Klimatische Auswirkungen des Ozonlochs

Aus Klimawandel

In den letzten Jahrzehnten hat der Mensch nicht nur durch die Emission von Treibhausgasen das Klima der Erde verändert. Auch die Zerstörung von Ozon in der unteren Stratosphäre durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) hat das Klima beeinflusst, über große Teile der Südhalbkugel als Folge des sog. „Ozonlochs“ zumindest im Süd-Sommer sogar stärker als die Zunahme von Treibhausgasen.

Ozongehalt in Dobson Unit[1] und stratospärische Temperaturen über der Arktis (in Kelvin)[2] seit 1979

Klimatische Auswirkungen in der Stratosphäre

Ozon ist ein Treibhausgas, das zu 90 % in der Stratosphäre vorkommt. Es erwärmt durch die Absorption von Sonnenstrahlung vor allem die untere Stratosphäre, wo es primär konzentriert ist. Die Ozonzerstörung hat daher einen abkühlenden Effekt in der Stratosphäre. Dieser ist besonders groß über der Antarktis, wo im Südfrühling (September bis November) die Zerstörung von Ozon ca. 80 % beträgt.[3] Zwischen 1960 bis 2000 betrug die Abkühlung in der unteren Stratosphäre über der Antarktis ca. 8 °C. Auch die langlebigen Treibhausgase wirken auf die Stratosphäre abkühlend, da sie die Wärme in der Troposphäre zurückhalten. Ihr Abkühlungseffekt ist jedoch deutlich geringer über der Antarktis.[4]

Der starke Temperaturrückgang durch das Ozonloch hat wichtige Konsequenzen für die atmosphärische Zirkulation der südlichen Hemisphäre. Die Abkühlung der unteren Stratosphäre über der Antarktis erhöht auf der Höhe der Tropopause den Temperaturgegensatz zwischen der Polarregion und den mittleren Breiten. Dadurch wird der stratosphärische Polarjet von Oktober bis Dezember verstärkt und polwärts verschoben.[3]

Klimatische Folgen in der Troposphäre

Diese Veränderungen sind gekoppelt mit der troposphärischen Zirkulation, bei einer zeitlichen Verzögerung von ein bis vier Monaten. Die Antarktische Oszillation (AAO), die mit der Arktischen Oszillation (AO) auf der Nordhalkugel vergleichbar ist, verstärkt sich und die von ihr angetriebenen Westwinde der Südhalbkugel verschieben sich polwärts. Dabei werden die Stürme polwärts bei ca. 60 °S bzw. um die Antarktis herum intensiver und in den mittleren Breiten bei ca. 40 °S schwächer. Da die Ozonzerstörung vor allem im Süd-Frühling abläuft, macht sich die Verstärkung der Stürme aufgrund der zeitlichen Verzögerung primär im Süd-Sommer bis hin in den Herbst bemerkbar.[4]

Die Veränderung der atmosphärischen Zirkulation hat für große Teile der Ostantarktis eine Abkühlung im Süd-Sommer und –Herbst zur Folge. Umgeben wird der Bereich der Abkühlung von einem Band zunehmender Temperaturen in den mittleren Breiten. Über der Ostantarktis wurden an vielen Stationen zwischen 1969 und 2000 eine Abkühlung beobachtet, während die bis fast 60 °s.Br. reichende Antarktische Halbinsel eine Erwärmung von 1,5 °C zeigte. Bei der Erwärmung der Antarktischen Halbinsel spielten ozeanische Strömungen eine wichtige Rolle, die wärmeres Wasser heranführen und unter dem Einfluss der AAO stehen (s.u.).[4] Die Abkühlung über dem ostantarktischen Eisschild wurde auch auf die Unterdrückung katabatischer Winde durch die erwähnte Verstärkung und Verschiebung der Westwinde zurückgeführt.[5] Katabatische Winde sind hangabwärts gerichtete Strömungen kalter Luftmassen, die von den Hochflächen des Antarktischen Eisschildes Richtung Küste fließen und dabei auch Sturmstärke erreichen können.[6] Das Abfließen der Kaltluft kann durch die Verschiebung der Antarktischen Oszillation Richtung Pol und ihre Intensivierung gebremst werden, wodurch kalte Luftmassen über dem Eisschild konserviert werden.

Auswirkungen auf den Ozean

Die Westwinde der Antarktischen Oszillation sind der wichtigste Antrieb der Ozeanströmungen rund um die Antarktis, die als Antarktischer Zirkumpolarstrom bezeichnet werden, den Indischen, Pazifischen und Atlantischen Ozean miteinander verbinden und die größte Ozeanströmung des Planeten darstellen. Dieser Ozeanbereich wird auch oft als Südlicher Ozean bezeichnet. Direkt am Kontinentalrand herrschen allerdings von Osten nach Westen gerichtete Meeresströmungen vor, die von Ostwinden angetrieben werden, welche aus dem Kältehoch über der Antarktis und der Corioliskraft entstehen. Zwischen beiden Strömungssystemen gibt es großräumige Wirbel, die im Uhrzeigersinn fließen. Im Bereich zwischen dem Antarktischen Zirkumpolarstrom und diesen subpolaren Wirbeln steigt salzreiches und warmes Tiefenwasser auf.[5]

Welche Wirkung nun die durch das Ozonloch angestoßene Verstärkung der Westwinde auf die Meeresströmungen genauer besitzten, ist wenig gesichert. Eine Folge könnte die Verstärkung von Auftriebswasser auf der polwärtigen Seite der Westwinddrift sein. Die Westwinde lenken die Meeresströmungen auf der Südhalbkugel aufgrund der Corioliskraft nach links, also nach Norden, ab. Stärkere Westwinde verstärken diesen Mechanismus. Dadurch gelangt mehr wärmeres und salzreicheres Tiefenwasser an die Oberfläche, das größtenteils im Nordatlantik gebildet wurde.[5] Darin könnte eine Ursache der starken Erwärmung der Antarktischen Halbinsel in den letzten Jahrzehnten liegen.

Einflüsse auf Meereis und Eisschild

Anders als das stark abnehmende arktische Meereis hat die Ausdehnung des antarktischen Meereises in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten um 1 % pro Jahrzehnt zugenommen. Nach einigen Modellsimulationen sollte es dagegen als Reaktion auf die stratosphärische Ozonzerstörung abnehmen. So sollten die stärkeren Westwinde ein Abdriften von Eis in wärmere Gebiete nach Norden bewirken, wo es dann abschmelzen würde. Außerdem sollte sich das Ozeanwasser durch die stärkere vertikale Vermischung als Folge der intensiveren Westwinde erwärmen und das Eis von unten abschmelzen. Die beobachtete Ausdehnung der antarktischen Meereisfläche kann daher nicht aus der Ozonabnahme erklärt werden. Sie steht auch im Widerspruch zur Erwärmung der Lufttemperatur durch die erhöhte Konzentration von Treibhausgasen. Möglicherweise geht die verstärkte Ausdehnung des antarktischen Meereises auf natürliche Schwankungen im Klimasystem zurück. Eine Rolle könnte auch das kalte Schmelzwasser spielen, das zunehmend durch Schmelzprozesse am Rande des antarktischen Eisschildes ins Meer gelangt und so das antarktische Meereis gegen den Auftrieb von warmem ozeanischen Tiefenwasser abschirmt.[4][7]

Auch der Einfluss der stratosphärischen Ozonabnahme auf den antarktischen Eisschild ist weitgehend unklar. Der Eisschild verliert z.Zt. eine Masse von 250 Gt/Jahr, was einem Meeresspiegelanstieg von 0,7 mm pro Jahr entspricht. Die Ursache wird weniger in dem Verhältnis von Niederschlag und Eisschmelze an der Oberfläche gesehen, sondern primär in dem verstärkten Abfluss von Auslassgletschern, der wiederum hauptsächlich durch Abschmelzen von unten her durch wärmeres Ozeanwasser verursacht wird. Das wärmere Ozeanwasser wurde allerdings mit der Ozonzerstörung und den dadurch stärkeren Westwinden in Verbindung gebracht.[4]

Auswirkungen der Schließung des Ozonlochs

Eine Rückkehr der Ozonschicht zu den Verhältnissen um 1980 wird um 2050 erwartet. Die klimatischen Auswirkungen dieser weitgehenden Wiederherstellung der stratosphärischen Ozonschicht über der Antarktis stehen im Gegensatz zu der bisherigen Klimawirkung durch die Ozonzerstörung; d.h. die Westwinde rund um die Antarktis werden sich durch die Wiederherstellung der Ozonschicht abschwächen und die troposphärische Zirkulation wird sich wieder Richtung Äquator verschieben. Allerdings werden diese Effekte weitgehend durch die weiter ansteigende Konzentration der Treibhausgase wieder aufgehoben. Während beide Veränderung, die zunehmenden Treibhausgase in der Atmosphäre und die Bildung des Ozonlochs, am Ende des 20. Jahrhunderts sich in ihrer Klimawirkung verstärkt haben, wirken sie im 21. Jahrhundert gegeneinander. Vor allem in den nächsten 50 Jahren ist damit zu rechnen, dass sich die Stärke der Westwinde um die Antarktis kaum verändern wird, da die zunehmenden Treibhausgase in der Troposphäre auf sie verstärkend wirken, die zunehmende Ozonkonzentration in der Stratosphäre sie dagegen abschwächt. Erst in der zweiten Jahrhunderthälfte könnte die Wirkung der Treibhausgase dominant werden, möglicherweise aber auch durch die starken internen Klimaschwankungen überdeckt werden.[4] Ob der eine oder der andere Einfluss auf die Antarktische Oszillation dominieren wird, hängt allerdings auch von der Zunahme der Treibhausgase ab. Bei einer sehr schwachen Zunahme, d.h. nach dem Szenario RCP2.6, wird die allmähliche Schließung der dominierende Einfluss sein, in dem Szenario RCP8.5 mit hoher Zunahme der Treibhausgaskonzentration wird die Antarktische Oszillatio weiter verstärken.[8]

Einzelnachweise

  1. Ein Maß für den Gesamtgehalt des Ozons in der Atmosphäre. Gemessen wird die Gesamtmenge des Ozons über dem Boden. 100 DU entsprechen einer "Säule" von 1 mm reinem Ozon.
  2. O °C = 273,15 K; die Differenz von 1 K ist gleich der Differenz von 1 °C
  3. 3,0 3,1 Thompson, D.W.J., et al. (2011): Signatures of the Antarctic ozone hole in Southern Hemisphere surface climate change, Nature Geoscience 4, 741-749
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Previdi, M., and L.M. Polvania (2014): Review Article. Climate system response to stratospheric ozone depletion and recovery, Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, DOI:10.1002/qj.2330
  5. 5,0 5,1 5,2 Fahrbach, E., G. Rohardt, V. Strass und H.H. Hellmer: Der antarktische Wasserring: Struktur, Dynamik und globale Bedeutung, in: José L. Lozán, Hartmut Graßl, Dirk Notz, Dieter Piepenburg (Hrsg., 2014): Warnsignal Klima: Die Polarregionen, 72-79
  6. Heinemann, G. (2014): Der katabatische Wind über den polaren Eisschilden, in: : José L. Lozán, Hartmut Graßl, Dirk Notz, Dieter Piepenburg (Hrsg., 2014): Warnsignal Klima: Die Polarregionen, 260-264
  7. Sigmond, M., and J.C. Fyfe (2014): The Antarctic Sea Ice Response to the Ozone Hole in Climate Models, Journal of Climate 27, 1336-1342
  8. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 14.5.2 und 11.3.2.4.2

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