Dürren im Amazonasgebiet

Aus Klimawandel
Das Amazonasbecken

Im Amazonasbecken befindet sich der weltweit größte zusammenhängende tropische Regenwald, in dem etwa 200 Gt[1] Kohlenstoff gespeichert sind.[2] In den letzten 30-40 Jahren ist es im Amazonasgebiet im Vergleich zu früheren Jahrzehnten zu mehr extremen Überschwemmungen und zu mehr starken Dürren gekommen.[3] Besonders die teilweise als „Jahrhundertdürren“ bezeichneten Trockenphasen im neuen Jahrhundert haben zu einer Wahrnehmung eines zunehmend trockeneren Amazonasbeckens geführt, was durch Modellsimulationen über die künftige globale Erwärmung teilweise bestätigt wurde,[2] einschließlich eines möglicherweise verstärkten Waldsterbens.[4]

Wichtige Dürren im Amazonas

Vor 2000

Bereits während der mittelalterlichen Warmzeit zwischen 900 und 1200 wurden für das Amazonasgebiet gewaltige Dürren nachgewiesen. Im 20. Jahrhundert sind größere Dürren durch das niedrige Niveau des Amazonas und seiner Nebenflüsse in den Jahren 1912 und 1926 und dann in 1964, 1983, 1995 und 1998 belegt. Im 20. Jahrhundert hat es wahrscheinlich die stärkste Dürre 1926 gegeben. Die Niederschläge lagen während dieser Dürre im zentralen und nördlichen brasilianischen Amazonasgebiet und auch im südlichen Venezuela um 50 % unter den normalen Werten. Als Folge ereigneten sich in Venezuela und im oberen Rio-Negro-Becken große Feuer.[5] Auch bei späteren Dürren kam es zu starken Waldbränden. So erfasste während der Dürre 1998 in Roraima am Nordrand des brasilianischen Amazonas ein großes Feuer ca. 12000 km2, wobei 8-21 % der Laubdachbäume und 36-78 % des Unterholzes betroffen war.[6]

Abb. 1: Niederschlagsdefizite bei Beginn der drei großen Dürren Anfang des 21. Jahrhunderts, dargestellt als Standardabweichungen des Niederschlags im September-November 2004, 2009 und 2015

Nach 2000

In den 2000er Jahren erfuhr mehr als die Hälfte des Amazonasgebiets starke Dürren, die zahlreiche Bäume schädigten, zu Feuerausbrüchen führten und zeitweilig eine Netto-Emission von Kohlenstoff verursachten.[7] In letzter Zeit sind die Zeitabstände zwischen den extrem starken Dürren kürzer geworden. So kam es 2005 und 2010 zu Dürren, die bei ihrem Auftreten jeweils als „Jahrhundertdürre“ eingestuft wurden, und es folgte eine noch stärkere Dürre in den Jahren 2015/16.

Während der Amazonas-Dürre 2005, die besonders im südwestlichen Amazonas eine Flächen von 1,9 Mio. km2 erfasste,[5] lagen die Temperaturen in der Trockenzeit (März bis Oktober) um 3-5 °C höher als im Mittel, und die Niederschläge erreichten in manchen Gebieten nur 33-65 % des durchschnittlichen Wertes.[8] Die Dürre 2005 wurde zunächst als „Jahrhundertereignis“ bezeichnet. Spätere Modellberechnungen stuften sie jedoch als einmal in 20 Jahren ein. 2025 könnte eine solche Dürre nach diesen Berechnungen bereits alle zwei Jahre vorkommen.

Die Dürre 2010, unter der mehr als die Hälfte des Amazonasbeckens litt,[8] begann bereits Ende 2009 und verstärkte sich während der Trockensaison 2010. Insgesamt waren von dieser Dürre 3,0 Mio. km2 betroffen.[9] Die Pegelstände der Flüsse erreichten wie z.B. bei Manaus die niedrigsten Werte seit über 100 Jahren und die Abflussmengen fielen auf die Hälfte des langjährigen Mittels.[5]

2015 war wahrscheinlich das heißeste Jahr der letzten 100 Jahre im Amazonasbecken. Die extreme Hitze fiel 2015/16 mit der zunehmenden Ausdehnung einer extremen Dürre zusammen, wovon 13 % des Regenwaldes erfasst wurden, ein Fünftel mehr als bei vergleichbaren früheren Dürren, die nicht mehr als 8-10 % betrafen. Die starke Trockenheit dehnte sich Ende 2015 über das gesamte Amazonasgebiet aus, konzentrierte sich dann aber mit Beginn des Jahres 2016 vor allem im östlichen Amazonasbecken, während im Westen eine ungewöhnliche Feuchtigkeit herrschte (Abb. 2).[10] Ihren Höhepunkt hatte die Dürre im Sept.-Nov. 2015 im südlichen und im Dez.-Febr. 2015/16 im nordöstlichen Amazonas. Die Niederschläge waren im Nordteil des Amazonasgebiets ähnlich niedrig wie während der Dürre von 1998 und lagen während der Regenzeit im Nord-Winter um 200-300 mm unter dem normalen Niveau der Regenzeit.[11] Der Vegetationsindex (NDVI = Normalized Difference Vegetation Index) war über dem nordöstlichen Amazonas 2015/16 deutlich niedriger als während der Dürren 2005 und 2010.[12]

Ozeanische Ursachen

Als wichtigste Ursachen für Dürren im Amazonasgebiet werden Schwankungen der Oberflächentemperatur der benachbarten Ozeane Pazifik und Atlantik angenommen.[12] So wurde eine ganze Reihe von Dürren entweder auf die Erwärmung im östlichen Pazifik durch das El-Niño-Phänomen oder auf eine Erwärmung im tropischen Atlantik zurückgeführt. Die mittelalterlichen Dürren wurden wahrscheinlich weniger durch die Bedingungen des Pazifischen Ozeans dominiert, sondern durch ungewöhnlich warme Meeresoberflächentemperaturen im tropischen Atlantik. Dagegen steht die ungewöhnliche Dürre von 1926 im Zusammenhang mit einem der stärksten El Niños der neueren Geschichte. Auch andere Dürren im Amazonasgebiet, so die von 1912, 1983 und 1997/98 wurden als direkte Folge eines El-Niño-Ereignisses gedeutet. Und schließlich gilt das auch für die stärkste Dürre seit über 100 Jahren, nämlich die extreme Dürre von 2015/16. Andere Dürren der neuesten Zeit, so die von 1963 und 2005 hatten dagegen nichts mit einem El Niño zu tun. Und die extreme Dürre von 2010 stand sowohl mit einem El Niño wie mit einem sehr warmen tropischen Nordatlantik in Beziehung.[5]

Abb. 2: Der Palmer Drought Severity Index (PDSI) im Januar-März der El-Niño-Dürren 1983, 1998 und 2016
Abb. 3: Schematische Darstellung der Walker-Zirkulation (Dezember-Februar) während El-Niño-Bedingungen über einer Karte mit wärmeren (Ocker) und kälteren (Blau-Grün) Meeresoberflächentemperaturen als üblich.

El Niño

Während eines El Niños verschiebt sich der absteigende Ast der Walker-Zirkulation von der Westküste Südamerikas nach Osten, so dass trockene absteigende Luftmassen über dem östlichen Amazonasgebiet und Nordostbrasilien vorherrschen (Abb. 3). Dadurch werden die Konvektion warmer und feuchter Luftmassen unterdrückt und lokal entstehende Niederschläge verhindert. Über dem bolivianischen Amazonas kann es dagegen zu überdurchschnittlichen Regenfällen wie im Herbst 1982 oder Anfang 2016 kommen.[5] Außerdem werden durch die Verschiebung der Walker-Zirkulation die Passat-Winde über dem tropischen Atlantik geschwächt. Als Folge wird der Transport feuchter Luftmassen vom tropischen Atlantik, die wichtigste externe Quelle von Feuchtigkeit für das Amazonasgebiet, der Zweidrittel des Niederschlags entstammen,[8] verringert.[12]

Die El Niño Einflüsse sind jedoch nicht immer gleich. Jeder El Niño fällt anders aus. Grob gesehen lassen sich zwei Typen unterscheiden. Bei dem einen ist die Erwärmung des Oberflächenwassers des tropischen Pazifik primär im Osten vor der peruanischen Küste (Niño 1.2 Region) lokalisiert, bei dem anderen primär im zentralen Pazifik (Niño 3.4 Region). Die El-Niño-Ereignisse 1982 und 1997 waren durch eine Erhöhung der Meeresoberflächentemperatur von mehr als 3 °C im Osten des Pazifiks gekennzeichnet, der El Niño 2015 besaß seine stärkste Erwärmung dagegen im zentralen Pazifik, dessen Erwärmung 1982 und 1997 relativ gering war.[10] Jiménez-Muñoz et al. (2016) begründen die geographische Verbreitung der Dürre 2015/16 vor allem im östlichen Amazonasgebiet (Abb. 2) mit dem Schwerpunkt der Erwärmung des tropischen Pazifiks im zentralen Teil des ENSO-Gebietes (ENSO 3.4).[10]

Abb. 4: Änderung der Meeresoberflächentemperatur im tropischen Nordatlantik 1990-2013 in °C/Jahrzehnt
Abb. 5: Änderung der Meeresoberflächentemperatur (SST) im tropischen Nordatlantik und des Wasserdampftransports vom Atlantik in das Amazonasbecken

Der tropische Atlantik

Bei höheren Atlantik-Temperaturen können sich ebenfalls die atlantischen Passatwinde abschwächen und dadurch nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen. Seit den späten 1970er Jahren haben die Meeresoberflächentemperaturen im tropischen Nordatlantik graduell zugenommen, mit besonders hohen Werten in den Jahren 1980, 1998, 2005 und 2010, die alle mit einer Dürre im Amazonasgebiet verbunden waren. 2010 lagen sie während des ganzen Jahres um 1,5-2 °C über dem Durchschnitt und waren damit höher als während der gesamten Periode von 1903 bis 2010. Die Folge war eine Verschiebung der Innertropischen Konvergenzzone um 5° nach Norden, wodurch die Nordostpassate vom Atlantik her weniger tief in den Kontinent eindringen konnten.[5]

Andere Autoren stellen eine Zunahme der Niederschläge in der feuchten Jahreszeit im nordwestlichen, nördlichen und zentralen Teil des Beckens fest und begründen sie ebenfalls mit der Erwärmung im tropischen Atlantik.[3] Die starke Erwärmung des tropischen Atlantik hat danach den Wasserdampfgehalt über dem Atlantik erhöht, wodurch es vor allem in der feuchten Jahreszeit (d.h. im Süd-Winter) zu einem höheren Zufluss von Wasserdampf von Norden her in das Amazonasbecken gekommen ist. Das stützen auch Modellsimulationen der neusten Modellgeneration, die für das Amazonasbecken in der feuchten Jahreszeit für die Zukunft mehr Niederschläge prognostizieren. Außerdem soll es hiernach zu einer Abkühlung des östlichen tropischen Pazifik und damit La-Niña-ähnlichen Zuständen infolge von Schwankungen der Pazifischen Dekaden-Oszillation (PDO) gekommen sein. Die Kombination von einem wärmeren tropischen nördlichen Atlantik und einem kühleren tropischen östlichen Pazifik habe zu einer Intensivierung der Walker-Zirkulation geführt und in der Folge zu mehr Niederschlägen über dem Amazonas.[3]

Der Klimawandel

Inwieweit der Klimawandel heute schon einen Einfluss auf das Auftreten von Dürren im Amazonasgebiet hat, ist nicht geklärt. Dabei müssen zwei Fragen unterschieden werden: 1. Inwieweit beeinflusst die Temperaturerhöhung durch mehr Treibhausgase in der Atmosphäre die hydrologischen Prozesse im Amazonasgebiet selbst? und 2. welchen Einfluss hat die globale Erwärmung auf die Änderung der Meeresoberflächentemperatur im tropischen Pazifik und Atlantik, die maßgeblich die Niederschlagsverhältnisse im Amazonasraum bestimmen?

Abb. 6: Temperaturveränderungen im Amazonasgebiet als Abweichungen vom langjährigen Mittel in °C; Monatswerte und Jahresmittel, rot: 5-Jahresmittel. Die Balken in Ocker verweisen auf wichtige Dürren.

Das Amazonasgebiet hat sich seit 1980 um 0,5 °C erwärmt,[10] in jüngster Zeit sogar um 0,25 °C pro Jahrzehnt,[13] wobei die Temperaturzunahme höher in der trockenen Jahreszeit und im Südosten war.[10] Außerdem sind besonders hohe Werte während der extremen Dürren der letzten Zeit zu erkennen (Abb. 6). Steigende Temperaturen führen zu einer höheren Verdunstung und begünstigen so die Trockenheit. Sie könnten daher möglicherweise zu den ausgeprägten Dürren der jüngsten Zeit beigetragen haben.

Betrachtet man nicht nur die Trockenphasen und die Dürreperioden, zeigen Beobachtungsdaten, dass die Niederschläge im Amazonasgebiet insgesamt zugenommen haben, vor allem durch eine Zunahme in der feuchten Jahreszeit im nordwestlichen, nördlichen und zentralen Teil des Beckens, während in der trockenen Jahreszeit vor allem im Südwesten ein leichter Rückgang der Niederschläge zu verzeichnen ist. Über das gesamte Amazonasbecken gemittelt lag die Zunahme seit etwa 1990 bei ca. 10 %, wobei besonders der Nordwesten 2000-2009 mit 80mm/Monat gegenüber 1981-1990 hervorsticht. Im Südwesten wurde dagegen eine Abnahme um 20 mm/Monat beobachtet[2] und im südlichen Amazonasgebiet insgesamt eine Verlängerung der Trockenzeit seit den 1970er Jahren um einen Monat.[11] Die Beobachtungen zeigen also keine Tendenz zu größerer Trockenheit, sondern eher zu feuchteren Verhältnissen.

Während im Süden und Südwesten die besonders starke Entwaldung dieser Gebiete als Grund für die zurückgehenden Niederschläge angenommen wird,[2] gelten als Ursache für die Niederschlagszunahme in den übrigen Gebieten, wie oben erläutert, die ozeanischen Einflüsse als Hauptgrund. Die El-Niño-Ereignisse im Pazifik scheinen in den letzten Jahrzehnten stärker geworden zu sein, vor allem belegt durch die intensiven Ereignisse 1982, 1997/98 und 2015/16. Außerdem hat es eine Verlagerung der maximalen Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur vom östlichen in den zentralen Pazifik gegeben. Ob das auf den anthropogenen Treibhauseffekt oder auf natürliche Klimaschwankungen zurückzuführen ist, ist in der Forschung nicht geklärt. Auch der zukünftige Einfluss der globalen Erwärmung auf das ENSO-Phänomen bleibt ungewiss.[14]

Eine Auswirkung des Klimawandels auf die Pazifische Dekaden Oszillation (PDO) ist gegenwärtig ebenfalls nicht beweisbar, und die Modellberechnungen für das 21. Jahrhundert sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Einige Modelle zeigen zwar eine leichte Änderung zur negativen PDO-Phase, d.h. zu kälteren Bedingungen im östlichen tropischen Pazifik. Andererseits sind die internen Schwankungen so hoch, dass ein externer Einfluss auf die PDO kaum vor der Mitte des 21. Jahrhunderts festzustellen sein wird. Bei der starken Erwärmung im tropischen Atlantik wird dagegen von einigen Autoren schon gegenwärtig der Klimawandel als Ursache angenommen.[15] Andere sehen aber auch hier lediglich eine natürliche Klimaschwankung.[5]

Regionale Prozesse

Neben dem Einfluss der benachbarten Ozeane spielen auch regionale Prozesse bei der Entstehung von Dürren eine Rolle. So kann z.B. das Abholzen des Amazonaswaldes die Luftfeuchtigkeit herabsetzen. Bei einem gesunden Regenwald nehmen die Pflanzen die Niederschläge auf und verdunsten sie z.T. wieder. Aus dem Wasserdampf der Atmosphäre entstehen Niederschläge vor Ort oder in benachbarten Gebieten, wo das Wasser wiederum verdunsten und zu neuen Niederschlägen führen kann. Dieser Kreislauf wird gestört, wenn der Regenwald beseitigt wird, um z.B. landwirtschaftliche Flächen zu schaffen, oder wenn der Wald durch Dürren und Brände gelichtet wird. Der Niederschlag wird dann nur in geringem Maße von der Sekundärvegetation gespeichert und die Verdunstung stark reduziert. Falls der Einstrom feuchter Luftmassen vom Atlantik noch zusätzlich durch den Einfluss eines El Niño oder einer Erwärmung des Atlantiks verringert wird, verschärft sich das Problem. Von den dann ohnehin spärlichen Niederschlägen kann bei einer reduzierten Pflanzendecke noch weniger Wasser gespeichert und verdunstet werden und noch weniger Wasserdampf wird weitertransportiert. Dadurch wiederum wird die Gefahr von Düren und Waldbränden verstärkt.[16]

Auf diese Weise könnte ein sich selbst verstärkender Waldverlust im Amazonasgebiet Dürren verstärken, weil damit der Wasserkreislauf zwischen Atmosphäre und Regenwald geschwächt wird, der 20-50 % des gesamten Niederschlags im Amazonasgebiet ausmacht. Eine Abnahme des ozeanischen Feuchtigkeitszuflusses könnte also einen sich selbstverstärkenden Waldverlust auslösen bzw. einen durch Rodung ausgelösten Waldverlust verstärken. In den letzten Jahrzehnten wurde tatsächlich im südlichen und östlichen Amazonas eine Tendenz zu trockeneren Bedingungen in der trockenen Jahreszeit beobachtet. Z.T. wurde das erklärt durch eine Verringerung des Zuflusses feuchter Luftmassen vom Atlantik, verursacht durch eine Verschiebung der ITC nach Norden. Ob sich dieser Prozess in Zukunft fortsetzt, ist unsicher. Die Modellprojektionen schwanken von einer starken Austrocknung bis zu einem moderaten feuchter werden.[16]

Was bringt die Zukunft?

Abb. 7: Zunahme der jährlichen Mitteltemperatur im Amazonasgebiet nach verschiedenen RCP-Szenarien

Nach verschiedenen Modellrechnungen werden die Temperaturen im Amazonasgebiet bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich steigen (Abb. 7). Nach dem Szenario RCP8.5 wird eine Temperaturzunahme bis zu 6 °C erwartet, nach RCP4.5 von ca. 2,5 °C und nur nach dem nicht sehr wahrscheinlichen Szenario RCP2.6 bleibt die Erwärmung unter 2 °C.[17] Höhere Temperaturen zeigen sich in den Modellrechnungen besonders im südöstlichen Amazonasgebiet. Eine größere Erwärmung bedeutet vor allem eine höhere Verdunstung mit einer verstärkten Bodenaustrocknung, bei ausreichend zur Verfügung stehender Feuchte aber auch mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und mehr regionalen Niederschlag.

Die mittlere Niederschlagsmenge wird nach Modell-Projektionen weitgehend unverändert bleiben. Geographisch und saisonal ergeben sich jedoch Unterschiede. Vor allem im Südosten des Gebietes werden die Niederschläge nach Berechnungen von 10 Regionalmodellen auf der Grundlage des A1B-Szenarios abnehmen, sich im westlichen Teil dagegen wenig ändern (Abb. 8).[18] Eine Untersuchung von 35 Modellen der neuesten Generation nach dem RCP8.5-Szenario kommt zu folgenden Ergebnissen: Die feuchte Jahreszeit (Dezember-April) wird demnach etwas feuchter, die trockensten Monate (Juli-September) werden noch trockener. Die Gründe liegen im Wesentlichen bei der unterschiedlichen Erwärmung der Meeresoberflächentemperaturen im östlichen tropischen Pazifik und im tropischen Atlantik, die mit den Niederschlägen im Amazonas antikorrelieren. Dabei wirkt sich der Einfluss des Pazifiks mehr auf den östlichen, der des Atlantiks mehr auf den westlichen Amazonas aus. Da sich der Pazifik schneller erwärmen werde als der Atlantik, wird der Niederschlag im größeren Ost-Amazonasgebiet abnehmen, im westlichen Teil eher zunehmen.[7]

Abb. 8: Niederschlagsänderungen nach dem A1B-Szenario in Südamerika 2071-2100 minus 1960-1990 in % nach Berechnungen von 10 Regionalmodellen. Die gestreiften Flächen zeigen eine größere Übereinstimmung zwischen den Modellen an.

Im Hinblick auf künftige Dürren folgt daraus ein deutliche Verstärkung der Trockenheit im Amazonasbecken.[7] In dem Gebiet mit abnehmenden Niederschlägen (östlicher Amazonas mit 2/3 des Gesamtgebietes) werden sich die Dürregebiete bis 2100 mindestens verdreifachen. Auch die Häufigkeit von Dürren wird hier zunehmen. In dem kleineren westlichen Teil, wo die Niederschläge eher zunehmen werden, wird das Gebiet, das von ernsten Dürren betroffen ist, etwas abnehmen und die Häufigkeit von Dürren ebenfalls abnehmen. Ursache für die Zunahme von Dürren ist hauptsächlich die Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur im östlichen tropischen Pazifik. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klimamodelle andere relevante Prozesse nur schlecht oder gar nicht berücksichtigen, so die Abholzung des Regenwaldes und die daraus folgende Verringerung der lokalen Verdunstung und Niederschläge. Daher könnte es auch im westlichen Amazonasgebiet zukünftig trockener werden.

Auch die Rückwirkungen klimatischer Änderungen auf die Vegetation des Amazonaswaldes sind in den Modellen nur begrenzt repräsentiert.[16] Der Klimawandel könnte das Auftreten extremer Dürren verstärken, was möglicherweise zur Emission großer Teile der 120 Pg des in den Regenwäldern gespeicherten Kohlenstoffs führen würde. Nach manchen Modellsimulationen wäre sogar ein Ersatz des Regenwaldes im Südosten des Amazonasgebietes durch eine Savannenvegetation möglich, andere zeigen jedoch, dass zwar die erhöhte Temperatur Verluste des Kohlenstoffreservoirs verursachen könnten, die erhöhte CO2-Konzentration aber auch das Pflanzenwachstum verstärken wird.[7]

Einzelnachweise

  1. Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde (109) Tonnen
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Gloor, M., R.J.W. Brienen, D. Galbraith, T.R. Feldpausch, J. Schöngart, J.-L. Guyot, J.C. Espinoza, J. Lloyd, and O.L. Phillips (2013): Intensification of the Amazon hydrological cycle over the last two decades, Geophys. Res. Lett., 40, 1729–1733, doi:10.1002/grl.50377
  3. 3,0 3,1 3,2 Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv, R. Brienen, J. Schöngart, P. Peylin, B. Barcante Ladvocat Cintra, T. Feldpausch, O. Phillips, and J. Baker (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080.
  4. IPCC (2014): Climate Change 2014, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Box 4-3
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050
  6. Xaud, H.A.M, F.S.R.V Martins, J.R. Santos (2013): Tropical forest degradation by mega fires in the northern Brazilian Amazon. Forest Ecology and Management 294, 97-106. doi:10.1016/j.foreco.2012.11.036
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Duffy P. B., P. Brando, G.P. Asner & C.B. Field (2015): Projections of future meteorological drought and wet periods in the Amazon. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 112, 13172–13177
  8. 8,0 8,1 8,2 Davidson, E.A., et al. (2012): The Amazon basin in transition, Nature 481, 321-328
  9. Marengo, J. et al. (2011): The drought of 2010 in the context of historical droughts in the Amazon region. Geophysical Research Letters 38(12), 1–5
  10. 10,0 10,1 10,2 10,3 10,4 Jiménez-Muñoz, J. C. et al. (2016): Record-breaking warming and extreme drought in the Amazon rainforest during the course of El Niño 2015–2016. Sci. Rep. 6, 33130; doi: 10.1038/srep33130
  11. 11,0 11,1 Marengo, J. A., Fisch, G. F., Alves, L. M., Sousa, N. V., Fu, R., and Zhuang, Y. (2017): Meteorological context of the onset and end of the rainy season in Central Amazonia during the GoAmazon2014/5, Atmos. Chem. Phys., 17, 7671-7681
  12. 12,0 12,1 12,2 Erfanian, A., G. Wang & L. Fomenko (2017): Unprecedented drought over tropical South America in 2016: significantly under-predicted by tropical SST, Scientific Reports 7: 5811 | DOI:10.1038/s41598-017-05373-2
  13. Malhi, Y., et al.(2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169 (2008); 169-172
  14. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 14.4
  15. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 14.7.3
  16. 16,0 16,1 16,2 Zemp, D. C. et al. (2017): Self-amplified Amazon forest loss due to vegetation–atmosphere feedbacks. Nature Communications 8, 14681 doi: 10.1038/ncomms14681
  17. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Annex I: Atlas of Global and Regional Climate Projections Supplementary Material RCP8.5, Figure AI.SM8.5.52
  18. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Figure 14.21


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