Luís Vaz de Camões

Aus Weltliteratur
Luís de Camões

Luís Vaz de Camões (* 1524/1525 vermutlich in Coimbra oder Lissabon; † 10. Juni 1580 in Lissabon) gilt als portugiesischer Nationaldichter. Er ist der Verfasser des Nationalepos Os Lusíadas (1572), Die Lusiaden.

Biographie

Der Geburtsort des Dichters ist nicht endgültig geklärt. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er in jedem Fall in der Universitätsstadt Coimbra, wo sein Onkel Kanzler der Universität war. Anschließend ging Camões nach Lissabon, in die Stadt seines Vaters. Wahrscheinlich hatte Camões kein förmliches Studium absolviert, beherrschte aber dennoch die wichtigsten Sprachen seiner Zeit, Latein, Italienisch und Spanisch, und eine z.T. autodidaktisch erworbene umfangreiche klassisch humanistische Bildung. In Lissabon lebte er zwar in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen, nahm aber dennoch am gesellschaftlichen Leben in den Palästen der Stadt teil. Camões geriet anscheinend des öfteren mit den Regeln der damaligen Gesellschaft in Konflikt, weshalb er mehrfach verbannt wurde und 1553 für einige Monate im Gefängnis landete. Möglicherweise waren außerhalb der Norm liegende Liebesaffären die Ursache für das eine, ein handgreiflicher Streit mit einem Diener des königlichen Palastes die für das andere. Bei seiner Verbannung nach Nordafrika soll er in der Schlacht bei Ceuta sein rechtes Auge verloren haben.

Nach seinem Gefängnisaufenthalt ging Camões im Dienste des Königs João III. für 16 Jahre in die portugiesischen Kolonien Goa und Macao, wo auch sein Hauptwerk Os Lusíadas entstand, das seinen Ruhm bis heute begründet. Beruflich und wirtschaftlichen waren die Jahre auf dem indischen Subkontinent wenig erfolgreich. Auf der Rückfahrt nach Portugal wurde er Opfer eines Schiffbruchs und konnte nur das Epos retten. Bei dem Unglück verlor er seine 'geliebte Frau', vermutlich eine Chinesin, die er in Übersee kennengelernt hatte. Auch die anschließenden Jahre in Portugal verschafften ihm keinen Wohlstand. Nach der Veröffentlichung der Lusiaden erhielt er immerhin eine bescheidene Rente. Nach zeitgenössischen Aussagen starb er in Armut.

Werk

Lyrik

Camões Werk besteht hauptsächlich aus zahlreichen Gedichten und dem Epos Os Lusíadas. Daneben verfasste er auch einige Dramen. In seinem lyrischen Werk versuchte er sich mit den großen lateinischen Vorbildern Vergil, Horaz und Ovid zu messen. Seine Verse behandeln häufig den Liebesschmerz in der Anbetung unerreichbarer Damen. Andererseits schrieb er Gedichte, in denen er die barocke Wechselhaftigkeit des Schicksals und Vergänglichkeit des Lebens vor Augen führt. Berühmt dafür ist sein Gedicht Babel e Sião, (1572; dt. An den Flüssen, die durch Babylon ziehen - nah dem ) das die Gefangenschaft der Juden in Babylon behandelt und in dem er einerseits die Vergänglichkeit alles Irdischen zeigt, aber auch deren Überwindung durch die Betrachtung des Absoluten. Trotz seiner Orientierung an der römischen Antike entwickelte Camões einen durchaus eigenständigen Stil, der eigenes Empfinden durch kraftvolle poetische Bilder auszudrücken imstande ist.

Os Lusíadas (Die Lusiaden)

Das Epos feiert die historischen Leistungen der Lusitanier (der Portugiesen), vor allem ihre verwegenen Seefahrten und großen Entdeckungen. Im Mittelpunkt steht die Entdeckungsreise Vasco da Gamas um Afrika herum nach Indien. Während dieser Reise macht die Expedition Station bei verschiedenen Herrschern, denen Vasco und sein Bruder Paolo die großen Ereignisse der portugiesischen Geschichte berichten, bis hin zu den mythologischen Anfängen durch den Gründer Lusitaniens, den sagenhaften Luso. In der Tradition der Antike, vor allem der Aeneis Vergils, aber auch der Epen Homers, denen Camões nacheiferte, bestimmen die Götter die irdischen Geschicke. Venus und Jupiter begünstigen die Portugiesen bei ihren seefahrerischen Unternehmungen, Bacchus dagegen will die Entdeckung des Seewegs nach Indien verhindern. So geraten die Portugiesen durch Bacchus und dessen Verbündeten Neptun oft in Schwierigkeiten und werden immer wieder durch Venus daraus befreit. Am Ende werden sie auf einer paradiesischen Insel von Venus durch ein Liebesmahl belohnt. Und es wird ihr Ruhm verkündet, der europäischen Menschheit ein neues Weltbild gegeben zu haben.

Anders als Vergil oder Homer möchte Camões in seinem Epos nicht die großen Taten einzelner Helden verkünden, sondern die eines ganzen Volkes. Das gelingt ihm jedoch nicht, da auch er die großen Einzelnen, Könige, Fürsten, Entdecker, rühmt, während das Volk selbst gar nicht vorkommt. Auch die Vermischung geschichtlicher und mythologischer Handlungsebenen, das durchgehende Eingreifen der antiken Götter in das irdische Geschehen, war nicht mehr zeitgemäß und wurde später von Voltaire als "absurd" verspottet. Hinzu kommen Widersprüchlichkeiten in Camões Haltung zum Krieg oder zu den Entdeckungsfahrten, die schon früh Kritik hervorriefen. Dennoch hat er mit den Lusiaden ein bedeutendes Nationalepos geschaffen, dessen Einfluss auf die portugiesische Sprache, in die zahlreiche Wendungen aus dem Werk als Sprichwörter eingegangen sind, bis heute anhält.

Wirkung

In Portugal genießt Camões große Verehrung und wird gelegentlich als portugiesischer Homer gelobt. Sein Todestag, der 10. Juni, ist portugiesischer Nationalfeiertag. Auch der höchste portugiesische Literaturpreis, Prémio Camões, der seit 1989 jährlich verliehen wird, wurde nach ihm benannt.

Literatur

  • Kurt Scharf: Camões, Luís Vaz de; in Metzler Lexikon Weltliteratur Band 1, Stuttgart 2006, S. 241--243
  • Os Lusíadas; Kindlers Literatur Lexikon, München 1974, 5853-5856


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