Gletscher in Nordeuropa

Aus Klimawandel
Briksdalsbreen, ein Auslassgletscher des Jostedalsbreen

Es gibt in Europa drei größere Gletschergebiete: Spitzbergen mit einer eisbedeckten Fläche von ca. 33 000 km2, Island mit ca. 11 000 km2 und Norwegen mit etwa 2700 km2. Rechnet man die Randgletscher Grönlands mit, kommen noch einmal 87 000 km2 hinzu.[1][2] In allen drei bzw. vier Gletschergebieten wurde in den letzten Jahrzehnten ein Abschmelzen der Gletscher beobachtet.

Gletscher in Norwegen

Die Gletscher auf dem norwegischen Festland haben eine wichtige Bedeutung für verschiedene gesellschaftliche Sektoren wie die Wasserkraft und den Tourismus.

Klima

Aufgrund der langen Küste und der hohen Gebirgszüge unterscheidet sich das Klima Norwegens stark in den verschiedenen Landesteilen. An der Küste ist es relativ feucht, im Landesinnern eher trocken. Aufgrund des Nordatlantikstroms und der vorherrschenden westlichen Winde ist die norwegische Küste auch im Winter eisfrei. Die mittlere Jahrestemperatur liegt bei +1 °C, wobei an den westlichen Küsten die Mittelwerte bei +6 °C und im Landesinnern bei -4 °C liegen.[2]

Der mittlere Jahresniederschlag beläuft sich auf 1500 mm und fällt zumeist durch die vom Atlantik heranziehenden Tiefdruckgebiete, mit dem Schwerpunkt im Herbst und Winter. Daneben spielen Steigungsregen an den Gebirgszügen eine wichtige Rolle. In einzelnen Küstenregionen, vor allem an der südlichen Westküste, steigt der Niederschlag auf 3000 mm und mehr. In den trockeneren Landesteilen im Innern Norwegens fallen die Niederschläge hauptsächlich im Sommer.[2]

Gletscher

Anzahl und Ausdehnung

Eine aktuelle Gletscherzählung hat eine Gesamtzahl von 2534 Gletschern in Norwegen ergeben, die eine Fläche von 2692 km2 bedecken. 57 % der Gletscherfläche befinden sich in den höheren Lagen Süd-Norwegens in unterschiedlicher Distanz zur Küste, so der Jostedalsbreen mit seinen verschiedenen Ausflussgletschern, der Hardangerjøkelen und der Søndre Folgefonna. Die Gletscher im nördlichen Norwegen bedecken 43 % der vergletscherten Gesamtfläche und liegen mehr in Küstennähe, unter ihnen der Vestre Svartisen, der Østre Svartisen und der Frostisen. Die überwiegende Mehrheit der norwegischen Gletscher ist von geringer Größe. 73 %aller Gletscher sind kleiner als 0,5 km2, und nur 1,5 % der Gletscher sind größer als 10 km2, nehmen jedoch einen großen Anteil an der gesamten vergletscherten Fläche Norwegens ein. Der größte Gletscher ist der Jostedalsbreen mit 474 km2. Die vier größten Gletscher Norwegens, die jeweils über 100 km2 groß sind, bedecken 37 % der gesamten vergletscherten Fläche.[2]

Veränderung

Anzahl sich zurüchziehender (rot) und vorstoßender (blau) Gletscher in dem jeweiligen Jahr in Norwegen.

Während der letzten Kaltzeit war Norwegen von dem Skandinavischen Eisschild bedeckt, das in der maximalen Ausdehnung um ca. 20 000 vh. bis nach Großbritannien, Norddeutschland, Polen und Moskau reichte. Danach schmolz der Eisschild allmählich ab. Während der Jüngeren Dryaszeit (13 000 bis 11 500 vh.) gab es einen erneuten Vorstoß, auf den dann aber ein schneller Rückzug des Eises folgte. Während des frühen und mittleren Holozän, vor allem in der Zeit zwischen 6600 und 3300 vh., schmolzen die meisten Gletscher Norwegens stark ab. Ein deutlicher Vorstoß der Vergletscherung ereignete sich dann erst wieder in der Kleinen Eiszeit zwischen 1400 und 1850. Die meisten norwegischen Gletscher erreichten in dieser Periode ihre maximale Ausdehnung in der Mitte des 18. Jahrhunderts.[2]

Im 20. Jahrhundert zogen sich die Gletscher dann im allgemeinen wieder zurück, auch wenn es bei einer ganzen Reihe von Gletschern gelegentliche Vorstöße gab, die ihren Höhepunkt um 1910 und 1930 hatten. Der jüngste Gletschervorstoß begann bei zahlreichen Gletschern in den späten 1980er Jahren und erreichte seinen Höhepunkt um 2000. Danach zeigten die meisten Gletscher eine negative Massenbilanz und Rückzug der Gletscherzunge.

Die Methoden früherer Gletscherbeobachtungen haben sich stark von den aktuellen Zählungen, die z.T. auf Satellitenbeobachtungen beruhen, unterschieden und haben wesentlich weniger Gletscher registriert. Es ist daher sehr schwierig, Entwicklungen der Gletscherausdehnung zu bestimmen. Nach vorsichtigen Schätzungen haben die 10 größten Gletscher von ca. 1970 bis zum Beginn der 2000er Jahre etwa 13 % ihrer Fläche verloren, wobei sich einzelne Gletscher wie der Jostedalsbreen nur wenig verändert haben. Etwas zuverlässigere Beobachtungen gibt es über die Gebirgsregionen Jotunheimen in Süd-Norwegen. Hier hat die Fläche von 161 Gletschern im selben Zeitraum um ca. 12 % abgenommen. Gegenüber der maximalen Ausdehnung in der Kleinen Eiszeit nahm die vergletscherte Fläche in Jotunheimen sogar um 35 % ab. Von allen in den letzten Jahrzehnten beobachteten Gletschern schmolz der ganz im Norden gelegene Langfjordjøkelen am stärksten ab, was sich vor allem in der Abnahme der Dicke zeigte. Der Volumenverlust wurde für die Periode 1966-2008 auf 46 % geschätzt.[2]

Ursachen

Die Ursachen für die Veränderungen der norwegischen Gletscher liegen einerseits in den sich ändernden Niederschlägen, andererseits in den Temperaturschwankungen. So wurde die Zunahme der Massenbilanz in der Zeit von 1989 bis 1995 durch stärkeren Schneefall im Winter verursacht, der wiederum durch einen positiven NAO-Index begründet veranlasst wurde. Für das 21. Jahrhundert werden durch den Klimawandel höhere Temperaturen, aber auch stärkere Niederschläge berechnet. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Temperatureffekt dominieren wird, zumal aufgrund der Erwärmung der Niederschlag zunehmend als Regen und weniger als Schnee fallen wird. Viele norwegische Gletscher werden daher im Laufe des Jahrhunderts ganz verschwinden. So haben Modellsimulationen für den Hardangerjøkelen gezeigt, dass der Gletscher bei einem Temperaturanstieg um 3 °C trotz einer Niederschlagszunahme um 10 % bis zum Ende des Jahrhunderts verschwinden wird.[2]

Einzelne Gletscher

Veränderung des Eisvolumens des Hardangerjøkulen 1905-2005.

Hardangerjøkulen

Die maritimen Gletscher Norwegens, die nicht weiter als 150 km von der Küste entfernt liegen, sind im späten 20. Jahrhunderts nach einer Serie von feuchten Wintern vorgestoßen. Seit dem Jahr 2000 zeigen dann alle beobachteten Gletscher einen Massenverlust und Rückzug der Gletscherzunge. Sie zeigen eine starke Abhängigkeit von den Winterniederschlägen. Die größeren Gletscher mit einer Fläche von über 25 km2 sind durchgehend Eiskappen mit einem großen und flachen oberen Teil und einer Reihe von abfallenden Auslassgletschern. Der Hardangerjøkulen ist eine typische Eiskappe. Er liegt im Übergangsbereich zwischen maritimen und mehr kontinentalen Gletschern 150 km von der Westküste Norwegens entfernt. Er besitzt gegenwärtig eine Fläche von 73 km2 und erstreckt sich von 1020 bis 1865 m Höhe.[3]

Im 20. Jahrhundert nahm das Volumen des Gletschers bis 1917 ab, gefolgt von einer Reihe von Jahren mit positiver Massenbilanz. Einer seiner Auslassgletscher, der Rembesdalsskåka, nahm zwischen 1919 und den späten 1920er Jahren um 50 m an Länge zu. Seit ca. 1930 folgte bis 1950 eine schnelle Volumenabnahme des Hardangerjøkulen. Zwischen 1961 und 1995 verlangsamte sich der Eisrückgang, bis das Volumen in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren wieder zunahm. Zwischen 1963 und 2005 war die Massenbilanz des Hardangerjøkulen insgesamt leicht positiv.[3]

Nach Modellberechnungen wird der Hardangerjøkulen bei einem Temperaturanstieg von 3 °C und einer Niederschlagszunahme von 10 % bis 2100 so gut wie verschwunden sein. Dabei besitzt der Niederschlag nur einen geringen Einfluss. Selbst bei einer Niederschlagszunahme von 50 % wird das gänzliche Abschmelzen des Gletschers nicht verhindert. Entscheidend ist die Temperatur, und zwar vor allem die Sommertemperatur, da sie das sommerliche Abschmelzen steuert.[3]

Jostedalsbreen

Der Jostedalsbreen besaß mit seinen Auslassgletschern eine maximale Ausdehnung um 1850 während der Kleinen Eiszeit. Danach ist ein allgemeiner Rückzug bis heute festzustellen. In den frühen 1990er Jahren gab es einen kleinen und kurzen erneuten Vorstoß der Gletscherzungen. Der Grund waren höhere Winterniederschläge, die durch eine stärkere Nordatlantische Oszillation (NAO) bedingt waren. Seit Beginn des neuen Jahrhunderts nahm die Gletscherlänge wieder ab, bedingt durch geringere Niederschläge im Winter durch eine schwächere NAO und wärmere Temperaturen im Sommer.[4]

Island und Spitzbergen

Einzelnachweise

  1. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 4.2
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Andreassen, L.M., S.H. Winsvold (Eds., 2012): Inventory of Norwegian Glaciers
  3. 3,0 3,1 3,2 R. H. Giesen and J. Oerlemans (2010): Response of the ice cap Hardangerjøkulen in southern Norway to the 20th and 21st century climates, The Cryosphere, 4, 191–213
  4. Nussbaumer, S.U., A. Nesje and H.J. Zumbühl (2011): Historical glacier fluctuations of Jostedalsbreen and Folgefonna(southern Norway) reassessed by new pictorial and written evidence, The Holocene 21, 455-471


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