Klimaprojektionen Europa

Aus Klimawandel
Differenz der bodennahen Lufttemperatur in den Sommermonaten Juni, Juli und August (links) und den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar (rechts) 2071-2100 zu 1961-1990 nach dem A1B-Szenario.

Europa

Temperatur

Die jährlichen Mitteltemperaturen werden in Europa stärker ansteigen als im globalen Mittel.[1] Nach dem A1B-Szenario wird es bis zum Ende dieses Jahrhunderts in Nordeuropa zu einer Erhöhung der jährlichen Mitteltemperaturen um 3,2 °C, in Südeuropa um 3,5 °C kommen.[2] Dabei zeigen die Temperaturveränderungen sehr charakteristische regionale Unterschiede im Sommer und Winter: Im Sommer wird der Südwesten mit 4-5 °C und mehr die stärkste Erwärmung erfahren, im Winter findet sich die höchste Temperaturzunahme mit ebenfalls um die 5 °C im Nordosten des Kontinents. Der Grund für die sommerliche Temperaturzunahme im Südwesten sind die Niederschlagsdefizite und ausgetrockneten Böden, die die Evapotranspiration und damit deren Abkühlungseffekt stark einschränken (vgl. Boden im Klimasystem).[3] Für die ungewöhnlich starke winterliche Erwärmung im Nordosten spielt der Eis-/Schnee-Albedo-Effekt die entscheidende Rolle: Der Rückgang von Schnee- und Eisdecken verstärkt die Erwärmung durch die höhere Strahlungsabsorption.

Auch im westlichen Mittel- und Nordeuropa wird es trotz der prognostizierten Abschwächung des Nordatlantikstroms (der Nordatlantischen Meridionalen Umwälzzirkulation)[4] zu einer Erwärmung kommen. Vor allem für Mitteleuropa wird es von Jahr zu Jahr nach einigen Modellen stärkere Schwankungen bei den Sommertemperaturen geben. Und als sehr wahrscheinlich für ganz Europa gilt, dass sommerliche Hitzewellen in Häufigkeit, Dauer und Stärke zunehmen werden, während die Zahl der Frosttage schrumpft.

Temperatur- und Niederschlagsänderungen 2080-2099 im Vergleich zu 1980-1990 nach dem A1B-Szenario.

Niederschlag

Bei den Niederschlägen zeigt sich ein deutlicher Nord-Süd-Gegensatz: Sie nehmen im jährlichen Mittel in Nordeuropa um ca. 9% zu, in Südeuropa um 12% ab. Der stärkste Anstieg findet sich in Nordeuropa im Winter mit 15%, die stärkste Reduktion in Südeuropa im Sommer mit -24%. Auch in den anderen Jahreszeiten nehmen die Niederschläge in Südeuropa ab, wenn auch weniger stark als im Sommer. In Mitteleuropa findet sich im Sommer eine Tendenz zur Abnahme, im Winter zur Zunahme der Niederschläge. Eine Zunahme wird auch für Starkniederschläge vorhergesagt, z.T. auch, wenn die mittleren Niederschläge abnehmen wie in Mittel- und Südeuropa im Sommer. Entsprechend steigt hier auch das Risiko von Dürren.

Schnee und Eis

In ganz Europa muss damit gerechnet werden, dass die Schneesaison kürzer und die Schneemächtigkeit geringer wird. Einige Modelle prognostizieren für Nordeuropa eine Verkürzung der Schneesaison um 1 bis 3 Monate und eine Abnahme der Schneedicke um 50-100% in den meisten Regionen. Die Folgen für den Wintertourismus sind gravierend. Auch die Eisbedeckung der Gewässer wird merklich abnehmen. So wird die maximale Eisausdehnung auf der Ostsee im Winter möglicherweise um 70% abnehmen und die Eissaison in der mittleren Ostsee um zwei bis drei Monate reduziert.

Einzelne Regionen

Deutschland

Je nach Szenario nimmt die Temperatur in Deutschland bis zum Ende des Jahrhunderts um 2,5 bis 3,5 °C zu. Der stärkste Anstieg wird in den Wintermonaten erwartet, bedingt durch die Schnee-Albedo-Rückkopplung und Veränderungen der Großwetterlagen. Bei den Niederschlägen werden im Sommer Abnahmen, im Winter Zunahmen erwartet. Der Anteil von Schneefall an den Gesamtniederschlägen wird zurückgehen. Tage mit sehr hohen Temperaturen werden zu-, Frosttage werden abnehmen.

Alpenraum

Mögliche Änderung der Anzahl der Schneetage pro Jahre nach dem A1B-Szenario für die Regionen Mittenwald (923 ü. NN) und Garmisch-Partenkirchen (700 m ü. NN)

Im 21. Jahrhundert wird mit einer erheblichen Erwärmung des Alpenraums gerechnet.[5] Nach Modellberechnungen mit dem regionalen Klimamodell REMO kann es zu einer mittleren Erwärmung zwischen 3 °C und 4,5 °C kommen. Die Menge der Jahresniederschläge ändert sich wenig, die jahreszeitlichen Unterschiede können sich allerdings weiter verstärken. Im Sommer können die Niederschläge um 30% abnehmen, im Winter um 5-10% zunehmen. Aufgrund der steigenden Temperaturen ergeben sich aber vor allem deutliche Abnahmen bei der Schneefallmenge und der Zahl der Schneetage. Die Nullgradgrenze kann in den Wintermonaten bis zum Ende des Jahrhunderts um ca. 650 m steigen. Das bedeutet für Regionen, die zwischen 1000 und 1500 m liegen, eine Abnahme der Schneefallmenge um bis zu 60%. Selbst über 2000 m kann die Schneefallmenge immer noch um 20-30% abnehmen. Der deutsche Wintersportort Garmisch-Partenkirchen, der 700 m über dem Meeresspiegel liegt, muss mit einer Abnahme der Schneetage (> 3 cm Schnee) im Jahr von heute 70-80 auf unter 20 rechnen.

Änderung von Temperatur (oben) und Niederschlag (unten) zwischen 1980-1999 und 2080-2099 im Sommer nach dem IPCC-Szenario A1B

Mittelmeerraum

Die meisten Modellprognosen zeigen bis zum Ende des Jahrhunderts eine deutlich über dem globalen Durchschnitt liegende Erhöhung der Sommertemperaturen des Mittelmeerraumes um 4 °C, einige sogar um bis zu 6 °C. Zugrunde liegt den Modellrechnungen das IPCC-Szenario A1B. Ein Grund sind die stark abnehmenden Niederschläge im Sommer um 25% und mehr und die damit verbundene Bodenaustrocknung, die die Erwärmung verstärken. Der Mittelmeerraum wird in dem IPCC-Bericht von 2007 als einer der Hotspots der Niederschlagsabnahme gesehen, mit einer erheblichen Gefahr von Dürren und Hitzewellen und vergleichbar allenfalls mit Südwestaustralien.[6]

Mehr als die Durchschnittstemperaturen werden wahrscheinlich die hohen Tagestemperaturen steigen. Bei diesen Temperaturen wird nach dem Szenario A2 bis 2100 eine Erhöhung um bis zu 7 °C erwartet. Da die Küstengebiete im Vergleich zu dem höher gelegenen Binnenland im Sommer jetzt schon relativ hohe Temperaturen aufweisen, drohen hier besonders viele Tage, an denen die Temperaturen eine sehr gefährliche Schwelle überschreiten, die je nach Feuchtigkeit bei etwa 40 °C gesehen werden kann.[7]

Ostseeraum

Das Klima des Ostseeraumes steht vor allem im südlichen Teil stark unter dem Einfluss der großräumigen atmosphärischen Zirkulation im Nordatlantikraum. Die relativ milden Temperaturen im südlichen Teil sind durch den Einfluss des Nordatlantikstroms (als Fortsetzung des Golfstroms) und die vorherrschenden Westwinde zu erklären, deren Intensität durch die Nordatlantische Zirkulation bestimmt wird. Der nördliche Teil wird durch die hohen Gebirgszüge in Nordwegen von der Westwindströmung weitgehend abgeschirmt. Entsprechend ist der Süden durch ein maritimes, der Norden eher durch ein subarktisches Klima geprägt.

Differenz der bodennahen Lufttemperatur in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar 2071-2100 zu 1961-1990 für das IPCC-Szenario A1B

Nach den Berechnungen von 20 globalen Modellen wird die Erwärmung im 21. Jahrhundert im Ostseeraum um etwa 50 % höher ausfallen als im globalen Mittel.[8] Die jährlichen Mitteltemperaturen werden hiernach um 3-5 °C als Mittel über das gesamte Ostseebecken ansteigen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Ostseeraum und den Jahreszeiten. Im nördlichen Teil findet die stärkste Erwärmung mit 4-6 °C im Winter statt, während weiter südlich die saisonalen Unterschiede weniger hervortreten, im Sommer mit einem Anstieg der bodennahen Lufttemperatur um 3-5 °C jedoch die höchsten Werte zeigen. Ganz im Norden könnte die höchste Temperaturzunahme sogar bis zu 10 °C betragen. Grund für diese starke Erwärmung ist die Schnee/Eis-Albedo-Rückkopplung. Da höhere Temperaturen die Schnee- und Eisflächen schmelzen lassen, wird weniger Solarstrahlung reflektiert und mehr Strahlung von den dunkleren, frei gewordenen Land- und Wasserflächen absorbiert. Dadurch wird die untere Atmosphäre zusätzlich erwärmt, was wiederum noch mehr Eis und Schnee schmelzen lässt usw.

Die Niederschläge wurden von Regionalmodellen berechnet, die jedoch in groben Zügen mit den Globalmodellen übereinstimmen. Die Ergebnisse sind mit größeren Unsicherheiten behaftet als die Temperatur-Simulationen. Im gesamten Ostseeraum werden die Winter feuchter, und im südlichen Teil werden die Sommer trockener. Im Norden nehmen die Winterniederschläge möglicherweise um 25 bis 75 %, im Süden um 20 bis 70 % zu. Die Sommerniederschläge könnten im Süden um bis zu 45 % zurückgehen. Im Jahresmittel über die gesamte Region ist jedoch mit einer Zunahme der Niederschläge zu rechnen.

Auch die Meeresoberflächentemperaturen nehmen nach Modellberechnungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 2-4 °C zu. Höhere Luft- und höhere Wassertemperaturen führen dazu, dass die Meereisausdehnung der Ostsee deutlich zurückgehen wird, und zwar um 50 bis 80 %. Eis- und Schneeschmelze und die höheren Niederschläge haben zur Folge, dass der Salzgehalt der Ostsee um 8 bis 50 % zurückgehen wird.

Einzelnachweise

  1. Für das Folgende vgl. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 11.3
  2. Mittelwert von 21 Modellen; vgl. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 11.1
  3. Seneviratne, S.I., and R. Stöckli (2008): The role of land-atmosphere interactions for climate variability in Europe. In: Climate Variability and Extremes during the Past 100 years, Brönnimann et al. (eds.)
  4. In den Medien wird in diesem Fall häufig von der Abschwächung des Golfstroms gesprochen. Als Golfstrom wird jedoch nur der entlang der Ostküste Nordamerikas nach Norden strömende Teil des Globalen Förderbands bezeichnet. Dessen Fortsetzung nach Nordwesten, durch die warmes Wasser in den Nordwestatlantik transportiert wird, heißt korrekterweise Nordatlantikstrom. Um das Prinzip des ganzen Strömungssystems zu verdeutlichen, hat man früher von der thermohalinen Zirkulation gesprochen. In letzter Zeit hat sich in der Wissenschaft dafür der Begriff Meridionale Umwälzzirkulation (engl. Meridional Overturning Circulation, MOC) eingebürgert.
  5. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Klimawandel in den Alpen. Fakten – Folgen – Anpassung, S. 67
  6. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 11.1 und Box 11.1, Box 2
  7. N.S. Diffenbaugh, J.S. Pal, F. Giorg and X. Gao (2007): Heat stress intensification in the Mediterranean climate change hotspot, Geophysical Research Letters, Vol. 34
  8. BALTEX Assessment of Climate Change for the Baltic Sea Basin. International Conference Göteborg, Sweden, 22 – 23 May 2006 – online(PDF)

Siehe auch

Weblinks

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