Iwan Turgenjew

Aus Weltliteratur

Iwan Sergejewitsch Turgenew (oft auch nach einer älteren Transkription Turgenjew; * 28. Oktober/9. November 1818 in Orjol (Russland); † 22. August/3. September 1883 in Bougival bei Paris (Frankreich) war ein russischer Schriftsteller. Turgenew hat in der russischen Literatur eine Vorreiterposition eingenommen. Er war der Erste, der über die Nöte und Ängste der russischen Gesellschaft schrieb.

Iwan Turgenjew

Leben

Turgenew stammte aus einem alten Adelsgeschlecht, sein Vater war Offizier in der russischen Armee. 1827 wurde seine Erziehung in einem Moskauer Pensionat fortgesetzt. Nach dem Schulabschluss studierte er Literatur, 1833/34 in Moskau, von 1834 bis 1837 in Sankt Petersburg. Von 1838 bis 1841 begab er sich zum Studieren ins Ausland; in Berlin befasste er sich insbesondere mit der Philosophie Hegels. In diese Zeit fällt auch seine erste Begegnung mit Nikolai Wladimirowitsch Stankewitsch und Michail Alexandrowitsch Bakunin.

Schon 1838 erschienen einige Gedichte Turgenews im Druck. Nach dem Studium war er allerdings erst zwei Jahre lang im Staatsdienst tätig, bevor er sich für die Existenz als freier Schriftsteller entschied. Sein Erstlingswerk in erzählender Prosa ist die 1844 publizierte Novelle Andrei Kolosow.

Ab 1855 lebte Turgenew mit nur kurzen Unterbrechungen im Ausland, besonders in Deutschland und Frankreich, von wo aus er die Unruhen im eigenen Land verarbeitete. Sieben Jahre hatte er seinen festen Wohnsitz in Baden-Baden. Zu seinem Freundeskreis zählten unter anderem Gustave Flaubert, Prosper Mérimée, Berthold Auerbach, Paul Heyse, Gustav Freytag und Theodor Storm.

Werk

Turgenew gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des russischen Realismus. Sein Werk hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des "melancholischen Impressionismus" in Westeuropa. In frühen Jahren bis 1847 pflegte er vor allem die Lyrik (Bsp.: die Versnovelle Parascha, 1843). Ab 1855 trat er dann vermehrt als Autor von Dramen und Komödien hervor, die in ihren äußerlich wenig dramatischen Entwicklungen Züge der Dramen Tschechows vorwegnehmen.

Turgenews Prosa hat einen lyrischen Grundton, der sich besonders häufig Naturbeschreibungen und gefühlsbetonten Abschweifungen zuwendet. Von der Sprache Puschkins ausgehend, suchte er sie um Ausdrucksfähigkeit und künstlerische Verwendung der Satzmelodie zu erweitern. Turgenew war ein Meister der Charakterzeichnung; seine Figuren lässt er aus vielen kleinen und kaum wahrnehmbaren Einzelheiten erstehen.

Die Erzählungen Aufzeichnungen eines Jägers von 1852 wurden von vielen als Anprangerung der Leibeigenschaft und als soziale Anklage angesehen; im Mittelpunkt stehen sehr individuelle, bäuerliche Figuren. In seinen sechs Romanen schilderte Turgenew die Schicksale seiner Helden und verband sie mit sozialen, politischen und ideellen Strömungen im Russland der 1850er bis 1870er Jahre. In Väter und Söhne (1862) verarbeitete er das Thema Generationenkonflikt; in späteren Werken wie etwa Dunst (Turgenjew) (1868) neigte er dagegen immer stärker zu Polemik und satirischer Darstellung der zeitgenössischen Probleme.

Turgenew zählt auch zu den bedeutendsten europäischen Novellendichtern. Seine Novellen, die vor allem durch große Vielfalt in der Beschreibung charakterisiert sind, gelten als ein Höhepunkt dieser Gattung in der russischen Literatur. In seiner Novellistik bevorzugt Turgenew Rahmenerzählungen und das vielfach abgewandelte Motiv der Liebe. In späten Jahren floss auch das Übernatürliche und Geheimnisvolle in seine Erzählungen mit ein (z.B. Klara Militsch von 1882, in der eine über den Tod hinaus gehende Liebe geschildert wird).

In seiner literarischen Arbeit wurde Turgenew beeinflusst von Goethe, besonders von dessen Faust (Turgenjew) (gleichnamige Novelle von 1856), außerdem von Charles Baudelaire, Giacomo Leopardi und - im Alterswerk - Arthur Schopenhauer.

Turgenew gilt als der stärkste Schachspieler unter russischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts.

Werke

Weblinks

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