Klimaänderungen in Deutschland

Aus Klimawandel
Abb. 1: Änderung der Jahresmitteltemperatur 1881-2020 im Vergleich zum Referenzzeitraum 1961-1990

Temperatur

Für Deutschland stehen ab 1761 Daten zur Verfügung, die eine Abschätzung der Jahresmittelwerte erlauben.[1] Über fast 100 Jahre gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts eine leichte Abkühlung, ab 1900 bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts dann eine starke Erwärmung. Sie beträgt zwischen 1881 und 2018 1,5 Grad und übertrifft damit deutlich die globale Erwärmung von ca. 1 °C. Ein Unterschied zwischen den Jahreszeiten besteht kaum. Räumliche Unterschiede zeigen sich jedoch in den Wintertemperaturen, die in den nordöstlichen Bundesländern mit 1,2 °C am geringsten und in Bayern mit 1,7 °C am stärksten gestiegen sind.[2] Auffällig ist (wie im globalen Mittel auch) der besonders starke Temperaturanstieg seit den 1970er Jahren, in denen die Temperatur in Deutschland um 1,8 °C zugenommen hat.[3] Die bisher wärmsten Jahre in Deutschland waren 2018 und 2020 mit einer Mitteltemperatur von 10,5 bzw. 10,4 °C. 2019 und 2014 folgen dahinter mit jeweils 10,3 °C.[4]

Das ist deutlich mehr als die globale Temperaturzunahme. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Deutschland-Daten nur über dem Land gemessen werden, während bei den globalen Daten auch die Werte über den Ozeanen, die 71% der Erdoberfläche ausmachen, berücksichtigt sind. Vergleicht man die Temperaturzunahme für Deutschland mit der Erwärmung über den globalen Landflächen, ist der lineare Trend zwischen 1881 und 2019 mit 0,11 °C pro Jahrzehnt gleich. In den letzten Jahrzehnten zwischen 1971 und 2019 hat sich Deutschland allerdings deutlich stärker erwärmt als die weltweiten Landflächen, nämlich um 0,37 °C gegenüber 0,29 °C.[3]

Abb. 2: Temperaturabweichungen der Jahrzehnte 1881-1890 bis 2011-2020 von dem 30-Jahres-Mittel 1881 bis 1910

Aufschlussreich ist eine Betrachtung der Temperaturmittel in den einzelnen Jahrzehnten seit Ende des 19. Jahrhunderts (Abb. 2).[4] Bis in die 1970er Jahre lag die Durchschnittstemperatur dieser Jahrzehnte mit Ausnahme der 1940er Jahre weniger als 0,5 °C über dem 30-Jahresmittel von 1881-1910. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hat neben der nur langsam ansteigenden Treibhausgaskonzentration auch eine leichte Zunahme der Sonneneinstrahlung einen Einfluss auf die Mitteltemperaturen in Deutschland gehabt. Zwischen den 1940er bis in die 1960er Jahre folgte eine leichte Abkühlung, die sich auch in der globalen Temperaturentwicklung zeigt und auf die Zunahme von Schwefel-Aerosolen in der Atmosphäre durch die relativ schmutzige Industrie in der Nachkriegszeit zurückgeführt wird. Seit den 1970er Jahren zeigt sich dann die volle Wirkung des Klimawandels bzw. der immer stärkeren Zunahme der atmosphärischen Konzentration der Treibhausgase. Die Mitteltemperatur in den 2010er Jahren erreicht sogar einen Wert von 2 °C gegenüber dem Mittel von 1881-1910. Damit ist in Deutschland die 2-Grad-Grenze, die nach der Pariser Klimakonferenz bis 2100 nicht überschritten werden sollte, bereits heute erreicht.

Über größere Zeiträume sind die Unterschiede zwischen den Jahreszeiten eher gering. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts lag die stärkste Erwärmung mit 1,3 °C im Frühjahr.[5] In den letzten 20 bis 30 Jahren hat sich besonders der Winter stark erwärmt. Das ist einerseits durch den zunehmenden atlantischen Einfluss bedingt: Zyklonale Großwetterlagen haben zu-, kontinentale Hochdrucklagen abgenommen. Andererseits spielt die Schnee-/Eis-Albedo-Rückkopplung eine wichtige Rolle: Der Rückgang von Schnee- und Eisflächen führt zu einer höheren Absorption der Sonneneinstrahlung. Auch Frühling und Sommer zeigen sichtbare Temperaturerhöhungen. Im Frühling sind die Gründe ähnlich wie im Winter. Im Sommer spielt die mit hohen Temperaturen einhergehende Trockenheit eine wichtige Rolle, die die Verdunstung und die damit verbundene Abkühlung verringert. Die Herbsttemperaturen haben sich am wenigsten verändert.

Regional haben sich die Temperaturen in den westlichen und südlichen Bundesländern etwa stärker erhöht als im Norden und Osten.[5] Dabei zeigt der Nordseeküstenraum die geringsten Veränderungen, während im Südwesten Deutschlands Zunahmen von 1,2 °C und mehr zu verzeichnen sind. Das Zentrum der sommerlichen Erwärmung liegt mit 1,8 °C im Raum Karlsruhe.[1]

Niederschlag

Abb. 3: Jahressummen der Niederschläge in Deutschland im Sommer und Winter 1901 bis 2007 bzw. 2008 sowie der lineare Trend

Bei den Niederschlägen in Deutschland sind die Schwankungen von Jahr zu Jahr noch stärker als bei der Temperatur. Dennoch kann man einen signifikanten Anstieg der Gesamtniederschläge von 1901 bis 2007 von 735 mm auf 800 mm bzw. um rund 10 % feststellen.[1] Jahreszeitlich entwickelten sich die Niederschlagsmengen allerdings recht unterschiedlich. Sie nahmen im Sommer mit 1,2 % leicht ab und stiegen im Winter mit 28 % deutlich an.[5] Die starke Zunahme im Winter hat nicht zuletzt mit den tendenziell wärmeren Wintern zu tun, da in diesen Wintern eher westliche Strömungen mit feuchter Luft vom Atlantik als trockene Hochdruck-Wetterlagen vorherrschen. So nahmen die Winterniederschläge zwischen 1971 und 2000 (bei einem Temperaturanstieg von ca. 2 °C) um 20 % zu, wobei es die stärkste Zunahme im Dezember gab. Warme Sommer sind dagegen mit Hochdrucklagen verknüpft, in denen es in der Regel wenig regnet. Der Monat mit der deutlichsten Niederschlagsabnahme im Sommer ist der August.[1]

Regional gibt es bei der Niederschlagsentwicklung verhältnismäßig große Unterschiede. In den nordwestlichen Bundesländern ist es im Jahresmittel deutlich feuchter geworden, so mit bis zu 16 % in Schleswig-Holstein. In den östlichen Bundesländern gab es dagegen nur geringfügige Zunahmen der Niederschläge, in Sachsen sogar eine geringe Abnahme.[5] Im Sommer zeigt sich für den Zeitraum 1901-2000 die sommerliche Abnahme der Niederschläge mit bis zu 20 % vor allem im Nordosten Deutschlands und in der Lüneburger Heide, aber auch etwas im Südwesten. Im Süden und Südwesten sind dagegen die winterlichen Niederschläge besonders stark angestiegen, z.T. bis 50 %.[1]

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Niederschlag im Winter zunehmend als Regen denn als Schnee fiel.[6] So nahm die Schneedeckendauer in Bayern und Baden-Württemberg in Lagen unterhalb 300 m seit 1950 um 30-40 % ab, und in mittleren Lagen bei 300-800 m um 10-20 %.

Extreme und Kenntage

Es ist davon auszugehen, dass sich mit Änderung der mittleren Temperatur und des mittleren Niederschlags auch die Extremwerte verändern. Für die Temperatur trifft das auch tatsächlich zu. Als extremes Temperaturereignis kann man die Überschreitung von Ober- und Untergrenzen in der Häufigkeitsverteilung von Messreihen definieren. Diese Grenzen können entweder absolut gesetzt werden, z.B. 10 °C oder 8 °C, oder relativ, z.B. die oberen 10 % als Ober- und die unteren 10 % als Untergrenze. In den letzten 100 Jahren hat z.B. an der Station Kassel das Vorkommen relativ kühler Jahresmitteltemperaturen (< 8 °C) von 24 % auf 4 % abgenommen, das Vorkommen von relativ warmer Jahresmitteltemperaturen (> 10 °C) von 2 % auf 14,5 % zugenommen.[7] Jahreszeitlich zeigen sich die Zunahme der hohen und die Abnahme der niedrigen Extreme dabei vor allem im Sommer und am wenigsten im Herbst. Ein Einzelereignis wie der Hitzesommer 2003, als in Deutschland die Sommertemperaturen um 3,4 °C über dem Mittel von 1961-1990 lagen und damit eindeutig die höchsten seit 1761 waren, ist noch kein Beleg für einen Trend. Die Wahrscheinlichkeit ähnlich warmer Sommer in künftigen Jahrzehnten ist jedoch hoch.

Zur Erfassung der Veränderung von Temperaturextremen werden auch sog. Kenntage benutzt wie Heiße Tage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 30 °C oder Eistage mit einer Höchsttemperatur von unter 0 °C. Nach dem Monitorbericht des Bundesumweltamtes von 2015[5] hat die Anzahl der Heißen Tage seit 1951 über ganz Deutschland gemittelt von drei Tagen pro Jahr auf acht Tage pro Jahr bis heute zugenommen. Die Abnahme der Eistage von 27 auf 21 Tage/Jahr ist dagegen statistisch weniger signifikant. Regional fallen bei den Heißen Tagen besonders der südliche Rheingraben, wo eine Steigerung von 4-8 auf 18 Heiße Tage pro Jahr festgestellt wurde, und Schleswig-Holstein auf, wo es im wesentlichen bei nur zwei solcher Tage blieb.

Beim Niederschlag (vgl. Starkregen und Hochwasser in Deutschland) zeigen sich z.B. an der Station Eppenrod (bei Limburg an der Lahn) entsprechend der Entwicklung der mittleren Werte starke Unterschiede zwischen Sommer und Winter. Im Winter wird die obere Schwelle von 300 mm gegen Ende der letzten 100 Jahre deutlich häufiger überschritten, im Sommer dagegen vor allem in den letzten 30 Jahren die untere Schwelle von 100 mm häufiger unterschritten. D.h. hohe Niederschlagsmengen sind im Winter und niedrige Niederschlagsmengen im Sommer häufiger geworden.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Daten, falls nicht anders erwähnt, nach Schönwiese, C.-D., Janoschitz, R. (2008): Klima-Trendatlas Deutschland 1901-2000, 2. aktualisierte Auflage. Bericht Nr. 4, Inst. Atmosph. Umwelt, Univ. Frankfurt/Main
  2. Umweltbundesamt (2019): Monitorinbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawande
  3. 3,0 3,1 Kaspar, F., K. Friedrich und F. Imbery, DWD (2020): 2019 global zweitwärmstes Jahr: Temperaturentwicklung in Deutschland im globalen Kontext
  4. 4,0 4,1 Deutscher Wetterdienst (2021): Klimastatusbericht Deutschland Jahr 2020.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Umweltbundesamt, Hg. (2015): Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
  6. Zebisch, M., Grothmann, T., Schröter, D., Haße, C., Fritsch, U., Cramer, W. (2005): Klimawandel in Deutschland – Vulnerabilität und Anpassungsstrategien klimasensitiver Systeme. Report 201 41 253. Dessau: Umweltbundesamt
  7. Hierzu und zum Folgenden: Schönwiese, C.-D., T. Staeger und S. Trömel (2005): Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland, in: DWD: Klimastatusbericht 2005, 7-17

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