Folgen des Meeresspiegelanstiegs (einfach)
Welche Küsten sind durch den Meeresspiegel besonders bedroht? Es gibt steile Felsküsten und flache Sandküsten, Küsten mit vielen Flussarmen und Küsten mit viel Vegetation. Du kannst dir gut vorstellen, dass Felsküsten nicht so stark durch einen Anstieg des Meeresspiegels gefährdet sind. Hier leben aber auch nicht viele Menschen; es gibt kaum Städte, Hafen- und Industrieanlagen. Große Städte mit riesigen Häfen findet man aber an flachen Küsten. Vor allem an Flussmündungen gibt es zahlreiche Millionenstädte und auch oft eine dichte Landbevölkerung.
Deltas
Zu den flachen Küsten, gehören die Delta-Küsten. Deltas sind besondere Flussmündungen, die sich z.B. von Ästuaren deutlich unterscheiden. Den Unterschied kannst du leicht aus den beiden Abbildungen rechts erkennen. Deltagebiete sind sehr fruchtbar, weil in ihnen die Flüsse nährstoffreiche Sedimente abgelagern. Daher haben sich in zahlreichen Deltas schon immer viele Menschen angesiedelt. Es gibt auf der Erde einige große Deltas mit bekannten Städten und einer hohen Bevölkerungsdichte, z.B. das Rhein-Delta, das Nil-Delta, das Ganges-Brahmaputra-Delta oder das Mississippi-Delta.
Einige Deltas sind auch ohne den globalen Meeresspiegelanstieg gefährdet. Wenn die Flüsse nicht ständig Sedimente nachliefern, sinken die Deltas langsam ab. Durch verschiedene Maßnahmen hat der Mensch den Sedimenttransport behindert, z.B. durch große Stauseen am Oberlauf der Flüsse, in denen sich Sedimente ablagern. Oder durch viele kleine Staubecken zur Bewässerung von Feldern. Manche Deltagebiete sind dadurch um bis zu 10 cm in 10 Jahren abgesunken und wurden teilweise vom Meer überspült. In dicht besiedelten Deltas kommen noch andere Problem hinzu: Die Menschen pumpen Grundwasser aus den tieferen Schichten der Deltas und sie bauen darauf Städte und Industrieanlagen mit vielen schweren Gebäuden. Beides lässt die Oberfläche der Deltas zusätzlich absinken.
Solche Deltas sind nun auch durch den Meeresspiegelanstieg besonders gefährdet. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sie nicht ausreichend durch Deiche und Sperrwerke geschützt sind. So ist das Rhein-Delta hinter den aufwendigen Schutzanlagen, die der niederländische Staat errichtet hat, auf absehbare Zeit ziemlich sicher. Anders sieht es dagegen für das Ganges-Delta in Bangladesch und das Nil-Delta in Ägypten aus.
Sandküsten
Nicht weniger gefährdet durch Meeresspiegelanstieg und Erosion sind Sandküsten, die nicht selten auch die Außenfront von Deltas bilden. Sandstrände und andere sandige Küstenformen machen etwa 20% der globalen Küstenlinie aus. Der Rückzug der Strandlinie kann auch bei einem geringen Meeresspiegelanstieg beträchtlich sein, da Strandoberflächen oft nur in einem sehr flachen Winkel ansteigen. Nach der so genannten Brun'schen Regel sind die Erosionsraten ungefähr 50 bis 100 mal höher als die Anstiegsraten des Meeresspiegels, d.h. ein Meeresspiegelanstieg von 1 m würde den Verlust eines 50-100 m breiten Küstenstreifens zur Folge haben. Schon gegenwärtig befinden sich laut groben Schätzungen 70% der weltweiten Sandstrände durch Erosion auf dem Rückzug. Als Hauptursache kommt dafür der weltweite Meeresspiegelanstieg der letzten Jahrzehnte in Frage.[1] Singulär auftretende Stürme spielen offenbar nur eine untergeordnete Rolle, da sich nach bisherigen Beobachtungen die durch Stürme zerstörten Küstenlinien nach einer gewissen Zeit durch Strömungen und Ablagerungen immer wieder auf den alten Zustand einpendeln.
Küstennahe Feuchtgebiete
Eine weitere Küstenform, die von einem Meeresspiegelanstieg stark betroffen ist, sind küstennahe Feuchtgebiete. Die wichtigsten im Küstenbereich liegenden Feuchtgebiete sind Salzmarschen, Watten und Mangroven. Küstennahe Feuchtgebiete sind jedoch keine passiven Elemente der Landschaft und können durch Sedimentation oder Pflanzenwachstum mit einem langsamen Anstieg des Meeresspiegels vertikal mitwachsen. Der seewärtige Verlust von Feuchtgebieten kann außerdem durch eine Wanderung landeinwärts wettgemacht werden, falls die angrenzenden Gebiete tief liegen und nicht durch menschliche Schutzmaßnahmen abgesperrt sind. Mit der Zunahme der Bevölkerung in Küstenzonen, die an Feuchtgebiete angrenzen, verhindern allerdings immer mehr Dämme und Schutzanlagen die landwärtige Migration von Feuchtgebieten. Ohnehin werden Feuchtgebiete durch menschliche Aktivitäten zunehmend dezimiert.
Zu den besonders bedrohten Feuchtgebieten gehören die Mangrovenwälder, die gegenwärtig etwa 8% der weltweiten Küstenlinien einnehmen. Mangrovenwälder kommen in tropischen und subtropischen Deltagebieten, Ästuaren, Lagunen und anderen Küsten im Gezeitenbereich vor. Sie sind nicht nur wertvolle Ökosysteme, sondern schützen auch die Küstenlinie vor Erosion durch Wellen und Sturmfluten. An vielen Küsten sind Mangrovenwälder schon heute durch menschliche Aktivitäten, z.B. durch Holzgewinnung, stark dezimiert. Bei einem Anstieg des Meeresspiegels könnten die küstennahen Mangrovenwälder landeinwärts gedrängt werden. Die intensive Nutzung der anschließenden Landzonen durch den Menschen, z.B. durch Landwirtschaft und Küstenschutzanlagen, wird die Migration der Mangroven aber in vielen Fällen verhindern. Die Folge ist ein verminderter Schutz der Küsten gegen Erosion.
Korallenriffe
Durch den Meeresspiegelanstieg gefährdet ist auch ein anderer sehr wirksamer natürlicher Küstenschutz, nämlich die ebenfalls in den Tropen verbreiteten Korallenriffe. Korallenriffe gelten heute neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde, der nach Schätzungen zwischen 0,5 und 2 Mio. Arten beherbergt. Der Fischreichtum in Korallenriffen ist eine bedeutende Quelle für die Ernährung vieler Küstengemeinden. Korallenriffe liefern Baustoffe und ziehen den Tourismus an. Riffbarrieren wirken als Wellenbrecher und schützen tropische Küsten vor Erosion. Die räumliche Ausdehnung der weltweiten Korallenriffe wird auf 255 000 km2 geschätzt. Etwa 50% der Korallenriffe, in einigen Gebieten Südostasiens sogar über 80%, sind durch menschliche Aktivitäten wie industrielle Entwicklung, Umweltverschmutzung, Tourismus und Verstädterung, Überfischung und Korallenabbau stark gefährdet. Die fortschreitende Erwärmung und Versauerung der Ozeane gefährdet die Korallen zusätzlich. Eine schwerwiegende Folge ist das berüchtigte Korallenbleichen, das an Riffen im Indischen Ozean, Pazifischen Ozean und in der Karibik beobachtet wurde. Auch der Meeresspiegelanstieg bedeutet eine Gefahr für die Korallen. Zwar könnten gesunde Korallenriffe mit einem Meeresspiegelanstieg von 10mm pro Jahr mithalten, wie das vertikale Wachstum in der Nacheiszeit gezeigt hat. Ob das auch für die heutigen unter vielfachem Stress stehenden Koralleriffe gilt, ist jedoch sehr fraglich.[2]
Einzelnachweise
- ↑ Zhang, K., B.C. Douglas, and S.P. Leatherman (2004): 'Global Warming and Coastal Erosion', Climatic Change 64, 41-58
- ↑ Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2006): Die Zukunft der Meere - zu warm, zu hoch, zu sauer, Sondergutachten, Berlin, S. 33; auch als Download
Regionale Folgen
- Meeresspiegelanstieg in Europa
- Meeresspiegelanstieg in Asien
- Meeresspiegelanstieg in Afrika
- Meeresspiegelanstieg in tropischen Inselstaaten
Siehe auch
Literatur
- IPCC 2007: The Physical Science Basis, Chapter 5: Oceanic Climate Change and Sea Level; auch als Download
Weblinks
- Der globale Meeresspiegelanstieg Hamburger Bildungsserver
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