Tartuffe

Aus Weltliteratur

Tartuffe (Originaltitel: Tartuffe ou L'Imposteur) ist eine Komödie in fünf Akten von Molière, die am 12. Mai 1664 uraufgeführt wurde.

Inhalt

Orgons Familie ist verzweifelt, da dieser von dem Betrüger Tartuffe getäuscht worden ist, der sich als besonders frommer Mann ausgibt. Seit Tartuffe in Orgons Haus lebt, befolgt Orgon alle Ratschläge, die ihm der Betrüger gibt. Schließlich beschließt Orgon, seine Tochter Mariane mit Tartuffe zu verheiraten, obwohl sie mit Valère verlobt ist. Mariane ist unglücklich über die Entscheidung ihres Vaters, daher versucht ihre Stiefmutter Elmire vergebens, Tartuffe von seinen Heiratsplänen abzubringen. Während des Gesprächs macht Tartuffe Elmire Avancen und wird von Damis, Orgons Sohn beobachtet. Gegen den Willen von Elmire berichtet Damis Orgon, der gerade nach Hause kommt, von dieser Szene. Orgon glaubt seinem Sohn nicht, da Tartuffe geschickt Reue heuchelt. Stattdessen enterbt Orgon Damis und beschließt, Tartuffe seinen gesamten Besitz zu überschreiben. Inzwischen wird Mariane immer unglücklicher, da ihr Vater nicht von seinem Plan bezüglich ihrer Heirat ablassen will. Elmire gelingt es, die Unterzeichnung des Vertrags hinauszuzögern. Sie verspricht ihrem Mann, zu beweisen, dass Damis Recht hat, und Tartuffe tatsächlich in sie verliebt ist. Orgon willigt ein, sich unter dem Tisch zu verstecken, während Elmire Tartuffe zu sich bittet und vorgibt, ihn ebenfalls zu lieben. Tartuffe geht sofort auf ihr Angebot ein und Elmire schickt ihn für kurze Zeit hinaus, um mit ihrem Mann zu reden. Orgon realisiert, dass seine Familie im Bezug auf Tartuffe Recht hat und dieser ein Heuchler und Betrüger ist. Als Tartuffe zurückkommt, stellt Orgon ihn zur Rede und will den Betrüger aus dem Haus werfen. Tartuffe macht ihn jedoch darauf aufmerksam, dass Orgon ihm das Haus überschrieben hat und er daher neuer Hausherr ist. Plötzlich fällt Orgon ein, dass er Tartuffe wichtige Papiere eines Freundes, der flüchten musste, übergeben hat. Schließlich kommt Frau Pernelle, Orgons Mutter auf Besuch. Wie ihr Sohn war Pernelle von Tartuffe begeistert und selbst als ihr Orgon dessen wahren Charakter schildert, lässt sie sich nicht von ihren Ansichten abbringen. Dann kommt Herr Loyal, ein von Tartuffe geschickter Gerichtsvollzieher, um der Familie mitzuteilen, dass sie bis morgen Früh das Haus räumen müssen. Nun erkennt sogar Frau Pernelle, dass Tartuffe ein Betrüger ist. Während die Familie überlegt, was zu tun ist, erscheint Valère, um Orgon zu warnen: Tartuffe hat die Papiere dem König übergeben, der Orgon nun verhaften lassen will. Die Familie plant ihre Flucht, als plötzlich Tartuffe in Begleitung eines Polizisten zurückkehrt. Die Familie wirft Tartuffe alle seine Vergehen vor und Tartuffe bittet den Polizisten, seinen Auftrag auszuführen. Zur Überraschung aller verhaftet der Polizist daraufhin Tartuffe selbst, da dieser ein bekannter Betrüger ist, der auch schon unter anderem Namen aufgetreten ist. Damit ist die Schenkung rückgängig gemacht und schließlich erlaubt Orgon die Heirat von Valère und Mariane.

Interpretation

Als Molière dieses Stück verfasste, griff er damit eine äußerst einflussreiche Partei an: die Frommen (dévots). Unter ihnen befanden sich einerseits Männer, die von ehrlichem Glaubenseifer erfüllt waren, andererseits jedoch auch solche, welche die Macht der Religion zu ihren Gunsten auszunutzen verstanden. Diese zweite Gruppe wird von Molière kritisiert.

Das Stück behandelt jedoch nicht nur religiöse Fragen, sondern schildert auch eine Familie des Bürgertums. Orgon, der sich eine solide finanzielle Position erarbeitet hat, versucht seine gesellschaftliche Stellung religiös zu legitimieren. Wie alle Großbürger bei Molière ist er durch eine gewisse Naivität gekennzeichnet. Seine Kinder behandelt er diktatorisch. Wie in verschiedenen anderen Stücken des Autors kommt das Thema der Zwangsheirat (mariage forcé) zur Sprache.

Mit der Anspielung auf die Fronde, durch welche Frankreich etwa 15 Jahre zuvor gespalten wurde, wird der Bezug zur zeitgeschichtlichen Realität hergestellt. Die Rolle des Königs als Deus ex machina ist nicht zuletzt damit zu erklären, dass Molière ihm gegenüber zu einer Dankesschuld verpflichtet war, da ohne die Bewilligung von Ludwig XIV., der wie Molière zu jener Zeit der religiösen Partei gegenüber feindlich eingestellt war, das Stück wohl kaum hätte aufgeführt werden können.

Eine Besonderheit des Stücks ist der späte Auftritt des Protagonisten, der erst im Verlauf des dritten Aktes die Bühne betritt. Neben Orgon (der von Molière gespielt wurde) und Tartuffe gibt es folgende, recht typisierte Nebenrollen: naive und ungestüme Kinder (Damis, Marianne und Valère), von der Vernunft geleitete Personen (Elmire und Cléante), die Dienerin des Hauses, die mit gesundem Menschenverstand gesegnet ist und kein Blatt vor den Mund nimmt (Dorine), die altmodische Mutter des Hausherrn (Madame Pernelle, wurde zu Molières Zeiten von einem Mann gespielt).

Obwohl das Stück viele typisierte Elemente enthält, bleibt die Infragestellung einer Religion, die sich zur Diktatur entwickeln kann, revolutionär. Zusammen mit Don Juan ist dies eines der Stücke, das am meisten Polemik und Widerstand hervorgerufen hat.

Literatur

Weblinks


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