Der Tod eines Bienenzüchters

Aus Weltliteratur

Der Tod eines Bienenzüchters (Originaltitel: En biodlares död) ist ein 1978 in Stockholm erschienener Roman des schwedischen Philosophen und Literaten Lars Gustafsson. Der Roman ist der letzte von fünf Teilen seines Zyklus' Risse in der Mauer.

Inhalt

Der ehemalige Volksschullehrer Lars Westin, der isoliert und als Bienenzüchter auf dem Land lebt, erkrankt mit Mitte 40. Allmählich verdichtet sich der Verdacht auf Krebs und ihm wird eine Gewebeprobe entnommen. Aber den Brief mit dem Laborergebnis verbrennt Westin ungelesen: „…denn wenn ich ihn nicht aufmache, wird es immer noch eine Art Hoffnung geben.“ In den folgenden Monaten zwischen Februar und Mai (?) schreibt er seine Gedanken in drei Notizbüchern nieder, die, wie dem Vorspiel zu entnehmen ist, von einem anonym bleibenden Ich-Erzähler als Westins hinterlassene Aufzeichnungen veröffentlicht werden.

Westin reflektiert in seinen Notizen seine Kindheit und Berufswahl, das Scheitern seiner Ehe, die subtile Kultur der Vorwürfe in der schwedischen Mittelschicht, seine Erfahrungen mit dem schwedischen Gesundheitswesen, seine Naturverbundenheit und selbstgewählte Isolierung. In der Auseinandersetzung mit den ihn in Wellen durchflutenden Schmerzen wird er sich seines Körpers und seines In-der-Welt-Seins auf neue Art bewusst. Er zeichnet sich als einen bisher oberflächlichen, egoistischen und selbstmitleidigen Menschen, der Probleme so lange wie möglich ignoriert habe und weder an seiner Ausbildung noch an seiner Frau wirklich interessiert gewesen sei.

Aber in dieser Krise erinnert er sich neben seinen Schwächen auch an andere Momente seines Lebens: Aus den erstaunlichen Erfolgen seines Onkels Sune auf dem Schwarzmarkt der 40er Jahre zum Beispiel oder aus der Erinnerung an seinen furchtlosen Jugendfreund Nicke rekonstruiert Westin eine Textur des Handelns und des Widerstands, in der er Trost und wenigstens eine abstrakte Möglichkeit des Neuanfangs wiederfindet.

Diese Inspektion seines Lebens verändert Westin: Als Volksschullehrer und als freiwilliger, frühverrenteter Bienenzüchter habe er sein Leben verplempert, er sei in allen Dingen und Beziehungen nicht neugierig genug auf ihre Geheimnisse gewesen, er habe zu wenig gewollt: „Wir fangen noch einmal an. Wir geben nicht auf.“ Doch die Schmerzen kommen zurück und gewinnen die Überhand – ein Krankenwagen transportiert ihn ins Krankenhaus.

Erzählweise und Deutung

Das Vorwort, die dann folgende Quellenübersicht und die Zusammensetzung der sieben Abschnitte aus den – allerdings undatierten – hinterlassenen Notizen des gelben, blauen und des beschädigten Notizbuches vermitteln zunächst den Eindruck einer postumen Veröffentlichung. Aber auch der anonyme Herausgeber schließt das Überleben Westins nicht explizit aus: Der Inhalt des Laborberichts wird eben nie bekannt, das Motto Westins (Wir fangen noch einmal an…) ist auch das des Herausgebers. Dieser leitet sein Vorwort damit ein, was eine logische Konsequenz von Westins neuer Neugier (Ich habe in meinem Leben das Reisen versäumt...) auf das Leben wäre: Das Erlebnis eines Morgens auf einer Reise ins amerikanisch-mexikanische Grenzland. Die von Westin am Ende seiner Aufzeichnungen mühsam errungene „Klarheit über mich selbst“ ist auch der Seelenzustand des Herausgebers an diesem Morgen in den Bergen.

Ob nun Westin und der Herausgeber ein und dieselbe Figur sind oder ob der Herausgeber mit seiner Übersicht auch über die vier vorangegangenen Teile der Pentalogie nach Westins Krebstod dessen schmerzhaft gewonnene Lebenserfahrung übernimmt – entscheidend für die Sinngebung des eigenen Lebens sei der Umfang der Neugier: „Jeder Mensch birgt zutiefst ein nachtschwarzes Rätsel in sich… Die Dunkelheit tief im Auge ist nichts anderes als die Dunkelheit des Universums.“ Diese fordernde Unerforschlichkeit des Lebens wird in einem meist lakonischen Stil präsentiert, der die anfängliche Symbolik allmählich metaphorisch ergänzt. Die Passage über die enormen Fähigkeiten von Westins Onkel Sune, in den Kriegszeiten seinen Kaufmannsladen zu führen, wird mit so viel Humor erzählt, dass nicht nur für Westin ein anderer Umgang mit dem Leben möglich scheint.


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