Starkregen und Hochwasser in Deutschland

Aus Klimawandel
Abb. 1: Hochwasser an der Elbe bei Wittenberg Juni 2013

Hochwasserereignisse

Historische Hochwasserereignisse

Seit Jahrhundert haben die Anwohner der großen deutschen Flüsse mit Hochwasserkatastrophen zu kämpfen gehabt. So gilt das Magdalenenhochwasser im Juli 1342 an Main und Rhein historisch als die größte Überflutungskatastrophe in Mitteleuropa.[1] Im selben Jahr war auch die Elbe von schweren Überschwemmungen betroffen. Einige Jahrhunderte später richtete ein durch Eisstau im sehr kalten Winter 1783/84 verursachtes Hochwasser gewaltige Schäden am Rhein an.[2] Als das stärkste historische Hochwasser an der Donau gilt die Katastrophe von 1501 mit einem Wasserstand von ca. 13 m in Passau, und 1899 gab es hier erneut ein großes Hochwasserereignis.[3] Neben diesen historischen Hochwassern gab es auch in den letzten 25 Jahren immer wieder Überschwemmungskatastrophen, die die Frage aufkommen ließen, ob sich an ihnen schon der Klimawandel zeigt.

Winterhochwasser

1993 und 1995 waren jeweils im Winter die Täler des Rheins und seiner Nebenflüsse von anhaltend hohen Wasserständen betroffen. Das Weihnachtshochwasser 1993, das sich vor allem an Mosel und Rhein auswirkte, hatte mehrere Todesopfer zur Folge sowie wirtschaftliche Schäden von rund 1 Mrd. DM. Das Hochwasser Ende Januar 1995 bewirkte zwar in Köln und anderen Messstellen etwas höhere Pegelstände als 1993, richtete jedoch nur halb so viele Schäden an.

Sommerhochwasser

Rechnet man die Nachbarländer Tschechische Republik und Polen mit ein, war das Oderhochwasser im Juli/August 1997 wesentlich verheerender als die Rheinüberschwemmungen. Die obere Oder erlebte in kurzer Zeit anschwellende Rekordwasserspiegel, aber auch in Deutschland kam es zu teilweise nie gemessenen Pegelständen. Auf tschechischer Seite kamen 20 Menschen ums Leben, auf polnischer 54, und die Schäden beliefen sich für beide Länder zusammen genommen auf fast 3 Mrd. EUR. Deutschland kam dank rechtzeitiger Abwehrmaßnahmen relativ glimpflich mit 330 Mio EUR davon.[4][5][6]

Abb. 2: Abflussmengen in m3/sec beim Juni-Hochwasser 2013 in Schärding (Inn), Hofkirchen (Donau vor Passau) und Achleiten (Donau nach der Inn-Einmündung)

Fünf Jahre später, im August 2002, kam es dann an der Elbe an vielen Messstellen zu dem schwersten bis dahin registrierten Hochwasser. So hat der in Dresden erreichte Wasserstand von 9,40 m die bisherige Rekordmarke um mehr als einen halben Meter übertroffen.[7] Auch die Schadensbilanz hat mit 21 Toten allein in Sachsen und 11,4 Mrd. EUR finanziellen Verlusten nur in Deutschland bisherige Rekorde gebrochen.[8] Doch damit war die jüngste Geschichte schwerer Hochwasser in Deutschland noch nicht zu Ende. Im Frühjahr 2006 gab es ein weiteres starkes Hochwasser an der Elbe, im Frühjahr 2010 an der Oder.

Im Juni 2013 kam es dann erneut zu einem Rekordhochwasser, das sowohl die Elbe und einige ihrer Nebenflüsse (Abb. 1) als auch die Donau mit Nebenflüssen (Abb. 2) betraf. Die Hochwasserereignisse 2013 waren in ihrer räumlichen Ausdehnung in den letzten 60 Jahren einzigartig und betrafen neben Süd- und Ostdeutschland auch die benachbarten Staaten Österreich, Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien und Serbien. Über weite Strecken hat das Hochwasser von 2013 im oberen Donaubecken die stärksten Abflusshöhen der letzten zweihundert Jahre übertroffen. In Passau lief das Wasser im Juni 2013 zu Pegelständen auf, die ähnlich hoch wie bei der historischen Rekordflut 1501 waren.[3] An der Elbe kam es bei Magdeburg zu einem Rekordwasserstand von 62 cm über dem bisherigen Höchststand von 1845.[9] Die materiellen Verluste beliefen sich in Deutschland auf 10 Mrd. EUR.[10]

Das Hochwasser im Juli 2021

Abb. 3: Hydro-klimatologische Einordnung der Stark- und Dauerniederschläge in Teilen Deutschlands im Zusammenhang mit dem Tiefdruckgebiet „Bernd“ vom 12. bis 19. Juli 2021

Übertroffen wurden alle bisherigen Hochwasser der letzten Jahrzehnte dann von den gewaltigen Niederschlägen, extrem hohen Wasserständen, Opferzahlen und Sachschäden im Juli 2021 an zahlreichen kleineren Flüssen in der Eifel und im angrenzenden Rheinischen Schiefergebrge. Die Folgen übertrafen teilweise alle bisherigen Erfahrungen und führten dazu, dass das Thema Klimawandel kurz vor der Bundestagswahl im September 2021 zu einem zentralen politischen Thema wurde. Die Anzahl der Todesopfer belief sich auf mindestens 170, die der Verletzten auf 820. Die versicherten Schäden wurden vorläufig auf über 10 Mrd. € geschätzt, die Gesamtschäden liegen wahrscheinlich deutlich höher.[11]

Abb. 4: Mittlere und maximale Niederschläge pro Tag in l/m2 je Flusseinzugsgebiet am 14.7.2021 sowie das Flächenmittel für den Monat Juli 1991-2020. Die Flächenmittel der Einzugsgebiete der Flüsse waren an dem einen Tag des 14. Juli 2021 deutlich höher als die Flächenmittel des ganzen über den Zeitraum 1991-2020 gemittelten Monats Juli. Die Spitzenwerte des 14. Juli waren sogar doppelt so hoch wie der Juli-Wert.

Die Wetterlage, die zu den Überschwemmungen geführt hat, wurde in den Tagen zwischen dem 12. und 15. Juli bestimmt durch ein starkes Tief über Mitteleuropa, durch das warme und sehr feuchte Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland gelangten und sich hier durch Abkühlung, auch bedingt durch Gebirgshebung, ausregneten.[12] Ausgelöst wurde die Wetterlage von einem Höhentief über dem Nordatlantik, das sich ab dem 11. Juli nach Südosten bewegte und sich über Westeuropa festsetzte. Östlich davon bildete sich am Boden ab dem 13. Juli über Mitteleuropa das Tief „Bernd“ aus und führte zu starken Niederschlägen. Es zog dabei extrem feuchte Luftmassen aus dem Südosten Europas und dem zentralen Mittelmeerraum an. Diese Wetterlage verharrte einige Tage, weil das Höhentief, das die Verhältnisse am Boden steuerte, von zwei Höhenrücken flankiert wurde, und mit ihnen eine Blocking-Situation bildete. Die blockierende Wetterlage bewirkte ein gewaltiges Maß an Niederschlägen. Im Einzugsgebiet der Hochwasserflüsse Ahr, Erft, Kyll u.a. kamen im Zeitraum 13.-14. Juli in 15 Stunden an verschiedenen Wetterstationen im Mittel rund 150 mm Niederschlag zusammen, mehr als das Doppelte eines ganzen Monatsniederschlags. An der Station Köln-Stammheim übertraf der Niederschlag am 14.7. mit 153 mm den bisherigen Rekord vom 19.7.2017 (95 mm) um mehr als 50%. Zugleich lag der Wert deutlich über den errechneten Werten eines Jahrhundertereignisses.[11]

Die Starkniederschläge lassen sich auf zweierlei Art mit dem Klimawandel in Verbindung bringen. Zum einen bedeutet die Erwärmung der Atmosphäre in Deutschland um 1,6 °C seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, dass die Atmosphäre 11,5% mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Voraussetzung ist, dass genügend Wasser verdunstet, wie das über den sich ebenfalls erwärmenden Randmeeren Nord- und Ostsee und dem Mittelmeer der Fall ist. Bei Kondensation des zusätzlichen Wasserdampfs in der Atmosphäre entstehen daher mehr Wolken und Niederschlag. Zum anderen spielt eine Rolle, dass Großwetterlagen in letzter Zeit zunehmend für eine gewisse Zeit an Ort und Stelle verharren (blockierende Wetterlagen). Das wird darauf zurückgeführt, dass sich im Rahmen des Klimawandels die hohen nördlichen Breiten stärker erwärmen als die mittleren und niederen Breiten und der Temperaturgegensatz zwischen beiden sich abschwächt. Dadurch wird auch die planetare Höhenströmung (Jetstream) schwächer, mäandriert stärker und bewegt sich langsamer von Westen nach Osten. Die Folge sind blockierende Wetterlagen.[11] Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hält diese Zusammenhänge in seinem Bericht zu dem Hochwasserereignis für etwas weniger gesichert.[12]

Für die durch die Niederschläge bewirkten Überschwemmungen spielten auch die feuchten Böden eine Rolle. Dadurch, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres etwa 15% mehr Niederschlag als im langjährigen Mittel gefallen war, waren die Böden zumeist gesättigt.[11] Hinzu kamen die schmalen Täler, in denen sich das Wasser konzentriert sammeln konnte, sowie die Talhänge, an denen aufgrund des Weinanbaus und der verbreiteten Fichtenbepflanzung die Niederschläge weitgehend ungehindert abfließen konnten.

Die Abflussmengen und Hochwasserstände übertrafen die bisherigen Rekorde der letzten 30 Jahre teilweise bei weitem. In Einzelfällen konnten die genauen Werte nicht festgestellt werden, wie z.B. in Altenahr, weil die Pegel überflutet und zerstört wurden. Am Pegel Müsch an der Ahr wurde der bisherige Abflussrekord von 2016 (132 m3/s) mit 320 m3/s um deutlich mehr als das Doppelte übertroffen, ähnlich an Stationen an dem Fluss Kyll, einem Nebenfluss der Mosel. Für Altenahr wurden 400-700 m3/s geschätzt, bei einem bisherigen Höchstwert von 236 m3/s. Ähnliches gilt für die Wasserstände. In Altenahr lag der bisherige Rekord bei 3,71 m. Ab 5,05 m konnten die weiteren Wasserstände wegen des Pegel-Ausfalls nicht mehr gemessen werden. Nach Schätzungen lag der Wasserstand später bei 7-8 m.[11]

Trends

Die Rekordwerte bei den Hochwasserereignissen der letzten Jahrzehnte lassen vermuten, dass es in letzter Zeit stärkere Überschwemmungen an deutschen Flüssen gegeben hat als früher und dass möglicherweise der Klimawandel darauf einen Einfluss hat. Die Kriterien für starke Hochwasserereignisse sind jedoch nicht immer vergleichbar. So hängen die Schadenssummen von den ökonomischen Werten ab, die sich in einem Flusstal konzentrieren, und die sind heute unvergleichlich höher als etwa in früheren Jahrhunderten. Aber auch die Wasserstände werden nicht nur durch die verursachenden Niederschläge bestimmt, sondern sind auch eine Folge der Umgestaltung der Flusstäler. So haben Bodenverdichtung und Versiegelung der umliegenden Landschaft durch landwirtschaftliche Nutzung sowie Verkehrswege und Besiedelung zu höheren Abflussraten in die Flüsse geführt. Und Eindeichungen zugunsten der Landwirtschaft, von Verkehrswegen und Siedlungen haben höhere Wasserstände bewirkt.

Eine Untersuchung, die sich auf starke Hochwasser konzentriert, die mehrere Flussbecken gleichzeitig betreffen, hat für den relativ kurzen Zeitraum 1952-2002 eine Zunahme der extremen Flussbecken übergreifenden Hochwasser in Deutschland festgestellt.[13] So haben sich doppelt so viele solcher extremen Hochwasser 1978-2002 ereignet als im Zeitraum 1952-1977, und ihr Anteil an allen Flussbecken übergreifenden Ereignissen stieg von 58 % auf 70,5 %. Die meisten, einzelne Flussbecken überschreitenden Hochwasser ereignen sich hiernach im Winter (64 %) und sind auch räumlich besonders ausgedehnt, wobei der Anteil der Winterhochwasser von 58 % in der ersten auf 70,5 % in der zweiten Periode angestiegen ist. Die Sommerhochwasser sind dagegen eher lokal, fallen dabei jedoch besonders stark aus wie z.B. im August 2002 an der Elbe. Die meisten Winter-Hochwasser gab es am Rhein, außerdem an der Weser, während Rhein und Weser im Sommer kaum betroffen sind. Die Sommerhochwasser ereignen sich fast ausschließlich an Donau und Elbe.[13] Eine Untersuchung der Abflussmengen nur am Rhein im Winter- und Sommerhalbjahr von 1820 bis 2011 ergab ebenfalls einen deutlichen Aufwärtstrend im Winter und einen Abwärtstrend im Sommer.[14] Aufgrund der relativ kurzen untersuchten Zeiträume und angesichts der sich verändernden lokalen Bedingungen lassen sich Hochwassertrends nur mit großen Unsicherheiten ausmachen. So lässt sich nur mit Vorbehalt sagen, dass Hochwasserereignisse in Deutschland in den letzten Jahrzehnten häufiger und/oder stärker ausfallen als in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten.

Niederschläge und Wetterlagen

Änderungen der Hochwasserstände können auch durch Landnutzungsänderungen beeinflusst sein, weshalb aus ihnen kein Einfluss des Klimawandels sicher abgelesen werden kann. Die wichtigste Ursache von Hochwasserereignissen sind in jedem Fall die Niederschläge. Und Niederschlagsänderungen sowie Änderungen der ihnen zugrunde liegenden meteorologischen Bedingungen können durchaus auf veränderte Klimaverhältnisse hinweisen. Ursache für starke und anhaltende Niederschläge sind meistens bestimmte Großwetterlagen. Im Folgenden wird auf die Niederschlagsmengen und die Großwetterlagen bei wichtigen Hochwasserereignissen der letzten ca. 25 Jahre eingegangen.

Abb. 5: Bodenluftdruckkarte der Großwetterlage "Westlage zyklonal", Pfeil: Tiefdruckbahn mit langandauernden, sehr ergiebigen Niederschlägen

Winterhochwasser

Die Winterhochwasser 1993 und 1995 am Rhein waren sowohl durch starke und andauernde Niederschläge bedingt wie durch das Schmelzen von Schnee in den Einzugsgebieten des Rheins und seiner Nebenflüsse. Kurz vor Weihnachten 1993 fielen z.B. im Hochschwarzwald an zwei Tagen 120 mm Niederschlag. Nahezu gleichzeitig gelangten feuchtwarme Luftmassen vom Atlantik ins Rheingebiet und bewirkten eine großräumige Schneeschmelze. Ende Januar 1995 fielen im Einzugsgebiet der Rheinnebenflüsse Main, Nahe und Mosel an neun Tagen 200-250 % der mittleren Niederschläge des gesamten Monats. Da die regenbringenden Luftmassen relativ warm waren, schmolzen auch bei diesem Ereignis große Teile der Schneedecken in den Mittelgebirgen ab. Regenbringer waren jeweils Großwetterlagen, die als Westlage zyklonal (Abb. 5) bezeichnet werden und durch ausgedehnte dynamische Tiefdruckgebiete gekennzeichnet sind, welche vom Atlantik her feuchte und für die winterliche Jahreszeit eher warme Luftmassen nach Deutschland herantransportieren.[15][16] Das Auftreten dieser Großwetterlagen wird entscheidend durch die Nordatlantische Oszillation (NAO) bestimmt. Bei einer starken NAO setzen sich immer Winter westliche Strömungen gegen kontinentale Hochdruckgebiete durch und bringen warme und feuchte Luftmassen vom Atlantik mit sich.

Abb. 6: Vb-Wetterlage

Sommerhochwasser

Die übrigen herausragenden Hochwasser des letzten Vierteljahrhunderts im Juli/August 1997 an der Oder, im August 2002 an der Elbe und im Juni 2013 an Elbe und Donau waren sämtlich Sommerhochwasser. Ihnen lagen andere Wetterlagen zugrunde als den winterlichen Überschwemmungen am Rhein. Bei allen drei Ereignissen spielte die sog. Vb-Wetterlage (Abb. 6) eine entscheidende Rolle. Bei Vb-Wetterlagen ziehen Tiefdruckgebiete vom Mittelmeer her, wo sie sich mit Wasserdampf aufladen, nach Mitteleuropa, meistens östlich um die Alpen herum. Hier stoßen sie auf Gebirge, z.B. auf das Erzgebirge, und/oder auf Kaltluftmassen und regnen sich aus. Wenn die Vb-Wetterlagen länger anhalten, liegt eine sog. Blockierende Wetterlage vor, bei der die Wetterverhältnisse längere Zeit stationär bleiben und, wodurch es zu Dauerregen oder zu Hitzewellen kommen kann.

Das Oderhochwasser 1997 wurde durch zwei Starkregenereignisse verursacht, die beide aus Vb-Wetterlagen entstanden. Tiefdruckgebiete über dem Balkan und den Karpaten führten feuchtwarme Luftmassen vom Mittelmeer und dem Schwarzen Meer nach Mitteleuropa, wo sie auf Kaltluftmassen trafen und hierdurch sowie durch die Mittelgebirge zum Aufsteigen und damit Abkühlung gezwungen wurden und sich ausregneten. Die Niederschläge erreichten vor allem in der Tschechischen Republik mit teilweise über 500 mm in sechs Tagen Rekordwerte. Ein Höhentief sorgte für eine längere Stabilität dieser Wetterlage.[17]

Das katastrophale Hochwasser an der Elbe im August 2002 wurde durch Niederschläge ausgelöst, die an einzelnen Stationen alle bisherigen Rekorde übertrafen. So fiel in Zinnwald-Georgenfeld südlich von Dresden am 12. August mit 312 mm der höchste je in Deutschland gemessene Tagesniederschlag. Und der in Dresden gemessene Wert von 158 mm war doppelt so hoch wie der bisherige Rekordwert an dieser Station.[18] Zu dem beispiellosen Hochwasser kam es jedoch vor allem dadurch, dass mehrere Starkregenereignisse aufeinander folgten. In den ersten Augusttagen waren Gewitterregen bestimmend, die primär im Westen des Elbe-Einzugsgebietes fielen. Anschließend wurden Vb-Wetterlagen bestimmend. Ein umfangreiches, vom Golf von Genua bis nach Polen reichendes Höhentief lenkte feuchtwarme subtropische Luft aus dem Mittelmeerraum, wo sie sich mit Wasserdampf vollgesogen hatte, östlich um die Alpen herum nach Mitteleuropa. Hier traf sie auf kühlere Luftmassen aus dem Westen und auf die Gebirgszüge in Mitteleuropa, kühlte sich ab und regnete sich aus. Das Tiefdrucksystem bewegte sich nur sehr langsam Richtung Osten, so dass es zu einer sehr lange anhaltenden Niederschlagsperiode kam.

Auch bei früheren Hochwasserereignissen spielte es schon eine Rolle, dass durch länger anhaltende Niederschläge die Böden stark mit Wasser gesättigt wurden, so dass weitere Niederschläge nicht mehr versickern konnten, sondern direkt in die Flüsse gelenkt wurden. Das war besonders der Fall bei dem großen Hochwasser an Elbe und Donau im Jahr 2013. Den Überschwemmungen im Juni 2013 gingen im Mai starke Niederschläge voraus, die durch ein anhaltend stabiles Tiefdrucksystem in der Höhe bedingt waren. Flankiert war dieses Höhentief durch zwei Hochdruckgebiete über den Azoren und über Westsibirien, wodurch es zu einer blockierenden Wetterlage kam. Das Tiefdrucksystem führte feuchte Luftmassen vom Nordwestatlantik nach Mitteleuropa mit starken Regenfällen in der zweiten Mai-Hälfte. Im Anschluss bildete sich zusätzlich eine Vb-Zugbahn aus, die warmfeuchte Luftmassen von der Adria her nach Mitteleuropa lenkte.[3] Während des gesamten Mai fielen in ganz Deutschland 178 % der mittleren Niederschläge im Mai während der Periode 1881-2012. Diese lang anhaltenden Niederschläge bewirkten eine hohe Bodenfeuchtigkeit, die ein wesentlicher Grund der Hochwasser waren. 40 % der Fläche Deutschlands wiesen die höchste Bodenfeuchte seit Beginn der Messungen 1962 auf. Hinzu kamen die Starkniederschläge an den Hochwassertagen selbst. Die höchsten Drei-Tage-Niederschläge beliefen sich in Südbayern in den ersten Juni-Tagen auf 346 mm, die höchsten Niederschläge in 24 Stunden lagen bei 170,5 mm.[10]

Hochwasserereignisse und Klimawandel

Abb. 7: Veränderung der mittleren Anzahl der Tage pro Jahr im Winter und im Sommer mit Wetterlagen, die Hochwasserereignisse begünstigen.

Ein einzelnes Ereignis lässt sich zwar nie durch den Klimawandel erklären. Die Wahrscheinlichkeit von Starkregen und darauf folgenden Hochwasserereignissen nimmt jedoch mit der Erwärmung zu, da höhere Temperaturen zu mehr Wasserdampf in der Atmosphäre führen. Die Daten für Deutschland zeigen, dass die absolute Feuchtigkeit in der Atmosphäre von 1951 bis 2006 um 4 % gestiegen ist. Dadurch hat auch das Potential für mehr Starkniederschläge zugenommen. Hinzu kommt, dass auch die Großwetterlagen, die starke Niederschläge begünstigen – im Winter Westwindlagen, im Sommer die Vb-Wetterlage -, zugenommen haben.[19]

Für die verschiedenen Regionen in Deutschland konnte gezeigt werden, dass die Wetterlagen, die zu Hochwasserereignissen führen, in den letzten Jahrzehnten jeweils zugenommen haben (Abb. 7). Im Westen Deutschlands, d.h. für das Rhein- und Wesergebiet, haben sowohl die Häufigkeit wie die Dauer der West- und Nordwestlagen zugenommen. Auch bei weniger starken Niederschlägen würde allein die längere Dauer zu mehr Hochwasserereignissen führen, da die Böden dadurch stärker gesättigt werden und es zu höheren Abflusswerten kommt. Im Süden wie im Osten (Donau- bzw. Elbeeinzugsgebiet) haben im Sommer die Vb-Lagen zugenommen, die hier für die starken Sommerhochwasser verantwortlich sind. Hinzu kommt, das im Osten eine deutliche Abnahme östlicher Zirkulationsmuster und damit die Zunahme milderer Winter mit mehr Niederschlag als Regen denn als Schnee festgestellt werden kann.[20] Allgemein lässt sich eine deutliche Zunahme von Großwetterlagen feststellen, die für das Auftreten von Hochwasserereignissen grundlegend sind. Diese Wetterlagen dauern zugleich länger an, wodurch es zu Bodensättigung kommt und Überschwemmungen sich auch bei mäßigen Niederschlägen ereignen können.

Einzelnachweise

  1. Undine: Das Magdalenenhochwasser im Sommer 1342 im Rheingebiet
  2. Undine: Das Eishochwasser 1784 im Rheingebiet
  3. 3,0 3,1 3,2 Blöschl, G., T. Nester, J. Komma, J. Parajka, and R.A.P. Perdigão (2013): The June 2013 flood in the Upper Danube Basin, and comparisons with the 2002, 1954 and 1899 floods, Hydrol. Earth Syst. Sci., 17, 5197–5212
  4. Undine: Das Weihnachtshochwasser des Rheins 1993
  5. Undine: Das Hochwasser des Rheins im Januar / Februar 1995
  6. Undine: Das Hochwasser der Oder im Sommer 1997
  7. Bundesanstalt für Gewässerkunde (Hrsg.) (2002): Das Augusthochwasser 2002 im Elbegebiet
  8. Undine: Das Hochwasser der Elbe im Sommer 2002
  9. Undine: Das Hochwasser der Elbe im Sommer 2002
  10. 10,0 10,1 Schröter, K., M. Kunz, F. Elmer, B. Mühr, and B. Merz (2015): What made the June 2013 flood in Germany an exceptional event? A hydro-meteorological evaluation, Hydrol. Earth Syst. Sci., 19, 309–327, doi:10.5194/hess-19-309-2015
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 Andreas Schäfer, Bernhard Mühr, James Daniell u.a. - CEDIM Forensic Disaster Analysis (FDA) Group (2021): Hochwasser Mitteleuropa, Juli 2021 (Deutschland). 21. Juli 2021 – Bericht Nr. 1 „Nordrhein-Westfalen & Rheinland-Pfalz”
  12. 12,0 12,1 Junghänel, T., P. Bissolli, J. Daßler u.a. – DWD (2021): Hydro-klimatologische Einordnung der Stark- und Dauerniederschläge in Teilen Deutschlands im Zusammenhang mit dem Tiefdruckgebiet „Bernd“ vom 12. bis 19. Juli 2021
  13. 13,0 13,1 Uhlemann, S., A.H. Thieken, and B. Merz (2010): A consistent set of trans-basin floods in Germany between 1952–2002, Hydrology and Earth System Sciences, 14, 1277–1295
  14. Bender, J., C. Mudersbach, and J. Jensen (2012): Variability of discharge and flood risk on the Rhine River from 1820 to 2011, 34th Hydrology and Water Resources Symposium (HWRS 2012), Sydney, Australia
  15. Undine: Das Weihnachtshochwasser des Rheins 1993
  16. Undine: Das Hochwasser des Rheins im Januar / Februar 1995
  17. Undine: Das Hochwasser der Oder im Sommer 1997
  18. Deutscher Wetterdienst (2002): Das Niederschlagsgeschehen in Mitteleuropa in den ersten 12 Tagen des August 2002
  19. Hattermann, F.F., et al. (2013): Climatological Drivers of Changes in Flood Hazard in Germany, Acta Geophysica 61, 463-477
  20. Petrow, T., J. Zimmer, and B. Merz (2009): Changes in the flood hazard in Germany through changing frequency and persistence of circulation patterns, Natural Hazards Earth System Sciences 9, 1409–1423

Weblinks

  • Eiserbeck, L. (2024): Das Hochwasser an Ahr und Erft 2021 - Entstehung, Ausprägung und Folgen. In: J.L. Lozán, H. Graßl, D. Kasang, M. Quante & J. Sillmann (Hrsg.). Warnsignal Klima: Herausforderung Wetterextreme – Ursachen, Auswirkungen & Handlungsoptionen. S. 45-49. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.wetterextreme.09
  • Undine Informationsplattform zu Hochwasserereignissen an den großen Strömen in Deutschland von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG)
  • A. Bronstert & H. Engel: Veränderungen der Abflüsse Untersuchung am Beispiel von Rhein, Weser, Elbe und Donau, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 351-357 (Neuauflage 2011)
  • C.-D. Schönwiese & S. Trömel (2011): Langzeitänderungen des Niederschlags in Deutschland, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 351-357 (Neuauflage 2011)


Klimadaten zum Thema

Klimadaten zum Thema selbst auswerten? Hier können Sie aus Regionaldaten zu Europa und Regionaldaten zu Norddeutschland eigene Karten zur künftigen Klimaentwicklung erzeugen.




Hier finden Sie eine Anleitung zur Visualisierung der Daten.

Schülerarbeiten zum Thema

Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:

  • Extremereignisse und ihre Folgen im Zuge des Klimawandels am Fallbeispiel des Elbhochwassers 2002 (Gymnasium Athenaeum Stade, Stade),
  • Alle Jahre eine Jahrhundertflut? Muss man in Zukunft mit vermehrten Hochwasserereignissen an der Elbe rechnen? Und in welcher Weise nimmt der Klimawandel Einfluss darauf? (Stadtteilschule Walddörfer, Hamburg)

Lizenzhinweis

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen.
Kontakt: Dieter Kasang