Alpine Ökosysteme: Unterschied zwischen den Versionen
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Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Gletscheroberfläche um 30-40% abgenommen und das Gletschervolumen um nahezu die Hälfte. Besonders stark ist die negative Massenbilanz mit 10-20% seit 1980. Auch die Ausdehnung des Permafrostbodens in den Hochgebirgen hat messbar abgenommen, wodurch die Festigkeit vieler Hänge in Gefahr ist. | Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Gletscheroberfläche um 30-40% abgenommen und das Gletschervolumen um nahezu die Hälfte. Besonders stark ist die negative Massenbilanz mit 10-20% seit 1980. Auch die Ausdehnung des Permafrostbodens in den Hochgebirgen hat messbar abgenommen, wodurch die Festigkeit vieler Hänge in Gefahr ist. | ||
Version vom 8. Juli 2008, 16:00 Uhr
Obwohl in den Hochgebirgen der Erde nur relativ wenige Menschen wohnen, bieten sie wichtige Ernährungs- und Energieressourcen sowie Tourismus- und Erholungsraum für nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung. Aufgrund der unterschiedlichen Höhenzonen weisen Hochgebirge sehr verschiedene Klimate und eine große biologische Artenvielfalt auf. Sie beeinflussen außerdem entscheidend die atmosphärischen Strömungen und damit auch das Klima der angrenzenden Regionen. Ihre maßgebende Rolle im Wasserkreislauf zeigt sich darin, dass von ihnen die größten Flußsysteme der Erde ihren Ausgang nehmen. Klimatische Veränderungen in den Hochgebirgsregionen können sich daher auf ganze Gewässersysteme auswirken und nicht nur die alpinen Gebiete selbst, sondern weiträumig die angrenzenden Regionen betreffen.
Bisherige Erwärmung alpiner Gebiete
Die bisherige Erwärmung der alpinen Regionen folgt dem Muster der sie umgegebenden Gebiete, mit einer stärkeren Temperaturerhöhung in den mittleren und höheren Breiten, z.B. in Europa und Asien, und einer geringeren Erwärmung in den tropischen Hochgebirgen. Messungen in den Alpen haben eine deutlich höhere Erwärmung als in den umliegenden Flachländern ergeben, mit einem Anstieg von 1 °C seit den 1980er Jahren und an manchen Standorten sogar um fast 2 °C.[1]
Folgen der Klimaerwärmung
Gletscherschmelze
- Hauptartikel Gletscherschmelze
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Gletscheroberfläche um 30-40% abgenommen und das Gletschervolumen um nahezu die Hälfte. Besonders stark ist die negative Massenbilanz mit 10-20% seit 1980. Auch die Ausdehnung des Permafrostbodens in den Hochgebirgen hat messbar abgenommen, wodurch die Festigkeit vieler Hänge in Gefahr ist.
Höhenwanderung von Pflanzenarten
Neben dem auffälligen Schmelzen zahlreicher Gebirgsgletscher ist die Höhenwanderung vieler Pflanzenarten um 1-4 m pro Jahrzehnt die andere viel diskutierte Folge einer Erwärmung in den Hochgebirgen. So wurde eine Neubesiedlung der Höhen um 2400-2500 m im italienischen Piemont durch die Zirbel-Kiefer sowie der Höhen um 1850-1950 m in Kärnten durch die Rotfichte beobachtet und als Ergebnis der Erwärmung gewertet. Nach Einschätzung der meisten Forscher werden viele alpine und nivale Arten die Folgen einer Temperaturerhöhung um 1-2 °C tolerieren.[2] Eine moderate Erwärmung kann das Wachstum vieler alpiner Arten sogar begünstigen. Bei einer weiteren und beschleunigten Erwärmung um 3-4 °C ist allerdings mit zahlreichen Schwierigkeiten zu rechnen, die sich einer vertikalen Migration entgegenstellen. Zum einen würden sich die Flächen der verschiedenen Höhenstufen verringern, die der alpinen Stufe z.B. um 63%, was den Lebensraum der Vegetation einschränken würde. Außerdem verändert sich das Relief mit einer deutlichen Zunahme der steileren Hänge, die als Untergrund für etliche Pflanzen nicht mehr geeignet sind. So nehmen in der alpinen Stufe der Schweiz die Hänge mit über 40° Neigung, auf denen sich kaum noch eine geschlossene Vegetationsdecke bilden kann, von einem Fünftel auf ein Drittel der ohnehin um mehr als die Hälfte geschrumpften Gesamtfläche zu.
Insbesondere folgt die Baumgrenze, wie paläologische Untersuchungen gezeigt haben, nur sehr langsam der Veränderung der klimatischen Bedingungen. Bei einer Temperatursteigerung um 1-2 °C könnte es in der Schweiz zu einer Anhebung der Baumgrenze um 100-200 m kommen. Bei einem Anstieg um 3-4 °C wird die Baumgrenze möglicherweise zwar auf 350-700 m angehoben, allerdings nur über einen Zeitraum von mehreren 100 Jahren und damit gegenüber dem von den Klimamodellen prognostizierten Tempo der Erwärmung mit einer erheblichen Verzögerung.[3] Hinzu kommt, dass nicht alle Arten gleich auf die klimatische Veränderung reagieren werden, zumal auch Böden, Wasserressourcen und Lichtverhältnisse in Kombination mit den klimatischen Verhältnissen die Reaktion der Pflanzen beeinflussen, wodurch die Artenzusammensetzung sich an vielen Orten ändern wird.
Überschneidung der Klimafolgen mit direkten anthropogenen Einflüssen
Allerdings sind in den alpinen Regionen die direkten menschlichen Einwirkungen auf das Ökosystem so gravierend, dass es schwer fällt, die klimatischen Auswirkungen eindeutig davon zu trennen. Beide Ursachenfaktoren stehen jedoch in enger Wechselwirkung. So können die Degradierung des Hangbewuchses durch Beweidung, den Tourismus, die Anlage von Verkehrswegen und die Waldnutzung gerade in Zusammenwirkung mit der klimatischen Erwärmung, die die Schneegrenze nach oben verlegt und die winterliche Schneebedeckung verkürzt, im Frühjahr zu einer Verstärkung von Überschwemmungen und später im Jahr zu Trockenheit führen.
Einzelnachweise
- ↑ Beniston, M., W. Haeberli und E. Schmid (1998): Wie empfindlich reagieren Gebirgsregionen auf klimatische Veränderungen?, in: Lozán, J.L., H. Graßl und P. Hupfer: Warnsignal Klima, Hamburg, 239-247
- ↑ Theurillat, J.-P., and A. Guisan (2001): Potential Impact of Climate Change on Vegetation in the European Alps: A Review, Climatic Change 50, 77-109
- ↑ Theurillat, J.-P., and A. Guisan (2001): Potential Impact of Climate Change on Vegetation in the European Alps: A Review, Climatic Change 50, 77-109
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