Die Glasmenagerie

Aus Weltliteratur

Die Glasmenagerie (Originaltitel: The Glass Menagerie) ist ein Theaterstück des von 1911 bis 1983 lebenden US-amerikanischen Autors Tennessee Williams. Das im Untertitel als Ein Spiel der Erinnerungen bezeichnete Familiendrama wurde am 26. Dezember 1944 in Chicago am Civic Theater uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung fand am 17. November 1946 am Basler Stadttheater statt. In Hollywood wurde das Skript für Die Glasmenagerie zunächst abgelehnt, bevor es auf der Bühne den künstlerischen Durchbruch Williams' bedeutete. Wie viele seiner Werke weist auch dieses Theaterstück starke biografische Züge auf und ist von großer Symbolhaftigkeit geprägt.

Personen

  • Amanda Wingfield, die Mutter
  • Laura Wingfield, ihre Tochter
  • Tom Wingfield, ihr Sohn
  • Jim O´Connor, ein netter junger Mann

Handlung

Die eigentliche Handlung des Stücks wird von einer Erzählebene eingerahmt und auch mehrmals von ihr unterbrochen: Tom Wingfield, der auch als Figur in die Handlung involviert ist, tritt vor das Publikum und berichtet seine Erinnerungen an die vergangene Zeit des Zusammenlebens mit seiner Familie. Das Publikum wird gleichsam Zeuge von Tom Wingfields Erinnerungen: Das Spiel der Erinnerungen – die eigentliche Handlung - ist also eine Rückblende des Erzählers.

Ort der Handlung ist eine Seitenstraße in St. Louis in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, genauer die Wohnung der Wingfields, die in dieser Seitenstraße gelegen ist. Amanda Wingfield lebt dort gemeinsam mit ihrer leicht körperbehinderten Tochter Laura und ihrem Sohn Tom (der Erzähler ist nun eine Figur im Stück), der die Familie von seiner Arbeit in einer Schuhfabrik ernährt. Amandas Mann hat seine Familie schon vor längerer Zeit verlassen.

Alle Familienmitglieder flüchten sich auf ihre Weise in eine andere Welt: Amanda schwärmt von ihrer längst vergangenen Jugend in der Südstaatenaristokratie, mit der die ärmlichen Verhältnisse, in denen sie nun lebt, nichts gemein haben. Tom ist ermüdet von seinem Dasein als einfacher Lagerarbeiter und überfordert von der Vaterrolle, welche er in der Familie ausfüllen muss. Als Ausgleich dafür sieht er sich als Dichter ambitioniert; außerdem geht er gern ins Kino, bleibt nachts lange weg und kommt früh morgens betrunken nach Hause. Laura, seine Schwester, zieht sich am deutlichsten in ihre eigene Traumwelt zurück. Das schüchterne Mädchen, das im wahren Leben außerhalb der Familie gänzlich zu scheitern droht, hat ihren Fluchtpunkt in der Welt ihrer Glasmenagerie, einer Sammlung von zerbrechlichen Glastierchen, gefunden.

In dieser Konstellation lebt die Familie zusammen, bis Tom eines Tages seinen Arbeitskollegen Jim zu einem Besuch einlädt. Sofort heften sich Amandas Hoffnungen krampfhaft an den jungen Besucher; sie arrangiert ein völlig übertrieben festliches Abendessen. Laura, die in ihrer Schulzeit heimlich für Jim geschwärmt hat, blüht in seiner Gegenwart für kurze Zeit auf. In einer zentralen Szene des Stücks tanzen die beiden miteinander. Dabei zerbricht Jim aus Versehen das gläserne Einhorn aus Lauras Glasmenagerie. Bevor Jim sich am Ende des Abends verabschiedet, stellt sich zur Überraschung und Enttäuschung aller heraus, dass der junge Besucher bereits verlobt ist. Zum Abschied schenkt Laura ihm das zerbrochene Einhorn.

Als er verschwunden ist, bleibt die Familie ihrer Illusion und Hoffnung beraubt zurück. Amanda macht Tom für den Misserfolg verantwortlich, der die Familie daraufhin, dem Vorbild seines Vaters folgend, verlässt. Laura versinkt in großer Depression.

Interpretation

Typisch für die Werke von Tennessee Williams ist die ausführliche Verwendung von Symbolen sowie die starke autobiografische Bezogenheit. Das trifft vor allem auch auf Die Glasmenagerie zu. Das zentrale Symbol in diesem Bühnenstück ist die titelgebende (für Laura den Fluchtpunkt vor der Realität darstellende) Glasmenagerie mit dem dazugehörigen Einhorn. Ein Einhorn ist ein in der Realität nicht existentes Phantasiewesen, dem Eigenschaften wie Scheuheit, Seltenheit und Einzelgängertum zugeschrieben werden. Mit eben diesen Eigenschaften wird auch Laura Wingfield – die zentrale Figur im Stück – charakterisiert. Und nicht zufällig zerbricht Lauras gläsernes Einhorn durch eine Unachtasamkeit Jims. Genauso wie die gläsern-fragile Laura am Ende des Stücks innerlich zerbricht – auch aufgrund einer ungewollten "Unachtsamkeit". Dies ist jedoch nur eines von zahlreichen in der Glasmenagerie vorhandenen Symbolen.

Die Figur der Laura ist ebenfalls im Zusammenhang mit den autobiografischen Bezügen erwähnenswert. Hier finden sich Parallelen zu Tennessee Williams´ Schwester Rose, die psychisch krank war. Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Handlung der Glasmenagerie in St. Louis stattfindet. Hier verbrachte Williams einen Teil seiner Jugend in beengten, ärmlichen Verhältnissen. In der Schilderung der entbehrungsreichen gesellschaftlichen Zustände und der familiären Beengtheit wird diese düsteren Grundstimmung im Stück besonders bildhaft.

Amandas Mann, der Vater von Laura und Tom, hat seine Familie schon vor längerer Zeit verlassen. Im Stück wird klar, daß er geradezu geflüchtet sein muss; sein letztes Lebenszeichen war eine Postkarte mit den Worten „Hallo! Lebt wohl!“. Trotz seiner Abwesenheit ist der Vater an vielen Stellen des Stücks präsent. Laut einer der zahlreichen, detaillierten Regieanweisungen von Williams gehört eine Fotografie des Vaters zum Bühnenbild. Darüber hinaus wird er von Amanda Wingfield desöfteren erwähnt. Und für Tom stellt der Vater ein Vorbild dar, denn dieser ist die einzige Person der Familie, die der hoffnungslosen Perspektivlosigkeit entflohen ist, ohne dabei Rücksicht auf die zurückbleibende Familie zu nehmen. Tom tut es ihm gleich, er „folgt(e) den Fußstapfen“ (Zitat) seines Vaters, wie er am Ende des Stücks (wieder in der Erzählerrolle dem Publikum zugewandt) erklärt. Er tut das nicht ohne Gewissensbisse; Toms Einschübe als Erzähler sind von einer zweifelnd-selbstanklagenden Grundstimmung geprägt. Und so endet sein Schlussmonolog mit der Erinnerung an seine Schwester: „(...) bloß um Dir zu entkommen! - deinem Kerzenlicht - (...) Laura... Also dann – leb wohl!“

In vielen Theaterstücken von Tennessee Williams wird die Selbstverwirklichung der Figuren thematisiert. Das Motiv der Realitätsflucht ist diesbezüglich ein grundbestimmendes Element in der Glasmenagerie. Während Amanda und Laura nicht (mehr) in der Lage sind ihr „Selbst“ nach außen hin zu verwirklichen und daher mehr oder weniger in ihren Traumwelten Zuflucht suchen (Amanda indem sie ständig von ihrer blühenden Jugend schwärmt und Laura indem sie sich in ihrer Glastiersammlung verliert), bricht Tom am Ende aus seiner Traumwelt (Kino, Alkohol) aus und erschafft sich durch seine „reale“ Flucht ein neues Leben. Die Erinnerung an seine Familie - vor allem an seine Schwester Laura - lässt ihn allerdings nicht los.

Literatur

Weblinks

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