2023 - das wärmste Jahr: Unterschied zwischen den Versionen
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Die längerfristigen Temperaturveränderungen über Jahrzehnte werden zunehmend durch den steigenden Gehalt anthropogener [[Treibhausgase]] in der Atmosphäre bestimmt. Der CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre liegt inzwischen bei 420 ppm, die Methan-Konzentration bei 1920 ppb und die Disticksoff-Konzentration bei fast 337 ppb, mit langfristig unveränderten Steigerungsraten.<ref>NOAA - Global Monitoring Laboratory (2023): [https://gml.noaa.gov/ccgg/trends/ Carbon Cycle Greenhouse Gases]</ref> In den Schwankungen von Jahr zu Jahr dagegen zeigen sich natürliche Einflussfaktoren, vor allem durch das [[ENSO]]-System (Abb. 4). | |||
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Das bisher wärmste Jahr, 2016, war durch einen starken [[ENSO|El Niño]], der die warme Phase von ENSO im östlichen tropischen Pazifik darstellt, beeinflusst. Ab 2020 dominierte eine längere La Niña, die kühle Gegenphase zum warmen El Niño.<ref name="WMO 2023">World Meteorological Organization, WMO (2023): [https://library.wmo.int/index.php?lvl=notice_display&id=22265#.ZETuTM7P2Un State of the global climate 2022]</ref> Als Folge stiegen die Temperaturen ab 2021 nicht weiter an. Auch in den ersten Monaten des Jahres 2023 herrschten noch die kühlen La-Niña-Bedingungen aus den beiden vorangehenden Jahren vor. Ab Mitte des Jahres kam es jedoch durch einen neuen El Niño zu höheren Wassertemperaturen im Pazifik, die sich um einige Monate verzögert dann auch auf die globalen Temperaturen auswirkten. Gegenüber früheren Jahren trat der El Niño 2023 ungewöhnlich früh auf.<ref name="Rohde 2024" /> | |||
Dann befindet sich der 11-jährige Solarzyklus in einer positiven Phase. Weiterhin hat es im Januar 2022 den ungewöhnlichen untermeerischen Vulkanausbruch des Hunga Tonga gegeben, bei dem sehr viel Wasserdampf in die Stratosphäre gelangt ist, aber nur wenige Sulfat-Aerosole entstanden. Und schließlich wurden 2020 durch ein internationales Abkommen die Schwefeldioxid-Emissionen durch den Schiffsverkehr um 8,5 Mio. t pro Jahr auf 2,5 Mio. t reduziert, was eine abrupte Abnahme der globalen SO<sub>2</sub>-Emissionen um 10% bedeutete.<ref name="Hausfather 2023">Hausfather, Z., Carbon Brief (2023): [https://www.carbonbrief.org/state-of-the-climate-global-temperatures-throughout-mid-2023-shatter-records/ State of the climate: Global temperatures throughout mid-2023 shatter records]</ref><ref>Hausfather Z, Forster P. 2023. Analysis: [https://www.carbonbrief.org/analysis-how-low-sulphur-shipping-rules-are-affecting-global-warming/ How low-sulphur shipping rules are affecting global warming]. Carbon Brief</ref> | |||
Die Wirkung von Aerosolen reicht jedoch über die Maßnahme beim Schiffsverkehr weit hinaus. Durch menschliche Aktivitäten ist es im 20. Jahrhundert zunächst zu einer sich verstärkenden Emission von [[Aerosole]]n, und zwar besonders von [[Sulfataerosole|SO<sub>2</sub>-Aerosolen]], gekommen. Das hat dazu geführt, dass die globale Erwärmung abgeschwächt wurde, weil Aerosole durch die Reflektion von Sonnenstrahlung und die Förderung der Wolkenbildung eine Abkühlung bewirkten. Seit den 2000er Jahren hat die Luftreinhaltepolitik in zahlreichen Staaten jedoch dazu geführt, dass die SO<sub>2</sub>-Emissionen auch global zurückgegangen sind, in manchen Regionen wie Europa und Nordamerika auch schon seit den 1970er und 1980er Jahren. Die Folge war eine Verringerung des Abkühlungseffekts durch Aerosole, wodurch sich die Erwärmung durch die zunehmenden Treibhausgase ungehinderter bemerkbar machen konnte. Nach Jenkins et al. (2022) hat sich dadurch die Zunahme der globalen Mitteltemperatur von 0,18 °C/Jahrzehnt in den 2000er Jahren auf 0,35 °C/Jahrzehnt in den 2010er Jahren fast verdoppelt.<ref name="Jenkins 2022">Jenkins, S., R. Grainger, A. Povey, A. Gettelman, P. Stier and M. Allen (2022): [https://doi.org/10.1175/JCLI-D-22-0081.1 Is Anthropogenic Global Warming Accelerating?], J. Climate, 1–43</ref> | |||
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Version vom 15. Januar 2024, 12:04 Uhr
Atmosphäre
2023 ist das wärmste Jahr, seit es ausreichend Daten für die Bestimmung der globalen Mitteltemperatur gibt, d.h. seit 1850. Die globale Mitteltemperatur lag nach dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union Copernicus Climate Change Service (C3S) mit 1,48 °C über der vorindustriellen Periode 1850-1900 nur noch knapp unter der 1,5-Grad-Grenze, die nach dem Klimaabkommen von Paris (2015) im 21. Jahrhundert längerfristig (d.h. als Mittel einer Periode von 20 Jahren[1]) nicht überschritten werden sollte, um einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. Und 2023 übertraf mit 0,17 °C deutlich das bisher wärmste Jahr 2016.[2] Die Daten des kalifornischen Instituts Berkeley Earth[3] zeigen sogar mit 1,54 °C eine Überschreitung der 1,5-Grad-Marke, während das britische Hadley Centre ähnlich wie das C3S mit 4,6 °C knapp darunter liegt.[4]
Nach einem kühlen Beginn aufgrund vorherrschender La-Nina-Bedingungen war jeder Monat des Jahres 2023 von Juni bis Dezember der wärmste je gemessene Monat seit 1850. Juli und August lagen um 0,3 °C über dem jeweils früheren Rekord-Monat, der September sogar um 0,5 °C. Einen solchen Abstand zu früheren Rekord-Monaten wie im September hatte es noch nie gegeben. Bei den absoluten Temperaturen lag der Juli 2023 zum ersten Mal über der 17-Grad-Marke.[4] Besonders warm waren die Monate September bis Dezember, in denen bis auf sehr wenige Ausnahmen sich alle Tage um mehr als 1,5 °C gegenüber den vorindustriellen Vergleichstagen erwärmt hatten. Auf das gesamte Jahr 2023 bezogen galt das für fast die Hälfte aller Tage (Abb.).[2]
Land und Ozean
Nicht nur die globalen Temperaturen, sondern auch die Mitteltemperatur von Land und Ozean übertrafen 2023 alle früheren Jahre, die Landgebiete mit über zwei Grad Celsius (2.1 °C) und die Temperaturen über dem Ozean mit mehr als einem Grad (1,1 °C). Die Landtemperaturen waren damit um 0,13 °C höher als in dem früheren Rekordjahr 2020.[3] Besonders hohe Temperaturen wurden über Mittel- und Südamerika sowie Teilen von Asien registriert. Insgesamt wurden in 77 Ländern Rekordtemperaturen erreicht und ebenso auf einem Gebiet, auf dem 2,3 Milliarden Menschen bzw. 29% der Weltbevölkerung leben.[4]
Meeresoberflächentemperaturen und Ozeanerwärmung
Auch die Meeresoberflächentemperaturen erreichten 2023 Rekordwerte und waren zum ersten Mal über 1 °C wärmer als das vorindustrielle Mittel. In der zweiten Jahreshälfte lagen die Meeresoberflächentemperaturen um mehr als einen halben Grad über dem Mittel von 1981-2020. Der Monat mit dem größten Abstand vom Mittel 1981-2020 war der September mit 0,67 °C.[5] Normalerweise wird die höchste Meeresoberflächentemperatur im März gemessen, was mit der größeren Wassermasse auf der Südhalbkugel im Vergleich zur Nordhemisphäre zusammenhängt, und nimmt dann ab. 2023 stieg die Temperatur an der Wasseroberfläche dagegen ab Mai wieder an und erreichte einen Rekordwert im August von über 21 °C, womit der August 2023 mit Abstand der wärmste je gemessene Monat war (Abb.).[6] Besonders hohe Werte wurden im Nordatlantik und Nordpazifik gemessen, aber auch in der ENSO-Region des tropischen Pazifiks. Neben den Meeresoberflächentemperaturen zeigte aber auch der tiefere Ozean bis 2000 m die stärkste Erwärmung seit Beginn der Messungen.[5] Die zusätzliche Wärme durch anthropogene Treibhausgase in der Atmosphäre wird zu 93% vom Ozean aufgenommen, zweidrittel davon in den oberen 700 m.[4] Von 2019 bis 2023 übertraf die Erwärmung bis 2000 m Tiefe jedes Jahr die Temperaturen des vorhergehenden Jahres.[5]
Erklärungen
Die längerfristigen Temperaturveränderungen über Jahrzehnte werden zunehmend durch den steigenden Gehalt anthropogener Treibhausgase in der Atmosphäre bestimmt. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre liegt inzwischen bei 420 ppm, die Methan-Konzentration bei 1920 ppb und die Disticksoff-Konzentration bei fast 337 ppb, mit langfristig unveränderten Steigerungsraten.[7] In den Schwankungen von Jahr zu Jahr dagegen zeigen sich natürliche Einflussfaktoren, vor allem durch das ENSO-System (Abb. 4).
Das bisher wärmste Jahr, 2016, war durch einen starken El Niño, der die warme Phase von ENSO im östlichen tropischen Pazifik darstellt, beeinflusst. Ab 2020 dominierte eine längere La Niña, die kühle Gegenphase zum warmen El Niño.[8] Als Folge stiegen die Temperaturen ab 2021 nicht weiter an. Auch in den ersten Monaten des Jahres 2023 herrschten noch die kühlen La-Niña-Bedingungen aus den beiden vorangehenden Jahren vor. Ab Mitte des Jahres kam es jedoch durch einen neuen El Niño zu höheren Wassertemperaturen im Pazifik, die sich um einige Monate verzögert dann auch auf die globalen Temperaturen auswirkten. Gegenüber früheren Jahren trat der El Niño 2023 ungewöhnlich früh auf.[3]
Dann befindet sich der 11-jährige Solarzyklus in einer positiven Phase. Weiterhin hat es im Januar 2022 den ungewöhnlichen untermeerischen Vulkanausbruch des Hunga Tonga gegeben, bei dem sehr viel Wasserdampf in die Stratosphäre gelangt ist, aber nur wenige Sulfat-Aerosole entstanden. Und schließlich wurden 2020 durch ein internationales Abkommen die Schwefeldioxid-Emissionen durch den Schiffsverkehr um 8,5 Mio. t pro Jahr auf 2,5 Mio. t reduziert, was eine abrupte Abnahme der globalen SO2-Emissionen um 10% bedeutete.[9][10]
Die Wirkung von Aerosolen reicht jedoch über die Maßnahme beim Schiffsverkehr weit hinaus. Durch menschliche Aktivitäten ist es im 20. Jahrhundert zunächst zu einer sich verstärkenden Emission von Aerosolen, und zwar besonders von SO2-Aerosolen, gekommen. Das hat dazu geführt, dass die globale Erwärmung abgeschwächt wurde, weil Aerosole durch die Reflektion von Sonnenstrahlung und die Förderung der Wolkenbildung eine Abkühlung bewirkten. Seit den 2000er Jahren hat die Luftreinhaltepolitik in zahlreichen Staaten jedoch dazu geführt, dass die SO2-Emissionen auch global zurückgegangen sind, in manchen Regionen wie Europa und Nordamerika auch schon seit den 1970er und 1980er Jahren. Die Folge war eine Verringerung des Abkühlungseffekts durch Aerosole, wodurch sich die Erwärmung durch die zunehmenden Treibhausgase ungehinderter bemerkbar machen konnte. Nach Jenkins et al. (2022) hat sich dadurch die Zunahme der globalen Mitteltemperatur von 0,18 °C/Jahrzehnt in den 2000er Jahren auf 0,35 °C/Jahrzehnt in den 2010er Jahren fast verdoppelt.[11]
Einzelnachweise
- ↑ Betts, R.A., S.E. Belcher, L. Hermanson et al. (2023): Approaching 1.5 °C: how will we know we’ve reached this crucial warming mark? Nature, 1. December 2023
- ↑ 2,0 2,1 Copernicus Climate Change Service (2024): Global Climate Highlights 2023
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Rohde, R. (2024): Global Temperature Report for 2023
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Hausfather, Z., Carbon Brief (2024): State of the Climate: 2023 smashes records for surface temperature and ocean heat
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Cheng, L., J. Abraham, K.E. Trenberth et al. (2024): New Record Ocean Temperatures and Related Climate Indicators in 2023, Advances in Atmospheric Siences
- ↑ Climate Reanalyzer (2024): Daily Sea Surface Temperature
- ↑ NOAA - Global Monitoring Laboratory (2023): Carbon Cycle Greenhouse Gases
- ↑ World Meteorological Organization, WMO (2023): State of the global climate 2022
- ↑ Hausfather, Z., Carbon Brief (2023): State of the climate: Global temperatures throughout mid-2023 shatter records
- ↑ Hausfather Z, Forster P. 2023. Analysis: How low-sulphur shipping rules are affecting global warming. Carbon Brief
- ↑ Jenkins, S., R. Grainger, A. Povey, A. Gettelman, P. Stier and M. Allen (2022): Is Anthropogenic Global Warming Accelerating?, J. Climate, 1–43
Weblinks
- Klimadaten der amerikanischen Wetterbehörde NOAA
- Klimadaten der NASA
- Klimadaten des Hadley Centre (GB)
- Klimadaten von Berkeley Earth
Bildergalerie zum Thema
- Bilder zu: Klimaänderungen global (Bilder)
Lizenzhinweis
Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. |