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Sein wohl fast jedem Franzosen bekannter Name, der sich in Ausdrücken wie „une plaisanterie rabelaisienne“ verselbständigt hat, ist verknüpft vor allem mit dem mehrbändigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel, die ihrerseits ebenfalls Adjektive gezeugt haben: pantagruélique (un appétit pantagruélique) und gargantuesque (un repas [Mahl] gargantuesque). | Sein wohl fast jedem Franzosen bekannter Name, der sich in Ausdrücken wie „une plaisanterie rabelaisienne“ verselbständigt hat, ist verknüpft vor allem mit dem mehrbändigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel, die ihrerseits ebenfalls Adjektive gezeugt haben: pantagruélique (un appétit pantagruélique) und gargantuesque (un repas [Mahl] gargantuesque). | ||
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Heute gilt Rabelais, obwohl er aufgrund seiner archaisch gewordenen Sprache und seiner nur noch schwer verständlichen Wortspiele und Anspielungen wenig gelesen wird, als der größte französische Autor des 16. Jahrhunderts, als einer der Großen der französischen Literatur überhaupt und speziell als Galionsfigur des moralisch häufig unkorrekten, dafür aber volkstümlich-heiteren „esprit gaulois“ oder eben „rabelaisien“. | Heute gilt Rabelais, obwohl er aufgrund seiner archaisch gewordenen Sprache und seiner nur noch schwer verständlichen Wortspiele und Anspielungen wenig gelesen wird, als der größte französische Autor des 16. Jahrhunderts, als einer der Großen der französischen Literatur überhaupt und speziell als Galionsfigur des moralisch häufig unkorrekten, dafür aber volkstümlich-heiteren „esprit gaulois“ oder eben „rabelaisien“. | ||
== Werke == | |||
* [[Gargantua und Pantagruel]] | |||
==Literatur== | ==Literatur== |
Aktuelle Version vom 16. September 2007, 20:03 Uhr
François Rabelais (* ca. 1493 vielleicht aber auch schon 1483 in La Devinière bei Chinon/Touraine; † 9. April 1553 in Paris) gilt als der bedeutendste Prosa-Autor der französischen Renaissance.
Sein wohl fast jedem Franzosen bekannter Name, der sich in Ausdrücken wie „une plaisanterie rabelaisienne“ verselbständigt hat, ist verknüpft vor allem mit dem mehrbändigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel, die ihrerseits ebenfalls Adjektive gezeugt haben: pantagruélique (un appétit pantagruélique) und gargantuesque (un repas [Mahl] gargantuesque).
Biographie
Rabelais wurde geboren als jüngerer Sohn eines Anwalts und erhielt offenbar (Genaueres ist nicht bekannt) eine gute Bildung. 1510 oder 1511 wurde er Franziskanermönch in einem Kloster nahe Angers. Durch einen Mitbruder kam er in Berührung mit dem von Italien her ausstrahlenden Humanismus, lernte Griechisch und nutzte alle sich ihm bietenden Möglichkeiten zu gelehrten Kontakten und humanistisch-philologischen Studien, in deren Rahmen er z.B. eine (nicht erhaltene) lateinische Übertragung von Buch I der Geschichte der Perserkriege des Herodot (5. Jh. v. Chr.) anfertigte. In den 1520er Jahren wurde auch er, wie viele gebildete Zeitgenossen, von den Reformideen Luthers erfasst. Als er wegen seiner Griechischstudien (die 1523 von der Sorbonne als Vorstufe zur Ketzerei gebrandmarkt worden waren), Schwierigkeiten mit seiner Ordensleitung bekam, konnte er 1524 dank der Protektion des Bischofs von Poitiers, eines Benediktinerabtes, in dessen Orden wechseln und war einige Zeit sein Sekretär. Hier schaffte er es um 1526, den Status eines Weltgeistlichen zu erlangen, als der er freier war, gelehrte Kontakte zu pflegen und seine Studien fortzusetzen. 1528-30 war er in Paris, wo er vielleicht auch erste medizinische Studien betrieb (und mit einer Witwe zwei uneheliche Kinder bekam).
Da er sich nicht zwischen katholischer Orthodoxie und Reform bzw. den sich rasch konstituierenden religiös-politischen Parteien entscheiden mochte, ließ er sich 1530 von seinem geistlichen Status beurlauben und schrieb sich an der medizinischen Fakultät in Montpellier ein. Die Medizin war damals ein fast reines Buchstudium auf der Basis der Schriften von Hippokrates und/oder Galen. Der Humanist Rabelais scheint sich denn auch hauptsächlich philologisch mit der Medizin beschäftigt zu haben, denn er edierte 1531/32 Texte der genannten Koryphäen.
Allerdings ließ er sich von seinen Studien nicht absorbieren, sondern verfasste zugleich einen Roman. Dieser erschien Ende 1532 als Les horribles et épouvantables faits et prouesses du très renommé Pantagruel, Roi des Dipsodes, fils du grand géant Gargantua. Composés nouvellement par maître Alcofrybas Nasier (dt. Übers. s. u.). Das Werk, für das Rabelais zunächst keinerlei Fortsetzung plante, war also schon am Titel als Parodie der Gattung Ritterroman und damit als humoristisch erkennbar. Druckort war das zu jener Zeit geistig äußerst lebendige Lyon, wo Rabelais sich auch als Arzt niederließ und eine Anstellung am Hôtel Dieu (Krankenhaus) erhielt.
Neben seiner ärztlichen Tätigkeit fand er offensichtlich Zeit genug zum Schriftstellern. So verfasste er je einen Almanach für die Jahre 1533 und 1535, edierte ein gelehrtes Buch über die Topographie des antiken Rom (1534) und schrieb vor allem, nach dem Erfolg des Pantagruel, einen weiteren Roman in ähnlicher Manier. Dieser kam 1534 (oder 1535) heraus, unter dem selben Pseudonym (einem Anagramm aus f-r-a-n-c-o-y-s-r-a-b-e-l-a-i-s), und stellt eine Vorgeschichte des Pantagruel dar, wie der Titel La Vie très horrifique du grand Gargantua, père de Pantagruel (dt. Übers. s. u.) anzeigt. (Die erheblich späteren weiteren Bände des Zyklus erschienen unter Rabelais' richtigem Namen und bekamen mit Le tiers livre und Le quart livre nüchterne Titel, standen allerdings auch kaum mehr in der Tradition der Ritterroman-Parodien.)
1535 gab Rabelais den wohl nur mäßig geliebten und auch nicht intensiv betriebenen Arztberuf auf und trat in den Dienst des hochadeligen Bischofs von Paris und Mitglieds des Kronrates Jean du Bellay, den er schon 1534 als Sekretär und Leibarzt auf einer diplomatischen Reise nach Rom begleitet hatte. 1535/36 reiste er erneut mit dem kurz zuvor zum Erzbischof beförderten Du Bellay nach Rom, wo er nebenher die Erlaubnis des Papstes erhielt, pro forma in den Benediktinerorden zurückzukehren, sich eine hübsche Kanonikus-Pfründe zuweisen zu lassen und zugleich als Arzt tätig zu sein.
1537 erwarb Rabelais in Montpellier den medizinischen Doktortitel und hielt anschließend dort Vorlesungen über die Schriften des Hippokrates, wobei er revolutionärerweise die griechische Originalfassung zugrundelegte und die gängige lateinische Version als fehlerhaft kritisierte. François Rabelais (Anonymus, Anfang 17. Jh.) François Rabelais (Anonymus, Anfang 17. Jh.)
1538 finden wir ihn in Aigues-Mortes mit Du Bellay, der an einem Treffen zwischen König Franz I. und Kaiser Karl V. teilnahm. 1540 wurde er von seinem Dienstherrn an dessen offenbar kränkelnden älteren Bruder Guillaume weitergereicht, den stellvertretenden Statthalter Frankreichs im von französischen Truppen besetzten Piemont.
1542 reagierte Rabelais auf die Vorwürfe, der Pantagruel und der Gargantua seien obszön und theologisch bedenklich, und publizierte in Lyon eine gereinigte Fassung beider Bände, die aber trotzdem von der Sorbonne verurteilt wurde. Als er 1545 das Tiers livre veröffentlichte, geriet er trotz des königlichen Druckprivilegs, das ihm hierfür erteilt worden war, erneut in die Schusslinie der Sorbonne. Er verließ deshalb für eine Weile Frankreich und verdingte sich als Arzt und städtischer Sekretär in der damaligen freien Reichsstadt Metz.
1547–49 war er wieder mit Jean du Bellay (der inzwischen Kardinal und oberster französischer Diplomat in Italien geworden war) in Rom, wo er am Quart livre arbeitete, das 1548 teilweise und 1552 als Ganzes im Druck erschien.
Nachdem ihm 1551 Du Bellay noch eine Pfründe in Meudon bei Paris und eine weitere im Bistum Le Mans verschafft hatte, konnte er sich in seinen letzten Lebensjahren (über die wenig bekannt ist, außer dass er sie überwiegend in Paris verbrachte) noch am andauernden Erfolg seines Romanzyklus freuen. Allerdings musste er erleben, wie er nicht nur als theologisch und konfessionell suspekt, sondern, wegen seiner freimütigen Darstellung aller menschlichen Lebensäußerungen, zunehmend auch als unmoralisch eingestuft wurde, und zwar sowohl von den prüder werdenden katholischen Theologen (die Sorbonne hatte ihn auch 1552 wieder getadelt), als vor allem auch von dem Reformator Calvin, der ihn schon 1550 in seinem Traité des scandales heftig attackiert hatte.
Das Erfolgsrezept Rabelais' beruht auf seiner unnachahmlichen Kunst der Mischung: auf der sprachlichen Ebene mengt er Ernst und Scherz, spielerische Ironie und bissigen Sarkasmus, derben Witz und hypergelehrte Pedanterie, lustige Wortspielereien und komisch verwendete echte und fiktive Zitate; auf der Strukturebene kombiniert er geschickt meist knappe, immer wieder die Grenzen zum Phantastischen und Grotesken überschreitende Handlungssequenzen und meist längere Erzähler- und Figurenreden, deren letztlich satirische Intentionen kaum zu übersehen sind, auch wenn sie sich oft verstecken, z. B. hinter der scheinbaren Naivität der Sprechenden. Sehr zu Recht erkannten die konservativen Theologen der Sorbonne hinter dem Humoristen und Fabulisten einen kritisch-selbständigen Geist und Anhänger eines unorthodoxen, überkonfessionellen „Evangelismus“.
Der Gargantua-Pantagruel-Zyklus insgesamt scheint in seiner Motivation erklärbar als Ausdruck einer Spottlust, die sich je länger, je mehr aus der Verbitterung des Autors über bestimmte Verhältnisse speist. Von den Lesern wurde er vermutlich als erheiterndes Evasionsangebot genutzt in einer Zeit, wo es wenig zu lachen gab angesichts einer Realität, die beherrscht war von einer bis in die Familien hineinreichenden religiösen Polarisierung, von zunehmender Intoleranz der konfessionellen Parteien und ihrer Propagandisten und von einer brutaler werdenden Unterdrückung der Protestanten durch den Staat, der sich ab 1534 auf die katholische Seite schlug.
Heute gilt Rabelais, obwohl er aufgrund seiner archaisch gewordenen Sprache und seiner nur noch schwer verständlichen Wortspiele und Anspielungen wenig gelesen wird, als der größte französische Autor des 16. Jahrhunderts, als einer der Großen der französischen Literatur überhaupt und speziell als Galionsfigur des moralisch häufig unkorrekten, dafür aber volkstümlich-heiteren „esprit gaulois“ oder eben „rabelaisien“.
Werke
Literatur
Weblinks
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