Sulfataerosole

Aus Klimawandel
Version vom 20. Januar 2024, 18:23 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
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Emissionen von anthropogenem SO2 im Jahr 2010 in Gigagramm pro Flächeneinheit von 0,5x0,5 Grad.

Entstehung

Die klimatisch bedeutsamsten sekundären Aerosole sind die Sulfat-Aerosole, die aus gasartigen natürlichen wie anthropogenen Vorläufern entstehen. Die wichtigsten Vorläufer sind Schwefeldioxid (chemische Formel: SO2) aus Vulkanen und anthropogenen Quellen sowie Dimethylsulfid (chemische Formel: (CH3)2S, Abk.: DMS) aus marinem Plankton, aus dem allerdings auch erst über die Brücke der Schwefeldioxidbildung Aerosole entstehen. Schwefeldioxid ist der Hauptbestandteil der vulkanischen Schwefel-Emissionen, die auf 6-20 Mt/a (Megatonnen pro Jahr) geschätzt werden und bei einem einzelnen großen eruptiven Ausbruch auch über 100 Mt betragen können.

Anthropogene SO2-Emissionen sind hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht und betragen nach Modellrechnungen 67-93 Millionen Tonnen pro Jahr, wobei 94 % der anthropogenen Emissionen in der Nordhemisphäre freigesetzt werden. Allerdings haben umfangreiche Maßnahmen der letzten Jahre, beispielsweise zur Entschwefelung von Kraftwerksemissionen, in Nordamerika und in Westeuropa sowie der Zusammenbruch der Industrie in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion inzwischen zu einem deutlichen Rückgang der anthropogenen SO2-Emissionen in diesen Regionen geführt. Dagegen hat die starke Industrialisierung in Ost- und Südasien die Emission von Schwefeldioxid dort weiter gesteigert. Insgesamt hat es jedoch auf der Nordhalbkugel in dem genannten Zeitraum eine Reduzierung von 64 auf 43 Mt/a gegeben.[1]

Das vom Phytoplankton in den Ozeanen produzierte Dimethylsulfid wird über verschiedene Reaktionsketten, an deren Anfang die Reaktion mit dem OH-Radikal steht, zu SO2 aufoxidiert. DMS wird in einem Umfang von etwa 24 Mt/a in die Atmosphäre emittiert.

Atmosphärische Verweilzeit

Ein deutlicher Teil des Schwefeldioxids wird wieder trocken an der Erdoberfläche deponiert, so dass die atmosphärische Verweilzeit von SO2 im Mittel nur 0,6 bis 2,6 Tage beträgt. Nur 46-82% des emittierten SO2 werden nach Modellberechnungen in der Troposphäre durch Oxidation in Sulfat umgewandelt. Schwefeldioxid wird zum einen in der flüssigen Phase, d.h. in Wolkentröpfchen, über verschiedene Reaktionsschritte in Schwefelsäuregas (H2SO4) und weiter in Sulfat-Ionen (SO42-) transformiert, zum anderen in der Gasphase durch Reaktion mit dem Hydroxylradikal OH. Die Größe der Sulfat-Aerosole liegt unterhalb des Mikrometer-Bereichs, ihre atmosphärische Verweilzeit beträgt 4-7 Tage. Anthropogene Sulfat-Aerosole finden sich daher hauptsächlich in der Nähe ihrer Entstehungsgebiete, vor allem über den großen Industriegebieten der USA, Europas und Ostasiens, und in deren Lee-Zonen.

Gasförmige Schwefelverbindungen werden in Höhen von 9-12 km in sehr geringem Umfang auch durch Flugzeuge in die Atmosphäre eingetragen. Das vulkanische SO2 gelangt ebenfalls bis in die obere Troposphäre und untere Stratosphäre, besitzt daher eine relativ lange Verweilzeit und wird zu einem verhältnismäßig großen Anteil in Sulfat umgewandelt, das gleichfalls lange in der Atmosphäre verweilt. In der Stratosphäre kann sich der Umwandlungsprozess in Sulfat über drei Monate hinziehen, und erst nach ca. vier Jahren ist die ursprüngliche Sulfat-Konzentration wieder hergestellt.

Vergleich der gegenwärtigen (1990er Jahre) atmosphärischen Konzentration von Sulfat-Aerosolen mit der der vorindustriellen Zeit.

Folgen der Industrialisierung

Die Folgen der Industrialisierung auf die atmosphärische Konzentration von Sulfat-Aerosolen lassen sich nur durch Modellsimulationen annähernd ermitteln, da es keine empirischen Daten über die vorindustriellen Verhältnisse gibt. Vor Beginn der Industrialisierung haben fast ausschließlich Vulkanausbrüche und die ozeanische Emission von DMS die globale Sulfatkonzentration bestimmt. Die höchsten Werte wurden durch Vulkanausbrüche verursacht, durch die Schwefeldioxid hoch in die Atmosphäre emittiert wurde, was eine relativ lange Verweilzeit und große räumliche Verbreitung garantierte. Demgegenüber verblieben die aus DMS entstandenen Sulfat-Aerosole in der unteren Schicht der Troposphäre und wurden verhältnismäßig schnell wieder ausgewaschen. Die Maxima der vorindustriellen Konzentration befinden sich in den nördlichen Tropen in einem Gürtel, der die vulkanisch aktivsten Zonen der Erde verbindet. Die Konzentration über den Ozeanen ist sichtlich geringer. Durch die anthropognenen Emissionen stieg der globale Gehalt an Sulfat-Aerosolen nahezu um das Dreifache. Die Hauptkonzentrationsgebiete verschoben sich nach Norden und liegen heute über den Kontinenten der mittleren Breiten. Deutlich zeichnen sich drei Zentren über dem östlichen Nordamerika, Mittel- und Osteuropa und Ostasien ab, wo die Konzentration die vorindustriellen Werte um das Fünffache übertrifft.

Emissionen von Schwefeldioxid 1850-2005 global und in wichtigen Großregionen.

Historische Entwicklung

Um 1850 waren die Schwefeldioxid-Emissionen über Landgebieten aus offenen Wald- und Graslandfeuern einerseits und industriellen Aktivitäten andererseits ungefähr gleich groß.[2] In den folgenden Jahrzehnten nahmen die anthropogenen Emissionen dramatisch zu. Besonders nach dem 2. Weltkrieg erhöhten sich in der Zeit von 1950 bis 1970 die Emissionen mit einer Wachstumsrate von 3400 Gg/Jahr. Die Wende erfolgte Ende der 1970er Jahren. Seitdem nahmen die Emissionen ab, gefolgt allerdings durch eine erneute Zunahme seit 2002, vor allem durch die starken Zuwächse in China.

Die Emissionen stammen seit 1980 zu 50 % aus der Verbrennung von Kohle und zu 30 % aus der von Ölprodukten. Die Kohleverbrennung ist in Europa und Nordamerika seit den 1970er Jahren ständig zurückgegangen, in China jedoch in den letzten Jahren stark angestiegen. So haben sich die Emissionen in den USA und Kanada zwischen 1970 und 2005 halbiert, in Westeuropa sind sie seit 1980 sogar auf ein Fünftel zurückgegangen. Dagegen zeigt China seit 1980 eine Verdreifachung, so dass 2005 etwa 28 % der globalen Emissionen aus China stammten. Bei Öl haben die Verbrennungen auf dem Land ab, die auf dem Meer durch die internationale Schifffahrt stark zugenommen. Etwa die Hälfte der Schwefeldioxid-Emissionen entsteht zum Zweck der Energiegewinnung, weitgehend zur Erzeugung von elektrischem Strom in Kraftwerken, daneben bei der Metallverhüttung, durch den Verkehr und in Haushalten.

Emissionen von anthropogenem SO2 in den Jahren 1990-2011 in Teragramm SO2, global und nach Großregionen.[3]
SO2-Emissionen nach Regionen 1950-2020

Aktuelle Entwicklung

Die anthropogenen Schwefeldioxid-Emissionen sind von 1990 auf 2000 von 121 auf 106 Tg SO2 deutlich gefallen, bis 2005 aber auf 112 Tg SO2 wieder angestiegen. Grund war vor allem der gestiegene Anteil Asiens, d.h. vor allem Chinas und Indiens, von 41 auf 52 % der weltweiten Emissionen. Auch der internationale Schiffsverkehr hat mit einer Steigerung von 9,8 auf 12,0 Tg SO2 dazu beigetragen. Dagegen ist im selben Zeitraum der Anteil Nordamerikas und Europas (einschließlich Rußlands) von 38 auf 25 % gesunken.[3]

Zwischen 2005 und 2011 haben die globalen Emissionen jedoch wieder von 112 auf 101 Tg SO2 abgenommen. Grund waren vor allem die abnehmenden Emissionen Chinas. Obwohl China mit ca. 30 % immer noch mit Abstand der größte Emittent weltweit ist, konnte es vor allem durch Kontrollmaßnahmen bei Kraftwerken seine SO2-Emissionen von 32,4 % im Jahre 2005 auf 29,1 % im Jahre 2011 deutlich senken. Hinzu kamen weitere Emissions-Abnahmen in Nordamerika und Europa. Dagegen haben die Emissionen bei dem zweitgrößten Emittenten Indien von 6,9 auf 10,1 Tg SO2 merklich zugenommen. Hier ist es vor allem der zunehmende Verbrauch von Kohle im Energiesektor, der dazu beigetragen hat. Aber auch die Emissionen aus der Industrie sind gestiegen. Dennoch betragen die SO2-Emissionen Indiens 2011 nur ein Drittel derjenigen Chinas, haben jedoch die der USA und Kanadas zusammengenommen (8,1 Tg SO2) deutlich überholt.[3]

Einzelnachweise

  1. Daten nach IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.4.4
  2. vgl. zum Folgenden: S. J. Smith, J. van Aardenne, Z. Klimont, R. J. Andres, A. Volke, and S. Delgado Aria (2011): Anthropogenic sulfur dioxide emissions: 1850–2005, Atmospheric Chemistry and Physics 11, 1101-1116
  3. 3,0 3,1 3,2 Klimont, Z., S.J. Smith, and J. Cofala (2013): The last decade of global anthropogenic sulfur dioxide: 2000–2011 emissions, Environmental Research Letters 8, doi:10.1088/1748-9326/8/1/014003


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