Gesundheitsrisiken in Afrika
Überblick
Die afrikanische Bevölkerung südlich der Sahara ist durch den Klimawandel vielleicht auf der Welt am stärksten gefährdet. Das gilt nicht zuletzt für den Gesundheitssektor. Die Gründe für die schon gegenwärtig schwierige gesundheitliche Situation in Afrika liegen vor allem in der ungenügenden Gesundheitsfürsorge und den schwierigen Lebensbedingungen. Der Klimawandel könnte diese Probleme verstärken. Veränderungen der Temperatur und der Niederschläge sowie auch der Extremereignisse beeinflussen einerseits die Trinkwasserversorgung und die Nahrungsmittelproduktion und damit auch die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegenüber Krankheiten. So ist Unterernährung häufig verantwortlich dafür, dass vor allem Kinder und schwangere Frauen anfällig für Krankheiten sind. Andererseits werden durch den Klimawandel die Lebensbedingungen von Vektoren und Parasiten verändert. Dabei könnten manche Krankheiten zurückgedrängt werden, andere sich ausbreiten. Betroffen sind vor allem die Krankheiten Malaria, Dengue, Westnil-Fieber, Gelbfieber, Leishmaniose und Schlafkrankheit.[1]
Malaria
Von den 700 000 bis 2,7 Millionen Menschen, die global jährlich an Malaria sterben, stammen 90 % aus Subsahara-Afrika, von denen 75 % Kinder sind. Die weltweit meisten Länder mit der höchsten Todesrate auf 100 000 Einwohner bei Malaria liegen in Afrika, beginnend mit der Elfenbeinküste (86), Angola (57) und Burkina Faso (51). Nach der Unterernährung ist Malaria vielleicht die größte Bedrohung für die Gesundheit der afrikanischen Bevölkerung.[1]
Verbreitung
Der Malaria-Gürtel in Afrika ist grob gesehen im Norden begrenzt durch die Trockenheit der Sahara und im Süden durch die kühleren Temperaturen in Südafrika. Die Malaria-Mücke und die krankheitserregenden Parasiten sind an bestimmte Temperaturgrenzen und Feuchtigkeitsverhältnisse gebunden. Die Minimumtemperatur für die Parasiten liegt bei 16 °C. Die Moskitolarven entwickeln sich am besten in Wasserpfützen mit einer Temperatur von 22-26 °C.[2]
In Westafrika gibt es geeignete Brutplätze für die Anopheles-Mücke nur in der Regenzeit. Schon im nördlichen Sahel ist es dafür zu trocken. Außerhalb der Regenzeiten können die Larven nur in Flussbetten, Oasen oder Wasserstellen überleben. Südlich von 15° N kommen nach Modellberechnungen zwischen 100 und 500 infektiöse Stiche pro Person und Jahr vor. Nördlich von 15° N nimmt die Infektionsrate dagegen scharf ab. Am Rande der Sahara gibt es kaum noch eine Malaria-Übertragung. Die Malaria-Saison ist dabei an den westafrikanischen Monsun gekoppelt, der vom Atlantik her die Niederschläge bis in die Sahel-Zone bringt. Im Küstengebiet beginnd die Malaria-Saison im März/April und reicht bis November/Dezember. Im Sahel ist die Übertragungszeit beschränkt auf die Zeit von Juni bis September.[2]
In Ostafrika bedingt das stark gegliederte Hochland ein sehr komplexes Muster der Malaria-Verteilung. In den höher gelegenen Gebieten von Kenia, Äthiopien, Ruanda, Tansania und Burundi liegen die Mitteltemperaturen unter 20 °C und begrenzen das Infektionsrisiko gravierend. Am Horn von Afrika schränken sehr trockene Bedingungen die Malaria-Ausbreitung ein.[2]
Gegenwärtig gibt es die stärkste Malaria-Übertragung im äquatorialen Afrika, insbesondere im Kongo-Becken. Hier besteht die Malaria-Gefahr zu einem großen Teil das ganze Jahr über. Der Grund sind die hohen Temperaturen und die hohen, aber nicht extrem starken Niederschläge. Extremniederschläge würden die Malaria-Gefahr dämpfen, weil die die Brut der Anopheles-Mücke aus den Brutplätzen ausschwemmen würden.[3]
Ursachen
Durch den Klimawandel könnte sich Malaria einerseits dadurch ausbreiten, dass in bisher trockenen Regionen der Niederschlag zunimmt und so den Anopheles-Mücken eine ausreichend feuchte Umgebung für die Brut zur Verfügung steht. Andererseits könnten durch eine Erwärmung in Hochlandgebieten, wo es für die Anopheles-Mücken und den Krankheitserreger Plasmodium falciparum bisher zu kalt war, geeignete Temperaturen herrschen. Höhere Temperaturen erlauben es dem Malaria-Parasiten Plasmodium, sich schneller in der Mücke zu vermehren.[1]
Neben dem Klima und seinen Veränderungen spielen auch nichtklimatische Faktoren eine wesentliche Rolle für die Ausbreitung von Malaria. So können Veränderungen der Landnutzung, z.B. die Umwandlung von Wald in Ackerland, dazu führen, dass trockenere Bedingungen die Brutplätze der Anopheles-Mücke einschränken. Der Zusammenbruch von Gesundheitssystemen in Kriegs- oder Krisenzeiten kann die Ausbreitung von Malaria begünstigen. Die Anwendung von DDT und anderen Insektiziden vernichten die Überträger und drängen damit die Krankheit zurück. Die Ausbreitung bewässerter Agrarflächen, z.B. beim Reisanbau, schaffen wiederum günstigere Brutbedingungen. Die rapide Verstädterung Afrikas wird dagegen als ein Hindernis für die Ausbreitung der Malaria gesehen.[2]
Projektionen
Nach Simulationen von Malaria-Modellen auf der Grundlage eines regionalen Klimamodels mit einer Auflösung von 0,5°, das auch Äderungen der Landnutzung berücksichtigt, wird sich das Malaria-Risiko vor allem in der Sahelzone und im Hochland von Ostafrika ändern. In der Sahelzone wird es nördlich von 13° N nach dem A1B-Szenario bis 2050 zu einer Abnahme der Malaria-Übertragung kommen. Nördlich von 15° N wird in einem künftigen Klima die Malaria-Infektion entweder ganz verschwinden oder deutlich reduziert. Der Grund liegt primär in der Abnahme der projizierten Niederschläge. Südlich der Sahelzone wird sich die Niederschlagsabnahme dagegen günstig auf die Moskito-Population auswirken, weil es weniger häufig zu Ausschwemmungen der Brut kommt. Auf dem Adamawa- und dem Jos-Plateau in Nigeria werden ansteigende Temperaturen die Malariaausbreitung wahrscheinlich begünstigen.[3]
In Ostafrika sagt das Klimamodell deutlich höhere Temperaturen und etwas höhere Niederschläge voraus. Als Folge wäre mit einem moderaten Anstieg der Malaria-Übertragung zu rechnen. Da hier in höheren Regionen die Menschen aber wenig immun gegenüber der Malaria-Infektion sind und besonders Kinder unter 15 Jahren betroffen sein werden, wird sich in den Hochlandgebieten z.B. von Kenia, Äthiopien und Ruanda die Infektionsgefahr deutlich stärker ausbreiten. In Gebieten über 2000 m Höhe wird sich die Krankheit nach den Modellrechnungen in bisher Malaria-freie Gebiete ausbreiten, während unterhalb von 1600-2000 m eher mit einer Stabilisierung der heutigen Verhältnisse zu rechnen ist. Der Grund liegt nicht zuletzt in der Immunabwehr der jeweiligen Bevölkerung. Unterhalb von 2000 m sind die Menschen an Malaria gewöhnt, weshalb ihre Immunität ausgeprägter ist.[3]
Insgesamt wird in 2041-2050 nach dem A1B-Szenario im Sahel das Malariagebiet um 229 000 km2 reduziert werden. Im ostafrikanischen Hochland wird allerdings ein neues Risiko-Gebiet von 220 000 km2 hinzukommen.[3]
Schlafkrankheit
Jedes Jahr gibt es in Afrika schätzungsweise 70 000 Fälle von Schlafkrankheit. Etwa 60 Millionen Menschen sind in Subsahara-Afrika durch die Schlafkrankheit gefährdet. Überträger ist die Tsetse-Fliege; Erreger sind Einzeller der Trypanosomen-Gruppe. Der Stoffwechsel und die Reproduktion der Tsetse-Fliege sind stark temperaturabhängig. Die günstigsten Bedingungen liegen in Ost- und Südafrika bei rund 24 °C. Eine Ausbreitung der Krankheit ist zwischen 21 und 26 °C möglich.[4]
Die Tsetse-Fliege überträgt die Schlafkrankheit auf den Menschen und die Nagana-Seuche auf Tiere. In Ostafrika werden vor allem Tiere von der Krankheit befallen, Menschen eher nur gelegentlich. Für Kenia werden die Schäden für die Viehzucht so hoch eingeschätzt, dass eine bessere Tsetse-Kontrolle zu einer Steigerung von 52 % in der Viehzuchtproduktion führen würde. Im Hochland von Kenia schafft das starke Relief zahlreiche Mikroklimata, die der Tsetse-Fliege gute saisonale Rückzugsgebiete ermöglichen. Besonders geeignet ist eine baumbestandene Savanne. Zu trockene Böden können zum Tod der Fliegen-Larven führen. Extreme Temperaturen, insbesondere über 36 °C und unter 10 °C, überleben auch die erwachsenen Tiere nicht.[5]
Bei einer weiteren Erwärmung durch den Klimawandel werden einige Gebiete, die jetzt durch die Schlafkrankheit gefährdet sind, zu warm für die Aktivität der Tsetse-Fliege. Andere, die bisher zu kalt waren, geraten in den Bereich der geeigneten Temperaturen. So werden nach Modelluntersuchungen nach dem A2-Szenario 68,5 % der heutigen Gebiete in Ost- und Südafrika mit Schlafkrankheit zu warm sein. Dafür werden von den künftigen durch Schlafkrankheit gefährdeten Gebieten 63 % sein, die gegenwärtig zu kalt sind. Insgesamt könnten sich damit die gefährdeten Gebiete etwas verkleinern. Das bedeutet aber nicht, dass weniger Menschen durch die Krankheit bedroht sein werden. U.a. auch wegen der Schlafkrankheit ist die Bevölkerungsdichte in den heute gefährdeten Gebieten geringer als in den nicht gefährdeten Regionen. In Ostafrika bietet das Hochland auch aus anderen Gründen bessere Lebensbedingungen und ist damit dicht bevölkert. Nach dem A2-Szeanario und unter der Voraussetzung, dass größere Migrationsbewegungen ausbleiben, werden 1990 109 Millionen Menschen in Gebieten leben, die durch die Schlafkrankheit gefährdet sein werden.[4]
Eine Modelluntersuchung zeigt, dass die Tsetse-Fliege in Zukunft durch die Temperaturerhöhung auch in den höher gelegenen und dicht bevölkerten Hochlandgebieten Kenias geeignete Lebensbedingungen finden wird. In einigen Tälern, die heute von der Fliege befallen sind, wird es dagegen zu warm und zu trocken.[5]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 United Nations Economic Commission for Africa. African Climate Policy Centre. Working Paper 20 (2011): Climate change and health across Africa: Issues and Options
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Ermert, V. (2010): Risk assessment with regard to the occurrence of malaria in Africa under the influence of observed and projected climate change, Köln Diss.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Ermert,V., A.H. Fink, A.P. Morse, and H. Paeth (2012): The Impact of Regional Climate Change on Malaria Risk due to Greenhouse Forcing and Land-Use Changes in Tropical Africa, Environmental Health Perspectives 120, 77-84
- ↑ 4,0 4,1 Sean Moore, et al. (2011): Predicting the effect of climate change on African trypanosomiasis: integrating epidemiology with parasite and vector biology, Journal of the Royal Society Interface, doi:10.1098/rsif.2011.0654
- ↑ 5,0 5,1 Moore, N., and J. Messina (2010): A Landscape and Climate Data Logistic Model of Tsetse Distribution in Kenya, PLoS ONE 5(7): e11809. doi:10.1371/journal.pone.0011809
Klimadaten zum Thema
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Hier finden Sie eine Anleitung zur Visualisierung der Daten.
Schülerarbeiten zum Thema
Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:
- Einfluss des Klimawandels auf die Wasserversorgung in Afrika und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit (Gymnasium Osterbek, Hamburg)
Lizenzhinweis
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