erwärmenden Gebiete der Welt. Zwischen 1979 und 2023 lag die Erwärmungsrate für Juli bei 0,54 °C pro Jahrzehnt und damit dreimal so hoch wie im globalen Mittel für Juli. Der Juli 2023 war mit einer Mitteltemperatur von 25,6 °C der wärmste aller Juli-Monate.[43]

Ein zweigeteilter Jetstream

Abb. 11: Zweigeteilter Jetstream in der oberen Troposphäre (250 hPa). Gezeigt werden Zunahmen der Windgeschwindigkeit 1979 bis 2020 in den Monaten Juni-August in m/sek.
Abb. 12: Zweigeteilter Jetstream in der oberen Troposphäre (250 hPa) während der Hitzewelle im Juli 2018. Gezeigt werden Abweichungen der Windgeschwindigkeit vom Mittel der Periode 1979-2020 in den Monaten Juni-August in m/sek.

In Europa nehmen Hitzewellen im Vergleich zu anderen Regionen der mittleren Breiten der Nordhalbkugel besonders stark zu. So hat die Anzahl der Hitzetage pro Jahrzehnt in Europa zwischen 1979 und 2020 in Europa dreimal so stark zugenommen wie in den restlichen mittleren Breiten (um 0,6 Tage pro Dekade gegenüber 0,2 Tage). Und die lang anhaltenden Hitzewellen mit mehr als 6 Tagen haben gegenüber den übrigen mittleren Breiten der Nordhemisphäre sogar um das Vierfache zugenommen.

Neben der Bodentrockenheit im Frühsommer, einer allgemeinen Abschwächung des Jetstreams mit der Folge von blockierenden Wetterlagen und der direkten Erwärmung durch Treibhausgase führen Rousi et al. (2022)[44] etwa ein Drittel der Zunahme von Hitzewellen in Europa auf eine zunehmende Zweiteilung des Jetstreams während des Sommers zurück. Dabei bilden sich in der oberen Troposphäre eine arktische Strömung mit stärkeren Winden bei etwa 70 °N über Nordskandinavien und Nordasien aus und eine subtropische Strömung bei ca. 40 °N über dem Mittelmeerraum und Mittelasien. Dazwischen (bei etwa 45-65 °N) herrschen von Frankreich und Großbritannien im Westen über Mitteleuropa, Westrussland bis nach Sibirien schwache Windströmungen vor. Während einheitliche Strömungsmuster des Jetstreams leicht zurückgegangen sind, haben die zweigeteilten Höhenströmungen signifikant zugenommen und machen über die letzten 40 Jahre mehr als ein Drittel der Jet-Formationen im Sommer aus.

Die über Mitteleuropa vorherrschenden einheitlichen Jetströmungen sind mit hohen Temperaturen über Südeuropa und Zentralasien verbunden. Dagegen sind die Wetterlagen bei den zweigeteilten Jets durch häufigere Hitzewellen in den windschwachen Zonen zwischen den starken Windbändern im Norden und Süden Europas sowie über Nordsibirien und Mittelasien gekennzeichnet. Verbunden sind mit diesem Muster Hochdruckzellen und blockierende Wetterlagen. Schwerpunkte, besonders von lang anhaltenden Hitzewellen, befinden sich in Westeuropa, Russland und im westlichen und östlichen Sibirien. Am ausgeprägtesten waren solche Windmuster während der europäischen Hitzewelle 2003, die ca. 70.000 Todesopfer gefordert hat. Auch während der heißen und trockenen Sommer 2006 und 2018 herrschte ein zweigeteiltes Jet-Muster vor.[44]

Als Ursachen der Zunahme von zweigeteilten Jetstreams werden von Rousi et al. (2022) vor allem Einflüsse von Klimaänderungen in der Arktis angenommen. Im Allgemeinen nimmt der Temperaturunterschied zwischen der Arktis und den Tropen durch die Arktische Verstärkung ab, was nach gängiger Interpretation zu einer generellen Abschwächung des Jetstreams geführt hat. An der Grenze zwischen dem arktischen Festland und dem Arktischen Ozean geschieht jedoch das Gegenteil. Über den Landgebieten ist die Erwärmung durch abschmelzende Schneeflächen besonders stark, während die Luft über dem nördlich angrenzenden Arktischen Ozean sich kaum erwärmt. Die zusätzliche Energie durch die erhöhte Treibhausgaskonzentration wird hier von dem Abschmelzen des Meereises aufgebraucht. Daher nimmt an der arktischen Land-Meer-Grenze der Temperaturgegensatz zu, wodurch sich nördlich des Polarkreises bei ca. 70-80 °N ein starker Zweig des Jetstreams ausbildet. Blockierende Wetterlagen über Westeuropa können zu der Aufteilung des Jetstreams in einen nördlichen und einen südlichen Ast beitragen, werden andererseits aber auch durch den Doppel-Jet begünstigt.[44]

Projektionen

Simulationen mit mehreren Regionalmodellen für Europa zeigen nach dem Szenario A1B die stärkste Erwärmung im Sommer im Mittelmeerraum, mit bis zu 6 °C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Gleichzeitig wird von den Modellen eine Reduktion der relativen Feuchtigkeit um 10-15 % projiziert. Als Folge werden sich die Hitzewellen an Anzahl und Dauer deutlich erhöhen. Hatte es gemittelt über den gesamten Mittelmeerraum 1961-1990 einen Hitzetag in 3-5 Sommern gegeben, so wird es 1971-2100 jeden Sommer 2-3 Hitzewellen geben, die zudem zwei- bis fünfmal länger dauern werden.[45]

Gesundheitlich besonders belastend sind heiße Tage (Maximumtemperaturen >35 °C) in Kombination mit tropischen Nächten (Minimumtemperaturen >20 °C), da die Nächte dann eine Erholung von der Tageshitze unmöglich machen. Gebiete mit solchen Konstellationen sind auch gegenwärtig schon in den europäischen Flusstälern und an der Mittelmeerküste zu finden. Nach Modellprojektionen werden sie sich weiter nach Norden ausdehnen. Gegenwärtig kommen solche Tage im Mittelmeerraum etwa zehn Mal im Sommer vor. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts ist hier nach dem A1B-Szenario mit 40 solcher Tage in jedem Sommer zu rechnen. In Mitteleuropa finden sich heiße Tage in Kombination mit tropischen Nächsten im Mittel nur alle zwei Jahre einmal, was sich nach Modellprojektionen bis 2100 allerdings auf fünf Mal pro Sommer steigern wird. Gesundheitlich noch belastender kann eine sehr hohe gefühlte Temperatur sein, die in Kombination mit hoher Schwüle auftritt. Eine gefühlte Temperatur von über 40 °C kommt im Mittelmeerraum heute 1,6 Mal und in Mitteleuropa 0,5 Mal pro Sommer vor. Diese Werte werden möglicherweise auf 16 und 3,2 Mal pro Sommer zunehmen. Betroffen werden vor allem die großen Ballungszentren am Mittelmeer sein wie Athen, Marseille, Neapel und Rom, da hier der verstärkende Effekt der städtischen Wärmeinsel noch hinzukommt.[45]

Einzelnachweise

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  2. Robine, J.M., et al. (2007): Report on excess mortalitiy in Europe during summer 2003 (EU Community Action Programme for Public Health)
  3. Robine, J.-M., et al. (2008): Death toll exceeded 70,000 in Europe during the summer of 2003, C. R. Biologies 331, 171–178
  4. nach Trigo, R.M., R. García-Herrera, J. Díaz, I.F. Trigo, and M.A. Valente (2005): How exceptional was the early August 2003 heatwave in France?, Geophys. Res. Lett., 32, L10701, doi:10.1029/2005GL022410
  5. WMO (2022): State of the Climate in Europe 2021
  6. Ballester, J., M. Quijal-Zamorano, R.F. Méndez Turrubiates et al. (2023): Heat-related mortality in Europe during the summer of 2022. Nat Med 29, 1857–1866
  7. 7,0 7,1 Schönwiese, C.-D. , T. Staeger, S. Trömel, M. Jonas (2003): Statistisch- klimatologische Analyse des Hitzesommers 2003 in Deutschland, in: Deutscher Wetterdienst: Klimastatusbericht 2003, 123-132
  8. Schär, C., P.L. Vidale, D. Lüthi, C. Frei, C. Häberli, M.A. Liniger, and C. Appenzeller (2004): The role of increasing temperature variability in European summer heatwaves, Nature 427, 332-336
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  10. Deutscher Wetterdienst (2003): Der Rekordsommer 2003
  11. Beck, C., J. Grieser, S. Trömel (2003): Die Trockenperiode des Jahres 2003 in Deutschland im Kontext langzeitlicher Niederschlagsvariabilität, in: Deutscher Wetterdienst: Klimastatusbericht 2003, 142-151
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  13. 13,0 13,1 13,2 M. Hoerling (2010): The Russian Heat Wave of 2010
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  15. Does "atmospheric blocking" Explain the Moscow Heat Wave?
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  28. Imbery, F., K. Friedrich, R. Fleckenstein u.a. (DWD 2019): Neuer Rekord der mittleren Junitemperatur für Deutschland und intensive Hitzewelle in Europa
  29. DWD – Deutscher Wetterdienst (2020): DWD Stationen Duisburg-Baerl und Tönisvorst jetzt Spitzenreiter mit 41,2 Grad Celsius. - Stattdessen gelten die an den NRW-Stationen Duisburg-Baerl und Tönisvorst gemessenen 41,2 °C als neuer deutscher Rekord.
  30. Bissoli, P., T. Deutschländer, F. Imbery u.a. (DWD 2019): Hitzewelle Juli 2019 in Westeuropa – neuer nationaler Rekord in Deutschland
  31. Vgl. World Weather Attribution
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  33. Imbery, F., et al., DWD (2022): Intensive Hitzewelle im Juni 2022 in Deutschland und Mitteleuropa
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  35. Met Office (2022): A milestone in UK climate history
  36. World Weather Attribution (2022): Without human-caused climate change temperatures of 40°C in the UK would have been extremely unlikely
  37. Leyser, A., DWD (2022): Hitzewelle endet historisch
  38. DWD (2022): Deutschlandwetter im Sommer 2022, Pressemitteilung
  39. 39,0 39,1 Philip, S., S. Kew1, R. Vautard et al. (2023): Extreme April heat in Spain, Portugal, Morocco & Algeria almost impossible without climate change
  40. Kluge, H.P. (2022): Statement – Climate change is already killing us, but strong action now can prevent more deaths
  41. Bissolli, P., S. Haeseler, J. Daßler u.a., DWD (2023): Erster Rückblick auf die Hitzewelle im Mittelmeerraum im Juli 2023 mit Waldbränden und Rekord Hagel in Nordost-Italien
  42. 42,0 42,1 Copernicus Climate Change (2023): The European Heatwave of July 2023 in a longer-term context
  43. Copernicus Climate Change (2023): Surface air temperature for July 2023
  44. 44,0 44,1 44,2 Rousi, E., Kornhuber, K., Beobide-Arsuaga, G. et al. (2022): Accelerated western European heatwave trends linked to more-persistent double jets over Eurasia. Nat Commun 13, 3851.
  45. 45,0 45,1 Fischer, E.M., and C. Schär (2010): Consistent geographical patterns of changes in high-impact European heatwaves, Nature Geoscience 3, 398-403

Weblinks


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