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Version vom 31. Juli 2013, 14:45 Uhr
Klimaprojektionen und Klimavorhersagen
Welche klimatischen Verhältnisse auf der Erde am Ende dieses Jahrhunderts herrschen werden, vermag niemand vorherzusagen. Die Klimaforschung entwirft Szenarien von möglichen Klimazuständen in ca. 100 Jahren und mehr, die weit voneinander abweichen. So könnte hiernach gegen Ende des 21. Jahrhunderts die globale Mitteltemperatur zwischen 1,4 und 6,4 °C über der vorindustriellen liegen. Solche Entwürfe werden als „Klimaprojektionen“ bezeichnet. Sie beruhen auf Computermodellrechnungen, die wiederum auf verschiedenen Szenarien künftiger Treibhausgasemissionen durch menschliche Aktivitäten oder deren Wirkungen auf den Strahlungshaushalt der Atmosphäre basieren. Neben globalen Projektionen sind heutige Klimamodelle auch in der Lage, regionale Projektionen zu simulieren.
Für den Bedarf zahlreicher gesellschaftlicher Sektoren sind Klimaprojektionen jedoch unbefriedigend. Sie beziehen sich meistens auf eine zu ferne Zukunft und geben keine Auskunft über die tatsächlichen Klimaverhältnisse, da sie nicht nur die wirkliche Emissionsentwicklung der Treibhausgase nicht kennen, sondern auch die natürlichen Klimaschwankungen nicht berücksichtigen. Im Küstenschutz, im Wassermanagement, im Gesundheitssektor oder in der Landwirtschaft ist man dagegen daran interessiert zu wissen, wie das Klima sich über die nächsten Jahre oder allenfalls zwei bis drei Jahrzehnte tatsächlich entwickeln wird. In einem Punkt ist eine Vorhersage für die nächsten zwei oder drei Jahrzehnte ziemlich unproblematisch: Die verschiedenen Emissionsszenarien unterscheiden sich für diesen nahen Zeitraum kaum voneinander und driften erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts stärker auseinander. Insofern ist die künftige Klimaänderung durch anthropogene Treibhausgase für die nächsten ca. zwei bis drei Jahrzehnte bekannt. Nicht bekannt ist die Veränderung dieser Klimaentwicklung durch den Einfluss natürlicher Faktoren, sowohl der externen Antriebe wie die Sonneneinstrahlung oder Vulkanausbrüche als auch der internen Variabilität.
Externe Antriebe und interne Klimaschwankungen
Die externen Antriebe sind sehr schwer abzuschätzen, spielen aber eine untergeordnete Rolle. Von der Sonneneinstrahlung kennt man den 11jährigen Schwabe-Zyklus, nicht aber den längerfristigen Trend über mehrere Zyklen hinweg. Historische Vergleiche lassen jedoch einen nur geringen Einfluss annehmen. So wird die Zunahme der Solarstrahlung seit der Kleinen Eiszeit auf 0,12 % geschätzt, was einem Strahlungsantrieb von 0,3 W/m2 entspricht. Der anthropogene Strahlungsantrieb durch langlebige Treibhausgase beträgt dagegen seit Beginn der Industrialisierung 2,6 W/m2.[1] Der Temperaturunterschied zwischen dem Höhepunkt der Kleinen Eiszeit, dem Maunder Minimum, und der Klima-Periode 1961-1990 betrug weniger als 0,5 °C.[2] Entsprechend dem Trend der letzten Jahrzehnte wird für die nächsten Jahrzehnte eher eine Abnahme der Solarstrahlung angenommen. Falls die Sonnenaktivität bis zum Ende des Jahrhunderts auf das Niveau der Kleinen Eiszeit zurückgehen sollte, wird jedoch nicht mehr als ein Einfluss von -0,1 °C erwartet.[3]
Noch weniger ist mit einem längerfristigen Einfluss von Vulkanausbrüchen auf die Klimaentwicklung des 21. Jahrhunderts zu rechnen. Explosive Vulkanausbrüche wie etwa der des Mt. Pinatubo von 1991 können zwar durch die Emission von Aerosolen zu einem Temperaturabfall von -0,3 °C im darauf folgenden Jahr führen.[4] Die Wirkung hält jedoch nur wenige Jahre an.
Man kann daher davon ausgehen, dass die globale Erwärmung der nächsten Jahrzehnte durch den Anstieg anthropogener Treibhausgase in erster Linie durch interne Klimaschwankungen beeinflusst wird, die im Klimasystem selbst entstehen, z.B. durch Wechselwirkungen in den Subsystemen (Atmosphäre, Ozean, Biosphäre usw.) oder zwischen den Subsystemen. Von besonderer Bedeutung sind die Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre, da sie sich auf ähnlichen Zeitskalen bewegen wie der anthropogene Klimawandel. Sie können daher diesen maskieren und schwer erkennbar machen. Sie werden möglicherweise aber auch selbst durch den Klimawandel beeinflusst. Bekannte Beispiele sind das ENSO-Phänomen im Pazifik, die Nordatlantische Oszillation (NAO), die Atlantische Multidekadische Oszillation (AMO) und die meridionale Umwälzzirkulation im Atlantikraum (MOC). Der Einfluss solcher Schwankungen zeigt sich z.B. in der atlantischen Hurrikan-Aktivität, im Niederschlag in der Sahelzone und in den europäischen Temperaturen.[5]
Falls die natürlichen Klimaschwankungen verstanden und in Klimamodellen abgebildet werden können, wäre es auch möglich, für die nächsten Jahrzehnte (bis maximal zur Jahrhundertmitte) weitgehend verlässliche Vorhersagen über die tatsächliche Klimaentwicklung abzugeben.[5]
Einzelnachweise
- ↑ IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.7.1.2
- ↑ G. Foster and S. Rahmstorf (2011): Global temperature evolution 1979–2010, Environ. Res. Lett. 6, doi:10.1088/1748-9326/6/4/044022
- ↑ Jones, G. S., M. Lockwood, and P. A. Stott (2012): What influence will future solar activity changes over the 21st century have on projected global near-surface temperature changes?, Journal of Geophysical Research, 117, D05103, doi:10.1029/2011JD017013
- ↑ Soden, B. J., R. T. Wetherald, G. L. Stenchikov, and A. Robock (2002): Global cooling after the eruption of Mount Pinatubo: A test of climate feedback by water vapor. Science, 296, 727-730
- ↑ 5,0 5,1 Mojib Latif, Noel S. Keenlyside (2011): A perspective on decadal climate variability and predictability Deep Sea Research Part II: Topical Studies in Oceanography 58, 1880-1894
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