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Version vom 1. Juli 2009, 19:37 Uhr
Gefährdungsfaktoren
Ozeane bedecken ca. 71 % der Erdoberfläche, wirken aufgrund ihrer thermischen Trägheit regulierend auf kurzfristige Wetter- und Klimaschwankungen und stellen einen gigantischen Kohlenstoffspeicher dar. Sie sind aber nicht nur aus physikalischer Sicht ein wichtiger Bestandteil des Erdsystems. Ihre Ökosysteme bergen einen großen Artenreichtum und dienen den Menschen sowohl als Erholungsort als auch als wichtige Nahrungsquelle. Mehr als eine Milliarde Menschen sind auf Fisch als wichtigste Proteinquelle angewiesen, vor allem in Entwicklungsländern. Man unterscheidet bei marinen Ökosystemen oft zwischen dem offenen Ozean und den küstennahen Gebieten, zu denen z. B. Mangrovenwälder und Korallenriffe gehören.
Auch ohne den Klimawandel sind die marinen Ökosysteme bereits durch menschliche Aktivitäten stark beeinträchtigt. Auf hoher See ist vor allem die Überfischung und Verschmutzung der Meere problematisch. An den Küsten findet ein starkes Bevölkerungswachstum statt. Bereits 23 % der Weltbevölkerung lebt nicht weiter 100 km von Küsten entfernt und unterhalb einer Höhe von 100m über dem Meeresspiegel. Die Bevölkerungsdichte ist dort dreimal höher als im Mittel über den besiedelten Landgebieten und 12 von weltweit 16 Städten mit mehr als 10 Mio. Einwohnern befinden sich dort.[1]
In Folge dessen breiten sich landwirtschaftliche Flächen, Aquakulturen, Industrie und Wohnungen aus. Oft ist der Tourismus dabei ein wichtiger Faktor. Die schnelle Urbanisierung hat viele Konsequenzen, z.B. die Umgestaltung von Küsten und Flussdeltas, den Bau von Wasserstraßen, Häfen, Pipelines, Mauern, Dämmen und Kanälen. Letztere Konstruktionen können die Zirkulation und damit den Süßwasser-, Sediment- und Nährstofftransport verändern. Beispielsweise kann Salzwasser so in Oberflächen- und Grundwasser eindringen. Auch Erosion an den Küsten und Überflutungen in Thailand, Indien, Vietnam und USA wurden der Degradation der Küstenökosysteme durch diese menschlichen Aktivitäten zugeschrieben.[1] Hinzu kommen die Entwässerung von Feuchtgebieten, Deforestation, Einleitung von Abwasser, Düngemitteln, Herbiziden und Antibiotika (aus Aquakulturen), der Abbau von Ressourcen wie Sand und Öl, die Fischerei und die Einfuhr fremder Arten.
Bislang waren all diese Einflüsse zusammen bedeutender als der anthropogene Klimawandel. Dies könnte sich in Zukunft jedoch ändern. Der Klimawandel gefährdet die marinen Ökosysteme in mehrfacher Weise: [2]
- durch die Erwärmung des Wassers. Viele Arten werden daraufhin ihr Verbreitungsgebiet anpassen oder aussterben, was sich über die Nahrungsnetze auf viele andere Arten auswirkt. In hohen Breiten wird zudem die Eisschmelze zu einer Bedrohung des Ökosystems an der Eiskante führen, welches zentral für das Nahrungsnetz in arktischen Breiten ist. An den Küsten stellt das Meereis zudem einen Schutz vor Erosion dar. Fehlt es, kann die Kraft der Wellen unmittelbar an der Küste angreifen. Auch können sich Krankheiten unter Meereslebewesen bei höheren Temperaturen stärker verbreiten.
- durch eine veränderte Zirkulation (klein- und großräumig). Die großen Wirbel der Ozean zirkulation bergen verschiedene Ökosysteme, die sich infolge des Klimawandels ihre Lage und Ausdehnung verändern. Außerdem wird die Schichtung des Wassers stabiler: Die Erwärmung findet an der Oberfläche statt, so dass das oberflächennahe Wasser sich schneller erwärmt als die unteren Wasserschichten. Somit wird der Dichteunterschied größer und die vertikale Vermischung des Ozeans wird geschwächt. Insbesondere in Gebieten, wo eine Aufwärtsströmung vorherrscht, die meist Nährstoffe vom Boden in die euphotische (lichtdurchflutete) Zone heranführt, kann dies eine Gefährdung der Nahrungszufuhr bedeuten. Außerdem können sich auch die Küstenlinien betroffen sein, indem die Zu- und Abfuhr von Sediment sich verändert. Außerdem entscheiden die Strömungen darüber, wieviel Wärme und Nährstoffe ausgetauscht werden.
- durch einen veränderten Salzgehalt. Besonders in hohen Breiten, wo die Eisschmelze zu einer Versüßung des Wassers führt, können so salzliebende Arten gefährdet werden.
- durch den Anstieg des Meeresspiegels. Dies bedeutet nicht nur eine Überschwemmung tief gelegener Küstengebiete, sondern auch eine verstärkte Erosion. Auch der Lebensraum von vielen Tierarten wird so bedroht, da die Ökosysteme an Küsten meist besonders artenreich sind. Beispielsweise würde ein Meeresspiegelanstieg von 0,5 m etwa 32% jener karibischen Strände, an denen Schildkröten ihre Eier legen, zerstören. Es muss im Fall von solchen konkreten Auswirkungen mit beachtet werden, dass der Meeresanstieg regional unterschiedlich sein wird, z.B. in der Arktis stärker als im globalen Mittel. Lokal sind bis zu 50 % mehr als im globalen Mittel möglich.
- durch die Versauerung des Meerwassers. Dies ist eine direkte Folge der erhöhten CO2-Konzentration und nicht der daraus resultierenden Klimaänderungen. Bis heute ist der pH-Wert bereits um 0,1 gesunken (was einen Anstieg der Konzentration von Hydrogencarbonat um 30 % bedeutet) und wird bis 2100 um weitere 0,3-0,4 sinken. Diese veränderte chemische Zusammensetzung des Wassers wird viele Organismen und Ökosysteme bedrohen, z. B. die Korallenriffe (siehe unten).
- durch einen veränderten Wellengang. Ozeanwellen entstehen fast immer durch den Wind an der Meeresoberfläche. Eine Veränderung der Stürme wird somit auch den Wellengang betreffen, z.B. indem hohe Wellen häufiger werden. Dies führt zu einer zusätzlichen Erosion von Küstengebieten. Modelle sagen voraus, dass die Intensität von Stürmen in tropischen und mittleren Breiten zunehmen wird. Für ihre Häufigkeit gilt dies jedoch nicht; dabei herrscht eine zu große Unsicherheit.
Trotz all dieser Auswirkungen ist es sehr schwierig, den Einfluss des Klimawandels in Beobachtungen heute schon nachzuweisen. Küstensysteme sind natürlicherweise sehr veränderbar, man denke nur an die permanente Umgestaltung von Stränden durch Stürme und Strömungen. Natürliche Klimaschwankungen, die zum Teil Jahrzehnte dauern können (z.B. NAO, ENSO oder das Auftreten von Hurrikanen), haben ebenso einen Einfluss. Genauso ist es schwierig, einzelne Einflüsse des Klimawandels in ihrer Bedeutung zu separieren.
Ein Beispiel für beide Herausforderungen ist die Erosion. In letzter Zeit zeigen die meisten Strände weltweit eine Erosion. Welchen Anteil der steigende Meeresspiegel, veränderte Windmuster, der Sedimentnachschub und andere Faktoren daran jeweils haben, ist aber unklar. Auch bei Prognosen für die Zukunft muss bedacht werden, dass solche komplexen Ökosysteme nicht-linear reagieren können. Das bedeutet, dass die Auswirkungen verschiedener Umwelteinflüsse nicht einfach zusammengezählt werden dürfen, sondern dass die Kombination verschiedener Stressfaktoren auch unvorhergesehene Folgen haben kann. Beispielsweise gibt es keinen einfachen und allgemein gültigen Zusammenhang zwischen dem Meeresspiegelanstieg und der horizontalen Verschiebung der Küstenlinie. So kommt es auch darauf an, wie das Sediment und das Land auf den Meeresspiegel und Stürme reagieren, im Fall von Kliffs zudem auf die Gesteinsart, die Temperatur, den Niederschlag und den Zyklus von Gefrieren und Auftauen.
Einfluss des Klimawandels auf Korallenriffe
Bei Korallen handelt es sich biologisch gesehen um Tiere, die in flachem Wasser am Grund des Ozeans festsitzen. Die so genannten Steinkorallen bilden durch Einlagerungen von Kalk Skelette, durch welche die Korallenriffe entstehen. Tropische Korallen leben in Symbiose mit Algen, die auf den Skeletten wachsen und so den Eindruck verleihen, es handle sich insgesamt um Pflanzen. Diese Korallenriffe sind geologisch gesehen sehr alt und wachsen nur langsam. Außerdem gibt es auch Kaltwasser-Korallen, die nicht mit Algen in Symbiose leben, sondern Nährstoffe aus herabsinkenden Partikeln extrahieren.
Die Korallenriffe in den warmen tropischen Meeren gelten neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde. 60 000 Arten sind bekannt, über 400 000 Arten werden vermutet. Korallenriffe beherbergen mehr als 25% der bekannten Meeresfische und sind damit eine wichtige Nahrungsquelle für viele Küstenbewohner. Sie sind außerdem ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im Tourismus vieler Länder und dienen dem Küstenschutz. Die weltweiten Riffareale werden auf 617 000 km2 geschätzt, die Ausdehnung der flachen, gut entwickelten Korallenriffe auf 255 000 km2, wovon 58% durch Überfischung und Verschmutzung, sowie anderer menschlicher Aktivitäten als gefährdet gelten. Als neuer Bedrohungsfaktor ist in jüngster Zeit der Klimawandel identifiziert worden. Dieser wirkt in dreifacher Weise auf die Korallenriffe ein: durch erhöhte Wassertemperaturen, durch die Versauerung des Wassers und durch veränderte Sturmintensitäten[3] Die Kaltwasserkorallen sind außerdem besonders anfällig gegen Strömungsänderungen, da die Nahrungszufuhr von der Ozeanzirkulation abhängt.
Es wird angenommen, dass der Anstieg des Meeresspiegels in den nächsten 100 Jahren keine oder nur eine geringe Bedrohung für die Riffe darstellt, da gesunde Riffe wahrscheinlich zu einem vertikalen Wachstum von bis zu 10 mm pro Jahr in der Lage sind. Wie das bei den zahlreichen bereits degradierten Riffen in den dichtbevölkerten Regionen Südostasiens, Ostafrikas und der Karibik aussieht, ist weniger klar.
Es ist auch hierbei nicht einfach, die Einflüsse des Klimawandels von anderen anthropogenen Einflüssen zu separieren. Schwankungen von pH-Wert, Sturmaktivität und Meerestemperaturen, die sich über Jahrzehnte erstrecken, erschweren es auch, den Einfluss des anthropogenen Klimawandels von natürlichen Schwankungen zu unterscheiden.
Einfluss steigender Wassertemperaturen
Die Temperatur des Oberflächenwassers in den tropischen Ozeanen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen, und es wird erwartet, dass sie bis 2100 um weitere 1-2 °C zunehmen wird. Viele Korallenriffe existieren bereits an oder nahe der Temperaturobergrenze. Eine weitere Erwärmung wird zunehmend lebensfeindliche Bedingungen schaffen.
Von vielen Wissenschaftlern wird die in jüngster Zeit beobachtete Korallenbleiche bereits als Folge der globalen Erwärmung gedeutet, denn für den Zusammenhang zwischen erhöhter Wassertemperatur und der Korallenbleiche gibt es inzwischen stichhaltige Beweise.[3] Üblicherweise kommt es zu einer Bleiche, wenn die Temperatur um mehr als 0,8 - 1 °C über den mittleren Sommerwerten liegt und diese Anomalie mindestens 4 Wochen lang anhält. Das Ausbleichen der Korallen entsteht dadurch, dass die symbiotisch auf der Oberfläche der Korallen lebenden Algen durch eine Temperaturerhöhung ihr lebenswichtiges Pigment, das Chlorophyll, verlieren und absterben. Zurück bleiben die weißen, bleichen Korallenstöcke, die bei längerem Anhalten dieses Zustandes ebenfalls absterben. Korallenbleiche kann außerdem auch durch verstärkte Sonnenstrahlung zustandekommen; weitere begünstigende Faktoren sind extrem niedrige Tiden, eine Absenkung des Salzgehaltes und Umweltbelastungen durch den Menschen. Diese Faktoren wirken in vielen Fällen zusammen. So kann eine extrem niedrige Ebbe das Korallendach stärker der Sonnnenstrahlung aussetzen, und die durch Umwelteinflüsse geschwächten oder erkrankten Korallen sind dem temperaturbedingten Ausbleichen schutzloser ausgesetzt.
In den letzten 20 Jahren war die Korallenbleiche häufig mit El Niño-Ereignissen gekoppelt, duch die die Meeresoberflächentemperatur um mehrere Grad Celsius über das normale Maximum angestiegen, in manchen Gebieten aber auch der Wasserspiegel deutlich abgesenkt war. Beispiellos war die Korallenbleiche 1998 in ausgedehnten Gebieten, die mit dem El Niño 1997/98 in Zusammenhang gebracht und als Vorzeichen künftiger Ereignisse bei einer weiteren Erwärmung gedeutet wurde. Die Korallenbleiche wurde aus insgesamt 32 Ländern und Inselstaaten berichtet, mit den Hauptgebieten im Pazifik, Indischen Ozean und der Karibik. Auch das australische Große Barrier-Riff war ernsthaft betroffen.[4] Einige Korallenarten konnten sich nach ein bis zwei Monaten wieder erholen, bei anderen war das nicht der Fall. In den Lagunen von Belize z.B. stieg 1998 die Temperatur des Wassers in 2-10 m Tiefe auf bis zu 31,5 °C (normalerweise werden selten 29 °C überschritten) und verursachte eine Korallenbleiche, wie es sie in den letzten 3000 Jahren nicht gegeben hat.[5] Diese und andere Befunde legen es nahe anzunehmen, dass bei einem weiteren Anstieg der Meeresoberflächentemperatur durch den menschenbedingten Treibhauseffekt das Phänomen der Korallenbleiche und des Korallensterbens in Zukunft noch ernstere Formen annehmen wird. Der prognostizierte Meerespiegelanstieg könnte dem aber auch entgegenwirken, zumal in einigen Gebieten wie vor der Westküste Thailands die Korallenbleiche primär in Folge der Meeresspiegelabsenkung durch den El Niño 1997/98 und der dadurch ermöglichten stärkeren Solarbestrahlung erklärt wurde.[6]
Einfluss der CO2-Emissionen
Da Korallenriffe einerseits große Mengen von Kalk akkumulieren, anderseits bei der Karbonatverwitterung aber auch Kohlenstoff freisetzen, sind sie eng in den Kohlenstoffkreislauf eingebunden. In jüngster Zeit ist viel diskutiert worden, ob eine Erhöhung der atmosphärischen und in deren Folge der im Meerwasser gelösten CO2-Konzentration sich negativ auf die Fähigkeit von Korallen zur Akkumulation von Kalk auswirken könnte. Die Bildung von Kalk hängt vom Sättigungsgrad des Kalziumcarbonat (CaCO3) im Meeresoberflächenwasser ab. In Meerwasser gelöstes Kohlendioxid reagiert nun aber mit Wasser und Kalziumkarbonat zu Hydrogenkarbonationen und Kalziumionen (CO2 + H2O + CaCO3 <-> 2HCO3- + Ca2+). Kohlendioxid entzieht also dem Meerwasser Kalziumkarbonat und beeinträchtigt damit die Kalzifizierung der Korallen. Da der Ozean bisher schon einen erheblichen Teil des anthropogen emittierten Kohlendioxids aus der Atmosphäre aufgenommen hat, müsste sich das schon auf die Kalkbildung ausgewirkt haben. Tatsächlich wird von manchen Forschern die Kalzifizierungsrate gegenwärtig auf 91% des vorindustriellen Wertes eingeschätzt und könnte danach auf 79% im Jahre 2065 und 73% im Jahre 2100 absinken.[7] Noch gibt es jedoch keine Daten, die ein verändertes Korallenwachstum an einem bestimmten Ort aufgrund von Versauerung nachweisen können.[3] Die wichtigsten Folgen einer geringeren Kalkbildung sind weichere Korallenskelette, geringere Wachstumsraten und eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Erosion. Und eine Reduzierung der Kalkakkumulation könnte sich auch auf die Fähigkeit der Riffe auswirken, bei einem steigenden Meeresspiegel in ausreichendem Maße vertikal mitzuwachsen.
Einfluss von Stürmen
Stürme beschädigen Korallen zum einen direkt durch die Kraft der Wellen, zum anderen indirekt aufgrund der Lichtschwächung durch aufgewirbeltes Sediment und dem Abrieb durch Sediment und abgebrochene Korallen. Eine Zusammenfassung von verschiedenen zwischen 1977 und 2001 in der Karibik erhobenen Daten zeigt, dass im Jahr nach einem Hurrikan ein Rückgang der Korallenbedeckung um 17 % zu verzeichnen war, ohne dass sich die Korallen innerhalb von 8 Jahren wieder erholten. Ein zweiter Hurrikan unmittelbar nach dem ersten hat dagegen einen geringeren Effekt.[3] Dies deutet darauf hin, dass die Stärke der Hurrikane einen größeren Einfluss auf die Korallen hat als ihre Häufigkeit. Gerade erstere könnte in Folge des Klimawandels aber zunehmen, wobei die Zukunft der Hurrikan-Statistik äußerst unsicher ist.
Ausblick
Wie also werden die tropischen Korallenriffe auf den Klimawandel im 21. Jahrhundert reagieren? Sicher ist nur, dass sie zu den empfindlichsten Ökosystemen zählen, so dass sie bereits bei einer globalen Erwärmung von 2 °C (welche z.B. von der EU als politisches Ziel formuliert wird) erheblichen Schaden nehmen könnten. Zu beachten ist aber, dass es beträchtliche Unterschiede in der Anfälligkeit und dem Regenerationsvermögen von Korallen gibt.
Eine Theorie besagt, dass sich Korallen ein Stück weit an eine steigende Temperatur anpassen können, indem sie mit anderen Algenarten in Symbiose leben, welche bei höheren Temperaturen noch existieren können.[2] Rein theoretisch könnten sich in Folge des Klimawandels auch Korallen in größerer Entfernung zum Äquator neu ansiedeln. In wieweit diese Anpassungsmechanismen in der Realität greifen werden ist jedoch extrem unsicher. Ein Grund dafür ist, dass zur erhöhten Temperatur noch alle anderen Stressfaktoren (durch Klimawandel, andere menschliche Aktivitäten und natürliche Schwankungen) hinzukommen. Die Ursachen des Korallensterbens sind zudem von Ort zu Ort verschieden wichtig. Während in der Karibik vor allem Krankheiten, Pflanzenfresser und Hurrikane von Bedeutung sind, werden die pazifischen Korallen von zu hohen Temperaturen bedroht, vor allem in El-Nino-Jahren.[2] Neben einem erfolgreichen globalen Klimaschutz sind daher auch andere umweltpolitische Maßnahmen von Bedeutung, um die Korallenriffe zu schonen.
Einfluss des Klimawandels auf Meeresfische, Meeressäuger und Meeresvögel
Meeresfische
Von 1987 bis 1996 lagen die Fangergebnisse von Fischen in den Weltmeeren bei durchschnittlich 74,5 Millionen t pro Jahr. Fluktuationen bei den Quoten einiger der wichtigsten kommerziellen Arten wie Hering, Makrele, Heilbutt und Thunfisch werden häufig auf die Überfischung mit modernster Ausrüstung zurückgeführt. Neben anderen Faktoren wie das Räuber-Beute-Verhältnis haben jedoch auch Klimaschwankungen eine wichtige Auswirkung auf die Fischbestände.[8] Das Klima beeinflusst zahlreiche für die Meeresfische entscheidenden Faktoren wie die Wassertemperatur, die Eisverteilung, den Salzgehalt, die Verfügbarkeit von Nahrung usw. Trotz der Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren kommt der Wassertemperatur dabei die entscheidende Rolle zu, da sie direkt die Laichzeit, das Aufwachsen der Jungfische und die Produktionsrate der Nahrung bestimmt. So zeigte sich beim Kabeljau in der Nordsee, der hier an der Südgrenze seines Verbreitungsgebietes auf der Nordhalbkugel vorkommt, parallel mit der Erwärmung des Meereswassers seit 1988 auch ein Rückgang der Fangergebnisse, die wiederum in einem Jahr mit kühleren Temperaturen wie 1996 wieder besser ausfielen.[9] Eine auffällige Parallele zwischen Kabeljaufischerei und Temperaturentwicklung weisen auch die Fangergebnisse vor West-Grönland auf. Ebenso erwiesen sich zwischen den Ergebnissen der japanischen und kalifornischen Sardinenfänge und den Schwankungen des Klimas im Nordpazifischen Raum aufällige Parallelen im Dekaden-Bereich. Und während der El Niño- und La Niña-Ereignisse der letzten Jahrzehnte verlagerten sich mit der Temperatur der Meeresoberfläche auch die Hauptfanggebiete von Thunfisch im tropischen Pazifik.[10]
Auch wenn es schwierig ist, die Folgen von Überfischung und von klimabedingten Änderungen im Einzelfall zu trennen, kann man davon auszugehen, dass der Fischbestand der Weltmeere auch von klimatischen Veränderungen abhängt. Das bedeutet, dass auch eine künftige Änderung bei den Meerestemperaturen durch den menschenbedingten Treibhauseffekt Folgen für den Fischbestand und die Fangergebnisse haben wird. Welche Folgen zu erwarten sind, lässt sich mit Einschränkung aus den El Niño-Ereignissen im Südpazifik ableiten, bei denen das erwärmte Oberflächenwasser vor der peruanischen Küste die Phytoplanktongemeinschaften so veränderte, dass die Sardellenbestände stark zurückgehen. Eine allgemein steigende Meeresoberflächentemperatur könnte in Einzelfällen auch Arten in anderen Regionen negativ beeinflussen. So könnte sich der Rotlachs ganz aus dem Nordpazifik auf das Bering-Meer zurückziehen. Allerdings sagen einige Modelle eine Intensivierung des Alëuten-Tiefs und damit eine Abkühlung des Meerwassers voraus, was den Lachsbestand im Nordpazifik eher erhöhen könnte. Dieses Beispiel zeigt, dass die Klimamodelle z. Zt. noch keine gesicherten Prognosen über die regionalen Folgen des Klimawandels auf die Fischerei erlauben.
Meeressäuger und -vögel
Problematische Folgen bei einer weiteren Erwärmung werden vor allem für marine Säugetiere in höheren Breiten erwartet. Ein Rückzug des arktischen und antarktischen Meereises gefährdet z.B. die Ernährung von Eisbären und bedroht die des Blauwals und des weitverbreiteten Adéliepinguins. Die Randregionen des Meereises sind der wichtigste Lebensraum für die arktische Pflanzen- und Tierwelt. An der Unterseite der Eisschollen existieren einzellige Algen, von denen wenige Zentimeter lange Krebse leben, die als Futter u.a. für den Polardorsch dienen, der die Hauptnahrungsquelle für die Ringelrobbe darstellt. Für Eisbären sind die Eisrandregionen das natürliche Jagdrevier, in dem sie auf Robbenfang gehen. Bei einem Rückzug der Eisbedeckung nach Norden werden die Lebens- und Aufzuchtmöglichkeiten der Ringelrobbe, des wichtigsten Beutetieres der Eisbären, deutlich eingeschränkt. Als besonders kritisch gilt in dieser Hinsicht die Situation in der Hudson Bay, wo die Eisbären bereits heute an der Hungergrenze leben. Bei einer weiteren Erwärmung mit saisonaler Verkürzung des Eisvorkommens und Reduzierung der Eisbedeckung ist eine erfolgreiche Aufzucht der Jungtiere nicht mehr gewährleistet.[11]
Auch der antarktische Krill, ein ca. sechs Zentimeter großer Krebs, lebt zu einem großen Teil vom Phytoplankton an der Unterseite des Meereises. Vom Krill als Nahrungsquelle sind viele Wal-, Robben-, Fisch- und Vogelarten nahezu vollständig abhängig, u.a. auch der Blauwal. Seit den siebziger Jahren ist ein deutlicher Rückgang der antarktischen Meereisbedeckung beobachtet worden und als Folge ebenso eine deutliche Verringerung der Krillbestände. Als Konsequenz haben auch die Bestände der Jungvögel des Adéliepinguins seit 1987 um 30% abgenommen.[12] Auch der Blauwal ist in hohem Maße vom Krill abhängig und gilt bei einer weiteren Erwärmung des arktischen Meerwassers als gefährdet.
Aquakulturen
30% der Fischproduktion für den menschlichen Konsum entstammten 1997 der Aquakultur. Es wird erwartet, dass der Aufwärtstrend der Fischzucht, auch für die Produktion von Fischmehl und Fischöl, in Zukunft anhalten wird. Der Klimawandel wird wahrscheinlich sehr gegensätzliche Folgen für die Aquakultur haben. In mittleren und hohen Breiten werden Luft- und Wassertemperatur ansteigen und damit die Zuchtsaison verlängern und die Fischproduktion steigern. Andererseits haben höhere Temperaturen einen negativen Einfluss auf den gelösten Sauerstoff im Wasser und begünstigen die Verbreitung von Krankheitserregern und die Algenblüte. Auch der erwartete Anstieg von Extremereignissen wie Stürmen, Überflutungen und Trockenperioden wird die Produktion möglicherweise negativ beeinflussen.[10]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", Chapter 6: Coastal systems and low-lying areas.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", Chapter 4: Ecosystems, their properties, goods and services.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", 1.3.4.1 (PDF-Datei).
- ↑ International Society for Reef Studies, ISRS (1998): Coral Bleaching - a Global Concern, Reef Encounter 24, 19-20
- ↑ Aronson, R.B., W.F. Precht, I.G. Macintyre and T.J.T. Murdoch (2000): Ecosystems: Coral bleach-out in Belize, Nature 405, 36
- ↑ Brown, B.E., R.P. Dunne, M.S. Goodson, A.E. Douglas (2000): Marine ecology: Bleaching patterns in reef corals, Nature 404, 142-143
- ↑ Kleypas, J.A., R.W. Buddemeier, D. Archer, J.-P. Gattuso, C. Langdon, and B.N. Opdyke (1999): Geochemical Consequences of Increased Atmospheric Carbon Dioxide on Coral Reefs, Science 284, 118-120; Leclercq, N.L., J.E.A.N.-Pierre Gattuso and J.E.A.N. Jaubert (2000): CO2 partial pressure controls the calcification rate of a coral community, Global Change Biology 6, 329 -334
- ↑ Westernhagen, H.v. (1998): Klima und Fischerei, in: Lozán, J.L., Graßl, H., Hupfer, P. (1998): Warnsignal Klima. Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, S.286-291
- ↑ O'Brien, C. M., C. J. Fox, B. Planque, J. Casey (2000): Climate variability and North Sea cod, Nature 404, 142
- ↑ 10,0 10,1 IPCC (2001): Climate Change 2001: Impacts, Adaption, and Vulnerability. Contribution of the Working Group II to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge and New York 2001, 6.3.4.
- ↑ Gradinger, R. (1998): Natürliche und anthropogene Veränderungen im arktischen marinen Ökosystem, in: Lozán, J.L., Graßl, H., Hupfer, P. (1998): Warnsignal Klima. Wissenschaftliche Fakten, Hamburg 1998, S.277-280; Hansell, R.J.C., J.R. Malcolm, H. Welch, R. L. Jefferies and P.A. Scott (1998): Atmospheric Change and Biodiversity in the Arctic, Environmental Monitoring and Assessment 49, 303-325
- ↑ Loeb, V., V.Siegel, O.Holm-Hansen, R.Hewitt, W.Fraser, W.Trivelpiece, S.Trivelpiece (1997): Effects of sea-ice extent and krill or salp dominance on the Antarctic food web, Nature387, 897 - 900
Siehe auch
- Kohlenstoff im Ozean
- Versauerung der Meere
- Folgen des Meeresspiegelanstiegs
- Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme
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