Lew Tolstoi: Unterschied zwischen den Versionen

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Neben staatlichen Willkürmaßnahmen wie der Hausdurchsuchung 1908, bei der alle auffindbaren Texte konfisziert wurden, verschärften sich auch familiäre Konflikte. Da seine Frau den Verzicht auf gemeinsame Besitztümer ablehnte, verließ Lew Tolstoi mit seinem Arzt und seiner jüngsten Tochter die Familie zu einer letzten, spektakulären Reise in Richtung Süden. Auf dieser Reise im offenen Zug holte er sich eine Lungenentzündung und er starb auf der Reise am 7. November 1910 im Bahnwärterhäuschen von Astapowo (heute zur Oblast Lipezk) - umlagert von der Weltpresse. Zwei Tage später wurde er in Jasnaja Poljana begraben.
Neben staatlichen Willkürmaßnahmen wie der Hausdurchsuchung 1908, bei der alle auffindbaren Texte konfisziert wurden, verschärften sich auch familiäre Konflikte. Da seine Frau den Verzicht auf gemeinsame Besitztümer ablehnte, verließ Lew Tolstoi mit seinem Arzt und seiner jüngsten Tochter die Familie zu einer letzten, spektakulären Reise in Richtung Süden. Auf dieser Reise im offenen Zug holte er sich eine Lungenentzündung und er starb auf der Reise am 7. November 1910 im Bahnwärterhäuschen von Astapowo (heute zur Oblast Lipezk) - umlagert von der Weltpresse. Zwei Tage später wurde er in Jasnaja Poljana begraben.


==Werk==
==Werke==
* [[Krieg und Frieden]]
* [[Krieg und Frieden]]
* [[Anna Karenina]]
* [[Anna Karenina]]
* [[Die Kreutzersonate]]
* [[Die Kreutzersonate]]
* [[Wieviel Erde braucht der Mensch?]]
* [[Der Tod des Iwan Iljitsch]]


==Bedeutung und Wirkung==
==Bedeutung und Wirkung==

Aktuelle Version vom 28. Mai 2008, 13:54 Uhr

Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (* 28. August/9. September 1828 in Jasnaja Poljana bei Tula; † 7./20. November 1910 in Astapowo) war ein russischer Schriftsteller. Seine Hauptwerke Krieg und Frieden und Anna Karenina hatten entscheidenden Einfluss auf die Literaturgattung des historischen Romans.

Lev Tolstoj

Biographie

Kindheit und Jugend

Tolstoi entstammte einem alten russischen Adelsgeschlecht. Nachdem er mit neun Jahren Vollwaise wurde, übernahm die Schwester seines Vaters die Vormundschaft. An der Universität Kasan begann er 1844 das Studium orientalischer Sprachen. Nach einem Wechsel zur juristischen Fakultät brach er das Studium 1847 ab, um zu versuchen, die Lage der 350 geerbten Leibeigenen im Stammgut der Familie in Jasnaja Poljana mit Landreformen zu verbessern (Der Morgen eines Gutsbesitzers).

Militärdienst

Von 1851 an erlebte er in der zaristischen Armee als Feuerwerker einer Artilleriebrigade die Kämpfe im Kaukasus. Seine Erfahrungen mit jenen, die den Krieg führen müssen, beeinflussten seine frühen Kaukasus-Erzählungen (Der Holzschlag, Der Überfall). Nach Ausbruch des Krimkriegs erlebte er 1854 den Stellungskrieg in der belagerten Festung Sewastopol. Die realistischen Berichte aus diesem Krieg (1855: Sewastopoler Erzählungen) machten ihn als Schriftsteller früh bekannt.

Pädagogische Reformbestrebungen

Aus pädagogischem Interesse bereiste er 1857 und 1860/61 westeuropäische Länder. Er besuchte Künstler (Charles Dickens, Iwan Sergejewitsch Turgenew) und Pädagogen (Friedrich Fröbel, Adolph Diesterweg). Nach der Rückkehr verstärkte er die reformpädagogischen Bestrebungen und richtete Dorfschulen nach dem Vorbild Rousseaus ein. Seit 1855 lebte er abwechselnd auf dem Gut Jasnaja Poljana, in Moskau und in Sankt Petersburg. Einer dort am Zarenhof lebenden Verwandten (A. A. Tolstaja) schrieb er:

Wenn ich eine Schule betrete und diese Menge zerlumpter, schmutziger, ausgemergelter Kinder mit ihren leuchtenden Augen ... sehe, befällt mich Unruhe und Entsetzen, ähnlich wie ich es mehrmals beim Anblick Ertrinkender empfand. Großer Gott -- wie kann ich sie nur herausziehen? wen zuerst, wen später? ... Ich will Bildung für das Volk einzig und allein, um die dort ertrinkenden Puschkins, ...Lomonossows zu retten. Und es wimmelt von ihnen an jeder Schule.

Er strebte dabei nicht vorrangig Auslese an, sondern eine den verschiedenen kindlichen Persönlichkeiten angepasste Bildung. Nachdem die Schule durch die zaristische Verwaltung geschlossen wurde, verfolgte Tolstoi die pädagogischen Ziele weiter. Er schrieb Lesebücher, welche Erzählungen zu Geschichte, Physik, Biologie und Religion enthielten, um Kindern moralische und soziale Werte zu vermitteln. Generationen russischer Kinder erhielten bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhundert mit seinem Alphabet die Grundschulbildung. Er hatte damit großen Einfluss auf die Reformbewegungen der Freien Schulen wie Summerhill.

Im Jahre 1862 heiratete Tolstoi die achtzehnjährige deutschstämmige Sofia Andrejewna Bers (1844 - 1919), mit der er insgesamt 13 Kinder hatte. In den folgenden Jahren seiner Ehe schrieb er die monumentalen Romane Krieg und Frieden sowie Anna Karenina, die Tolstois literarischen Weltruhm begründeten. In seinem Tagebuch hatte er Mitte der 1850er Jahre notiert: Es gibt etwas, was ich mehr als das Gute liebe: Ruhm.

Tolstoi war überzeugter Vegetarier:

  • Fleischessen ist ein Überbleibsel der größten Rohheit. Der Übergang zum Vegetarismus ist die erste und natürlichste Folge der Aufklärung.
  • Vom Tiermord zum Menschenmord ist es nur ein Schritt und damit auch von der Tierquälerei zur Menschenquälerei.
  • Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben.
  • Wenn Du keinen Menschen töten kannst - gut; kannst Du kein Vieh und keine Vögel töten - noch besser; keine Fische und Insekten - noch besser. Bemüh Dich, soweit wie möglich zu kommen. Grüble nicht, was möglich ist und was nicht. Tu, was Du mit Deinen Kräften zustande bringst. Darauf kommt alles an.

Die Zeit des inneren Umbruchs

Mit dieser großen Anerkennung begann für Tolstoi eine Phase der Orientierungslosigkeit. Er fühlte sich „am Abgrund angelangt“. Als Beteiligter an der Volkszählung im Jahr 1882 in Moskau nahm er ein Elend unter den Arbeitern wahr, welches die Armut der Bauern noch übertraf. Tief erschüttert versuchte er der Landflucht entgegenzuwirken, indem er Hilfe für von Missernten betroffene Bauern organisierte. Seine Sinnsuche erstreckte sich auf immer weitere Bereiche. So verzichtete er auf Rauchen, Alkohol und die Jagd („Grausame Vergnügungen“), setzte sich wiederholt und oft erfolgreich für politisch und religiös Verfolgte ein, besuchte wegen Kriegsdienstverweigerung Inhaftierte im Gefängnis und blieb als Autor weiterhin produktiv, unterstützt von seiner Frau, die allein die 1650 Seiten von Krieg und Frieden sieben Mal abgeschrieben haben soll. In der Erzählung Der Leinwandmesser verspottete er aus der Sicht eines Pferdes menschliches Besitzstreben:

Es gibt Menschen, die ein Stück Land Mein nennen, und dieses Land nie gesehen und betreten haben. Die Menschen trachten im Leben nicht danach zu tun, was sie für gut halten, sondern danach, möglichst viele Dinge Mein zu nennen.

Seit 1881 hatte er sich intensiv religiösen Fragen zugewandt. In einer Reihe von Gesprächen mit führenden Geistlichen wie dem Metropolit von Moskau sowie auf Reisen zu verschiedenen Kirchen und Klöstern entwickelte er eine Abneigung gegenüber der ihm begegnenden rituellen Form der Religiosität. Dieser und auch der in westlichen Kirchen praktizierten, den Kriegsdienst bejahenden Glaubensausübung stellte er die schlichten Lehren Jesu gegenüber. Hierzu übersetzte er die Evangelien erneut ins Russische. Als Kern betonte er hierbei die Nächstenliebe sowie den Appell, dem Bösen nicht mit Gewalt zu widerstehen.

Die Verbreitung seiner Anschauungen (Kirche und Staat, Was darf ein Christ und was nicht?) zog den Widerstand politischer und kirchlicher Einrichtungen nach sich.

Die Zeit der äußeren Konflikte

Der Achtung im Ausland folgte eine Ächtung im Inland. Seit 1882 unterstand er polizeilicher Überwachung. Meine Beichte sowie Worin mein Glaube besteht wurden mit dem Erscheinen sofort verboten. Über Tolstoi wurde das Gerücht verbreitet, er sei geistesgestört. Als Tolstoi angesichts der Verfolgung seiner Anhänger seine Verantwortung als Urheber betonte, antwortete man: Herr Graf! Ihr Ruhm ist zu groß, als dass unsere Gefängnisse ihn unterbringen könnten! Die Veröffentlichung des Romans Auferstehung führte dazu, dass ihn der Heilige Synod im Februar 1901 exkommunizierte, da er - unter anderem

  • „den als Dreieinigkeit gepriesenen Gott leugne“;
  • „den von den Toten auferstandenen Gottmenschen Christus leugne“;
  • „die Jungfräulichkeit Marias vor und nach Christi Geburt leugne“;
  • „das Geheimnis des Abendmahls lästere“; (Tolstoi verneinte Wunder an sich und insbesondere die Verwandlung des Abendmahlsbrotes in den Leib Jesu).

Tolstoi lehnte sozialistische Bestrebungen im Sinn einer Diktatur des Proletariats ab: „Bislang haben die Kapitalisten geherrscht, dann würden Arbeiterfunktionäre herrschen.“ Mit seinem moralischen Rigorismus sah er sich in einem Gewissenszwiespalt, vor dem er sich selbst und der reichen Oberschicht, der er entstammte, eine egozentrische und sinnentleerte Lebensweise vorwarf. Seine Haltung führte ihn zur Frage nach beständigen moralischen Werten, die er für sich mit dem Anspruch auf bedingungslose Nächstenliebe und radikale Gewaltlosigkeit beantwortete. Vor diesem Hintergrund galt Tolstoi in seinen späten Jahren als Vertreter eines religiös inspirierten Anarchismus. Dabei galt Tolstois Werk als mit wegbereitend für die Revolution von 1905. Sein Freund Wladimir Stassow schrieb ihm am 18. September 1906: „Ist die ganze gegenwärtige russische Revolution nicht etwa aus Ihrem feuerspeienden Vesuv hervorgeschossen?“

Neben staatlichen Willkürmaßnahmen wie der Hausdurchsuchung 1908, bei der alle auffindbaren Texte konfisziert wurden, verschärften sich auch familiäre Konflikte. Da seine Frau den Verzicht auf gemeinsame Besitztümer ablehnte, verließ Lew Tolstoi mit seinem Arzt und seiner jüngsten Tochter die Familie zu einer letzten, spektakulären Reise in Richtung Süden. Auf dieser Reise im offenen Zug holte er sich eine Lungenentzündung und er starb auf der Reise am 7. November 1910 im Bahnwärterhäuschen von Astapowo (heute zur Oblast Lipezk) - umlagert von der Weltpresse. Zwei Tage später wurde er in Jasnaja Poljana begraben.

Werke

Bedeutung und Wirkung

Unterricht

Literatur

Weblinks

Lew Nikolajewitsch Tolstoi Linksammlung auf dem Hamburger Bildungsserver


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