Dürren in Kalifornien: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 12. Oktober 2023, 15:32 Uhr

Abb. 1: Der Trinkwasserstausee Anaheim Lake in Kalifornien während der Dürre 2015
Abb. 2: Der Palmer Drought Severity Index (PDSI) für Kalifornien im Dezember von 1950 bis 2016

Aktuelle Dürren

Versteht man als extreme Dürre einen Zustand, bei dem die Bodenfeuchte in dem entsprechenden Jahr auf weniger als 10 % des langjährigen Durchschnitts (z.B. der Jahre 1951-1999) fällt,[1] dann gab es im Südwesten der Vereinigten Staaten in den letzten 100 Jahren mindestens 17 solcher Jahre mit extremen Dürren, wovon neun bereits im neuen Jahrhundert lagen. Eine in den USA verbreitete Methode zur Klassifizierung von Dürren ist der Palmer drought severity index oder PDSI, bei dem Temperatur- und Niederschlags-Informationen benutzt werden, um den Dürregrad zu bestimmen. Der PDSI reicht von über 4 für "extrem feucht" bis unter -4 für "extrem trocken". Wie Abb. 2 für Kalifornien zeigt, waren die Dürrejahre 2014 und 2015 extrem trocken und übertrafen sämtliche trockenen Jahre seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich.

Die große Dürre 2012-2016 war eine der extremsten und längsten Dürren der letzten Jahrzehnte, wahrscheinlich sogar die stärkste Dürre im letzten Jahrtausend. Schon die erste Phase der Dürre von 2012 bis 2014 wurde als ein Ereignis bewertet, das nur alle 6 000 bis 10 000 Jahre vorkommt und allenfalls mit der mittelalterlichen Megadürre 979-981 vergleichbar ist. Unter Einbeziehung des folgenden Jahres 2015 ist die Dürre 2012-2015 (die sich zudem noch bis in das Jahr 2016 fortsetzte[2]) absolut einzigartig und lässt sich auf der Grundlage von Paläodaten keiner Wiederkehrperiode mehr zuordnen.[3][4]

Ursachen

Ein wesentlicher Antrieb für die Dürren in den Jahren 2012-2015/16 waren die ungewöhnlich geringen Niederschläge. So fielen in dem an sich niederschlagsreichen Winter von Dezember 2013 bis Februar 2014 nur 50 mm Niederschlag (gegenüber einem Mittelwert von 265 mm im 20. Jahrhundert), die den Winter 2013/14 zum regenärmsten Winter seit 1895 machten. Dadurch kam es zu einer Austrocknung der Vegetation und des Bodens. Hinzu kam eine anhaltende Erwärmung seit den 1970er Jahren. So lagen die Temperaturen in Kalifornien in den Jahren 2014 und 2015 im Sommer um ca. 2 °C über dem Mittel von 1970-2000.[5] Die hohen Temperaturen bewirkten eine stärkere Verdunstung und damit weitere Austrocknung und ließen in den höheren Lagen der Küstenkette und der Sierra Nevada den Schnee, der im Frühjahr und zum Sommeranfang als Wasserspeicher fungiert, zunehmend als Regen fallen.[6] Der Zusammenfall von Trockenheit und hohen Temperaturen, die die die Trockenheit verstärkten, führte in Kalifornien zu Dürren, die als „hot droughts“ („heißen Dürren“) bezeichnet werden, welche in jüngster Zeit immer häufiger vorgekommen sind.[7]

Abb. 3: Lage des Hochdruck-Rückens im Winter 2013/14 bei 200 hPa (X=Zentrum des Hochs)

Schnee spielt eine wichtige Rolle in der Hydrologie in der Sierra Nevada mit Auswirkungen auch auf das Kalifornische Längstal. 70 % des Abflusses aus der Sierra Nevada entstammen der Schneeschmelze. In den Jahren 1985-2015 lag die mittlere Schneetiefe gemessen in Wasseräquivalente bei 38 cm. Im Winter 2014/15 fielen dagegen nur 6 cm Schnee, und zwar hauptsächlich in höheren Lagen, während er darunter weitgehend als Regen fiel. [8] Bei 81 % der Messstationen in allen Pazifikstaaten der USA zusammen genommen war die Schneemenge im Jahr 2015 die geringste, die je gemessen wurde; an 111 Stationen fiel überhaupt kein Schnee. Es gab in der Sierra Nevada sogar Stationen in 2800 m Höhe, die keinen Schnee hatten.[9]

Der geringe Schneefall und die hohen Temperaturen sind sehr wahrscheinlich auf den anthropogenen Klimawandel zurückzuführen.[10] Schwieriger sind die Gründe für den geringen Niederschlag zu bestimmen, da hier verschiedene Einflussfaktoren zusammenkommen. Unmittelbare Ursache waren besondere Bedingungen der atmosphärischen Zirkulation mit einem massiven Hochdruckrücken im Golf von Alaska und einem starken Tiefdruckgebilde über dem Nordosten Nordamerikas (Abb. 3). Das Hoch blockierte die Sturmtiefs, die normalerweise im Winter vom Pazifik Richtung Kalifornien ziehen und die winterlichen Niederschläge bringen. Dieses atmosphärische Muster hat sich nach Untersuchungen auch schon in den 18 trockensten kalifornischen Wintern seit den 1950er Jahren gezeigt.[11] Als Ursachen für diese ungewöhnliche Situation werden sowohl natürliche Schwankungen wie z.B. das ENSO-Phänomen als auch Folgen der globalen Erwärmung wie die Ausdehnung der Hadley-Zelle oder das Abschmelzens des arktischen Meereises diskutiert.[12][13] Nach Wang et al. (2014)[14] wird dieses Zirkulationsmuster von Meeresoberflächentemperaturen im Pazifik angetrieben, die einem El Niño um ein Jahr vorauseilen. Historisch gesehen habe sich die Verknüpfung zwischen ENSO und dem Hochdruck-System im Golf von Alaska und damit den Dürren im Südwesten der USA in den letzten Jahrzehnten verstärkt.[13] Ursache könnte der Antrieb durch die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre sein.

Andere Autoren heben den Einfluss des Abschmelzens des Arktischen Meereises durch den Klimawandel hervor: Dadurch würde sich der Polarjet abschwächen, was wiederum die Entstehung von weit nach Norden bzw. Süden verschobenen quasistationären Hoch- und Tiefdruckzellen zur Folge habe, wie sie für die kalifornische Dürreperiode 2012-2016 typisch waren. Mit der Verringerung der Meereisausdehnung wäre also ein weiterer Einflussfaktor auf die jüngsten Dürren in Kalifornien durch den Klimawandel bedingt.[2]

Projektionen

Abb. 4: Extreme Dürreereignisse in Kalifornien bis in die 2070er Jahre in Ereignisse pro Jahrzehnt

Kalifornien war in seiner Geschichte häufig von Dürren betroffen, bis hin zu den Megadürren des Mittelalters. Dennoch können die hydrologischen Veränderungen, d.h. Veränderungen in dem Verhältnis von Niederschlag und Verdunstung, in den letzten 50 Jahren nicht gänzlich durch natürliche Schwankungen erklärt werden, sondern zeigen die Spuren des anthropogenen Klimawandels.[1] Das machen nicht zuletzt Projektionen von Klimamodellen deutlich. Nach Diffenbaugh (2015) wird sich die Häufigkeit des Zusammentreffens von extrem warmen und extrem trockenen Bedingungen in den folgenden Jahrzehnten gegenüber früheren Jahrhunderten mehr als verdoppeln.[4] Eine Auswertung der Ergebnisse von 17 aktuellen Klimamodellen kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl bei dem hohen Szenario RCP8.5 wie bei dem gemäßigten Szenario RCP4.5 in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts die Bodentrockenheit im Südwesten der USA die Verhältnisse der mittelalterlichen Megadürren im Zeitraum 1100-1200 deutlich übertreffen wird. Die Modelle zeigen, dass es sich dabei in erster Linie um eine Reaktion auf die Erwärmung durch mehr Treibhausgase in der Atmosphäre handeln wird, weniger um Veränderungen in der Dynamik von Atmosphäre und Ozean. Der Hauptantrieb der Austrocknung des Bodens ist die verstärkte potentielle Verdunstung durch gestiegene Temperaturen.[15]

Globale Zirkulationsmodelle sagen eine langfristige Abnahme der Wasserverfügbarkeit im Südwesten der USA bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vor allem im Frühling voraus. Untersuchungen mit hochauflösenden Regionalmodellen unterstützen das Ergebnis. Im Winter werden die Niederschläge im Südwesten der USA dagegen eher zunehmen. Hintergrund sind Veränderungen der globalen Zirkulationsmuster. Im Winter wird sich nach Modellsimulationen das Alëuten-Tief verstärken, was zu stärkeren Tiefdruckbahnen von Südwesten Richtung kalifornische Küste führt. Im Frühjahr dagegen wird sich in Zukunft das subtropische Hoch als Folge einer Ausdehnung der Hadley-Zelle verstärken und Richtung Westküste der USA ausweiten. Solche Hochdrucklagen führen zu einer Abnahme der Niederschläge und Zunahme der Verdunstung und damit zu mehr Trockenheit im Südwesten der USA.[16]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Cayan, D.R., et al. (2010): Future dryness in the southwest US and the hydrology of the early 21st century drought, Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A., 107, 21,271–21,276, doi:10.1073/pnas.0912391107
  2. 2,0 2,1 Wang, S.-Y., Yoon, J., Gillies, R. R. and Hsu, H.-H. (2017): The California Drought: Trends and Impacts, in: Climate Extremes: Patterns and Mechanisms (eds S.-Y. S. Wang, J.-H. Yoon, C. C. Funk and R. R. Gillies), doi: 10.1002/9781119068020.ch13
  3. Robeson, S. M. (2015): Revisiting the recent California drought as an extreme value, Geophys. Res. Lett., 42, 6771–6779, doi:10.1002/2015GL064593
  4. 4,0 4,1 Diffenbaugh, N.S., D.L. Swain, and D. Touma (2015): Anthropogenic warming has increased drought risk in California, PNAS Early Edition, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1422385112
  5. Daten nach NOAA National Centers for Environmental Information: Climate at a Glance
  6. Westerling, A.L. (2016): Increasing western US forest wildfire activity: sensitivity to changes in the timing of spring, Phil. Trans. R. Soc. B 371: 20150178
  7. Swain, D. L. (2015): A tale of two California droughts: Lessons amidst record warmth and dryness in a region of complex physical and human geography, Geophys. Res. Lett., 42, 9999–10,003, doi:10.1002/2015GL066628
  8. Margulis, S. A., G. Cortés, M. Girotto, L. S. Huning, D. Li, and M. Durand (2016): Characterizing the extreme 2015 snowpack deficit in the Sierra Nevada (USA) and the implications for drought recovery, Geophys. Res. Lett., 43, 6341–6349, doi:10.1002/2016GL068520.
  9. Mote, P. W., D. E. Rupp, S. Li, D. J. Sharp, F. Otto, P. F. Uhe, M. Xiao, D. P. Lettenmaier, H. Cullen, and M. R. Allen (2016): Perspectives on the causes of exceptionally low 2015 snowpack in the western United States, Geophys. Res. Lett., 43, 10,980–10,988, doi:10.1002/2016GL069965
  10. Abatzoglou, J.T., and A.P. Williams (2016): Impact of anthropogenic climate change on wildfire across western US forests, PNAS 113, 111770-11775, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1607171113
  11. Lin, Y.-H., L.E. Hipps, S.-Y.S. Wang, and J.-H. Yoon (2017): Empirical and modeling analyses of the circulation influences on California precipitation deficits, Atmos. Sci. Let. 18: 19–28, DOI: 10.1002/asl.719
  12. Swain, D. L. (2015): A tale of two California droughts: Lessons amidst record warmth and dryness in a region of complex physical and human geography, Geophys. Res. Lett., 42, 9999–10,003, doi:10.1002/2015GL066628
  13. 13,0 13,1 Yoon, J.-H. et al. (2015): Increasing water cycle extremes in California and relation to ENSO cycle under global warming. Nat. Commun. 6:8657 doi: 10.1038/ncomms9657
  14. Wang, S.-Y. , L. Hipps, R.R. Gillies, and J.-H. Yoon (2014): Probable causes of the abnormal ridge accompanying the 2013–2014 California drought: ENSO precursor and anthropogenic warming footprint, Geophysical Research Letters 41, doi: 10.1002/2014GL059748
  15. Cook, B.I., T.R. Ault, J.E. Smerdon (2015): Unprecedented 21st century drought risk in the American Southwest and Central Plains. Science Advances 1, e1400082
  16. Gao, Y., L. R. Leung, J. Lu, Y. Liu, M. Huang, and Y. Qian (2014): Robust spring drying in the southwestern U.S. and seasonal migration of wet/dry patterns in a warmer climate, Geophys. Res. Lett., 41, doi:10.1002/2014GL059562


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