Oliver Twist
Oliver Twist ist Titel und Hauptfigur eines Gesellschaftsromans (Erstveröffentlichung 1837 im Bentley’s Magazin „Miscellany“) von Charles Dickens, wahrscheinlich sein heute bekanntestes Werk. Der Roman ist mehrfach für Kino und Fernsehen verfilmt worden.
Charles Dickens benutzt die Form des Romans, um die gesellschaftlichen Missstände seiner Zeit zu thematisieren. In diesem Buch wird das an der Darstellung des Arbeitshauses (workhouse) sowie der Kinderarbeit deutlich. Daneben wird die Ausbeutung von Straßenkindern durch Kriminelle dargestellt.
Handlung
Der Roman erzählt die Geschichte des Findelkindes und Waisenjungen Oliver Twist, der im Armenhaus aufwächst, ohne etwas über seine Herkunft zu wissen. Durch die katastrophalen Zustände im Hause gezwungen, um mehr Nahrung zu bitten, wird er wochenlang in den Kohlenkeller gesperrt. Es wird ausgeschrieben, dass die Kirche denjenigen entlohne, der sich seiner annehmen würde. Dies führt ihn zum ansässigen Sargtischler, der einer ehrlichen Arbeit nachgeht und den Jungen allmählich auf seine Art liebgewinnt. Der Nebenlehrling Noah Claypole beleidigt Olivers Mutter, und Oliver prügelt sich mit Ihm und wird bestraft, er flieht anschließend nach London.
Dort gerät er in die Fänge des jüdischen Hehlers Fagin, der ihn vor dem sicheren Tod auf der Straße bewahrt, indem er ihn verköstigt und gleichzeitig mit dem Diebeshandwerk vertraut machen möchte. Dessen Schützlinge bilden eine Diebesbande, deren Anführer Fagin ist und die hauptsächlich aus Straßenjungen besteht. Der Hehler Fagin. Kupferstich-Illustration von George Cruikshank in der Originalausgabe von 1837 Der Hehler Fagin. Kupferstich-Illustration von George Cruikshank in der Originalausgabe von 1837
Der äußerst brutale Eigenbrötler Bill Sikes und die ihm nahestehende Diebesgesellin Nancy, die auf eine eigenartige Weise mit Sikes verbunden ist, treten ebenfalls zu dieser Zeit in Olivers Leben. In solcher Gesellschaft lebend und lernend wird Oliver eines Tages auf eine Diebestour mitgenommen, die fatale Folgen für ihn hat. Nachdem das Opfer Mr. Brownlow bemerkt, dass er bestohlen wurde, wird Oliver fälschlicherweise für den Dieb gehalten.
Der zu dieser Zeit kranke Oliver wird schließlich von einem Zeugen entlastet, ganz zum Wohlgefallen des mitleidigen Mr. Brownlow, welcher den kleinen Pechvogel unter seine Fittiche nimmt und gesund pflegen lässt. Zu dieser Zeit realisiert Mr. Brownlow, dass ihm der Zufall niemand geringeren als den unbekannten Sohn seiner Nichte Betty in seine Arme getrieben hat, der verloren geglaubt war. Dies allein aufgrund der Ähnlichkeit zu seiner Mutter, von der als einziges Zeugnis noch ein Bild zurückgeblieben ist.
Oliver erlebt dankbar das erste Mal in seinem Leben die Güte und Liebe einer mütterlichen Sorge durch die Haushälterin Mr. Brownlows, welche sich aufopfernd um ihn kümmert und ihn gesunden lässt. Die gute Zeit ist jedoch nur von kurzer Dauer und endet, als Mr. Brownlow Oliver auf eine Besorgung losschickt, welche er so schnell wie möglich zu erledigen gelobt. Er verirrt sich jedoch dabei, wird durch Nancy geschickt entführt und schließlich gezwungen, zu Fagin und seiner Diebesbande zurückzukehren. Mr. Brownlow bleibt gekränkt im Glauben zurück, Oliver hätte sich mit dem mitgegebenen Geld für die Besorgungen aus dem Staub gemacht.
Fagin versucht anschließend, Oliver zum Dieb zu schulen. Über eine sehr lange Zeit fristet Oliver sein Dasein in der Diebeshütte, ohne je eine Gelegenheit zur Flucht zu haben. Schließlich wird er für einen Einbruch im Hause der Maylies eingeplant. Fagin übergibt Oliver zu diesem Zwecke Sikes, welcher ihn für den Einbruch verwenden soll. Der Einbruch geht jedoch schief. Beim Versuch ins Haus einzudringen, wird Oliver angeschossen und schwer verletzt vom flüchtenden Sikes zurückgelassen.
Oliver kann sich jedoch am nächsten Tag an die Tür des Anwesens schleppen, wo er zusammenbricht und von den Bewohnern des Hauses wiederum gesund gepflegt wird. Hierbei lernt er die Maylies kennen, die ihn genauso gütig und aufopfernd annehmen wie ehemals Mr. Brownlow. Oliver verlebt in dem Hause die schönste Zeit seines Lebens und ist jederzeit aufmerksam für dessen Bewohner zur Stelle - egal wie unwichtig die Aufgaben auch sein mögen, welche es zu erledigen gibt. Als er mit dem Arzt der Familie zu Mr. Brownlows Haus fährt, um seine erlebte Geschichte zu beweisen und um den schlechten Ruf, den er bei Mr. Brownlow hat, endlich zu beseitigen, findet er das Haus leer und zum Verkauf vor.
Die Liebe, die er im Hause Maylie erfährt, hält allerdings an. Währenddessen versucht Fagin zusammen mit Monks (zu diesem Zeitpunkt eine düstere undurchsichtige Gestalt) fieberhaft herauszufinden, wo Oliver sich aufhält. Als ihnen dies nach einiger Zeit gelingt, schmieden sie einen Plan, wie sie Oliver aus dem Weg räumen könnten, ohne selbst damit in Verbindung zu kommen. Nancy erfährt jedoch von diesem finsteren Plan und bringt sich in Lebensgefahr, als sie Rose Maylie aufsucht und warnen will, was Oliver zustoßen soll. Daraufhin schmieden die Maylies mit dem zurückgekehrten Mr. Brownlow einen Plan wie sie Oliver schützen können. Nancy weigert sich ihre Genossen zu verraten - teils weil sie Sikes trotz allem liebt, teils aber auch, weil Fagin auch als Dieb erzogen wurde und daher für sein Handeln entschuldbar ist.
Sie werden Monks habhaft, der - was Oliver zu diesem Zeitpunkt nicht weiß - der Halbbruder Olivers ist und sich zum Lebensziel gesetzt hat, dessen Leben zur Hölle zu machen und an das Erbe seines Vaters zu gelangen. Sikes letzter Fluchtversuch. Kupferstich-Illustration von George Cruikshank in der Originalausgabe von 1837 Sikes letzter Fluchtversuch. Kupferstich-Illustration von George Cruikshank in der Originalausgabe von 1837
Als Fagin erfährt, dass Nancy die Bande hintergangen hat, berichtet er Sikes davon, ohne zu ahnen, dass dieser Nancy kurzerhand umbringt - Sikes erhält einen seelischen Schock. Er kann zwar anfangs flüchten, wird in London anschließend gestellt, und begeht durch Erhängen Selbstmord. Seinen Hund nimmt er mit sich. Fagin erwartet schließlich das gleiche Schicksal am Galgen durch das geschickte Aufdecken der ganzen Umstände und Diebereien durch Mr. Brownlow.
Monks wird freigelassen, unter der Bedingung, dass er Olivers Abstammung beglaubigt und ihn nie wieder belästigen wird. In einem fernen Land stirbt Monks schließlich, weil er sich wieder einer Diebesbande anschließt und gefangen genommen wird. Schließlich wird Oliver Mr. Brownlow und seiner Haushälterin Mrs. Bedwin gegeben und lebt dort weiter.
Filmische Bearbeitungen
Das Werk wurde bereits 1909 von James Stuart Blackton erstmals verfilmt. 1922 entstand eine Version mit Lon Chaney und Jackie Coogan in der Titelrolle. Der 1948 entstandene Film mit Alec Guinness in der Rolle des Fagin gilt als ausgezeichnet. Die Musical-Adaption "Oliver!" gewann 1968 den Oscar als bester Film. Disney hat das Werk 1988 als Zeichentrickfilm unter dem Titel Oliver & Co. herausgebracht. Hier werden die Hauptrollen von Tieren dargestellt. 1991 wurde in England ein weiterer Zeichentrickfilm geschaffen. Daneben gibt es noch eine Zeichentrickserie, die in den 1990ern hergestellt wurde. Eine aktuelle Verfilmung aus dem Jahr 2005 stammt von Regisseur Roman Polański. Für die englisch-französisch-tschechisch-italienische Produktion wurde bei Prag das London des 19. Jahrhunderts nachgebaut.
Literatur
Weblinks
Oliver Twist Text in einer deutschen Übersetzung im Projekt Gutenberg
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Oliver Twist aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |