Meereis
Als Meereis bezeichnet man das gefrorene Meerwasser der polaren Ozeane. Es spielt eine wichtige Rolle im Klimasystem der Erde.
Meereis und Klima
Im Unterschied zu dem Eis der großen Eisschilde, das durch Niederschlag entsteht, wird Meereis durch das Gefrieren von Meerwasser gebildet. Bei einer Wassertemperatur von unter -1.8 ºC bilden sich millimetergroße Eiskristalle, die sich an der Wasseroberfläche ansammeln und zu einer Eisdecke zusammenfrieren. In den Prozess des Gefrierens selbst werden nur Wassermoleküle einbezogen, während die viel größeren Salzionen größtenteils im Meerwasser zurück bleiben und dadurch dessen Salzgehalt und damit auch die Dichte erhöhen. Teilweise wird das Salz aber auch im Meereis selbst in kleinen Hohlräumen als flüssige, salzige Lake eingebaut,[1] so dass Meereis 25-50 % des Salzgehalts des Meerwassers enthält, aus dem es entstanden ist.[2]
Meereis ist nicht nur ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen, sondern auch ein bedeutender Klimafaktor. Von klimatisch großer Bedeutung ist die Eis-Albedo-Rückkopplung. Die hohe Albedo von 60 bis 90 % führt dazu, dass die einfallende Sonnenstrahlung größtenteils wieder in den Weltraum reflektiert wird. Dadurch erklären sich zu einem großen Teil die geringen Temperaturen in den hohen Breiten und die starken jahreszeitlichen Schwankungen der Temperatur in den Gebieten mit wechselnder Eisbedeckung.
Meereis stellt auch eine Barriere dar zwischen Ozean und Atmosphäre und verhindert weitgehend den Austausch von Bewegung (Wind und Meeresströmungen) und Gasen (Wasserdampf und CO2). Außerdem isoliert es den Ozean etwa im Winter gegen die Wärmeabgabe an die Atmosphäre. Während der Wintermonate dehnt sich das Meereis nicht nur in der Fläche aus, sondern wird auch dicker. Aber je dicker das Eis wird, desto mehr schirmt es den Ozean vom Wärmeverlust an die Atmosphäre ab und desto weniger wächst es dann an der Basis. Auch der Schnee auf der Oberfläche von Meereis isoliert gegen die Auskühlung durch die kalte Atmosphäre.[2] Dabei spielt es eine wichtige Rolle, bis zu welchem Grad das Meereis im vorhergehenden Sommer abgeschmolzen ist. Das im Sommer nicht geschmolzene Eis nimmt im Winter zunächst weiter an Dicke zu. Es isoliert dadurch jedoch immmer stärker den darunterliegenden Ozean von der kalten Atmosphäre, so dass das Meerwasser unter diesem Eis relativ warm bleibt, weshalb das Eis nur noch geringfügig von unten her wachsen kann. Hinzu kommt, dass auf diesem mehrjährigen Eis sich früh eine Schneedecke bildet, die in den Wintermonaten an Mächtigkeit zunimmt. Diese Schneedecke isoliert das darunter liegende Eis sehr effektiv von der kalten Atmosphäre und bremst sein Wachstum. Eisfreies Wasser gibt dagegen vom Herbst an sehr viel Wärme an die sich abkühlende Atmosphäre ab. Dadurch kühlt das Oberflächenwasser ab, und es bildet sich im Spätherbst neues und relativ dünnes Eis an der Meeresoberfläche. Durch dieses dünne Eis gibt der Ozean im Winter immer noch relativ viel Wärme an die Atmosphäre ab, wodurch das Eis stark an Dicke zunimmt. Es kann im Frühjahr sogar die Dicke des mehrjährigen Eises übertreffen.[3]
Anders als bei Eisschilden erfolgt die Reaktion von Meereis auf klimatische Veränderungen (s.u. Klimatische Folgen) nahezu unmittelbar. Die Ausdehnung von Meereisgebieten und die Dicke des Meereises reagiert daher deutlich auf die jahreszeitlichen Temperaturänderungen. So schwankt die Meereisausdehnung in der Arktis zwischen 15 Millionen km2 im Winter und 4-5 Millionen km2 im Sommer und in der Antarktis sogar zwischen 18 und 3 Millionen km2. Diese extremen jahreszeitlichen Schwankungen machen es schwierig, längerfristige Trends zu bestimmen.
Das arktische Meereis
- Hauptarikel: Arktisches Meereis
Das antarktische Meereis
Die antarktische Meereisbedeckung schwankt saisonal sehr stark zwischen einem Minimum von 3 Mio km2 im Februar bis zu einem Maximum von 18 Mio km2. Der relativ geringe Teil des antarktischen Meereises, das den Sommer überlebt, befindet sich hauptsächlich im Weddellmeer. Aufgrund der starken saisonlaen Schwankungen ist das antarktische Mereis im Mittel dünner, wärmer, salzhaltiger und mobiler als das arktische Meereis.
Die Entwicklung der Meereisausdehnung um den arktischen Kontinent herum unterscheidet sich deutlich von der der Arktis. Das arktische Meereis hat sich in den letzten Jahren kaum geändert, es hat in seiner Ausdehnung sogar um 1,5 % pro Jahrezhnt leicht zugenommen. Je nach Jahreszeit betrug die Zunahme der Meereisausdehnung in der Antarktis von 1978 bis 2012 zwischen 1,2 und 3 % pro Jahrzehnt. Auch regional sind die Unterschiede deutlich. So sind die Trends in der Eisausdehnung im Rossmeer positiv und in der Amundsen- und Bellinghausensee negativ. Über die Eisdicke gibt es zu wenige Informationen, um einen allgemeinen Trend zu bestimmen. Auch die Länge der jährlichen Eisbedeckung ist etwa rund um die Antarktische Halbinsel kürzer geworden, während sie im Rossmeer zugenommen hat.[2]
Möglicherweise hat diese Entwicklung ebenso wie das starke Abschmelzen des arktischen Meereises mit menschlichen Einflüssen zu tun.[1] Das antarktische Meereis schmilzt vor allem von unten her, d.h. durch aufsteigendes warmes Wasser aus größeren Tiefen. Dieses Wasser kann um so leichter aufstiegen, je geringer der Dichteunterschied zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser ist. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch die Dichte des oberflächennahen Wassers stark abgenommen. Folgende Gründe dafür werden angenommen:
- Aufgrund höherer Wasser- und Lufttemperaturen ist das Meereis im Jahresablauf insgesamt dünner geblieben als in früheren Zeiten. In der Schmelzphase gibt es daher weniger Salz an das Ozeanwasser ab, wodurch dieses eine geringere Dichte behält.
- Aufgrund der Erwärmung haben außerdem die Niederschläge im südlichen Ozean in letzter Zeit zugenommen. Das hat ebenfalls zur Abnahme der Dichte des Oberflächenwassers rund um die Antarktis geführt.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: Lozán, J.L., u.a. (Hrsg): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 96-101
- ↑ 2,0 2,1 2,2 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 4.2.1
- ↑ Notz, D. (2010): Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel Max-Planck-Gesellschaft, Tätigkeitsbericht 2009/10
Literatur
- Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung online
- Haas, C. (2005): Auf dünnem Eis? - Eisdickenänderungen im Nordpolarmeer, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 97-101
- Bareiss, J., K. Görgen, A. Helbig (2005): Arktisches Meereis - Ursachen der Variabilität und Trends in den vergangenen 30 Jahren, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 218-225
Weblinks
- Notz, D. (2010): Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel Max-Planck-Gesellschaft Tätigkeitsbericht 2009/10
- meereisportal.de Portal zum Meereis des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrums für Polar- und Meeresforschung und der Universität Bremen, u.a. mit Karten zur aktuellen Meereisausdehnung in Arktis und Antarktis und Berichten über Meereisexpeditionen
- Ice in the Sea UNEP-Report über das Meereis auf der Erde
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