Antarktisches Meereis: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Antarctic nsidc 2021.png|thumb|620 px|Abb. 1: Antarktisches Meereis September 2020 (jahreszeitliches Maximum) und Februar 2021 (Minimum). Gelbe Linie: Mittel der Jahre 1981-2010.]]
== Jahreszeitliche Schwankungen ==
== Jahreszeitliche Schwankungen ==
[[Bild:Antarktisches Meereis Jahreszeiten.jpg|thumb|320 px|Jahreszeitliche Schwankungen des antarktischen Meereises und Veränderungen während der letzten Jahrzehnte]]
[[Bild:Antarktis Meereisausdehnung-1979-2022.jpg|thumb|420 px|Abb. 2: Änderung der antarktischen Meereisausdehnung im jährlichen Mittel (Orange), Maximum (blau) und Minimum (schwarz)]]
Die antarktische Meereisbedeckung schwankt saisonal sehr stark zwischen einem Minimum von 3 Mio km<sup>2</sup> im Februar bis zu einem Maximum von 18 Mio km<sup>2</sup> im August/September. Die Ausdehnung des Meereises um den antarktischen Kontinent herum folgt dabei sehr eng der 1,95°C-Isotherme (dem Gefrierpunkt von Meerwasser) der Oberflächen-Lufttemperatur.<ref name="Wadhams 2000">Wadhams, P.: Ice in the Ocean (2000). Overseas Publishers Association, Gordon and Breach Science Publishers imprint. ISBN 90-5699-296-1</ref> Im Frühling schmilzt das Meereis sehr schnell, während die Bildung langsamer vonstatten geht. Dies ist auf das verhältnismäßig warme Ozeanwasser zurückzuführen, das die Antarktis umgibt und die Eisbildung verlangsamt, die Schmelze jedoch beschleunigt. Der relativ geringe Teil des antarktischen Meereises, das den Sommer überlebt, befindet sich hauptsächlich im Weddellmeer. Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen ist das antarktische Meereis im Mittel dünner, wärmer, salzhaltiger und mobiler als das arktische Meereis.  
Die antarktische [[Meereis]]bedeckung schwankt saisonal sehr stark zwischen einem Minimum von inzwischen 2 Mio km<sup>2</sup> im Februar und einem Maximum von 18-20 Mio km<sup>2</sup> im September (Abb. 1). Der relativ geringe Anteil des antarktischen Meereises, der den Sommer überlebt, befindet sich hauptsächlich im Weddellmeer. Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen ist das antarktische Meereis im Mittel dünner, wärmer, salzhaltiger und mobiler als das arktische Meereis. Da das Wintereis im Sommer fast vollständig wieder abschmilzt, ist der bei weitem größte Teil des Meereises rund um die Antarktis einjähriges Eis mit einer relativ geringen Dicke von ca. 1/2 m gegenüber 1-2 m Eisdicke in der Arktis.<ref name="Notz 2015">Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.): Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209</ref>


== Trends ==
== Trends ==
[[Bild:Antarktis Meereis Trends.jpg|thumb|320 px|Antarktisches Meereis: Jahreszeitliche Ausdehnung (grau: Minimum, orange: Maximum), Zirkulationsmuster (Pfeile) und Veränderung der mittleren jährlichen Ausdehnung in % pro Jahrzehnt in einzelnen Regionen (oben) sowie im Mittel (unten).]]
[[Bild:AntarcticMinExtent Febr-2023.jpg|thumb|420 px|Abb. 3: Änderung der Meereisausdehnung in der Antarktis im Februar 1979-2023. Trend in Blau (1%/Jahrzehnt), 5-Jahresmittel in Rot.]]
Die Entwicklung der Meereisausdehnung um den arktischen Kontinent herum unterscheidet sich deutlich von der der Arktis. Das arktische Meereis hat sich in den letzten Jahren kaum geändert, es hat in seiner Ausdehnung sogar um 1,5 % pro Jahrzehnt leicht zugenommen. Je nach Jahreszeit betrug die Zunahme der Meereisausdehnung in der Antarktis von 1978 bis 2012 zwischen 1,2 und 3 % pro Jahrzehnt. Auch regional sind die Unterschiede deutlich. So sind die Trends in der Eisausdehnung im Rossmeer positiv und in der Amundsen- und Bellinghausensee negativ. Über die Eisdicke gibt es zu wenige Informationen, um einen allgemeinen Trend zu bestimmen. Auch die Länge der jährlichen Eisbedeckung ist etwa rund um die Antarktische Halbinsel kürzer geworden, während sie im Rossmeer zugenommen hat.<ref name="IPCC 2013 WGI 4.2.3">IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 4.2.3</ref><ref name="IPCC WGI FAQ 4.1 2013">IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, FAQ 4.1</ref>  
Die Entwicklung der Meereisausdehnung um den antarktischen Kontinent herum unterscheidet sich deutlich von der der [[Arktisches Meereis|Arktis]]. Die Ausdehnung des Antarktische Meereises hat nach Eisbohrkern- und Walfangdaten im frühen und mittleren 20. Jahrhundert über mehrere Jahrzehnte lang abgenommen, sich in den 1970er Jahren aber stabilisiert.<ref name="Cordero 2023">Cordero, R. R., S. Feron, A. Damiani et al. (2023): [https://doi.org/10.5194/tc-2023-59 Signature of the stratosphere-troposphere coupling on recent record-breaking Antarctic sea ice anomalies], The Cryosphere Discuss. [preprint], in review</ref>  Der 6. IPCC-Bericht von 2021 hält allerdings wegen der spärlichen Beobachtungsdaten eine Einschätzung der Meereisausdehnung für die Zeit vor Beginn der Satellitenbeobachtung für sehr unsicher.<ref name="IPCC AR6 WGI 9.3.2>IPCC AR6 WGI (2021): Ocean, Cryosphere and Sea Level Change, 9.3.2</ref>  Mit Beginn der Satellitenära ab 1979 folgte dann eine leichte Zunahme der Antarktischen Meereisbedeckung, die bis in die 2010er Jahre anhielt und im Februar 2014, dem Monat mit der geringsten jährlichen Ausdehnung, ein Maximum von über 3,5 Mio. km<sup>2</sup> erreichte (Abb. 2 und 3).<ref name="NSIDC 2023">National Snow and Ice Data Center (2023): [https://nsidc.org/arcticseaicenews/charctic-interactive-sea-ice-graph/ Sea Ice News and Analysis]</ref> 
 
Auch wenn dieser Trend nur schwach und wegen unsicherer Beobachtungsdaten, starken Fluktuationen von Jahr zu Jahr und Widersprüchen zwischen Beobachtungsdaten und Modellsimulationen kaum signifikant ist,<ref name="IPCC AR6 WGI 9.3.2 />  unterscheidet er sich deutlich von der starken Abnahme der Meereisausdehnung in der Arktis. Ebenso bemerkenswert ist der Abbruch dieses Trends ab 2017, von wo an die Eisausdehnung einen rapiden Rückgang bis 2023 zeigt. Sowohl im Februar 2022 wie im Februar 2023 wurden dabei Rekordwerte erzielt mit zum ersten Mal einer Ausdehnung von weniger als 2 Mio. km<sup>2</sup>, nämlich mit 1,92 Mio. km<sup>2</sup> im Februar 2022<ref name="Turner 2022">Turner, J., Holmes, C., Caton Harrison, T., Phillips, T., Jena, B., Reeves-Francois, T., et al. (2022): [https://doi.org/10.1029/2022GL098904 Record low Antarctic sea ice cover in February 2022]. Geophysical Research Letters, 49, e2022GL098904</ref> und 1,79 km<sup>2</sup> im Februar 2023.<ref name="Liu 2023">Liu, J., Z. Zhu, D. Chen (2023): [https://doi.org/10.34133/olar.0007 Lowest Antarctic Sea Ice Record Broken for the Second Year in a Row]. Ocean-Land-Atmos. Res. 2023; 2: Article 0007</ref>  Während die Meereisausdehnung zwischen 1979 und 2014 um 13.800 km<sup>2</sup> zugenommen hatte,<ref name="Liu 2023" /> hat sie sich zwischen 2014 und 2023 fast halbiert! Eine ähnliche Entwicklung zeigen auch die Jahresmittel und die Maximumwerte im November (Abb. 2).


== Erklärungen ==
== Erklärungen ==
Die Erklärung dieser unterschiedlichen Trends ist schwierig, zumal auch für die infrage kommenden Prozesse in dieser weitgehend außerhalb der menschlichen Zivilisation liegenden Region verlässliche Daten nur begrenzt vorliegen. Eine zentrale Rolle wird dem Southern Annular Mode (SAM) bzw. der Antarktischen Oszillation zugeschrieben. Der SAM beschreibt die Stärke und Position der zirkumpolaren Westwinde. Ein positiver SAM ist verbunden mit starken und zum Pol hin verlagerten Westwinden, ein negativer SAM mit dem Gegenteil. Starke Westwinde begünstigen einen Eistransport nach Norden und eine Expansion der Eisausdehnung. Die Gründe für das Schwanken des SAM sind noch weitgehend ungeklärt. Ein wichtiger Grund könnte die Stärke des Polarwirbels in der unteren [[Stratosphäre]] sein, die wiederum durch das [[Ozonloch über der Antarktis]] beeinflusst sein könnte.<ref name="Cordero 2023" />  Auch von anderen Autoren wird der langanhaltende starke SAM über die Jahrzehnte seit den späten 1970er Jahren durch die Ozonzerstörung und die Zunahme der [[Treibhausgase]] erklärt,<ref name="Schroeter 2023">Schroeter, S., T.J. O'Kane, and P.A. Sandery (2023): [https://doi.org/10.5194/tc-17-701-2023 Antarctic sea ice regime shift associated with decreasing zonal symmetry in the Southern Annular Mode], The Cryosphere, 17, 701–717</ref> die beide zu einer Abkühlung der unteren Stratosphäre beitragen und damit möglicherweise die zirkumpolaren Winde verstärken.


Möglicherweise hat diese Entwicklung ebenso wie das starke Abschmelzen des arktischen Meereises mit menschlichen Einflüssen zu tun.<ref name="Notz 2011">Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: Lozán, J.L., u.a. (Hrsg): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 96-101</ref> Das antarktische Meereis schmilzt vor allem von unten her, d.h. durch aufsteigendes warmes Wasser aus größeren Tiefen. Dieses Wasser kann um so leichter aufstiegen, je geringer der Dichteunterschied zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser ist. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch die Dichte des oberflächennahen Wassers stark abgenommen. Folgende Gründe dafür werden angenommen:
Außer atmosphärischen Prozessen spielen auch Änderungen im südlichen Ozean eine Rolle.<ref name="Notz 2011">Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: Lozán, J.L., u.a. (Hrsg): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 96-101</ref> Das antarktische Meereis schmilzt stark von unten her, d.h. durch aufsteigendes warmes Wasser aus größeren Tiefen. Dieses Wasser kann um so leichter aufsteigen, je geringer der Dichteunterschied zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser ist. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch die Dichte des oberflächennahen Wassers stark abgenommen. Folgende Gründe dafür werden angenommen:
* Aufgrund höherer Wasser- und Lufttemperaturen ist das Meereis im Jahresablauf insgesamt dünner geblieben als in früheren Zeiten. In der Schmelzphase gibt es daher weniger Salz an das Ozeanwasser ab, wodurch dieses eine geringere Dichte behält.
* Aufgrund höherer Wasser- und Lufttemperaturen ist das Meereis im Jahresablauf insgesamt dünner geblieben als in früheren Zeiten. In der Schmelzphase gibt es daher weniger Salz an das Ozeanwasser ab, wodurch dieses eine geringere Dichte behält. Die geringere Dichte bewirkt eine Schwächung der Konvektion, durch die warmes Wasser von unten das absinkende kühlere Oberflächenwasser ersetzt.  
* Aufgrund der Erwärmung haben außerdem die Niederschläge im südlichen Ozean in letzter Zeit zugenommen. Das hat ebenfalls zur Abnahme der Dichte des Oberflächenwassers rund um die Antarktis geführt.
* Aufgrund der Erwärmung haben außerdem die Niederschläge im südlichen Ozean in letzter Zeit zugenommen. Das hat ebenfalls zur Abnahme der Dichte des Oberflächenwassers rund um die Antarktis geführt. Auch hier ist die Folge eine Schwächung der Konvektion und weniger warmes Wasser an der Unterseite des Meereises.<ref name="Notz 2015" />
Ein Grund könnte auch das kalte Schmelzwasser sein, das zunehmend durch Schmelzprozesse am Rande des antarktischen Eisschildes ins Meer gelangt und so das antarktische Meereis gegen den Auftrieb von warmem ozeanischen Tiefenwasser abschirmt.


== Einzelnachweise ==  
== Einzelnachweise ==  
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung [http://www.warnsignale.uni-hamburg.de/?page_id=1489 online]
* Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung [http://www.warnsignale.uni-hamburg.de/?page_id=1489 online]
* Haas, C. (2005): Auf dünnem Eis? - Eisdickenänderungen im Nordpolarmeer, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 97-101
* Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vet¬ter (Hrsg.). Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209; [http://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/eis-der-erde/eis-der-erde-buch-kap-5-4/ online]
* Bareiss, J., K. Görgen, A. Helbig (2005): Arktisches Meereis - Ursachen der Variabilität und Trends in den vergangenen 30 Jahren, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 218-225


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Notz, D. (2010): [http://www.mpimet.mpg.de/fileadmin/MPG_Jahresberichte_Taetigkeitsberichte/2010/JB2010_Notz_2010.pdf Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel] Max-Planck-Gesellschaft Tätigkeitsbericht 2009/10
* Notz, D. (2010): [https://www.mpg.de/458747/forschungsSchwerpunkt?force_lang=de Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel] Max-Planck-Gesellschaft Tätigkeitsbericht 2009/10
* [http://meereisportal.de/ meereisportal.de] Portal zum Meereis des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrums für Polar- und Meeresforschung und der Universität Bremen, u.a. mit [http://www.meereisportal.de/no_cache/de/meereisbeobachtung/meereis_beobachtungsergebnisse/beobachtungsergebnisse_aus_satellitenmessungen/uebersicht_der_aktuellen_meereisausdehnung_arktisantarktis/ Karten zur aktuellen Meereisausdehnung in Arktis und Antarktis] und [http://www.meereisportal.de/de/meereisexpedition/ Berichten über Meereisexpeditionen]
* [http://meereisportal.de/ meereisportal.de] Portal zum Meereis des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrums für Polar- und Meeresforschung und der Universität Bremen, u.a. mit Karten zur aktuellen Meereisausdehnung in Arktis und Antarktis und Berichten über Meereisexpeditionen]
* [http://www.unep.org/geo/geo%5Fice/PDF/GEO_C5_LowRes.pdf Ice in the Sea] UNEP-Report über das Meereis auf der Erde
* [https://www.unep.org/resources/report/global-outlook-ice-and-snow-chapter-5-ice-sea Ice in the Sea] UNEP-Report über das Meereis auf der Erde
 
 
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Eine Kurzanleitung zur Nutzung des MSCM, Arbeitsblätter und Lehrerhandreichungen, Anleitung zur Arbeit mit Schülern sowie Experimente zu Eis und Schnee im Klimasystem finden Sie [https://bildungsserver.hamburg.de/resource/blob/265776/d6b92ac0d85682416b49ae2b3967ed92/bedienungsanleitung-data.pdf hier] und [https://bildungsserver.hamburg.de/themenschwerpunkte/klimawandel-und-klimafolgen/mscm-klimamodell/experimente-mittleres-klima hier].
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== Lizenzangaben ==
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|Teil von=Kryosphäre im Klimasystem
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|ähnlich wie=Arktisches Meereis
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Aktuelle Version vom 2. November 2023, 21:44 Uhr

Abb. 1: Antarktisches Meereis September 2020 (jahreszeitliches Maximum) und Februar 2021 (Minimum). Gelbe Linie: Mittel der Jahre 1981-2010.

Jahreszeitliche Schwankungen

Abb. 2: Änderung der antarktischen Meereisausdehnung im jährlichen Mittel (Orange), Maximum (blau) und Minimum (schwarz)

Die antarktische Meereisbedeckung schwankt saisonal sehr stark zwischen einem Minimum von inzwischen 2 Mio km2 im Februar und einem Maximum von 18-20 Mio km2 im September (Abb. 1). Der relativ geringe Anteil des antarktischen Meereises, der den Sommer überlebt, befindet sich hauptsächlich im Weddellmeer. Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen ist das antarktische Meereis im Mittel dünner, wärmer, salzhaltiger und mobiler als das arktische Meereis. Da das Wintereis im Sommer fast vollständig wieder abschmilzt, ist der bei weitem größte Teil des Meereises rund um die Antarktis einjähriges Eis mit einer relativ geringen Dicke von ca. 1/2 m gegenüber 1-2 m Eisdicke in der Arktis.[1]

Trends

Abb. 3: Änderung der Meereisausdehnung in der Antarktis im Februar 1979-2023. Trend in Blau (1%/Jahrzehnt), 5-Jahresmittel in Rot.

Die Entwicklung der Meereisausdehnung um den antarktischen Kontinent herum unterscheidet sich deutlich von der der Arktis. Die Ausdehnung des Antarktische Meereises hat nach Eisbohrkern- und Walfangdaten im frühen und mittleren 20. Jahrhundert über mehrere Jahrzehnte lang abgenommen, sich in den 1970er Jahren aber stabilisiert.[2] Der 6. IPCC-Bericht von 2021 hält allerdings wegen der spärlichen Beobachtungsdaten eine Einschätzung der Meereisausdehnung für die Zeit vor Beginn der Satellitenbeobachtung für sehr unsicher.[3] Mit Beginn der Satellitenära ab 1979 folgte dann eine leichte Zunahme der Antarktischen Meereisbedeckung, die bis in die 2010er Jahre anhielt und im Februar 2014, dem Monat mit der geringsten jährlichen Ausdehnung, ein Maximum von über 3,5 Mio. km2 erreichte (Abb. 2 und 3).[4]

Auch wenn dieser Trend nur schwach und wegen unsicherer Beobachtungsdaten, starken Fluktuationen von Jahr zu Jahr und Widersprüchen zwischen Beobachtungsdaten und Modellsimulationen kaum signifikant ist,[3] unterscheidet er sich deutlich von der starken Abnahme der Meereisausdehnung in der Arktis. Ebenso bemerkenswert ist der Abbruch dieses Trends ab 2017, von wo an die Eisausdehnung einen rapiden Rückgang bis 2023 zeigt. Sowohl im Februar 2022 wie im Februar 2023 wurden dabei Rekordwerte erzielt mit zum ersten Mal einer Ausdehnung von weniger als 2 Mio. km2, nämlich mit 1,92 Mio. km2 im Februar 2022[5] und 1,79 km2 im Februar 2023.[6] Während die Meereisausdehnung zwischen 1979 und 2014 um 13.800 km2 zugenommen hatte,[6] hat sie sich zwischen 2014 und 2023 fast halbiert! Eine ähnliche Entwicklung zeigen auch die Jahresmittel und die Maximumwerte im November (Abb. 2).

Erklärungen

Die Erklärung dieser unterschiedlichen Trends ist schwierig, zumal auch für die infrage kommenden Prozesse in dieser weitgehend außerhalb der menschlichen Zivilisation liegenden Region verlässliche Daten nur begrenzt vorliegen. Eine zentrale Rolle wird dem Southern Annular Mode (SAM) bzw. der Antarktischen Oszillation zugeschrieben. Der SAM beschreibt die Stärke und Position der zirkumpolaren Westwinde. Ein positiver SAM ist verbunden mit starken und zum Pol hin verlagerten Westwinden, ein negativer SAM mit dem Gegenteil. Starke Westwinde begünstigen einen Eistransport nach Norden und eine Expansion der Eisausdehnung. Die Gründe für das Schwanken des SAM sind noch weitgehend ungeklärt. Ein wichtiger Grund könnte die Stärke des Polarwirbels in der unteren Stratosphäre sein, die wiederum durch das Ozonloch über der Antarktis beeinflusst sein könnte.[2] Auch von anderen Autoren wird der langanhaltende starke SAM über die Jahrzehnte seit den späten 1970er Jahren durch die Ozonzerstörung und die Zunahme der Treibhausgase erklärt,[7] die beide zu einer Abkühlung der unteren Stratosphäre beitragen und damit möglicherweise die zirkumpolaren Winde verstärken.

Außer atmosphärischen Prozessen spielen auch Änderungen im südlichen Ozean eine Rolle.[8] Das antarktische Meereis schmilzt stark von unten her, d.h. durch aufsteigendes warmes Wasser aus größeren Tiefen. Dieses Wasser kann um so leichter aufsteigen, je geringer der Dichteunterschied zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser ist. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch die Dichte des oberflächennahen Wassers stark abgenommen. Folgende Gründe dafür werden angenommen:

  • Aufgrund höherer Wasser- und Lufttemperaturen ist das Meereis im Jahresablauf insgesamt dünner geblieben als in früheren Zeiten. In der Schmelzphase gibt es daher weniger Salz an das Ozeanwasser ab, wodurch dieses eine geringere Dichte behält. Die geringere Dichte bewirkt eine Schwächung der Konvektion, durch die warmes Wasser von unten das absinkende kühlere Oberflächenwasser ersetzt.
  • Aufgrund der Erwärmung haben außerdem die Niederschläge im südlichen Ozean in letzter Zeit zugenommen. Das hat ebenfalls zur Abnahme der Dichte des Oberflächenwassers rund um die Antarktis geführt. Auch hier ist die Folge eine Schwächung der Konvektion und weniger warmes Wasser an der Unterseite des Meereises.[1]

Ein Grund könnte auch das kalte Schmelzwasser sein, das zunehmend durch Schmelzprozesse am Rande des antarktischen Eisschildes ins Meer gelangt und so das antarktische Meereis gegen den Auftrieb von warmem ozeanischen Tiefenwasser abschirmt.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.): Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209
  2. 2,0 2,1 Cordero, R. R., S. Feron, A. Damiani et al. (2023): Signature of the stratosphere-troposphere coupling on recent record-breaking Antarctic sea ice anomalies, The Cryosphere Discuss. [preprint], in review
  3. 3,0 3,1 IPCC AR6 WGI (2021): Ocean, Cryosphere and Sea Level Change, 9.3.2
  4. National Snow and Ice Data Center (2023): Sea Ice News and Analysis
  5. Turner, J., Holmes, C., Caton Harrison, T., Phillips, T., Jena, B., Reeves-Francois, T., et al. (2022): Record low Antarctic sea ice cover in February 2022. Geophysical Research Letters, 49, e2022GL098904
  6. 6,0 6,1 Liu, J., Z. Zhu, D. Chen (2023): Lowest Antarctic Sea Ice Record Broken for the Second Year in a Row. Ocean-Land-Atmos. Res. 2023; 2: Article 0007
  7. Schroeter, S., T.J. O'Kane, and P.A. Sandery (2023): Antarctic sea ice regime shift associated with decreasing zonal symmetry in the Southern Annular Mode, The Cryosphere, 17, 701–717
  8. Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: Lozán, J.L., u.a. (Hrsg): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 96-101

Literatur

  • Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung online
  • Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vet¬ter (Hrsg.). Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209; online

Weblinks

  • Notz, D. (2010): Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel Max-Planck-Gesellschaft Tätigkeitsbericht 2009/10
  • meereisportal.de Portal zum Meereis des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrums für Polar- und Meeresforschung und der Universität Bremen, u.a. mit Karten zur aktuellen Meereisausdehnung in Arktis und Antarktis und Berichten über Meereisexpeditionen]
  • Ice in the Sea UNEP-Report über das Meereis auf der Erde


Klimadaten zum Thema

Klimadaten zum Thema selbst auswerten? Hier können Sie aus Regionaldaten zur Antarktis eigene Karten erzeugen: Temperatur, Meereisbedeckungsgrad, Niederschlag und Windgeschwindigkeit.




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Klimamodell-Experimente zum Thema

Mit dem einfachen Klimamodell Monash Simple Climate Model (MSCM) können Experimente zur Bedeutung von Eis und Schnee im Klimasystem durchgeführt werden. Eine Kurzanleitung zur Nutzung des MSCM, Arbeitsblätter und Lehrerhandreichungen, Anleitung zur Arbeit mit Schülern sowie Experimente zu Eis und Schnee im Klimasystem finden Sie hier und hier.

Lizenzangaben

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen.
Kontakt: Dieter Kasang