Gletscher in den tropischen Anden: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 18. Januar 2013, 10:07 Uhr

In den tropischen Anden befinden sich mehr als 99 % aller tropischen Gletscher. Davon liegen 71 % in Peru, 20 % in Bolivien, 4 % in Ecuador und 4 % in Kolumbien und Venezuela. Die gesamte Fläche der Gletscher in den tropischen Anden wird auf 1920 km2 geschätzt.[1] Die Erwärmung in den Anden ist von ähnlichem Ausmaß wie in der Arktis, aber die Konsequenzen betreffen eine wesentlich höhere Bevölkerung. Denn wichtige Anden-Länder wie Bolivien und Peru hängen in der trockenen Jahreszeit in hohem Maße vom Wasser der Gletscher ab.[2]

Lage

70 % der tropischen Andengletscher liegen in Peru. Sie sind zugleich die am besten untersuchten tropischen Gletscher. Die ausgedehnteste tropische Vergletscherung in der Welt findet sich in der Cordillera Blanca. In Bolivien gibt es Vergletscherungen in der Cordillera Occidental, der Cordillera Oriendental und der Cordillera Real. Die Gletscher in Ecuador liegen zum einen in der Cordillera Occidental und zum anderen in der Cordillera Oriental. [2] In den Kolumbischen Anden finden sich noch sechs Bergregionen mit Gletschern. Davon ist die Sierra Nevada de Santa Marta die nördlichste Region mit tropischen Gletschern in Südamerika. Das größte zusammenhängende Gletschergebiet Kolumbiens befindet sich in der Sierra Nevada del Cocuy im Nordwesten Kolumbiens.[3] Ein kleineres Gletschervorkommen findet sich außerdem in dem Pico Bonpland Massif im westlichen Venezuela.

Klimaänderungen

In den höheren Lagen der tropischen Anden, d.h. in den Höhen, in denen sich die Mehrzahl der Gletscher befinden, ist der Temperaturanstieg über das 20. Jahrhundert auf 1,1 °C geschätzt worden.[1] Dabei haben sich vor allem die Minimumtemperaturen erhöht. Die kalten Nächte sind wärmer geworden, und die extrem kalten Nächte haben in der Anzahl abgenommen.[2] Das führte dazu, dass die Gleichgewichtslinie zwischen Zehr- und Nährgebiet in den inneren Tropen um 60 m und in den äußeren Tropen um 160 m angestiegen ist. Neben der allgemeinen Erwärmung spielen El-Niño- und La-Niña-Ereignisse mit beschleunigenden bzw. verzögernden Effekten eine Rolle.[1] Während El-Niño-Jahren zeigen die tropischen Anden im Mittel im Sommer eine um 0,7-1,3 °C höhere Bodentemperatur als in La-Niña-Jahren. Analysen des Niño-3-Index zeigen, dass eine Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur des östlichen tropischen Pazifik um 1 °C die Frostgrenze um 76 m anhebt.[2]

Die Änderungen der Niederschläge sind weniger eindeutig. Nördlich von 11°S gibt es in Ecuador, Nord- und Mittel-Peru eine Niederschlagserhöhung, im südlichen Peru und entlang der peruanisch-bolivianischen Grenze dagegen eine Niederschlagsabnahme. Allgemein lässt sich sagen, dass die inneren Tropen feuchter und die äußeren Tropen (Subtropen) trockener werden. Dieser Trend kann durch eine Intensivierung der Hadley-Zirkulation erklärt werden. Einerseits wird der aufsteigende Ast der Hadley-Zelle kräftiger, wodurch es zu mehr konvektiven Niederschlägen kommt. Andererseits verstärkt sich der absteigende Ast, wodurch Niederschlag und Wolkenbedeckung abnehmen. Dadurch werden die äquatornahen Tropen feuchter und die Subtropen wolkenärmer und trockener. Auch bei den Niederschlägen spielen durch ENSO bedingte Schwankungen eine wichtige Rolle. In El-Niño-Jahren sind nicht nur die Temperaturen höher; auch der Himmel ist klarer, und es fallen weniger Niederschläge.[2]

Gletscherrückgang

In den letzten 1000 Jahren zeigten die Gletscher der tropischen Anden ihre größte Ausdehnung während der Kleinen Eiszeit. Die Temperaturen lagen in dieser Zeit in Kolumbien um 3 °C, in den anderen Gletschergebieten um 0,8-1,5 ° C über den heutigen Werten. Wichtiger für das Wachstum der Gletscher in der Kleinen Eiszeit als die höheren Temperaturen waren jedoch die höheren Niederschläge, die 20-30 % über denen der Gegenwart lagen. Mit dem 19. Jahrhundert begann ein stetiger Rückzug der Gletscher, der in den jüngsten Jahrzehnten deutlich an Tempo zunahm. Der Grund lag vor allem in den trockeneren Bedingungen seit etwa 1800, die bis ins 20. Jahrhundert anhielten. Anders als die Gletscher der mittleren und höheren Breiten zeigten die tropischen Anden-Gletscher daher keinen Vorstoß in der Mitte des 19. Jahrhunderts, verhielten sich aber sonst im Großen und Ganzen ähnlich wie jene.[1]

Wesentlich besser als in früheren Zeiten ist die Gletscherveränderung im 20. Jahrhundert untersucht, vor allem in den Anden Perus. So wurden für die letzten drei bis vier Jahrzehnte bei den verschiedenen Massiven der peruanischen Anden (Cordillera Blanca, Cordillera Vilcanota, Cordillera Ampato) eine Reduktion der Gletscherflächen um 20 % bis über 30 % festgestellt. Im Huandoy-Artesonraju Massif, dem nördlichen Teil der Cordillera Blanca, nahm z.B. die Gletscherfläche von 723 km2 auf 527 km2 ab, wobei sich die Verluste besonders seit Ende der 1990er Jahre gesteigert haben. Insgesamt haben die Gletscher der Cordillera Blanca seit Ende der 1970er Jahre um 500-600 m Länge eingebüßt. Neben dem langjährigen Trend gab es z.T. auch stärkere jährliche Schwankungen, die vor allem durch das ENSO-Phänomen bedingt waren. In El-Niño-Jahren hat sich der Gletscherrückzug beschleunigt, in La-Niña-Jahren etwas verlangsamt. In den bolivianischen Anden, die eine Gletscherfläche von 560 km2 umfassen, verlief die Entwicklung sehr ähnlich wie in Peru. Noch etwas deutlicher fiel der Gletscherverlust in den Ecuadorianischen Anden aus. So schrumpfte das Gletschergebiet um den Chimborazo schon in der Zeit von 1962 bis 1997 von 27,7 auf 11,8 km2 zusammen, ein Flächenverlust von 57 %. Auch in anderen Gletschergebieten ging die Fläche um über 30 % zurück. In Kolumbien betrug die Gletscherfläche in den 1950er Jahren noch 89,3 km2, in der Mitte der 2000er Jahre dagegen nur noch 43,8 %. Die kleine Venezuelanische Gletscherfläche reduzierte sich sogar von 2 auf 0,3 km2.[1]

Nicht viel anders sah es bei der Massenbilanz der tropischen Gletscher Südamerikas aus. Zwischen 1976 bis 2010 betrug der Verlust am Eisvolumen im Schnitt 0,76 m Wasseräquivalent pro Jahr. Dabei zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den höher gelegenen Gletschern (über 5400 m) und den niedriger gelegenen Gletschern (unter 5400 m) mit fehlendem dauerhaftem Akkumulationsgebiet, die doppelt so schnell an Masse verloren wie jene. Insgesamt scheinen die Gletscher der tropischen Anden eine höhere negative Massenbilanz aufzuweisen als alle anderen Gletscher in der Welt. Und es scheint so, dass die tropischen Gletscher bereits deutlich früher, nämlich in den 1970er Jahren, einen beschleunigten Gletscherschwund zeigten als die Gletscher der mittleren und höheren Breiten, die erst seit den 1990er Jahren stärker abschmolzen.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Rabatel, A., et al. (2012): Review article of the current state of glaciers in the tropical Andes: a multi-century perspective on glacier evolution and climate change, The Cryosphere Discussion 6, 2477-2536
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Vuille, M., et al. (2008): Climate change and tropical Andean glaciers: past, present and future, Earth-Science Reviews, 89, 79–96
  3. Jomelli, V., et al. (2009): Fluctuations of glaciers in the tropical Andes over the last millennium and palaeoclimatic implications: A review, Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 281, 269–282


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