Land unter für Megastädte (einfach)

Aus Klimawandel
Version vom 24. November 2025, 15:20 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Abb. 1: Meeresspiegelanstieg und Subsidenz in städtischen Ballungsräumen

Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Wirtschaftsentwicklung und Tourismus haben dazu geführt, dass eine wachsende Zahl von Menschen in niedrigen Küstenzonen unterhalb von 10 m über dem Meeresspiegel lebt. 2010 waren das 11% der Weltbevölkerung bzw. ca. 700 Mio. Menschen. Diese Entwicklung betrifft sowohl die Entwicklungsländer wie die entwickelten Länder. Bis 2050 werden wahrscheinlich über eine Mrd. Menschen in solchen Küstengebieten leben.[1] Ein erheblicher Teil dieser Menschen lebt in großen Städten, nicht wenige in sogenannten Megastädten mit über 10 Mio. Einwohnern. Zahlreiche dieser küstennahen Megastädte sind durch den steigenden Meeresspiegel, Sturmfluten und heftige Niederschläge bedroht. In etlichen Fällen spielt eine entscheidende Rolle, dass die Erdoberfläche, auf der die Megastädte erbaut sind, durch das Gewicht der Gebäude und Anlagen und das Abpumpen von Grundwasser absinkt (Abb. 1).

Djakarta und New York – zwei bedrohte Megastädte

Abb. 2: Menschen auf einem überfluteten Marktplatz in Djakarta

Eine dieser tief liegenden Megastädte ist Djakarta, die Hauptstadt Indonesiens. Die Metropole auf der Insel Java sollte 2024 durch eine neue Hauptstadt auf der Insel Borneo ersetzt werden. Denn Djakarta versinkt im Meer. 40% der Stadt liegen bereits unter dem Meeresspiegel.[2] Und die schützenden Deiche und Dämme erweisen sich zunehmend als unzureichend.

Eine Ursache ist der Anstieg des Meeresspiegels, der vor der Küste Djakartas 7 mm pro Jahr beträgt.[3] Der Hauptgrund für die häufigen Überflutungen in der 11-Millionen-Stadt ist jedoch das Absinken des Untergrunds. Jakarta ist die am schnellsten sinkende Stadt der Welt und verliert jedes Jahr 3-10 cm an Höhe.[4] Die Grundwasserentnahme und das Gewicht der Gebäude der riesigen Metropole drücken die weichen Böden des Deltas stark zusammen.

Durch das Absinken des Untergrundes, den steigenden Meeresspiegel und gelegentlichen Sturmfluten stehen immer wieder wichtige Straßenzüge, zentrale Plätze und ganze Stadtviertel unter Wasser. Hinzu kommen extreme Monsunregen, die die Wassermassen in dem tief liegenden Gelände der Megacity in kürzester Zeit hoch anschwellen lassen. So gehört es schon fast zum normalen Straßenbild in Djakarta, wenn Menschen bei ihren Einkäufen durch knietiefes Wasser waten (Abb. 2). Der weitere Meeresspiegelanstieg und das künftige Absinken der Stadt könnten bis 2050 die heutigen Überflutungsgebiete um das Dreieinhalbfache ausweiten.[3] Damit wäre die gesamte Metropolregion bedroht, in der heute schon über 30 Mio. Menschen leben. In dieser Notlage wird für die allermeisten Einwohner Djakartas eine neue Hauptstadt auf einer 1000 km entfernten Insel wenig hilfreich sein.

Auch New York, die wohl bekannteste Megastadt der Welt, ist durch seine Lage am Meer gefährdet. Dabei spielt das Absinken des Untergrunds kaum eine Rolle, da New York auf stabilen Felsen liegt, die das Gewicht der Wolkenkratzer aushalten. Andererseits befinden sich aber große Teile der Metropolregion New York weniger als 5 m über dem Meeresspiegel, und 400.000 Menschen leben in möglichen Überflutungsgebieten. In die offene Bucht vor der Stadt können Sturmfluten vom Atlantik her große Wassermassen drücken und Straßen, Flughäfen, U-Bahnschächte und Tunnel überschwemmen.

Das geschah etwa Ende Oktober 2012, als der Hurrikan Sandy die US-Metropole mit voller Wucht traf, Sachschäden von 19 Mrd. US Dollar anrichtete und zahlreiche Todesopfer forderte. Straßen verwandelten sich in Kanäle, Tunnel liefen voll, Eisenbahnstrecken und Flughäfen waren überflutet. New York liegt eigentlich nördlich der typischen Hurrikan-Zugbahnen. In Abständen von Jahrzehnten haben Hurrikane aber schon früher das Wasser des Atlantiks in die Bucht vor New York gedrückt und Teile der Stadt überschwemmt. Nie liefen die Wassermassen jedoch so hoch auf wie durch Sandy. Dadurch erhöhte sich der Wasserstand im New Yorker Hafen um fast 4 Meter. Das Besondere an Sandy war seine weit nach Norden reichende und dann überraschend nach Westen auf die Küste gerichtete Zugbahn. Zudem kam es durch das Zusammentreffen des tropischen Hurrikans mit kalter Herbstluft zu starken Niederschlägen.

Tokio und Shanghai

Auch die größte und drittgrößte Stadt der Welt sind durch ihre Lage am Meer der Gefahr von Überflutungen ausgesetzt, die durch den Klimawandel und den Anstieg des Meeresspiegels verstärkt werden. In beiden Fällen ist das Absinken des Untergrunds das größte Problem. Sowohl Tokio als auch Shanghai haben aber anders als Djakarta effektive Maßnahmen dagegen ergriffen.[5]

Tokio hat seit den 1970er Jahren eine Absenkung von bis zu 4,5 m erlebt. Seit 1993 hat die Stadt dagegen ein riesiges Entwässerungssystem mit 65 m hohen Tanks und kilometerlangen Tunneln gebaut. Gegenwärtig leben 1,6 Mio. Menschen auf diese Weise unterhalb des mittleren Meeresspiegelniveaus. Durch den Meeresspiegelanstieg und häufiger auftretende Taifune bleibt die Stadt trotzdem gefährdet.

Auch Shanghai, die wichtigste Hafenmetropole und größte Stadt Chinas, war im 20. Jahrhundert von Bodenabsenkungen zwischen 2 und 3 m betroffen. Hauptgrund war die Grundwasserförderung für die Bevölkerung und die Industrie. Die chinesische Megastadt schloss daraufhin zahlreiche Brunnen, mit denen sich die Bevölkerung unkontrolliert mit Trinkwasser versorgte, und begrenzte die Wasserentnahme weitgehend auf die tieferen Schichten. Die Stadt bleibt aber weiterhin durch Bodenabsenkung und den Anstieg des Meeresspiegels bedroht.[6] Außerdem wird Shanghai jedes Jahr mindestens dreimal durch Taifune heimgesucht, die sich durch den Klimawandel in Zukunft noch verstärken werden.

Einzelnachweise

  1. IPCC (2019): IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate
  2. NASA Earth Observatory (2024): Nusantara: A New Capital City in the Forest
  3. 3,0 3,1 Takagi, H., M. Esteban, T. Mikami, D. Fujii (2026): Projection of coastal floods in 2050 Jakarta, Urban Climate, 17
  4. UN (2023): Urban flood management in Jakarta
  5. Cao, A., M. Esteban, V.P.B. Valenzuela et al. (2021): Future of Asian Deltaic Megacities under sea level rise and land subsidence: current adaptation pathways for Tokyo, Jakarta, Manila, and Ho Chi Minh City, Current Opinion in Environmental Sustainability 50, 87-97
  6. Du, S.Q., P. Scussolini, P.J. Ward et al. (2020): Hard or soft flood adaptation? Advantages of a hybrid strategy for Shanghai. Global Environmental Change, 61, 102037

Ausführlicher:

Meeresspiegelanstieg und Megastädte Hurrikan Sandy

Lizenzhinweis

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen.
Kontakt: Dieter Kasang