Klimaänderungen in Lateinamerika

Aus Klimawandel
Satelliten-Aufnahme von Südamerika

Südamerika

Mittlere Klimabedingungen

Aufgrund der großen meridionalen Ausdehnung von 12 °N bis 56 °S finden sich in Südamerika von den Tropen über die Subtropen bis zur gemäßigten Zone nahezu alle Klimazonen.[1] Über Tropen und Subtropen in Südamerika bestimmt die Hadley-Zirkulation mit aufsteigender Luft und starken Niederschlägen entlang der Innertropischen Konvergenz und absteigenden Luftmassen in den Subtropen weitgehend den Jahreszyklus von Niederschlag und Trockenheit. Im Süd-Winter (Juni, Juli, August) fallen die Hauptniederschläge nördlich des Äquators. Im Innern des Kontinents einschließlich des südlichen Amazonasgebietes ist es trocken. Im Süd-Sommer (Dezember, Januar, Februar) zieht sich ein Band starker Niederschläge von der südlichen Hälfte des Amazonas-Beckens bis ins nördliche Argentinien. Über dem Chaco bildet sich gleichzeitig ein starkes Tief aus, das die Ostwinde über dem Amazonasbecken nach Süden zieht, wodurch große Mengen an Feuchtigkeit bis nach 35 °S transportiert werden. Ostwinde vom Atlantik her dringen bis in die zentralen Anden vor und sorgen für Niederschläge über dem Altiplano.

Quer zu den zonal verlaufenden Klimazonen erstreckt sich auf nahezu der gesamten Lände des Kontinents der Gebirgszug der Anden. In den Tropen und Subtropen trennen die Anden südlich des Äquators niederschlagsreiche Gebiete im Osten, wo vom Atlantik her Passate feuchte Luftmassen in den Kontinent transportieren, von trockenen Gebieten in den schmalen Küstenstreifen im Westen. Südlich davon, im südlichen Chile und Patagonien, liegen in der Westwindzone die trockeneren Gebiete im Osten und die feuchten im Westen der Anden. Im Innern des Kontinents ist das Amazonasbecken zwischen 10 °N und 25 °S eine Region mit starken konvektiven Niederschlägen, die den größten Regenwald der Welt mit Feuchtigkeit versorgen.

Temperaturunterschiede zwischen pazifischer Küste, Landesinnern und atlantischer Küste im tropischen und subtropischen Südamerika.

Bei den Temperaturen gibt es einerseits Unterschiede von ca. 20 °C entsprechend den Klimazonen zwischen den äquatorialen Gebieten und dem Süden des Kontinents sowie ähnliche unterschiede zwischen den Tiefländern und den Hochebenen des Altiplano. Andererseits gibt es durch die ozeanischen Randbedingungen und getrennt durch die Gebirgskette der Anden eine West-Ost-Asymmetrie mit kühleren Verhältnissen über dem subtropischen Pazifik und den angrenzenden Küstengebieten und wärmeren Bedingungen östlich der Anden wie etwa im Amazonasgebiet. Bei 20 °S etwa ist die pazifische Küste um 6 °C kühler als die bolivianischen Tieflandgebiete östlich der Anden und 4 °C kühler als die atlantische Küste. Grund ist das kalte Auftriebswasser vor den Küsten von Nordchile und Peru, das durch den Humboldtstrom angetrieben wird.

Südlich von 40 °S bestimmen Westwinde das ganze Jahr über das Wetter. Sie reichen in große Höhen und besitzen als Jetstream in der oberen Troposphäre ihre größte Geschwindigkeit. Die nach Osten ziehenden Tiefdruckgebiete regnen sich westlich der Anden ab, während es in dem östlich der Anden gelegenen Patagonien ausgesprochen trocken ist. Das Regengebiet im Westen reicht im Süd-Winter bis 30 °S in Zentral-Chile und im S-Sommer bis 40 °S.

Natürliche Klimaschwankungen

Klimaschwankungen in Südamerika werden von unterschiedlichen großräumigen Systemen beeinflusst.[1] Eine starke Wirkung auf das Klima des Kontinents hat das pazifische ENSO-Phänomen, mit direkten Effekten auf die Küstengebiete Ecuadors, Perus und des nördlichen Chile sowie mit indirekten Auswirkungen bis in mittlere Breiten und, jenseits der Anden, bis Nordost-Brasilien. Ein weiterer Einflussfaktor, der ENSO-ähnlich wirkt, ist die Pazifische Dekaden Oszillation (PDO), bei der es um Schwankungen der Temperatur des Oberflächenwassers im Nordpazifik vor der nordamerikanischen Westküste geht. Aber auch die Meeresoberflächentemperaturen des tropischen Atlantiks spielen eine Rolle für Dürren im Nordosten Brasiliens und des Amazonas-Gebietes. Selbst die Nordatlantische Oszillation (NAO) im Nordatlantik wirkt sich auf Klimaschwankungen in Südamerika aus.

Die wichtigste Quelle für natürliche Klimaschwankungen in Südamerika ist das ENSO-Phänomen. Während eines El Niño fällt weniger Niederschlag über dem tropischen Südamerika und mehr Niederschlag als normal über dem südöstlichen Teil des Kontinents und dem mittleren Chile. In den wüstenartigen Küstengebieten von Ecuador und Peru kann es auf dem Höhepunkt von El-Niño-Episoden zu starken Überflutungen kommen.

Klimaänderungen in einzelnen Regionen

Westküste

Entgegen der allgemeinen Erwärmung wurde an der Westküste Südamerikas zwischen Peru und Zentral-Chile eine deutliche Abkühlung von 1 °C in den letzten 30-50 Jahren beobachtet.[2] So weisen die küstennahen Gebiete im mittleren und nördlichen Chile seit Mitte der 1990er Jahre eine Abkühlung von -0,12 °C pro Jahrzehnt auf (vor der Küste auf der Insel Juan Fernandez sogar um -0,2 °C/Jahrzehnt). Sie stehen damit in deutlichem Gegensatz zum Landesinneren, wo bereits 150 km landeinwärts ein Temperaturtrend von +0,18 und in den westlichen Anden sogar von +0,28 °C pro Jahrzehnt gemessen wurde. Die Erwärmung im Landesinnern wird im allgemeinen auf die globale Erwärmung zurückgeführt. Die abnehmenden Temperaturen im Küstengebiet stehen im Zusammenhang mit einer abnehmenden Meeresoberflächentemperatur. Dafür kann es verschiedene Ursachen geben. So können natürliche Schwankungen wie ein negativer Trend der pazifischen Dekaden Oszillation (PDO) dafür verantwortlich sein. Es ist aber auch möglich, dass die beobachtete Verstärkung der südpazifischen Hochdruckzelle ein wichtiger Einflussfaktor ist, da durch sie die Südost-Passate und damit ablandige Meeresströmungen und kaltes Auftriebswasser verstärkt werden. Eine Intensivierung des südpazifischen Hochs wird von Klimamodellen als Folge der globalen Erwärmung simuliert.[3]

Der Abkühlungstrend an der Westküste Perus steht eindeutig mit der Entwicklung der Meeresoberflächentemperatur vor der Peruanischen Küste im Zusammenhang, die seit 1950 um -0,3 bis -0,4 °C pro Jahrzehnt gesunken ist. Vor Pisco an der mittleren Westküste Perus betrug die Abkühlung der Meeresoberfläche allein zwischen 1980 bis 2004 -2,5 °C. Gleichzeitig wurde eine Verstärkung der Küstenwinde und des Auftriebswassers vor der Küste festgestellt. Das legt eine Verbindung mit der globalen Erwärmung nahe. Das verbindende Glied ist die schon erwähnte Intensivierung der südpazifischen Hochdruckzelle. Auch Auftriebssysteme im Atlantik, so etwa vor der Westafrikanischen Küste und im Benguela-System, zeigen Abkühlungstrends, was eine globale Ursache vermuten lässt.[4]

Anden

Temperaturveränderung in den tropischen Anden (1°N–23°S) zwischen 1939 und 2006

In den höheren Lagen der tropischen Anden ist der Temperaturanstieg über das 20. Jahrhundert auf 1,1 °C geschätzt worden.[5] Dabei haben sich vor allem die Minimumtemperaturen erhöht. Die kalten Nächte sind wärmer geworden, und die extrem kalten Nächte haben in der Anzahl abgenommen.[6] Kurzfristige Klimaschwankungen über einige Jahre werden in den tropischen Anden stark durch das ENSO-Phänomen beeinflusst, wobei El-Niño-Phasen höhere Temperaturen und geringere Niederschläge zur Folge haben und La-Niña-Phasen das Gegenteil. Analysen des Niño-3-Index zeigen, dass eine Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur des östlichen tropischen Pazifik um 1 °C die Frostgrenze um 76 m anhebt.[6] Der ENSO-Einfluss wird jedoch zunehmend überlagert von dem langfristigen Temperaturanstieg durch anthropogene Treibhausgase. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Pazifische Dekaden-Oszillation (PDO), die zwar nach Vuille et al. (2015)[7] in den 1990er und 2010er Jahren im Rahmen der sog. Erwärmungspause (warming hiatus) zu einer leichten Abkühlung tiefer gelegener Stationen im südlichen Peru geführt, den Erwärmungstrend bei Wetterstationen in 2000 m Höhe und mehr aber nicht gebremst hat. Der Gesamttrend in den tropischen Anden zwischen 1950 und 2010 liegt bei einer Erwärmungsrate von 0,13 °C/Jahrzehnt und entspricht damit etwa dem globalen Trend. Zahlreiche hochgelegene Stationen in den peruanischen Anden zeigen aber auch in den Jahrzehnten 1981-2010 wie schon davor eine Erwärmung von 0,2 °C/Jahrzehnt.[7]

Die Änderungen der Niederschläge sind weniger eindeutig. Nördlich von 11°S gibt es in Ecuador, Nord- und Mittel-Peru eine Niederschlagserhöhung, im südlichen Peru und entlang der peruanisch-bolivianischen Grenze dagegen eine Niederschlagsabnahme. Allgemein lässt sich sagen, dass die inneren Tropen feuchter und die äußeren Tropen (Subtropen) trockener werden. Dieser Trend kann durch eine Intensivierung der Hadley-Zirkulation erklärt werden. Einerseits wird der aufsteigende Ast der Hadley-Zelle kräftiger, wodurch es zu mehr konvektiven Niederschlägen kommt. Andererseits verstärkt sich der absteigende Ast, wodurch Niederschlag und Wolkenbedeckung abnehmen. Dadurch werden die äquatornahen Tropen feuchter und die Subtropen wolkenärmer und trockener. Auch bei den Niederschlägen spielen durch ENSO bedingte Schwankungen eine wichtige Rolle. In El-Niño-Jahren sind nicht nur die Temperaturen höher; auch der Himmel ist klarer, und es fallen weniger Niederschläge.[6]

Amazonasgebiet

Mittelamerika

Mittelamerika gilt aufgrund seiner Lage, seiner Topographie und der Verletzlichkeit menschlicher Siedlungen als diejenige tropische Region, die durch den Klimawandel am stärksten gefährdet ist. So haben in den letzten 30 Jahren Extremereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Dürren stetig zugenommen. Zwischen 2000 und 2009 ereigneten sich in der Karibik 39 Hurrikane im Vergleich zu 15 in den 1980er und 9 in den 1990er Jahren.[8]

Mittlere Klimabedingungen

Wegen der komplexen Topographie ist das Klima in Mittelamerika regional sehr verschieden. Allgemein steht das Klima jedoch einerseits unter dem starken Einfluss der Innertropische Konvergenzzone (ITC) und zum anderen unter dem der beiden Ozeane Atlantik und Pazifik.[9]

Der Niederschlag wird im Jahreszyklus durch die Meeresoberflächentemperaturen im östlichen tropischen Pazifik, im Golf von Mexiko, im Karibischen Meer und im westlichen tropischen Atlantik bestimmt. Im Sommer sind sie über 28,5 °C warm und bewirken eine intensive Konvektion mit starken Niederschlägen.

Die trockene Jahreszeit dauert von November bis April. Die Verschiebung der ITC nach Süden, die Abkühlung der Meeresoberflächentemperaturen auf unter 28 °C und die Intensivierung der Passatwinde führen zu abnehmenden Niederschlägen. Nur an den zur Karibik zeigenden Berghängen Mittelamerikas bringen die aufsteigenden Passatwinde stärkere Regenfälle mit sich. Auf der pazifischen Seite, die im Regenschatten liegt, bleibt es jedoch sehr trocken.

Klimaschwankungen werden, vor allem auf der pazifischen Seite, stark durch das ENSO-Phänomen geprägt. El Nino bedeutet höhere Temperaturen, La Nina geringere.

Klimaänderungen in der Karibik

Die Tagestemperaturen sind zwischen 1961 und 2010 um 0,19 °C pro Jahrzehnt und die Nachttemperaturen um 0,28 °C pro Jahrzehnt angestiegen. Die Anzahl sehr warmer Tage, d.h. der Tage mit Temperaturen im oberen Zehntel, haben 1986-2010 sogar um 6,5 % zugenommen und die von sehr warmen Nächten um 6 %.[10]

Die jährlichen Niederschläge im Mittel der gesamten Karibik zeigen keinen klaren Trend. Regional zeigen jedoch einige Stationen auf Kuba, Trinidad und Guayana Zunahmen. Anders als die mittleren Jahresniederschläge nahmen jedoch an fast allen Stationen die Starkniederschläge zu.[10]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Die Darstellung stützt sich im wesentlichen auf: Garreaud, R.D., et al. (2009): Present-day South American climate, Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 281, 180–195
  2. IPCC (2014): Climate Change 2014, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, 27.2.1.1
  3. Falvey, M. and R.D. Garreaud (2009): Regional cooling in a warming world: Recent temperature trends in the southeast Pacific and along the west coast of subtropical South America (1979–2006). Journal of Geophysical Research 114, D04102
  4. Gutiérrez, D., et al. (2011): Coastal cooling and increased productivity in the main upwelling zone off Peru since the mid‐twentieth century, Geophysical Research Letters 38, doi:10.1029/2010GL046324
  5. Rabatel, A., et al. (2012): Review article of the current state of glaciers in the tropical Andes: a multi-century perspective on glacier evolution and climate change, The Cryosphere Discussion 6, 2477-2536
  6. 6,0 6,1 6,2 Vuille, M., et al. (2008): Climate change and tropical Andean glaciers: past, present and future, Earth-Science Reviews, 89, 79–96
  7. 7,0 7,1 Vuille, M., E. Franquist, R. Garreaud, W. Lavado, B. Caceres (2015): Impact of the global warming hiatus on Andean temperature. J. Geophys. Res. 120 (9), 3745–3757. http://dx.doi.org/10.1002/2015JD023126.
  8. IPCC (2014): Climate Change 2014, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Box 27-1.
  9. Karmalkar, A.V., et al. (2011): Climate change in Central America and Mexico: regional climate model validation and climate change projections, Climate Dynamics 37, 605–629
  10. 10,0 10,1 Stephenson, T.S., et al. (2014): Changes in extreme temperature and precipitation in the Caribbean region, 1961–2010, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.3889


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