Folgen des Meeresspiegelanstiegs (einfach)

Aus Klimawandel
Version vom 15. Mai 2008, 17:18 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
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Welche Küsten sind durch den Meeresspiegel besonders bedroht? Es gibt steile Felsküsten und flache Sandküsten, Küsten mit vielen Flussarmen und Küsten mit viel Vegetation. Du kannst dir gut vorstellen, dass Felsküsten nicht so stark durch einen Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind. Hier leben aber auch nicht viele Menschen; es gibt kaum Städte, Hafen- und Industrieanlagen. Große Städte mit riesigen Häfen findet man aber an flachen Küsten. Vor allem an Flussmündungen gibt es zahlreiche Millionenstädte und auch oft eine dichte Landbevölkerung.

Deltas

Deltas sind besondere Flussmündungen, die sich z.B. von Ästuaren deutlich unterscheiden. Den Unterschied kannst du leicht aus den beiden Abbildungen rechts erkennen. Deltagebiete sind sehr fruchtbar und daher haben sich hier schon immer viele Menschen angesiedelt.

Als besonders gefährdete Gebiete durch einen Meeresspiegelanstieg gelten die großen und dicht besiedelten Deltagebiet der Erde wie etwa das Mississippi-Delta, das Po-Delta, das Nil-Delta, das Ganges-Brahmaputra-Delta usw. An vielen Deltaküsten ist der Meeresspiegel auch ohne den Einfluss des Klimas seit etlichen Jahrzehnten durch direkte menschliche Aktivitäten bereits deutlich ansteigt. So hat der Bau von großen Staudämmen im Landesinnern, wie das Beispiel des Assuan-Damms am Nil zeigt, dazu geführt, dass die Ablagerung von Sedimenten im Delta deutlich abgenommen hat. Weltweit halten etwa 45 000 Staubecken 25-30% der Sedimentfracht der Flüsse, die normalerweise in den flachen Deltagebieten abgelagert würden, zurück. Am Gelben Fluss (Hwangho) wurde sogar eine Abnahme der Sedimentation seit den 1950er Jahren um 90% festgestellt. Da Deltas von Natur aus Absinkgebiete sind, falls es keinen Ausgleich durch ständige Sedimentation der Flüsse gibt, kommt es zu einem relativen Anstieg des Meeresspiegels. Dieser wird vielfach noch dadurch beschleunigt, dass in den dicht besiedelten Deltas die Entnahme von Grundwasser, aber auch die Errichtung von Bauten der immer mehr ausufernden Städte die Oberfläche zusätzlich absinken lassen. Gegenwärtig verursachen diese Prozesse je nach Delta eine Anstiegsrate des Meeresspiegels von 0,5 bis 12,5 cm pro Jahrzehnt und sind deutlich wichtiger als der klimabedingte Meeresspiegelanstieg, der verstärkend hinzukommt.[1] Die Folgen sind eine größere Exponiertheit der Deltaküsten gegenüber Erosion und Sturmfluten durch den globalen Anstieg des Meeres sowie eine verstärkte Versalzung der Oberflächengewässer und Grundwasserspeicher mit weit reichenden Folgen für die Landwirtschaft und die Wasserversorgung.

Sandküsten

Nicht weniger gefährdet durch Meeresspiegelanstieg und Erosion sind Sandküsten, die nicht selten auch die Außenfront von Deltas bilden. Sandstrände und andere sandige Küstenformen machen etwa 20% der globalen Küstenlinie aus. Der Rückzug der Strandlinie kann auch bei einem geringen Meeresspiegelanstieg beträchtlich sein, da Strandoberflächen oft nur in einem sehr flachen Winkel ansteigen. Nach der so genannten Brun'schen Regel sind die Erosionsraten ungefähr 50 bis 100 mal höher als die Anstiegsraten des Meeresspiegels, d.h. ein Meeresspiegelanstieg von 1 m würde den Verlust eines 50-100 m breiten Küstenstreifens zur Folge haben. Schon gegenwärtig befinden sich laut groben Schätzungen 70% der weltweiten Sandstrände durch Erosion auf dem Rückzug. Als Hauptursache kommt dafür der weltweite Meeresspiegelanstieg der letzten Jahrzehnte in Frage.[2] Singulär auftretende Stürme spielen offenbar nur eine untergeordnete Rolle, da sich nach bisherigen Beobachtungen die durch Stürme zerstörten Küstenlinien nach einer gewissen Zeit durch Strömungen und Ablagerungen immer wieder auf den alten Zustand einpendeln.

Küstennahe Feuchtgebiete

Eine weitere Küstenform, die von einem Meeresspiegelanstieg stark betroffen ist, sind küstennahe Feuchtgebiete. Die wichtigsten im Küstenbereich liegenden Feuchtgebiete sind Salzmarschen, Watten und Mangroven. Küstennahe Feuchtgebiete sind jedoch keine passiven Elemente der Landschaft und können durch Sedimentation oder Pflanzenwachstum mit einem langsamen Anstieg des Meeresspiegels vertikal mitwachsen. Der seewärtige Verlust von Feuchtgebieten kann außerdem durch eine Wanderung landeinwärts wettgemacht werden, falls die angrenzenden Gebiete tief liegen und nicht durch menschliche Schutzmaßnahmen abgesperrt sind. Mit der Zunahme der Bevölkerung in Küstenzonen, die an Feuchtgebiete angrenzen, verhindern allerdings immer mehr Dämme und Schutzanlagen die landwärtige Migration von Feuchtgebieten. Ohnehin werden Feuchtgebiete durch menschliche Aktivitäten zunehmend dezimiert.

Zu den besonders bedrohten Feuchtgebieten gehören die Mangrovenwälder, die gegenwärtig etwa 8% der weltweiten Küstenlinien einnehmen. Mangrovenwälder kommen in tropischen und subtropischen Deltagebieten, Ästuaren, Lagunen und anderen Küsten im Gezeitenbereich vor. Sie sind nicht nur wertvolle Ökosysteme, sondern schützen auch die Küstenlinie vor Erosion durch Wellen und Sturmfluten. An vielen Küsten sind Mangrovenwälder schon heute durch menschliche Aktivitäten, z.B. durch Holzgewinnung, stark dezimiert. Bei einem Anstieg des Meeresspiegels könnten die küstennahen Mangrovenwälder landeinwärts gedrängt werden. Die intensive Nutzung der anschließenden Landzonen durch den Menschen, z.B. durch Landwirtschaft und Küstenschutzanlagen, wird die Migration der Mangroven aber in vielen Fällen verhindern. Die Folge ist ein verminderter Schutz der Küsten gegen Erosion.

Korallenriffe

Durch den Meeresspiegelanstieg gefährdet ist auch ein anderer sehr wirksamer natürlicher Küstenschutz, nämlich die ebenfalls in den Tropen verbreiteten Korallenriffe. Korallenriffe gelten heute neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde, der nach Schätzungen zwischen 0,5 und 2 Mio. Arten beherbergt. Der Fischreichtum in Korallenriffen ist eine bedeutende Quelle für die Ernährung vieler Küstengemeinden. Korallenriffe liefern Baustoffe und ziehen den Tourismus an. Riffbarrieren wirken als Wellenbrecher und schützen tropische Küsten vor Erosion. Die räumliche Ausdehnung der weltweiten Korallenriffe wird auf 255 000 km2 geschätzt. Etwa 50% der Korallenriffe, in einigen Gebieten Südostasiens sogar über 80%, sind durch menschliche Aktivitäten wie industrielle Entwicklung, Umweltverschmutzung, Tourismus und Verstädterung, Überfischung und Korallenabbau stark gefährdet. Die fortschreitende Erwärmung und Versauerung der Ozeane gefährdet die Korallen zusätzlich. Eine schwerwiegende Folge ist das berüchtigte Korallenbleichen, das an Riffen im Indischen Ozean, Pazifischen Ozean und in der Karibik beobachtet wurde. Auch der Meeresspiegelanstieg bedeutet eine Gefahr für die Korallen. Zwar könnten gesunde Korallenriffe mit einem Meeresspiegelanstieg von 10mm pro Jahr mithalten, wie das vertikale Wachstum in der Nacheiszeit gezeigt hat. Ob das auch für die heutigen unter vielfachem Stress stehenden Koralleriffe gilt, ist jedoch sehr fraglich.[3]

Einzelnachweise

  1. Ericson, J.P., C. J. Vörösmarty, S.L. Dingman, L.G. Ward, M. Meybeck (2006): Effective sea-level rise and deltas: Causes of change and human dimension implications, Global and Planetary Change 50, 63-82
  2. Zhang, K., B.C. Douglas, and S.P. Leatherman (2004): 'Global Warming and Coastal Erosion', Climatic Change 64, 41-58
  3. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2006): Die Zukunft der Meere - zu warm, zu hoch, zu sauer, Sondergutachten, Berlin, S. 33; auch als Download

Regionale Folgen

Siehe auch

Literatur

  • IPCC 2007: The Physical Science Basis, Chapter 5: Oceanic Climate Change and Sea Level; auch als Download

Weblinks


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