Stratosphärisches Ozon und Klimawandel

Aus Klimawandel
Klimafolgen der stratosphärischen Ozonabnahme

Die Beziehungen zwischen Klima und stratosphärischem Ozon sind sehr komplex. Es lassen sich grob drei Aspekte unterscheiden:

  1. ein Einfluss troposphärischer Klimaänderungen auf die klimatischen Bedingungen in der Stratosphäre und in der Folge auf die stratosphärische Ozonveränderung,
  2. ein Einfluss der stratosphärischen Ozonveränderung auf das stratosphärische Klima mit Rückwirkungen auf die Ozonveränderung selbst,
  3. ein Einfluss der stratosphärischen Ozonveränderung auf das troposphärische Klima.

Einfluss troposphärischer Klimaänderungen

Die Erwärmung in den unteren Schichten der Atmosphäre durch die Emission von Treibhausgasen hat eine Abkühlung in der Stratosphäre zur Folge. Insbesondere Kohlendioxid absorbiert Wärmestrahlung sehr stark bereits in der unteren Troposphäre, wodurch nur noch ein geringer Teil davon die Stratosphäre erreicht. Diese Abkühlung fördert die Ozonzerstörung über den Polen durch die Bildung von PSC und begünstigt die Chlorchemie im allgemeinen. Die globale Erwärmung hat außerdem Auswirkungen auf die atmosphärische Dynamik, die allerdings noch wenig geklärt sind. So könnte es z.B. auf der Nordhalbkugel zu einer Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation (NAO) bzw. der Arktischen Oszillation (AO) und zur Abschwächung von planetaren Wellen kommen, wodurch im Winter das Eindringen wärmerer und ozonreicherer Luft in die polare Stratosphäre geschwächt würde. Auch auf der Südhalbkugel könnte durch Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation (hier der Antarkischen Oszillation AAO) die klimatische Isolation der Stratosphäre über der Antarktis verstärkt werden. Insgesamt verstärkt die globale Erwärmung die Ozonzerstörung und wird die Wiederherstellung der Ozonschicht nach einer deutlichen Reduzierung der stratosphärischen Chlor- und Bromkonzentration verzögern.

Einfluss auf das stratosphärische Klima

Veränderung der Temperatur in der unteren Stratosphäre 1958-2007 als Abweichung vom Mittel der Jahre 1979-1997 (die senkrechten Pfeile markieren klimawirksame Vulkanausbrüche)

Das stratosphärische Ozon absorbiert nicht nur die kurzwellige Solarstrahlung, sondern ist darüber hinaus in der Stratosphäre wie in der Troposphäre ein Treibhausgas. Jede Veränderung in der Ozonmenge wirkt sich daher auch auf die Temperaturen in der Stratosphäre aus. Ein Ozonverlust in der Stratosphäre hat wie die Zunahme von Kohlendioxid in der Troposphäre eine Abkühlung der Stratosphäre zur Folge. Dieser Abkühlungseffekt ist in der unteren Stratosphäre (bei ca. 15 km Höhe) sogar stärker als der durch die Zunahme der troposphärischen Treibhausgase und wird für die Zeit von 1979 bis 1991 auf -0,5 °C pro Dekade geschätzt. In der oberen Stratosphäre spielt dagegen die Wirkung der Treibhausgase die dominierende Rolle für die dort deutlich stärkere Abkühlungstendenz von -0,8 °C pro Dekade in 20-35 km und -2,5 °C pro Dekade bei 50 km Höhe.[1]

Die Abkühlung der Stratosphäre durch Ozonabnahme ist dort am größten, wo der Ozonverlust am stärksten ist, d.h. über den Polen. So hat die Temperatur in den höheren Breiten der Südhalbkugel in den 30 Jahren von 1969-1998 um 6 °C bei ca. 18 km Höhe abgenommen. Die untere polare Stratosphäre hat sich im Oktober-November seit 1985 sogar um 10 °C abgekühlt.[2] Diese Temperaturveränderungen haben auch Auswirkungen auf die atmosphärische Dynamik. So ist eine deutliche Verstärkung des polaren Vortex festgestellt worden und eine Verschiebung des Zeitpunkts seines Zusammenbruchs vom frühen November während der 1970er Jahrre auf den späten Dezember in den 1990er Jahren. Durch diesen positiven Rückkopplungseffekt verstärkt der Ozonverlust die Bedingungen für die Ozonvernichtung.

Auswirkungen auf das troposphärische Klima

Die Strahlungswirkung der stratosphärischen Ozonabnahme im Vergleich zur Zunahme der Strahlungswirkung der langlebigen Treibhausgase und des troposphärischen Ozons

Entgegen einer in der Öffentlichkeit verbreiteten Vorstellung führt die Ozonabnahme in der Stratosphäre nicht zu einer Erwärmung in den bodennahen Luftschichten und ist schon gar nicht Ursache für den menschengemachten Treibhauseffekt. Das Gegenteil ist der Fall: Die stratosphärische Ozonabnahme hat in der unteren Troposphäre eine - wenn auch geringfügige - Temperaturabnahme zur Folge. Zwar gelangt durch die stratosphärische Ozonabnahme mehr UVB-Strahlung in die bodennahe Luftschichten und auf die Erdoberfläche. Dieser Effekt ist jedoch sehr geringfügig und wird übertroffen von der Abnahme der Wärmestrahlung aus der Stratosphäre Richtung untere Troposphäre durch den Ozonverlust. Während die Ozonzunahme in der Troposphäre den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt und zur globalen Erwärmung beiträgt, verringert die Ozonabnahme in der Stratosphäre den Treibhauseffekt.

Regionale klimatische Auswirkungen

Neben diesem sehr allgemeinen Effekt wirkt sich die stratosphärischen Ozonabnahme in der Troposphäre aber auch regional aus. Die Verstärkung des polaren Vortex durch die Ozonzerstörung im Frühjahr der Südhalbkugel wird mit 1-2 Monaten Verzögerung auch auf die troposphärische Zirkulation übertragen. Die das außertropische Klima in den höheren Breiten der Südhemisphäre stark beeinflussenden zirkumpolaren Westwinde (bzw. Antarktische Oszillation, AAO), die vergleichbar mit der AO bzw. NAO sind, zeigen infolgedessen in den Sommermonaten Dezember und Januar eine besonders starke Intensität. Dadurch kommt es zu einer Abkühlung über der Antarktis, mit Ausnahme der westantarktischen Halbinsel, wo die starken Westwinde den Abfluss der polaren Kaltluft aus dem Inneren der Antarktis einschränken. So wurden an den Stationen der Ostantarktis von 1979 bis 2000 eine Abkühlung um -1,1 °C und über der antarktischen Halbinsel eine Erwärmung um 1,4 °C gemessen, die nicht allein, aber in hohem Maße auf die Verstärkung des Polarwirbels und der Antarktische Oszillation zurückzuführen sind.[3] Die innerantarktische Abkühlung ist außerdem auch eine Folge der geringeren langwelligen Strahlung aus der Stratosphäre, die aus der stratosphärischen Ozonabnahme folgt. Eine Modellstudie konnte auch quantitativ zeigen, dass die Verstärkung der zirkumpolaren Strömung vor allem durch die Ozonzerstörung in der Stratosphäre hervorgerufen wird, daneben aber auch durch die Zunahme von Treibhausgasen.[4] Ähnliche Folgen zeigen Modellrechnungen auch für die polaren Breiten der Nordhalbkugel. Allerdings sind hier die Veränderungen aufgrund der geringeren Ozonabnahme weniger stark und wegen der höheren Variabilität der nordhemisphärischen Zirkulation weniger eindeutig bestimmten Ursachen zuzuordnen.[5]

Die Verstärkung der Zirkulation um die Antarktis hat zudem eine Verringerung des Niederschlags zwischen 35° und 50° S zur Folge. So haben sich die Winterniederschläge im südwestlichen Westaustralien in den letzten 50 Jahren um 15-20 % reduziert. Unmittelbare Ursache ist eine Südverschiebung der niederschlagsbringenden Zyklonen. Der Anteil der stratosphärischen Ozonabnahme und des polaren Vortex an diesen Veränderungen zeigt die Bedeutung der Stratosphäre auch für das Klima in Bodennähe. Offensichtlich ist aber auch die globale Erwärmung daran beteiligt.[6]

Einzelnachweise

  1. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge and New York, 2.2.4
  2. Thompson, D.W.J., and S. Solomon (2002): Interpretation of Recent Southern Hemisphere Climate Change, Science 296, 895-899
  3. Thompson, D.W.J., and S. Solomon (2002): Interpretation of Recent Southern Hemisphere Climate Change, Science 296, 895-899
  4. Gillett, N.P., and D.W.J. Thompson (2003): Simulation of Recent Southern Hemisphere Climate Change, Science 302, 273-275
  5. Kindem, I.T., and B. Christiansen (2001): Tropospheric Response to Stratospheric Ozone Loss, Geophys. Res. Lett. 28 , 1547-1550
  6. Karoly, D.J. (2003): Ozone and Climate Change, Science 302, 236-237

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