Kohlendioxidentzug durch Aufforstung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Risiken und Nebenwirkungen ==
== Risiken und Nebenwirkungen ==
Die Speicherung von CO<sub>2</sub> in Bäumen ist einerseits durch direkte menschliche Einwirkungen gefährdet. Abholzung im großen Stil, z.B. für die weltweite Bau- und Möbelindustrie, vernichten vor allem Naturwälder in den Tropen, etwa in Indonesien, und verursachen CO<sub>2</sub>-Emissionen. Dabei kann allerdings das im verwerteten Holz gespeicherte CO<sub>2</sub> durch eine langfristige Nutzung unter Umständen länger gespeichert bleiben als in lebenden Bäumen. Beim Abbrennen von großen Waldflächen für Rinderweiden oder den Anbau von Monokulturen, wie es aus dem Amazonasgebiet bekannt ist, werden allerdings erhebliche Mengen von Kohlendioxid direkt emittiert. Diese auf bestehende Wälder bezogenen Risiken gibt es ebenso für Wälder, die mit der Absicht angelegt wurden, CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre zu entnehmen. In einer veränderten sozialen Lage kann die Nutzung von Waldflächen von der Politik oder der lokalen Bevölkerung neu bewertet und z.B. die Produktion von Nahrungsmitteln als wichtiger erachtet werden als der Klimaschutz. Ohnehin sind die in den letzten Jahrzehnten neu angelegten Waldflächen nur zu einem geringen Teil mit der Absicht geschaffen worden, CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre zu binden. Andere Gründe wie etwa die Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen durch Modernisierung und Ertragssteigerung der Produktion waren in der Regel viel bedeutender. So ist etwa die deutliche [[Wälder im Klimawandel: Europa|Zunahme der europäischen Waldbedeckung]]  seit dem 2. Weltkrieg um ca. 25% teils durch den Holzmangel in der Nachkriegszeit, teils durch die Aufgabe von landwirtschaftlichen Betrieben nach dem Ende des Sozialismus bedingt.<ref name="Palmero-Iniesta 2021">Palmero-Iniesta, M., J. Pino, L. Pesquer et al. (2021): [https://doi.org/10.1007/s10342-021-01366-z Recent forest area increase in Europe: expanding and regenerating forests differ in their regional patterns, drivers and productivity trends.] Eur J Forest Res</ref>  
Die Speicherung von CO<sub>2</sub> in Bäumen ist einerseits durch direkte menschliche Einwirkungen gefährdet. Abholzung im großen Stil, z.B. für die weltweite Bau- und Möbelindustrie, vernichten vor allem Naturwälder in den Tropen, etwa in Indonesien, und verursachen CO<sub>2</sub>-Emissionen. Dabei kann allerdings das im verwerteten Holz gespeicherte CO<sub>2</sub> durch eine langfristige Nutzung unter Umständen länger gespeichert bleiben als in lebenden Bäumen. Beim Abbrennen von großen Waldflächen für Rinderweiden oder den Anbau von Monokulturen, wie es aus dem Amazonasgebiet bekannt ist, werden allerdings erhebliche Mengen von Kohlendioxid direkt emittiert. Diese auf bestehende Wälder bezogenen Risiken gibt es ebenso für Wälder, die mit der Absicht angelegt wurden, CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre zu entnehmen. In einer veränderten sozialen Lage kann die Nutzung von Waldflächen von der Politik oder der lokalen Bevölkerung neu bewertet und z.B. die Produktion von Nahrungsmitteln als wichtiger erachtet werden als der Klimaschutz. Ohnehin sind die in den letzten Jahrzehnten neu angelegten Waldflächen nur zu einem geringen Teil mit der Absicht geschaffen worden, CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre zu binden. Andere Gründe wie etwa die Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen durch Modernisierung und Ertragssteigerung der Produktion waren in der Regel viel bedeutender. So ist etwa die deutliche [[Wälder im Klimawandel: Europa|Zunahme der europäischen Waldbedeckung]]  seit dem 2. Weltkrieg um ca. 25% teils durch den Holzmangel in der Nachkriegszeit, teils durch die Aufgabe von landwirtschaftlichen Betrieben nach dem Ende des Sozialismus bedingt.<ref name="Palmero-Iniesta 2021">Palmero-Iniesta, M., J. Pino, L. Pesquer et al. (2021): [https://doi.org/10.1007/s10342-021-01366-z Recent forest area increase in Europe: expanding and regenerating forests differ in their regional patterns, drivers and productivity trends.] Eur J Forest Res</ref>  
Bäume entziehen der Atmosphäre CO<sub>2</sub> durch Photosynthese und speichern es in Stämmen und Wurzeln relativ langfristig. Das Pflanzen von Bäumen kann daher einen wertvollen Beitrag leisten, den Klimawandel abzuschwächen. Außerdem können Bäume zahlreiche Folgen des Klimawandels reduzieren. Sie spenden Schatten und Kühle gegen Hitzewellen, nehmen bei Starkniederschlägen Wasser auf und verhindern so Erosion und Hochwasser und stärken die Grundwasservorräte. Wiederaufforstung in stark degradierten Gebieten erhöht zudem die Biodiversität. Das ist besonders der Fall, wenn dafür heimische Baumarten genutzt werden. Auch in Städten können Bäume ein guter Schutz gegen hohe Temperaturen und heftige Niederschläge sein.


Effektives terrestrisches CDR kann nur durch großskalige Aufforstungsprogramme erlangt werden.<ref name="House 2002">House et al. (2002): Maximum impacts of future reforestation or deforestation on atmospheric CO<sub>2</sub>, Global Change Biology, Vol. 8, Issue 11, pages 1047–1052, DOI 10.1046/j.1365-2486.2002.0</ref> <ref name="Arora 2011">Arora and Montenegro (2011): Small temperature benefits provided by realistic afforestation efforts, Nature Geoscience, Vol. 4, Issue 8, pages 514-518, DOI 10.1038/ngeo1182</ref> Doch die aufgeforsteten Gebiete sind nicht notwendiger Weise naturnah. Neben den biogeophysikalischen Effekten der Aufforstung (u.a. Änderung der [[Albedo]], den Feuchte- und latenten Wärmeflüssen und der Grenzschichtdynamik - Abb. 2), werden auch die biogeochemischen Kreisläufe deutlich beeinflusst (siehe [[Biosphäre im Klimasystem]]). Die Anpflanzung von Bäumen oder Bioenergiepflanzen im großskaligen Rahmen benötigt den massiven Einsatz von Dünger und Wasserressourcen, um die Plantagen effektiv und ertragreich zu bewirtschaften. Ob dies in allen Regionen umsetzbar und erwünscht ist, bleibt zu untersuchen, denn damit erhöhen sich u.a. auch die Methan- und Lachgasemissionen ([[Landwirtschaft als Klimafaktor]]), welche beides starke Treibhausgase sind. Aufforstung kann sich in einigen Fällen auch positiv auf die Bodenqualität auswirken und durch Kohlenstoffeinlagerung und Wurzelwerk zur Wasserspeicherung beitragen und Bodenerosion verringern.
Effektives terrestrisches CDR kann nur durch großskalige Aufforstungsprogramme erlangt werden.<ref name="House 2002">House et al. (2002): Maximum impacts of future reforestation or deforestation on atmospheric CO<sub>2</sub>, Global Change Biology, Vol. 8, Issue 11, pages 1047–1052, DOI 10.1046/j.1365-2486.2002.0</ref> <ref name="Arora 2011">Arora and Montenegro (2011): Small temperature benefits provided by realistic afforestation efforts, Nature Geoscience, Vol. 4, Issue 8, pages 514-518, DOI 10.1038/ngeo1182</ref> Doch die aufgeforsteten Gebiete sind nicht notwendiger Weise naturnah. Neben den biogeophysikalischen Effekten der Aufforstung (u.a. Änderung der [[Albedo]], den Feuchte- und latenten Wärmeflüssen und der Grenzschichtdynamik - Abb. 2), werden auch die biogeochemischen Kreisläufe deutlich beeinflusst (siehe [[Biosphäre im Klimasystem]]). Die Anpflanzung von Bäumen oder Bioenergiepflanzen im großskaligen Rahmen benötigt den massiven Einsatz von Dünger und Wasserressourcen, um die Plantagen effektiv und ertragreich zu bewirtschaften. Ob dies in allen Regionen umsetzbar und erwünscht ist, bleibt zu untersuchen, denn damit erhöhen sich u.a. auch die Methan- und Lachgasemissionen ([[Landwirtschaft als Klimafaktor]]), welche beides starke Treibhausgase sind. Aufforstung kann sich in einigen Fällen auch positiv auf die Bodenqualität auswirken und durch Kohlenstoffeinlagerung und Wurzelwerk zur Wasserspeicherung beitragen und Bodenerosion verringern.

Version vom 22. März 2023, 13:29 Uhr

Abb. 1: Totholz im Laubwald

Terrestrischer Kohlendioxidentzug

Aufforstung und Wiederaufforstung sind in der Lage, erhebliche Mengen an Kohlendioxid, das der Mensch zuvor emittiert hat, der Atmosphäre durch Photosynthese wieder zu entziehen. Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen gehören zu den Methoden des Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre mit langfristiger Speicherung (engl. Carbon Dioxide Removal (CDR)), zu denen etwa auch die Speicherung von CO2 in Holzprodukten, der Anbau von Energiepflanzen mit anschließender Speicherung von CO2 in geologischen Schichten (Bioenergy with carbon dioxid capture and storage, BECCS), die Ausbringung von Biokohle auf Ackerflächen oder die direkte CO2-Entnahme aus der Atmosphäre mit anschließender geologischer Speicherung (Direct air capture with carbon storage, DACCS) zählen. Der Weltklimarat IPCC definiert CDR folgendermaßen: CDR bezieht sich auf anthropogene Aktivitäten, die CO2 aus der Atmosphäre entfernen und es dauerhaft in geologischen, terrestrischen oder ozeanischen Reservoirs oder in Produkten speichern. Es umfasst die bestehende und potenzielle anthropogene Verstärkung biologischer, geochemischer oder chemischer CO2-Senken, schließt jedoch die natürliche CO2-Aufnahme aus, die nicht direkt durch menschliche Aktivitäten verursacht wird.[1] Unter der natürlichen CO2-Aufnahme wird dabei eine Speicherung von Kohlendioxid verstanden, die vor allem durch den höheren CO2-Gehalt der Atmosphäre ('CO2-Düngung') oder günstigere klimatische Bedingungen in höheren Breiten infolge des Klimawandels (höhere Temperaturen und längere Wachstumszeiten) bedingt ist. Unter Aufforstung versteht man die Ansiedelung von Wäldern oder Plantagen dort, wo für mindestens 50 Jahre kein natürlicher Waldbewuchs stattgefunden hat (Afforestation), als Wiederaufforstung wird die Anlage neuer Wälder auf innerhalb des 50-Jahre-Zeitraums entwaldeten Flächen bezeichnet (Reforestation).

Tab. 1: Aktuelle und zukünftige CO2-Entnahme durch CDR-Methoden. Werte nach: 1) Powis et al. (2023)[2]; 2) IPCC AR6, WGIII (2022): Table TS.7; 3) IPCC AR6, WGIII (2022): 7.4.5.3

Die gegenwärtige CO2-Aufnahme durch CDR-Methoden wird auf rund 2 Gt CO2/Jahr geschätzt,[3] bei fast 40 GtCO2-Emissionen vor allem durch die Nutzung fossiler Energieträger. Fast die gesamte CO2-Aufnahme durch CDR erfolgt gegenwärtig durch Aufforstung und Wiederaufforstung. Daneben spielt noch die Verwertung in Holzprodukten wie Möbel oder Bauholz eine gewisse Rolle. Technisch-basierte Methoden wie BECCS und DACCS tragen aktuell nur äußerst gering zur CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre bei (Tab. 1). Letzteres soll sich schon in den nächsten Jahren ändern. Nach Powis et al. (2023)[2] befinden sich zahlreiche technik-basierte CDR-Projekte, in erster Linie BECCS-Maßnahmen, gegenwärtig im Entwicklungsstadium. Falls diese Projekte im Laufe dieses Jahrzehnts ihren Betrieb aufnehmen und keine neuen Projekte hinzukommen, können folgende Annahmen über die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre gemacht werden: BECCS könnte schon im Jahr 2024 auf ca. 11 Mio. t CO2/Jahr ansteigen. Der Grund wäre fast ausschließlich die Fertigstellung des Summit Carbon Solutions BECCS-Projekts (USA), wozu die Inbetriebnahme von 30 gekoppelten Ethanolproduktions-Anlagen und die damit verbundene geologische Speicherung gehören. Bis 2030 könnten weitere Projekte und deren Ausbau die gesamte CO2-Entnahme durch technik-basierte CDR-Maßnahmen wie BECCS und zunehmend auch DACCS auf über 22 Mio. t CO2/Jahr erhöhen (Tab. 1). Für 2050 liegen die oberen und unteren Schätzungen des IPCC größtenteils weit auseinander. Der Grund sind unterschiedliche Kriterien bei der Berechnung wie z.B. technische Realisierbarkeit, Kosten, gesellschaftliche Akzeptanz etc.

Risiken und Nebenwirkungen

Die Speicherung von CO2 in Bäumen ist einerseits durch direkte menschliche Einwirkungen gefährdet. Abholzung im großen Stil, z.B. für die weltweite Bau- und Möbelindustrie, vernichten vor allem Naturwälder in den Tropen, etwa in Indonesien, und verursachen CO2-Emissionen. Dabei kann allerdings das im verwerteten Holz gespeicherte CO2 durch eine langfristige Nutzung unter Umständen länger gespeichert bleiben als in lebenden Bäumen. Beim Abbrennen von großen Waldflächen für Rinderweiden oder den Anbau von Monokulturen, wie es aus dem Amazonasgebiet bekannt ist, werden allerdings erhebliche Mengen von Kohlendioxid direkt emittiert. Diese auf bestehende Wälder bezogenen Risiken gibt es ebenso für Wälder, die mit der Absicht angelegt wurden, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen. In einer veränderten sozialen Lage kann die Nutzung von Waldflächen von der Politik oder der lokalen Bevölkerung neu bewertet und z.B. die Produktion von Nahrungsmitteln als wichtiger erachtet werden als der Klimaschutz. Ohnehin sind die in den letzten Jahrzehnten neu angelegten Waldflächen nur zu einem geringen Teil mit der Absicht geschaffen worden, CO2 aus der Atmosphäre zu binden. Andere Gründe wie etwa die Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen durch Modernisierung und Ertragssteigerung der Produktion waren in der Regel viel bedeutender. So ist etwa die deutliche Zunahme der europäischen Waldbedeckung seit dem 2. Weltkrieg um ca. 25% teils durch den Holzmangel in der Nachkriegszeit, teils durch die Aufgabe von landwirtschaftlichen Betrieben nach dem Ende des Sozialismus bedingt.[4]

Bäume entziehen der Atmosphäre CO2 durch Photosynthese und speichern es in Stämmen und Wurzeln relativ langfristig. Das Pflanzen von Bäumen kann daher einen wertvollen Beitrag leisten, den Klimawandel abzuschwächen. Außerdem können Bäume zahlreiche Folgen des Klimawandels reduzieren. Sie spenden Schatten und Kühle gegen Hitzewellen, nehmen bei Starkniederschlägen Wasser auf und verhindern so Erosion und Hochwasser und stärken die Grundwasservorräte. Wiederaufforstung in stark degradierten Gebieten erhöht zudem die Biodiversität. Das ist besonders der Fall, wenn dafür heimische Baumarten genutzt werden. Auch in Städten können Bäume ein guter Schutz gegen hohe Temperaturen und heftige Niederschläge sein.

Effektives terrestrisches CDR kann nur durch großskalige Aufforstungsprogramme erlangt werden.[5] [6] Doch die aufgeforsteten Gebiete sind nicht notwendiger Weise naturnah. Neben den biogeophysikalischen Effekten der Aufforstung (u.a. Änderung der Albedo, den Feuchte- und latenten Wärmeflüssen und der Grenzschichtdynamik - Abb. 2), werden auch die biogeochemischen Kreisläufe deutlich beeinflusst (siehe Biosphäre im Klimasystem). Die Anpflanzung von Bäumen oder Bioenergiepflanzen im großskaligen Rahmen benötigt den massiven Einsatz von Dünger und Wasserressourcen, um die Plantagen effektiv und ertragreich zu bewirtschaften. Ob dies in allen Regionen umsetzbar und erwünscht ist, bleibt zu untersuchen, denn damit erhöhen sich u.a. auch die Methan- und Lachgasemissionen (Landwirtschaft als Klimafaktor), welche beides starke Treibhausgase sind. Aufforstung kann sich in einigen Fällen auch positiv auf die Bodenqualität auswirken und durch Kohlenstoffeinlagerung und Wurzelwerk zur Wasserspeicherung beitragen und Bodenerosion verringern.

Insektenplagen, Feuer und Krankheitsbefall können die Plantagen erheblich schädigen. Der Einsatz von Pestiziden und die Vermeidung von natürlichen Feuerereignissen kann jedoch auch weitere negative Auswirkungen auf das Ökosystem ausüben. Feuer dient nicht nur dazu, das trockene Brennmaterial in Wäldern zu vermindern, sondern auch dazu, den Boden mit verbrannter Biomasse zu düngen und schädliche Insekten zu vernichten.

Der Einfluss von großräumiger Aufforstung auf die Biodiversität ist unsicher. Je nach Größe des zusammenhängenden Gebietes und der Bewirtschaftungsstrategie kann diese verringert oder aber bewusst bewahrt und als positiver Faktor hinzugezogen werden, um z.B. durch bestimmte Tierarten den Insektenbefall in der Anbauzone zu vermindern.[7]

Bei einer drastischen Ausdehnung der CDR-Flächen bleiben Konsequenzen für die Landwirtschaft nicht ausgeschlossen. Denn trotz allen Klimaschutzbemühungen muss der steigende Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung sichergestellt werden. Die Intensivierung der Landwirtschaft auf den begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen ist daher unausweichlich und steht in Konkurrenz mit den CDR-Flächen. Wie diese industrialisierte Landwirtschaft dann global ausgeübt und zudem noch möglichst nachhaltig praktiziert werden kann, ist eine der großen Fragen der Wissenschaft. [8][9]

Auf alle Komponenten des terrestrischen CDR (Aufforstung, Biogeochemie, Wasserkreislauf, Biodiversität und Landwirtschaft) wirken letztendlich auch noch die Folgen der Klimaerwärmung. Diese können in verschiedenen Regionen positive oder negative Auswirkungen auf die Plantagen und die verbleibenden Flächen haben. So wird angenommen, dass die Erwärmung zu einer höheren Produktivität der Pflanzenwelt in den hohen Breiten, sowie zu einer Verschiebung der Baumgrenze nach Norden führen wird. In den niederen Breiten und Tropen hingegen können Trockenheit und Hitzeperioden die Produktivität erheblich einschränken. Die steigenden CO2-Konzentrationen wirken zudem als Dünger für die Vegetation. Uneinigkeit besteht noch darüber, wie groß dieser Effekt wirklich ist. In Feldexperimenten wie den „Free Air CO2-Enrichment projects“[10] untersuchen Forscher in lokalen Studien die Langzeitwirkung erhöhter CO2-Konzentrationen auf die Pflanzen und deren Limitierungen (z.B. durch begrenzte Stickstoffverfügbarkeit).

Abb. 2: Klimawirkungen von Aufforstung und Wiederaufforstung: Durch die Aufnahme von CO2 wird das globale Klima abgekühlt, ebenso durch eine erhöhte Verdunstung, die sich in den kalten hohen Breiten allerdings nur wenig auswirkt. Die dunkle Fläche von Wäldern verringert die Reflexion von Sonnenstrahlen und bewirkt damit eine Erwärmung, besonders in den hohen Breiten. +/-: Erwärmung/Abkühlung

Weiterhin müssen die Rückkopplungen der Auswirkungen von Aufforstung auf das Klima untersucht werden (Abb. 2). Denn die biogeophysikalischen Rückkopplungen verändern das Klima regional und z.T. auch überregional und beeinflussen so wiederum die Produktivität der Pflanzen. Wie in den Beiträgen zur Abholzung in den hohen, mittleren und tropischen Breiten beschrieben, haben die durch Abholzung veränderten Albedowerte, latenten Wärme- und Feuchteflüsse unterschiedliche Auswirkungen. Führt man demnach entwaldete Gebiete in ihre Ursprungsform zurück oder forstet neue Gebiete auf, müssen die regionalen Klimabedingungen berücksichtigt werden. Es wird angenommen, dass in den Tropen erhöhte Verdunstungsraten nach Wiederbewaldung der Getreide- und Weideflächen zu einer Abkühlung führen und die Feuchteflüsse den regionalen Niederschlag erhöhen können. In den mittleren Breiten hängt der letztendliche Effekt davon ab, ob eine saisonale Schneebedeckung auftritt. Ist dies der Fall, führt Aufforstung womöglich zu einer höheren lokalen biogeophysikalischen Erwärmung als die durch die CO2-Aufnahme der gewonnen Vegetation erlangte biogeochemische Abkühlung erreicht werden könnte. Eine Studie ergab zudem, dass die Entwaldung in den vergangenen Jahrhunderten vor allem dort stattfand, wo wenig Schneebedeckung auftrat und die Böden fruchtbar waren [11]. Demnach ist eine Aufforstung nur in diesen ausgewählten Regionen sinnvoll und von einer Aufforstung über mehrere Breitengrade abzuraten. In den hohen Breiten ist der Snow-Masking-Effekt noch schwerwiegender, denn Bewaldung würde die dauerhafte Schneebedeckung verringern und die Albedo erheblich herabsetzen.

Landnutzungsszenarien

Wo kann terrestrisches CDR stattfinden und was sind die Folgen?
Durch Aufforstung wird also nicht nur die Charakteristik der Landschaft durch die erneute Landnutzungsänderung geprägt, sondern vielmehr die Funktionsweise des Ökosystems Wald erheblich verändert. Um diese Auswirkungen abschätzen zu können, werden aufwendige Computersimulation erstellt, die bestimmten Landnutzungsszenarien in die Zukunft folgen. Hier stellt sich zuerst die Frage: Wo können diese großskaligen Aufforstungsgebiete liegen? Land- und Wasserresourcen sind knapp und sehr begehrt.

Die neuen RCP-Szenarien folgen detaillierten Annahmen über u.a. Bevölkerungswachstum, Energieverbrauch und Landnutzungsmuster zwischen 2006 und 2100. In RCP4.5 werden zum Beispiel Landwirtschaftsflächen durch Produktivitätssteigerungen aufgegeben, welche dann zur Aufforstung genutzt werden können.

Weiterhin werden neue idealisierte Szenarien entwickelt, um ein großes Spektrum an möglichen zukünftigen Landnutzungsformen und -mustern abzudecken, welche im Rahmen des Climate Engineerings eingesetzt werden könnten. Diese werden zum Beispiel mit dem Dynamischen Vegetationsmodell LPJmL (Lund-Potsdam-Jena managed Land Dynamic Global Vegetation and Water Balance Model)[12] simuliert. Dieses Modell kann nicht nur die natürliche Vegetation, sondern auch Landnutzung (u.a. Landwirtschaft und Bioenergiepflanzenanbau) in Abhängigkeit von Wasser- und Klimakonditionen berechnen. Die zugrunde liegenden Annahmen können dabei völlig utopisch sein (z.B. unbegrenzte Bewässerung und Düngung oder die Wiederbewaldung sämtlicher historischer Waldflächen), um die maximalen Potentiale der terrestrischen Biomasseproduktion am Ende des 21sten Jahrhunderts bestimmen zu können. Da wir von CDR als eine „Notmaßnahme“ im Rahmen des Klimaengineerings absehen, werden alle Aufforstungsmuster nur zwischen den Jahren 2040 und 2060 graduell eingeführt und dann bis 2100 bewirtschaftet.

Diese Szenarien werden dann durch spezielle Einschränkungen begrenzt. Diese Begrenzungen berücksichtigen unter anderem die Sicherstellung der Ernährung der Weltbevölkerung, den Biodiversitäts- und Ökosystemschutz, die Vermeidung negativer biogeophysikalischer Effekte (z.B. die Herabsetzung der borealen Albedo, Taiga-Tundra-Feedback, siehe Abb. 2), sowie länderspezifische Bestimmungen (z.B. durch das wirtschaftliche System und technischen Fortschritt). Dieser Szenarienraum erlaubt es dann, möglichst viele Facetten der Mensch-Ökosystem-Interaktionen und Transitionen zu beleuchten, um die Auswirkungen auf das Erdsystem verstehen zu können (sie auch [Rockström 2009]). Die Wechselwirkungen mit dem Klima, die durch die Aufforstung selbst (u.a. durch die Änderung der Albedo und Feuchteflüsse, sowie Landnutzungsemissionen) und das aufgenommene CO2 entstehen, werden zudem mit komplexen globalen Klimamodellen simuliert und ausgewertet. (Max Planck Institute Earth System Model, MPI-ESM.[13]

Einzelnachweise

  1. IPCC AR6, WG III, Technical Summary Climate Change 2022, Box TS.10: Mitigation of Climate Change, übersetzt
  2. 2,0 2,1 Powis R.C.M., M.S. Smith, J.C. Minx J., T. Gasser (2023): Quantifying global carbon dioxide removal deployment. Environ. Res. Lett. 18 (2023) 024022, https://doi.org/10.1088/1748-9326/acb450
  3. Smith, S.M., O. Geden, G. Nemet et al. (2023): The State of Carbon Dioxide Removal - 1st Edition
  4. Palmero-Iniesta, M., J. Pino, L. Pesquer et al. (2021): Recent forest area increase in Europe: expanding and regenerating forests differ in their regional patterns, drivers and productivity trends. Eur J Forest Res
  5. House et al. (2002): Maximum impacts of future reforestation or deforestation on atmospheric CO2, Global Change Biology, Vol. 8, Issue 11, pages 1047–1052, DOI 10.1046/j.1365-2486.2002.0
  6. Arora and Montenegro (2011): Small temperature benefits provided by realistic afforestation efforts, Nature Geoscience, Vol. 4, Issue 8, pages 514-518, DOI 10.1038/ngeo1182
  7. Dornburg et al. (2009): Bioenergy revisited: Key factors in global potentials of bioenergy, Energy & Environmental Science, Vol. 3, Issue 3, pages 258-267, DOI 10.1039/B922422J
  8. Powell and Lenton (2012): Future carbon dioxide removal via biomass energy constrained by agricultural efficiency and dietary trends, Energy & Environmental Science, Vol. 5, Issue 8, Pages 8116, DOI 10.1039/c2ee21592f
  9. Smith et al. (2013): How much land-based greenhouse gas mitigation can be achieved without compromising food security and environmental goals?, Global Change Biology, Vol. 19, Issue 8, pages 2285-2302, DOI 10.1111/gcb.12160
  10. Free-Air CO2 Enrichment Experiment FACE
  11. Pongratz et al. (2011): Past land use decisions have increased mitigation potential of reforestation, Geophysical Research Letters, Vol. 38, Issue 15, DOI 10.1029/2011GL047848
  12. Lund-Potsdam-Jena managed Land Dynamic Global Vegetation and Water Balance Model
  13. Neues Erdsystemmodell des Max-Planck-Instituts für Meteorologie


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