Taifune im Nordwest-Pazifik

Aus Klimawandel
Supertaifun Haiyan am 8. November 2013 über den mittleren Philippinen.

Am 8. November 2013 traf der Super-Taifun Haiyan mit Windgeschwindigkeiten von fast 315 Stundenkilometern und einer Flutwelle bis zu 7 m Höhe auf die philippinische Insel Lete. Einher gingen Niederschläge zwischen dem 2. und 12. November von über 500 mm. Die Stadt Tacloban wurde fast völlig zerstört und mehrere Tausend Menschen fielen dem Sturm zum Opfer.[1]

Verbreitung und Schäden

Haiyan gilt als einer der stärksten je gemessenen Tropischen Zyklonen weltweit und machte der Weltöffentlichkeit deutlich, dass nicht nur Mittel- und Nordamerika gelegentlich Opfer von Tropischen Wirbelstürmen sind. Vielmehr ist die Häufigkeit von tropischen Zyklonen im Nordwest-Pazifik höher als in jeder anderen Region der Welt. Hier ereignet sich ein Drittel aller global gezählten tropischen Zyklonen.[2] Und hier kommen mehr als 50 % der tropischen Zyklonen der Kategorie 5 vor.[3] Am stärksten betroffen sind China und die Philippinen, aber auch Japan, Süd-Korea, Vietnam und weitere Länder sind stark gefährdet.

Zugbahnen von Supertaifunen : Die roten dicken Linien zeigen Phasen an, bei denen die Taifune die Stärke von Supertaifunen erreichen (ab Windgeschwindigkeiten von 66,9 m/sec).

Das Hauptgebiet für die Entstehung tropischer Zyklonen im westlichen Nordpazifik umfasst die Koordinaten 10 °N–26 °N, 122 °E–170 °E. Die Taifun-Saison liegt hier zwischen Juli und Oktober.[3] Zwischen 1980 und 2008 gab es im Nordwestpazifik 750 Taifune mit erheblichen Verlusten an Sachschäden und Menschenleben. Am meisten hatten darunter die Philippinen und China zu leiden, mit ca. sechs solcher Ereignisse pro Jahr. Mit 115 Toten pro Ereignis standen die Philippinen an der Spitze der Todesziffern, während die ökonomischen Verluste mit fast 1 Mrd. US$ pro Ereignis in China und Japan am größten waren. Trotz zunehmender Werte und Bevölkerungsdichte in den betroffenen Regionen hängen Sachschäden und Opferzahlen immer noch stark von der Aktivität der Taifune selbst ab. In Zeiten hoher Taifun-Aktivität liegt die Anzahl der Verlustereignisse um 14 % höher und in Zeiten niedriger Aktivität um 9 % niedriger als die mittleren Werte.[2]

Entwicklung

Die Häufigkeit der Taifune zeigt jährliche und dekadische Schwankungen. Die jährlichen Schwankungen werden durch ENSO beeinflusst. In El-Niño-Phasen sind Taifune stärker. Die Entwicklungsgebiete der pazifischen Tropischen Zyklonen liegen weiter östlich und näher am Äquator. Sie entwickeln sich damit in einer größeren Distanz zum asiatischen Kontinent und haben somit mehr Zeit, sich zu verstärken. Außerdem steuern Taifune, die östlich der Philippinen entstanden sind, eher polwärts und weniger westwärts in das Südchinesische Meer. In La-Niña-Phasen ist es umgekehrt. In den letzten wenigen Jahrzehnten hat die Häufigkeit über dem Südchinesischen Meer abgenommen, im subtropischen Ostasien aber zugenommen. Diese Veränderung wird der Ausdehnung der Nordpazifischen Hochdruckzone nach Westen zugeschrieben. Bei den dekadischen Schwankungen zeigen die 1990er Jahre eine hohe Taifun-Aktivität. Die Gründe könnten in der verlängerten El-Niño-Periode 1990-1994 und dem ungewöhnlich starken El-Niño-Ereignis von 1997 liegen.[2]

Änderung der Intensivierungsrate von Taifunen und der Wassertemperatur in 75 m Tiefe

Unabhängig von ENSO sind die ozeanischen Bedingungen für die Entwicklung von Taifunen im NW-Pazifik in den letzten Jahrzehnten günstiger geworden. Ein wichtiger Faktor ist die Erwärmung des oberen Ozeans, und zwar nicht nur die Erhöhung der Meeresoberflächentemperatur, sondern auch der Wasserschichten darunter. Ableitbar ist diese Erwärmung u.a. an ungewöhnlichen Anstiegen des Meeresspiegels. Abweichungen des Meeresspiegelniveaus um mehr als 8 cm gelten als günstig für die Verstärkung tropischer Zyklonen. Gebiete mit solchen Abweichungen haben seit 1992 von ca. 20 % auf ca. 50-60 % des Entstehungsgebietes tropischer Zyklonen im westlichen Nordpazifik zugenommen. Dahinter steckt eine Zunahme der Tiefe der 26 °C-Isotherme im Mittel von 84 m in 1993-1995 auf 92 m im Jahr 2010. Ähnlich hat sich der mittlere Wärmegehalt des oberen Ozeans in dem Entstehungsgebiet der Taifune des westlichen Nordpazifik von 88 kJ/cm2 in den frühen 1990er Jahren auf 96 kJ/cm2 in den späten 2000ern erhöht.[3]

Zum Erreichen von Zyklonstärken der Kategorie 5 sind neben einer Meeresoberflächentemperatur von mindestens 29 °C ein Wärmegehalt des oberen Ozeans von 100-110 kJ/cm2 sowie Tiefen der 26 °C-Isotherme von 100-110 m erforderlich. Solche Bedingungen gab es in den frühen 1990er Jahren nur in rund 28 % des Hauptentstehungsgebiets tropischer Zyklonen, heute dagegen in 41 %. Während sich die Meeresoberflächentemperatur verhältnismäßig wenig verändert hat, sind die Bedingungen unterhalb der Oberfläche im oberen Ozean deutlich günstiger als sonst nirgendwo anders in der Welt für die Entstehung tropischer Zyklonen und Superzyklonen geworden. Als Ursache dafür werden stärkere Winde, die warmes Wasser an die Oberfläche treiben könnten, und die globale Erwärmung diskutiert. Dabei muss bedacht werden, dass der Ozean nur ein Faktor ist, der tropische Zyklonen begünstigen kann. Auch die atmosphärischen Bedingungen spielen eine wichtige Rolle.[3]

Eine Untersuchung über die Entwicklung der tropischen Zyklonen zwischen 1951 und 2013 im Gebiet der Philippinen[4] kommt zu folgenden Ergebnissen: Im Mittel erreichen 19,4 Tropische Zyklonen das Gebiet, wovon neun das Land überqueren. Bei der Anzahl pro Jahr zeigt sich kein Trend, bei der Anzahl der auf Land treffenden Taifune eine leichte Abnahme. Es wurden jedoch mehr stärkere Taifune (über 150 km/h) gezählt, was auf die steigende Meeresoberflächentemperatur seit den 1970er Jahren zurückzuführen ist, und ein zunehmender Trend bei den ökonomischen Verlusten und Zerstörungen. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch in einer Analyse der Entwicklung von Taifunen zwischen 1977 und 2013 im gesamten Nordwest-Pazifik.[5] Danach hat sich die jährliche Anzahl der Taifune der Kategorie 4 und 5 von weniger als fünf pro Jahr auf über sieben pro Jahr erhöht. Und der Anteil der starken Taifune an allen Taifunen hat sich mehr als verdoppelt. Die Ursachen liegen im wesentlichen in einer höheren Meeresoberflächentemperatur, die zu einem großen Teil eine Folge der globalen Erwärmung ist. Da etwa 50 % der Taifune auf Land treffen, haben auch die Zerstörungen durch tropische Wirbelstürme in Ländern wie den Philippinen, China, Taiwan, Korea und Japan unabhängig von wirtschaftlichen und sozialen Faktoren zugenommen.

Projektionen

Nach Berechnungen von 15 Globalen Zirkulationsmodellen nach dem A1B-Szenario werden sich in Zukunft Anzahl und Stärke der Taifune im NW-Pazifik erhöhen. Nach Untersuchung von sechs Faktoren, die die Entstehung von Tropischen Zyklonen beeinflussen (vertikale Windscherung,[6] relative Feuchtigkeit bei 700 hPa, relative Wirbelstärke bei 850 hPa, langwellige Ausstrahlung, Niederschlag und Meeresoberflächentemperatur) wird es in Zukunft mehr Tropische Zyklonen im westlichen Nordpazifik geben als heute. Außerdem wird sich die Häufigkeit starker Taifune erhöhen. Ungewöhnliche Nordwinde in den mittleren Breiten Ostasiens durch die Stärkung westlicher Hochdruck- und östlicher Tiefdruck-Systeme halten die Taifune in Zukunft allerdings davon ab, sich in Richtung mittlere Breiten Ostasiens zu bewegen.[7]

Einzelnachweise

  1. NASA: Haiyan (Northwestern Pacific Ocean)
  2. 2,0 2,1 2,2 Welker, C., and E. Faust (2013): Tropical cyclone-related socio-economic losses in the western North Pacific region, Natural Hazards and Earth System Sciences 13, 115–124
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Pun, I.-F., I.-I. Lin, and M.-H. Lo (2013): Recent increase in high tropical cyclone heat potential area in the Western North Pacific Ocean, Geophysical Research Letters 40, 1–5, doi:10.1002/grl.50548
  4. Cinco, T.A., et al. (2016): Observed trends and impacts of tropical cyclones in the Philippines, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.4659
  5. Mei, W., and S.-P. Xie (2016): Intensification of landfalling typhoons over the northwest Pacific since the late 1970s, Nature Geoscience, DOI: 10.1038/NGEO2792
  6. s. unter Tropische Wirbelstürme/Entstehung und Auflösung
  7. Choi, K.-S., and Y.-M. Cha (2012): Change in future tropical cyclone activity over the western North Pacific under global warming scenario, Nat Hazards 64, 1125–1140

Weblinks

  • Kasang, D. & J.L. Lozán (2018): Taifune im tropischen Nordwest-Pazifik. In: Lozán, J.L., S.-W. Breckle, H. Graßl, D. Kasang & R. Weisse (Hrsg.): Warnsignal Klima: Extremereignisse. pp. 213-218. doi:10.2312/warnsignal.klima.extremereignisse.31.


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Schülerarbeiten zum Thema

Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:

  • Taifune Welche Auswirkungen wird der Klimawandel haben? (Gymnasium Grotmoor, Hamburg)

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