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Version vom 24. Januar 2008, 22:34 Uhr
Gespenster. Ein Familiendrama in drei Akten ist ein Theaterstück von Henrik Ibsen (1881, Orig. norweg.: Gengangere. Et familjedrama i tre akter).
Die deutsche Erstaufführung fand am 21. Dezember 1886 auf der Bühne des Hoftheaters von Meiningen in Anwesenheit Henrik Ibsens statt.
Handlung
Personae dramatis
- Helene Alving, Witwe des Hauptmanns und Kammerherrn Alving
- Osvald, ihr Sohn, Künstler
- Manders, Pastor und Berater von Frau Alving
- Engstrand, Tischler, und Regines Vater
- Regine Engstrand, Bedinstete im Hause der Frau Alving und Osvalds Halbschwester
(Die gesamte Handlung spielt in einem Gartenzimmer im Hause der Helene Alving)
Erster Akt
Engstrand und Regine sprechen miteinander, sie soll mit ihm fort in die Stadt gehen. Nach Fertigstellung des Kinderasyls (Frau Alving hat dieses in Erinnerung an ihren verstorbenen Mann und Osvalds Vater errichten lassen), möchte er dort ein Asyl für Seefahrende aufbauen. Regine könnte ihm dort helfen und vielleicht auch eine gute Partie machen. Sie lehnt höhnisch ab (Bis in alle Ewigkeit kriegst Du mich nicht nach Hause. [...] In so ein Haus? Pfui!), sie will bei den Alvings bleiben, bei denen sie Haushälterin ist, Bildung erhält, wie eine Tochter angenommen wird und wo Osvald lebt. Regine: Je eher Du fährst, desto besser für mich. Regine macht Engstrand Vorwürfe: Er habe ihr oft in Trunkenheit gesagt, sie ginge ihn nichts an, sie sei eine Fi donc, er habe die Mutter zu Tode gequält. Auch habe er [Engstrand hat ein krummes Bein, seit er von betrunkenen Matrosen eine Treppe hinab gestürzt worden ist, darum trägt er einen Holzabsatz, auch liegt hier der Grund, weshalb er (zur Schmerzbetäubung) oft trinkt] (Igitt), ein Pied de mouton. Als er eine Anmerkung wegen Osvald macht (Oho, da wird doch wohl nicht etwa er – ) jagt sie ihn davon.
Pastor Manders tritt auf und erhält sich nun mit Regine. Nach einigen Allgemeinplätzen kommen sie auf Regines Vater zu sprechen. Manders gibt Regine zu verstehen, dass sie sich doch um ihren Vater kümmern solle: Ihr Vater ist keine richtig starke Persönlichkeit [...]. Er braucht so sehr eine leitende Hand. [...] Er braucht jemanden um sich, den er gern haben, auf dessen Urteil er Wert legen kann. Das hat er mir selber so treuherzig gestanden [...]. Regine lehnt das ab und zieht sich zurück.
Frau Alving tritt auf und spricht mit dem Pastor. Sie lenken das Gespräch zunächst auf Osvald, der über zwei Jahre nicht zu Hause war. Frau Alving ist überglücklich, dass er aus Paris und Rom zurückgekommen ist: Ach mein lieber, mein geliebter Junge, er hat ein Herz für seine Mutter. Dann kommen sie auf das Kinderasyl zu sprechen. Pastor Manders hat sich um die Stiftungsunterlagen und die zugehörigen Finanzdinge gekümmert. Eine Versicherung hält er jedoch für unnötig, da das Asyl doch unter dem Segen Gottes stünde. Primär fürchtet er jedoch mögliches Gerede in dieser Sache. Er spricht Frau Alving dann auf Regine und ihren Vater an, doch auch Frau Alving wehrt ab: Oh, ich weiß am besten, was für eine Art Vater er für sie war. Nein, zu ihm kommt sie mit meinem Einverständnis nie.
Osvald tritt hinzu. Als Maler schon zu Bekanntheit gekommen, ist er nun auf unbestimmte Zeit zu Hause und nimmt im Moment eine Auszeit. Pastor Manders vergleicht Osvald mit seinem Vater: Als Osvald vorhin mit der Pfeife im Mund durch die Tür kam, war mir, als ob ich leibhaftig seinen Vater sähe, was Frau Alving abwehrt: Osvald kommt [...] nach mir. Als Osvald von einer Kindheitserinnerung mit seinem Vater spricht, wehrt Frau Alving auch das ab: Oh, du erinnerst Dich an nichts mehr aus diesen Tagen. Pastor Manders fürchtet, dass Osvald nie ein richtiges Zuhause kennen lernen konnte, da er mit sieben Jahren aus dem Haus gegeben wurde und zwanzig Jahre in der Fremde gelebt habe. Über Osvalds Ansichten zum Thema Familie und Kinder ist Manders bestürzt: er schwärmt vom freien Leben in der Fremde. Dann bekommt er Kopfschmerzen und geht ab.
Manders spricht mit Frau Alving über ihre frühere Ehe. Nach einem Jahr hatte sie ihren Mann verlassen. Sie erinnert den Pastor daran, dass ihr Mann damals kein guter Ehemann war. Manders meint jedoch:[...] eine Ehefrau ist nicht dazu berufen, der Richter ihres Mannes zu sein. Es wäre ihre Schuldigkeit gewesen, mit demütigem Sinn das Kreuz zu tragen, das Ihnen ein höherer Wille als dienlich erachtet hatte [...] Pastor Manders sieht es als seine Tugend, dass er unter Riskierung seines Rufes Frau Alving auf den Weg der Pflicht und in das Haus Ihres angetrauten Ehemannes zurückführte, der seit dieser Zeit liebevoll und untadelig mit ihr bis an das Ende seiner Tage gelebt habe. Das Asyl sei ein Bekenntnis ihrer Schuld. Ähnlich sieht er bei ihr ein Versäumnis als Mutter, da sie Osvald erst siebenjährig in die Fremde gab und so Schuld auf sich geladen habe. Frau Alving sagt dem Pastor nun die Wahrheit, wie sie es sich geschworen hat. Ihr Mann ist genauso ruchlos gestorben, wie er all seiner Tage gelebt hat, die Ehe war nichts als ein überdeckter Abgrund. Aus einem Verhältnis ihres Mannes mit dem Stubenmädchen ging Regine hervor. Engstrand heiratete später dieses Mädchen. Damit Osvald nicht in diesen Umständen aufwachse, gab sie ihn leidvoll fort. Sie kümmerte sich um alles und mehrte so den Ruhm ihres Mannes, der - von der Syphilis schwachsinnig geworden - vor sich hin delirierte. Mit dem Asyl wollte sie jeden möglichen Zweifel für alle Zeiten ausräumen, sodann ihren Mann für immer vergessen und nur noch für ihren Sohn da sein.
Im Esszimmer hört Frau Alving, wie Osvald sich an Regine heranmacht: Gespenster. Das Paar im Wintergarten – es ist wieder da.
Zweiter Akt
Frau Alving und Pastor Manders treten auf. Sie sprechen über das Verhältnis zwischen Osvald und Regine. Regine müsse weg. Ihre Mutter war dereinst mit einer Aussteuer an den Tischler Engstrand verkauft worden, dafür nahm er die Schuld mit dem Kind auf sich, wie Pastor Manders meint. Frau Alving klagt über ihre eigene Lage in der Vergangenheit: Wenn ich wäre, wie ich sein sollte, würde ich Osvald beiseite nehmen und sagen: Höre mein Junge, dein Vater war ein verkommenes Subjekt – Der Pater glaubt, Frau Alving solle Osvald die Illusion seines guten Vaters erhalten und verweist auf das vierte Gebot, nach dem man Vater und Mutter achten und ehren soll. Als sie überlegt, ob Osvald vielleicht seine Halbschwester heiraten könnte, empört sich Manders. Frau Alving: Wir stammen ja nun alle miteinander aus Verbindungen dieser Art, wie man hört. Und wer war es denn, der das hier auf der Welt so eingerichtet hat, Pastor Manders?
Frau Alving zeichnet ihre Sicht: Als ich Regine und Osvald da drinnen hörte, war es mir, als ob ich Gespenster vor mir sah. Aber ich glaube fast, wir sind allesamt Gespenster, Pastor Manders. Es ist ja nicht nur, was wir von Vater und Mutter geerbt haben, das in uns herumgeistert; auch alte, abgestorbene Meinungen aller Art, alte, abgestorbene Überzeugungen und ähnliches. Sie sind nicht lebendig in uns; aber sie sitzen doch in uns fest, und wir können sie nicht loswerden. Wenn ich nur eine Zeitung zur Hand nehme und darin lese, sehe ich solche Gespenster zwischen den Zeilen herumschleichen. Die scheinen im ganzen Land zu leben. Sie scheinen so zahllos zu sein wie Sandkörner. Und darum sind wir auch so gotterbärmlich lichtscheu, wir alle miteinander. Gegen Frau Alvings Zwang in die Ehe, Pflicht und Schuldigkeit zu tun im Namen Gottes und im Auftrag Manders, empörte sich ihr ganzer Sinn als etwas Widerwärtiges: Das war die Zeit, als ich begann die Nahtstellen Ihrer Lehre zu untersuchen. Ich wollte nur einen einzigen Knoten lösen, aber als ich den aufhatte, war gleich alles aufgetrennt. Und da begriff ich, dass der Saum mit der heißen Nadel genäht war. Frau Alving wollte Pastor Manders heiraten, doch der schickte sie zurück zu ihrem Mann, für ihn (Manders) der schwerste Kampf und der größte Sieg seines Lebens, für sie seine kläglichste Niederlage und ein Verbrechen an ihnen beiden.
Engstrand tritt hinzu. Er möchte mit dem Pastor über eine Andacht im nun fertigen Asyl bitten. Frau Alving bleibt stumme Zuhörerin. Manders kommt sofort auf Regine zu sprechen. Engstrand dachte, niemand wisse von der Situation, da Johanne, seine verstorbene Frau ihm das geschworen hatte. Jedoch wusste Frau Alving von allem. Pastor Manders ist betroffen: Und in all diesen Jahren haben sie die Wahrheit vor mir verheimlicht. Vor mir verheimlicht, der ich in allem und jedem ein so unbedingtes Vertrauen in Sie gesetzt habe. Engstrand ist sich seiner Schuld bewusst; er erzählt die Geschehnisse auf andere Art (das Geld sei vollständig in die Erziehung Regines geflossen), so dass der Pastor mit ihm wieder versöhnt wird. Manders und Engstrand gehen ab, Osvald kommt hinzu.
Osvald versucht seiner Mutter seinen Zustand zu gestehen, dass er geistig zerrüttet sei, nie wieder werde arbeiten können. Er habe nie ein wildes Leben geführt. [...] Und trotzdem kommt das über mich! Dieses fürchterliche Unglück! Er beschreibt, wie er die Krankheit schon als Kind und später in Paris in sich hatte, den Arzt, der zu ihm sagte: Da ist von ihrer Geburt an etwas wurmstichiges in ihnen. [...] Die Sünden der Väter werden heimgesucht an ihren Kindern. Er sucht bei sich die Schuld, da sein Vater doch redlich war: Wenn es etwas wäre, was ich geerbt habe – etwas, wofür man nicht kann. Aber so! Auf eine so schändliche, gedankenlose Art sein Glück, seine Gesundheit, überhaupt alles verspielt zu haben – seine Zukunft, sein Leben – ! Frau Alving sagt hier zu ihm, dass sie alles für ihn tun würde, ihm nichts abschlagen werde.
Osvald fragt seine Mutter um Regine an, sie sei gut gebaut, so voller Lebensfreude, bereit ihn zu empfangen. Ihm missfällt der Ort: Ich meine bloß dies: den Menschen hier wird beigebracht, die Arbeit sei ein Fluch und eine Strafe für die Spenden, und das Leben sei etwas Jämmerliches, und am besten sei uns gedient, wenn wir es so schnell als möglich hinter uns bringen. [...] Aber davon wollen die Menschen da draußen nichts wissen. Da gibt es niemanden, der an diese Art Heilslehre noch richtig glaubt. Da draußen kann man auf so überschwengliche Weise Glück empfinden, allein deshalb, weil man auf dieser Welt ist. Mutter, hast Du bemerkt, dass sich alles, was ich gemalt habe, um die Lebensfreude dreht? Immer um die Lebensfreude. Da ist Licht und Sonne und Sonntagsluft – und da sind strahlende Menschengesichter. Darum habe ich Angst, hier bei Dir zu Hause zu bleiben.
Osvald verlangt nach Alkohol; Regine soll Champagner bringen, für sich selbst auch ein Glas holen. Die drei trinken. Es scheint, als wolle Frau Alving ihren Sohn auf andere Gedanken bringen. Als sie sieht, dass Regine Osvalds Gefühle zu erwidern scheint, möchte sie den jungen Leuten alles offenbaren, doch in dem Moment kehrt Pastor Manders von der Abendandacht im Asyl zurück.
Die Unterhaltung der vier läuft aneinander vorbei. Als Frau Alving erneut alles sagen möchte, ertönen Schreie von draußen: das Kinderasyl brennt.
Dritter Akt
Engstrand beschuldigt Pastor Manders das Asyl während der gemeinsamen Andacht in Flammen gesetzt zu haben, doch dieser streitet ab. Frau Alving sieht es nüchtern: Es ist schon besser, dass es so gekommen ist. Dieses Kinderasyl hätte niemandem Segen gebracht. Sie überträgt die gesamte Verwaltung an den Pastor. Engstrand ist bereit, die Schuld auf sich zu nehmen, wenn von den Stiftungsgeldern das Seemannsasyl unterstützt wird. Auch hier handelt Engstrand einzig um das Wohl seiner Tochter bedacht. Der Pastor und Engstrand fahren davon.
Osvald tritt hinzu. Er spricht von seiner furchtbaren Angst. Er bittet Regine, immer für ihn da zu sein, ihm zu Dienste zu sein, einen Dienst, den seine Mutter ihm nicht erweisen könne. Frau Alving glaubt zu verstehen: Du hättest Deinen Vater als ganz jungen Leutnant sehen sollen. Er war voller Lebensfreude. [...] Und dann musste so ein Kind der Lebensfreude – denn er war wie ein Kind damals –, er musste in einer mittelgroßen Stadt leben, die keine Freude zu bieten hatte, keine Vergnügungen. Er hatte kein Lebensziel; er hatte bloß einen Beruf. Er hatte keine Arbeit, auf die er sich mit Leib und Seele hätte stürzen können; er hatte bloß Geschäfte. Und er besaß nicht einen einzigen Freund, der hätte begreifen können, was Lebensfreude überhaupt ist, bloß Tagediebe und Zechbrüder – [...] Ich habe ihm ebenfalls keinen Sonnenglanz ins Haus gebracht. Ich fürchte, ich habe Deinem armen Vater das Zuhause unleidlich gemacht.
Frau Alving offenbart Regine als Osvalds Halbschwester, die nun die Dinge im anderen Licht betrachtet: Hätte ich gewusst, dass Osvald kränklich ist, dann – Und jetzt, wo es zwischen uns nichts ernsthaftes geben kann – Nein, ich bin nicht daran interessiert, mich hier auf dem Land für kranke Leute abzuschinden. Sie will Pastor Manders nacheilen, sich einen Anteil an dem Schweigegeld für den fürchterlichen Tischler geben lassen, es noch schaffen, mit Leuten von Stand Champagner zu trinken, auch wenn sie nicht wie das Kind eines Mannes von Stand aufgewachsen ist. Adieu. Sie geht ab.
Frau Alving sorgt sich um das Bild des Vaters. Doch Osvald wehrt ab, es könne ihm egal sein. Liebe für seinen Vater empfinden, wenn ein Kind seinem Vater gar nichts zu verdanken hat? Ihn nie gekannt hat? Das sei Aberglauben, Gespenster. Frau Alving versteht. Osvald ist der Mutter dankbar, er weiß dass sie ihn mag, sie ihm noch unermesslich nützlich sein kann. Er versichert sich, dass es nichts auf der Welt gibt, was sie [Frau Alving] nicht für ihn tun würde, wenn er sie darum bäte. Sie lebe nur für ihn.
Osvald erklärt ihr seine Krankheit – nach einem Anfall in Paris hat ihm ein Arzt die Diagnose gestellt: Hirnerweichung. Noch ein Anfall, und er falle auf das Niveau eines Säuglings zurück, müsse gefüttert werden... Er möchte nicht über Jahre, sein Leben lang ein Pflegefall sein. Den Dienst, den Regine ihm hätte erweisen sollen, soll nun seine Mutter vollenden: er hat Morphium dafür gespart. (Ich habe Dir Dein Leben gegeben!) Ich habe dich um das Leben nicht gebeten. Und was für ein Leben hast Du mit gegeben? Ich will es nicht haben. Du sollst es mit wieder nehmen!
Die Sonne geht auf, Osvald hat einen Anfall, verfällt in Schwachsinn. Frau Alving zittert vor Entsetzen, ist verzweifelt, hin und her gerissen zwischen der Liebe zu ihrem Sohn und dessen letztem Willen.
Interpretation
Wirkung
Unterricht
Literatur
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