Gletscher in Asien: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Klimawandel
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Die Gletscher und Eiskappen Sibiriens finden sich vor allem auf den arktischen Inseln Nowaja Semlja, Sewernaja Semlja und Franz-Josef-Land sowie in den Gebirgszügen auf dem Festland vom Ural bis Kamtschatka. Auf den Inseln beträgt die gesamte Eisbedeckung ca. 56 000 km<sup>2</sup>, dagegen nur etwa 3 500 km<sup>2</sup> in den sibirischen Gebirgen. Über das Verhalten der Gletscher in den letzten Jahrzehnten liegen nur wenige, oft unterbrochene Untersuchungen vor, u.a. bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion.  
Die Gletscher und Eiskappen Sibiriens finden sich vor allem auf den arktischen Inseln Nowaja Semlja, Sewernaja Semlja und Franz-Josef-Land sowie in den Gebirgszügen auf dem Festland vom Ural bis Kamtschatka. Auf den Inseln beträgt die gesamte Eisbedeckung ca. 56 000 km<sup>2</sup>, dagegen nur etwa 3 500 km<sup>2</sup> in den sibirischen Gebirgen. Über das Verhalten der Gletscher in den letzten Jahrzehnten liegen nur wenige, oft unterbrochene Untersuchungen vor, u.a. bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion.  


Insgesamt haben sich die Gletscher in Sibirien im Vergleich zu denen in Zentralasien nur wenig verändert. Die Gletscherfläche der arktischen Inseln zeigt über die letzten 50 Jahre im Mittel nur eine Reduktion von etwa einem Prozent. Im Ural sind nach russischen Studien einige kleinere Gletscher ganz verschwunden. Auf Kamtschatka gab es Vorstöße wie Rückzüge von Gletscherzungen, wobei in der Küstenzone die Rückzüge überwiegen.  
Insgesamt haben sich die Gletscher in Sibirien im Vergleich zu denen in Zentralasien nur wenig verändert. Die Gletscherfläche der arktischen Inseln zeigt über die letzten 50 Jahre im Mittel nur eine Reduktion von etwa einem Prozent. Im Ural sind nach russischen Studien einige kleinere Gletscher ganz verschwunden. Auf Kamtschatka gab es Vorstöße wie Rückzüge von Gletscherzungen, wobei in der Küstenzone die Rückzüge überwiegen.<ref>UNEP and WGMS. (2008): [http://www.grid.unep.ch/glaciers/ Global glacier changes: facts and figures.] United Nations Environment Programme and World Glacier Monitoring Service. </ref>


== Zentralasien ==
== Zentralasien ==
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=== Verbreitung der Gletscher ===
=== Verbreitung der Gletscher ===


In Zentralasien finden sich Gletscher vor allem im Himalaya und den angrenzenden Gebirgszügen Karakorum, Tien Shan, Kunlun Shan und Pamir. Dieses auch als „Groß-Himalaya“ bezeichnete Gebiet umfasst oberhalb von 1000 m über dem Meeresspiegel eine Landfläche von 7 Mio km<sup>2</sup> mit 116 000 km<sup>2</sup> Gletscherfläche (von ca. 500 000 km<sup>2</sup> weltweit). Wegen der Bedeutung für die Wasserversorgung großer Landstriche werden diese eisbedeckten Gebirge auch das „Wasserschloss Asiens“ genannt. Sie speisen zehn der größten Flüsse des Kontinents, u.a. Indus, Ganges, Bramaputra, Irrawaddy, Mekong, Yangtse, Gelber Fluss und Tarim, die wiederum Wasser für 1,3 Milliarden Menschen zur Verfügung stellen. Beim Ganges, Indus und Tarim liefern Schnee- und Eisschmelze sogar 70 % des Sommerabflusses.   
In Zentralasien finden sich Gletscher vor allem im Himalaya und den angrenzenden Gebirgszügen Karakorum, Tien Shan, Kunlun Shan und Pamir. Dieses auch als „Groß-Himalaya“ bezeichnete Gebiet umfasst oberhalb von 1000 m über dem Meeresspiegel eine Landfläche von 7 Mio km<sup>2</sup> mit 116 000 km<sup>2</sup> Gletscherfläche (von ca. 500 000 km<sup>2</sup> weltweit). Wegen der Bedeutung für die Wasserversorgung großer Landstriche werden diese eisbedeckten Gebirge auch das „Wasserschloss Asiens“ genannt. Sie speisen zehn der größten Flüsse des Kontinents, u.a. Indus, Ganges, Bramaputra, Irrawaddy, Mekong, Yangtse, Gelber Fluss und Tarim, die wiederum Wasser für 1,3 Milliarden Menschen zur Verfügung stellen. Beim Ganges, Indus und Tarim liefern Schnee- und Eisschmelze sogar 70 % des Sommerabflusses.<ref>Xu, J. et al. (2009): The Melting Himalayas: Cascading Effects of Climate Change on Water, Biodiversity, and Livelihoods, Conservation Biology 23, 520-530</ref>  


Im Himalaya selbst  gibt es ca. 18 000 Gletscher mit einer Fläche von etwa. 35 000 km2. Die Gletscher verteilen sich auf zahlreiche Staaten. Wegen fehlender Beobachtungsdaten herrscht große Unsicherheit über das Verhalten der Gletscher.  
Im Himalaya selbst <ref name="UNEP">UNEP (2009):  [http://na.unep.net/publications/Himalayas.pdf Recent Trends in Melting Glaciers, Tropospheric Temperatures over the Himalayas and Summer Monsoon Rainfall over India]</ref> gibt es ca. 18 000 Gletscher mit einer Fläche von etwa. 35 000 km2. Die Gletscher verteilen sich auf zahlreiche Staaten. Wegen fehlender Beobachtungsdaten herrscht große Unsicherheit über das Verhalten der Gletscher.  


=== Allgemeiner Gletscherrückzug ===
=== Allgemeiner Gletscherrückzug ===


Eine Übersicht, die bestehende Untersuchungen auswertet, zeigt eine allgemeine Tendenz zum Rückzug der Gletscherzungen und zur Verringerung der Gletscherfläche.  So verloren die Gletscher in China seit der kleinen Eiszeit 20 % ihrer Fläche, wobei der Gletscherrückzug besonders in den letzten Jahrzehnten sich beschleunigt hat. Seit 1990 sind 95 % der chinesischen Hochgebirgsgletscher auf dem Rückzug und nur 5 % auf dem Vormarsch. Im Tien Shan ging die Gletscherfläche im 20. Jahrhundert um 25-35 % zurück, ähnlich im Pamir, und im Norden Afghanistans sogar um 50 Prozent. Im Karakorum zeigt sich keine eindeutige Entwicklung. Bis 1995 verringerte sich hier die Länge der meisten Gletscher; danach rückten viele wieder vor.
Eine Übersicht, die bestehende Untersuchungen auswertet, zeigt eine allgemeine Tendenz zum Rückzug der Gletscherzungen und zur Verringerung der Gletscherfläche.<ref name="UNEP" /> So verloren die Gletscher in China seit der kleinen Eiszeit 20 % ihrer Fläche, wobei der Gletscherrückzug besonders in den letzten Jahrzehnten sich beschleunigt hat. Seit 1990 sind 95 % der chinesischen Hochgebirgsgletscher auf dem Rückzug und nur 5 % auf dem Vormarsch. Im Tien Shan ging die Gletscherfläche im 20. Jahrhundert um 25-35 % zurück, ähnlich im Pamir, und im Norden Afghanistans sogar um 50 Prozent. Im Karakorum zeigt sich keine eindeutige Entwicklung. Bis 1995 verringerte sich hier die Länge der meisten Gletscher; danach rückten viele wieder vor.


Das indische Umweltministerium hat die Untersuchungen zu den indischen Himalaya-Gletschern gesichtet.  Danach zeigten die Gletscherfronten hier einen mittleren jährlichen Rückzug in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts um 5 m. In den 1980er Jahren steigerte sich dieser Rückzug bei einigen Gletschern auf 25-30 m, nahm aber seit den 1990er Jahren bei etlichen wieder ab. Über nur wenige Gletscher gibt es Beobachtungsdaten von 100 Jahren und mehr, und zwar ausschließlich über das Verhalten am Gletscherende. In den einzelnen Zeiträumen zeigten manche Gletscher, wie etwa der Siachen und der Gangotri, ein durchaus unterschiedliches Verhalten.
Das indische Umweltministerium hat die Untersuchungen zu den indischen Himalaya-Gletschern gesichtet.<ref name="Raina">Raina, V. K. (2009). [http://moef.nic.in/downloads/public-information/MoEF%20Discussion%20Paper%20_him.pdf Himalayan glaciers - a state-of-art review of glacial studies, glacial retreat and climate change.] MoEF Discussion Paper. G.B. Pant Institute of Himalayan Environment & Development online: </ref> Danach zeigten die Gletscherfronten hier einen mittleren jährlichen Rückzug in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts um 5 m. In den 1980er Jahren steigerte sich dieser Rückzug bei einigen Gletschern auf 25-30 m, nahm aber seit den 1990er Jahren bei etlichen wieder ab. Über nur wenige Gletscher gibt es Beobachtungsdaten von 100 Jahren und mehr, und zwar ausschließlich über das Verhalten am Gletscherende. In den einzelnen Zeiträumen zeigten manche Gletscher, wie etwa der Siachen und der Gangotri, ein durchaus unterschiedliches Verhalten.


=== Siachen- und Gangotri-Gletscher ===
=== Siachen- und Gangotri-Gletscher ===


Der Siachen-Gletscher liegt im südöstlichen Karakorum im indisch-pakistanischen Grenzgebiet. Er ist mit einer Länge von 74 km der zweitlängste Gletscher außerhalb der Polargebiete (nach dem Fedtschenko-Gletscher im Pamir in Tadschikistan mit 77 km Länge) und der längste Gletscher Indiens. Zwischen 1862 und 1909 ist der Siachen um 700 m vorgestoßen, hat sich zwischen 1929 und 1958 um 400 m zurückgezogen und zeigte in den letzten 50 Jahren so gut wie keine Bewegung am Ende der Gletscherzunge. Das bisherige Verhalten lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass der Gletscher in 50 Jahren oder so verschwunden sein wird.
Der Siachen-Gletscher liegt im südöstlichen Karakorum im indisch-pakistanischen Grenzgebiet.<ref name="Raina" /> Er ist mit einer Länge von 74 km der zweitlängste Gletscher außerhalb der Polargebiete (nach dem Fedtschenko-Gletscher im Pamir in Tadschikistan mit 77 km Länge) und der längste Gletscher Indiens. Zwischen 1862 und 1909 ist der Siachen um 700 m vorgestoßen, hat sich zwischen 1929 und 1958 um 400 m zurückgezogen und zeigte in den letzten 50 Jahren so gut wie keine Bewegung am Ende der Gletscherzunge. Das bisherige Verhalten lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass der Gletscher in 50 Jahren oder so verschwunden sein wird.


Der Gangotri-Gletscher ist 30 km lang und der größte Gletscher im Zentral-Himalaya. Er liegt westlich von Nepal und speist den Bhagirathi-Fluss, der wiederum einer der Hauptzuflüsse des Ganges ist. Der Gletscher zeigte bis zum Jahr 2000 einen starken Rückzug um im Mittel 20 m pro Jahr. Danach verlangsamte sich der Rückgang aber deutlich  und ist zwischen 2007 und 2009 praktisch zum Stillstand gekommen.  
Der Gangotri-Gletscher<ref name="Raina" /> ist 30 km lang und der größte Gletscher im Zentral-Himalaya. Er liegt westlich von Nepal und speist den Bhagirathi-Fluss, der wiederum einer der Hauptzuflüsse des Ganges ist. Der Gletscher zeigte bis zum Jahr 2000 einen starken Rückzug um im Mittel 20 m pro Jahr. Danach verlangsamte sich der Rückgang aber deutlich  und ist zwischen 2007 und 2009 praktisch zum Stillstand gekommen.  


=== Gletscherschmelze und Klimawandel ===
=== Gletscherschmelze und Klimawandel ===
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==== Gletscherrückgang ====
==== Gletscherrückgang ====


Vom indischen Umweltministerium wird der Gletscherrückgang im Himalaya nicht als alarmierend oder ungewöhnlich eingestuft.  Er sei nicht vergleichbar mit dem von einigen Gletschern in Alaska oder Grönland. Das Ministerium beurteilt auch die Frage nach den Ursachen des Gletscherrückzugs vorsichtig. Beobachtungen hätten gezeigt, dass sich selbst Gletscher in unmittelbarer Nachbarschaft, also unter gleichen klimatischen Bedingungen, nicht unbedingt gleich verhalten; manche rückten vor, andere zogen sich zurück. Gerade für die größeren Gletscher gilt, dass das Verhalten der Gletscherfront, und darauf stützen sich die meisten Beobachtungen, nicht eine Reaktion auf das gegenwärtige Klima sein muss.  
Vom indischen Umweltministerium wird der Gletscherrückgang im Himalaya nicht als alarmierend oder ungewöhnlich eingestuft.<ref name="Raina" /> Er sei nicht vergleichbar mit dem von einigen Gletschern in Alaska oder Grönland. Das Ministerium beurteilt auch die Frage nach den Ursachen des Gletscherrückzugs vorsichtig. Beobachtungen hätten gezeigt, dass sich selbst Gletscher in unmittelbarer Nachbarschaft, also unter gleichen klimatischen Bedingungen, nicht unbedingt gleich verhalten; manche rückten vor, andere zogen sich zurück. Gerade für die größeren Gletscher gilt, dass das Verhalten der Gletscherfront, und darauf stützen sich die meisten Beobachtungen, nicht eine Reaktion auf das gegenwärtige Klima sein muss.  


Nur in seltenen Fällen wie beim Gangotri  kann man überhaupt Klimadaten für einen Vergleich heranziehen. Gerade das Zungenende des Gangotri zeigt dabei in den letzten Jahren keinen Zusammenhang mit den Temperatur- und Niederschlagsänderungen. Nach Einschätzung indischer Experten könnte das Verhalten von Gletschern wie dem Gangotri oder dem Siachen auch auf klimatische Verhältnisse vor 6000 bzw. 15000 Jahren zurückgehen. Bis sich Veränderungen im Nährgebiet in der Gletscherzunge bemerkbar machten, könnten bei Gletschern von 30 oder 70 km Länge einige Tausend Jahre vergehen.
Nur in seltenen Fällen wie beim Gangotri  kann man überhaupt Klimadaten für einen Vergleich heranziehen. Gerade das Zungenende des Gangotri zeigt dabei in den letzten Jahren keinen Zusammenhang mit den Temperatur- und Niederschlagsänderungen. Nach Einschätzung indischer Experten könnte das Verhalten von Gletschern wie dem Gangotri oder dem Siachen auch auf klimatische Verhältnisse vor 6000 bzw. 15000 Jahren zurückgehen. Bis sich Veränderungen im Nährgebiet in der Gletscherzunge bemerkbar machten, könnten bei Gletschern von 30 oder 70 km Länge einige Tausend Jahre vergehen.
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==== Massenbilanz und Gletscherfläche ====
==== Massenbilanz und Gletscherfläche ====


Anders ist allerdings eine Massenabnahme der Gletscher zu beurteilen. Massenbilanzen zu den Himalaya-Gletschern gibt es zwar schon seit einigen Jahrzehnten, aber eher vereinzelt und mit deutlichen Unterbrechungen vor allem in den 1980er und 1990er Jahren.  Eine Gesamtbilanz ergibt eine Abnahme der Gletschermasse in den Hochgebirgsregionen Asiens seit den 1960er Jahren (Abb. 3). Im Vergleich zu anderen Gletschergebieten der Welt liegt die Abnahme der Gletschermasse eher im Mittelfeld und reicht nicht an die von Patagonien und Alaska heran.  
Anders ist allerdings eine Massenabnahme der Gletscher zu beurteilen. Massenbilanzen zu den Himalaya-Gletschern gibt es zwar schon seit einigen Jahrzehnten, aber eher vereinzelt und mit deutlichen Unterbrechungen vor allem in den 1980er und 1990er Jahren.<ref>Zemp, M. (2009): Six decades of glacier mass-blance observations: a review of the worldwide monitoring network, Annals of Glaciology 50, 101-111</ref> Eine Gesamtbilanz ergibt eine Abnahme der Gletschermasse in den Hochgebirgsregionen Asiens seit den 1960er Jahren (Abb. 3). Im Vergleich zu anderen Gletschergebieten der Welt liegt die Abnahme der Gletschermasse eher im Mittelfeld und reicht nicht an die von Patagonien und Alaska heran.  


Alle beobachteten Gletscher im indischen Himalaya zeigen während der letzten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine kumulative negative Massenbilanz. Die Abnahme der Gletschermasse ist am höchsten im Nordwesten Indiens (Jammu und Kaschmir) und am geringsten im Nordosten (Sikkim).  In Himachal Pradesh, West-Himalaya, wurde eine jährliche Abnahme der Eisdicke von 80 cm Wasseräquivalente jährlich zwischen 1999 und 2004 beobachtet.  Auch im Hochland von Tibet wurde an dem 6050 m hoch gelegenen Naimona’nyi-Gletscher eine Abnahme der Gletscherdicke gemessen, wie sie sonst in dieser Höhe nur vom Kilimandscharo bekannt ist.  
Alle beobachteten Gletscher im indischen Himalaya zeigen während der letzten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine kumulative negative Massenbilanz. Die Abnahme der Gletschermasse ist am höchsten im Nordwesten Indiens (Jammu und Kaschmir) und am geringsten im Nordosten (Sikkim).<ref name="Raina" /> In Himachal Pradesh, West-Himalaya, wurde eine jährliche Abnahme der Eisdicke von 80 cm Wasseräquivalente jährlich zwischen 1999 und 2004 beobachtet.<ref name="UNEP" /> Auch im Hochland von Tibet wurde an dem 6050 m hoch gelegenen Naimona’nyi-Gletscher eine Abnahme der Gletscherdicke gemessen, wie sie sonst in dieser Höhe nur vom Kilimandscharo bekannt ist.<ref>Kehrwald N.M. (2008): Mass loss on Himalayan glacier endangers water resources, Geophysical Research Letters, Vol 35, doi:10.1029/ 2008GL035556</ref>


Die Abnahme der Massenbilanz weist auf Einwirkungen gegenwärtiger Klimaänderungen hin. Das wird auch dadurch gestützt, dass, wie Satellitenbeobachtungen zeigen, auf breiter Front die Gletscherflächen im Himalaya abnehmen.  So wurde im 20. Jahrhundert ein Gebietsverlust von 25-35 % im Tien Shan festgestellt, von 30-35 % im Pamir und von über 50 % im Norden Afghanistans. In China sollen es ca. 20 % seit der kleinen Eiszeit und etwa sechs Prozent seit den 1960er Jahren sein. Im Karakorum konnte jedoch keine Reduktion der Fläche beobachtet werden.
Die Abnahme der Massenbilanz weist auf Einwirkungen gegenwärtiger Klimaänderungen hin. Das wird auch dadurch gestützt, dass, wie Satellitenbeobachtungen zeigen, auf breiter Front die Gletscherflächen im Himalaya abnehmen.<ref name="UNEP" /> So wurde im 20. Jahrhundert ein Gebietsverlust von 25-35 % im Tien Shan festgestellt, von 30-35 % im Pamir und von über 50 % im Norden Afghanistans. In China sollen es ca. 20 % seit der kleinen Eiszeit und etwa sechs Prozent seit den 1960er Jahren sein. Im Karakorum konnte jedoch keine Reduktion der Fläche beobachtet werden.


Ein Vergleich des Gletscherschwunds mit Änderungen des regionalen Klimas ist jedoch meistens nicht möglich, da Temperaturdaten nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind. Aus Satellitenbeobachtungen kann man jedoch schließen, dass die Temperaturzunahme im Himalaya in den letzten Jahrzehnten deutlich über dem globalen Mittel lag. Die Ursachen für die klimatischen Veränderungen sind jedoch komplex. Einerseits liegen sie in der globalen Zunahme der CO<sub>2</sub>-Konzentration und in der üblichen Rückkopplung über schnee- und eisbdeckten Gebieten. Andererseits spielen aber auch Aerosole wie Ruß und Staub eine Rolle, die Sonnenstrahlen absorbieren und zur Erwärmung der mittleren und oberen Troposphäre führe, in die die Berge des Himalaya hineinragen. Besonders über Nordindien und den Hügeln am Fuße des Himalaya ist es zu einer relativ starken Konzentration solcher Aerosole durch menschliche Aktivitäten gekommen. Ruß- und Staubablagerungen auf Eis- und Schneeflächen  kommen außerdem als direkte Ursache der Gletscherschmelze in Frage.
Ein Vergleich des Gletscherschwunds mit Änderungen des regionalen Klimas ist jedoch meistens nicht möglich, da Temperaturdaten nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind. Aus Satellitenbeobachtungen kann man jedoch schließen, dass die Temperaturzunahme im Himalaya in den letzten Jahrzehnten deutlich über dem globalen Mittel lag. Die Ursachen für die klimatischen Veränderungen sind jedoch komplex. Einerseits liegen sie in der globalen Zunahme der CO<sub>2</sub>-Konzentration und in der üblichen Rückkopplung über schnee- und eisbdeckten Gebieten. Andererseits spielen aber auch Aerosole wie Ruß und Staub eine Rolle, die Sonnenstrahlen absorbieren und zur Erwärmung der mittleren und oberen Troposphäre führe, in die die Berge des Himalaya hineinragen. Besonders über Nordindien und den Hügeln am Fuße des Himalaya ist es zu einer relativ starken Konzentration solcher Aerosole durch menschliche Aktivitäten gekommen. Ruß- und Staubablagerungen auf Eis- und Schneeflächen  kommen außerdem als direkte Ursache der Gletscherschmelze in Frage.<ref name="UNEP" />


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 30. Mai 2010, 15:32 Uhr

In Asien sind zwei große Gebiete mit Eisbedeckung zu unterscheiden: 1. die Gletschergebiete in Sibirien, 2. die Gletschergebiete in den Hochgebirgen der mittleren und niederen Breiten

Sibirien

Die Gletscher und Eiskappen Sibiriens finden sich vor allem auf den arktischen Inseln Nowaja Semlja, Sewernaja Semlja und Franz-Josef-Land sowie in den Gebirgszügen auf dem Festland vom Ural bis Kamtschatka. Auf den Inseln beträgt die gesamte Eisbedeckung ca. 56 000 km2, dagegen nur etwa 3 500 km2 in den sibirischen Gebirgen. Über das Verhalten der Gletscher in den letzten Jahrzehnten liegen nur wenige, oft unterbrochene Untersuchungen vor, u.a. bedingt durch den Zusammenbruch der Sowjetunion.

Insgesamt haben sich die Gletscher in Sibirien im Vergleich zu denen in Zentralasien nur wenig verändert. Die Gletscherfläche der arktischen Inseln zeigt über die letzten 50 Jahre im Mittel nur eine Reduktion von etwa einem Prozent. Im Ural sind nach russischen Studien einige kleinere Gletscher ganz verschwunden. Auf Kamtschatka gab es Vorstöße wie Rückzüge von Gletscherzungen, wobei in der Küstenzone die Rückzüge überwiegen.[1]

Zentralasien

Verbreitung der Gletscher

In Zentralasien finden sich Gletscher vor allem im Himalaya und den angrenzenden Gebirgszügen Karakorum, Tien Shan, Kunlun Shan und Pamir. Dieses auch als „Groß-Himalaya“ bezeichnete Gebiet umfasst oberhalb von 1000 m über dem Meeresspiegel eine Landfläche von 7 Mio km2 mit 116 000 km2 Gletscherfläche (von ca. 500 000 km2 weltweit). Wegen der Bedeutung für die Wasserversorgung großer Landstriche werden diese eisbedeckten Gebirge auch das „Wasserschloss Asiens“ genannt. Sie speisen zehn der größten Flüsse des Kontinents, u.a. Indus, Ganges, Bramaputra, Irrawaddy, Mekong, Yangtse, Gelber Fluss und Tarim, die wiederum Wasser für 1,3 Milliarden Menschen zur Verfügung stellen. Beim Ganges, Indus und Tarim liefern Schnee- und Eisschmelze sogar 70 % des Sommerabflusses.[2]

Im Himalaya selbst [3] gibt es ca. 18 000 Gletscher mit einer Fläche von etwa. 35 000 km2. Die Gletscher verteilen sich auf zahlreiche Staaten. Wegen fehlender Beobachtungsdaten herrscht große Unsicherheit über das Verhalten der Gletscher.

Allgemeiner Gletscherrückzug

Eine Übersicht, die bestehende Untersuchungen auswertet, zeigt eine allgemeine Tendenz zum Rückzug der Gletscherzungen und zur Verringerung der Gletscherfläche.[3] So verloren die Gletscher in China seit der kleinen Eiszeit 20 % ihrer Fläche, wobei der Gletscherrückzug besonders in den letzten Jahrzehnten sich beschleunigt hat. Seit 1990 sind 95 % der chinesischen Hochgebirgsgletscher auf dem Rückzug und nur 5 % auf dem Vormarsch. Im Tien Shan ging die Gletscherfläche im 20. Jahrhundert um 25-35 % zurück, ähnlich im Pamir, und im Norden Afghanistans sogar um 50 Prozent. Im Karakorum zeigt sich keine eindeutige Entwicklung. Bis 1995 verringerte sich hier die Länge der meisten Gletscher; danach rückten viele wieder vor.

Das indische Umweltministerium hat die Untersuchungen zu den indischen Himalaya-Gletschern gesichtet.[4] Danach zeigten die Gletscherfronten hier einen mittleren jährlichen Rückzug in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts um 5 m. In den 1980er Jahren steigerte sich dieser Rückzug bei einigen Gletschern auf 25-30 m, nahm aber seit den 1990er Jahren bei etlichen wieder ab. Über nur wenige Gletscher gibt es Beobachtungsdaten von 100 Jahren und mehr, und zwar ausschließlich über das Verhalten am Gletscherende. In den einzelnen Zeiträumen zeigten manche Gletscher, wie etwa der Siachen und der Gangotri, ein durchaus unterschiedliches Verhalten.

Siachen- und Gangotri-Gletscher

Der Siachen-Gletscher liegt im südöstlichen Karakorum im indisch-pakistanischen Grenzgebiet.[4] Er ist mit einer Länge von 74 km der zweitlängste Gletscher außerhalb der Polargebiete (nach dem Fedtschenko-Gletscher im Pamir in Tadschikistan mit 77 km Länge) und der längste Gletscher Indiens. Zwischen 1862 und 1909 ist der Siachen um 700 m vorgestoßen, hat sich zwischen 1929 und 1958 um 400 m zurückgezogen und zeigte in den letzten 50 Jahren so gut wie keine Bewegung am Ende der Gletscherzunge. Das bisherige Verhalten lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass der Gletscher in 50 Jahren oder so verschwunden sein wird.

Der Gangotri-Gletscher[4] ist 30 km lang und der größte Gletscher im Zentral-Himalaya. Er liegt westlich von Nepal und speist den Bhagirathi-Fluss, der wiederum einer der Hauptzuflüsse des Ganges ist. Der Gletscher zeigte bis zum Jahr 2000 einen starken Rückzug um im Mittel 20 m pro Jahr. Danach verlangsamte sich der Rückgang aber deutlich und ist zwischen 2007 und 2009 praktisch zum Stillstand gekommen.

Gletscherschmelze und Klimawandel

Gletscherrückgang

Vom indischen Umweltministerium wird der Gletscherrückgang im Himalaya nicht als alarmierend oder ungewöhnlich eingestuft.[4] Er sei nicht vergleichbar mit dem von einigen Gletschern in Alaska oder Grönland. Das Ministerium beurteilt auch die Frage nach den Ursachen des Gletscherrückzugs vorsichtig. Beobachtungen hätten gezeigt, dass sich selbst Gletscher in unmittelbarer Nachbarschaft, also unter gleichen klimatischen Bedingungen, nicht unbedingt gleich verhalten; manche rückten vor, andere zogen sich zurück. Gerade für die größeren Gletscher gilt, dass das Verhalten der Gletscherfront, und darauf stützen sich die meisten Beobachtungen, nicht eine Reaktion auf das gegenwärtige Klima sein muss.

Nur in seltenen Fällen wie beim Gangotri kann man überhaupt Klimadaten für einen Vergleich heranziehen. Gerade das Zungenende des Gangotri zeigt dabei in den letzten Jahren keinen Zusammenhang mit den Temperatur- und Niederschlagsänderungen. Nach Einschätzung indischer Experten könnte das Verhalten von Gletschern wie dem Gangotri oder dem Siachen auch auf klimatische Verhältnisse vor 6000 bzw. 15000 Jahren zurückgehen. Bis sich Veränderungen im Nährgebiet in der Gletscherzunge bemerkbar machten, könnten bei Gletschern von 30 oder 70 km Länge einige Tausend Jahre vergehen.

Massenbilanz und Gletscherfläche

Anders ist allerdings eine Massenabnahme der Gletscher zu beurteilen. Massenbilanzen zu den Himalaya-Gletschern gibt es zwar schon seit einigen Jahrzehnten, aber eher vereinzelt und mit deutlichen Unterbrechungen vor allem in den 1980er und 1990er Jahren.[5] Eine Gesamtbilanz ergibt eine Abnahme der Gletschermasse in den Hochgebirgsregionen Asiens seit den 1960er Jahren (Abb. 3). Im Vergleich zu anderen Gletschergebieten der Welt liegt die Abnahme der Gletschermasse eher im Mittelfeld und reicht nicht an die von Patagonien und Alaska heran.

Alle beobachteten Gletscher im indischen Himalaya zeigen während der letzten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine kumulative negative Massenbilanz. Die Abnahme der Gletschermasse ist am höchsten im Nordwesten Indiens (Jammu und Kaschmir) und am geringsten im Nordosten (Sikkim).[4] In Himachal Pradesh, West-Himalaya, wurde eine jährliche Abnahme der Eisdicke von 80 cm Wasseräquivalente jährlich zwischen 1999 und 2004 beobachtet.[3] Auch im Hochland von Tibet wurde an dem 6050 m hoch gelegenen Naimona’nyi-Gletscher eine Abnahme der Gletscherdicke gemessen, wie sie sonst in dieser Höhe nur vom Kilimandscharo bekannt ist.[6]

Die Abnahme der Massenbilanz weist auf Einwirkungen gegenwärtiger Klimaänderungen hin. Das wird auch dadurch gestützt, dass, wie Satellitenbeobachtungen zeigen, auf breiter Front die Gletscherflächen im Himalaya abnehmen.[3] So wurde im 20. Jahrhundert ein Gebietsverlust von 25-35 % im Tien Shan festgestellt, von 30-35 % im Pamir und von über 50 % im Norden Afghanistans. In China sollen es ca. 20 % seit der kleinen Eiszeit und etwa sechs Prozent seit den 1960er Jahren sein. Im Karakorum konnte jedoch keine Reduktion der Fläche beobachtet werden.

Ein Vergleich des Gletscherschwunds mit Änderungen des regionalen Klimas ist jedoch meistens nicht möglich, da Temperaturdaten nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind. Aus Satellitenbeobachtungen kann man jedoch schließen, dass die Temperaturzunahme im Himalaya in den letzten Jahrzehnten deutlich über dem globalen Mittel lag. Die Ursachen für die klimatischen Veränderungen sind jedoch komplex. Einerseits liegen sie in der globalen Zunahme der CO2-Konzentration und in der üblichen Rückkopplung über schnee- und eisbdeckten Gebieten. Andererseits spielen aber auch Aerosole wie Ruß und Staub eine Rolle, die Sonnenstrahlen absorbieren und zur Erwärmung der mittleren und oberen Troposphäre führe, in die die Berge des Himalaya hineinragen. Besonders über Nordindien und den Hügeln am Fuße des Himalaya ist es zu einer relativ starken Konzentration solcher Aerosole durch menschliche Aktivitäten gekommen. Ruß- und Staubablagerungen auf Eis- und Schneeflächen kommen außerdem als direkte Ursache der Gletscherschmelze in Frage.[3]

Einzelnachweise

  1. UNEP and WGMS. (2008): Global glacier changes: facts and figures. United Nations Environment Programme and World Glacier Monitoring Service.
  2. Xu, J. et al. (2009): The Melting Himalayas: Cascading Effects of Climate Change on Water, Biodiversity, and Livelihoods, Conservation Biology 23, 520-530
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 UNEP (2009): Recent Trends in Melting Glaciers, Tropospheric Temperatures over the Himalayas and Summer Monsoon Rainfall over India
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Raina, V. K. (2009). Himalayan glaciers - a state-of-art review of glacial studies, glacial retreat and climate change. MoEF Discussion Paper. G.B. Pant Institute of Himalayan Environment & Development online:
  5. Zemp, M. (2009): Six decades of glacier mass-blance observations: a review of the worldwide monitoring network, Annals of Glaciology 50, 101-111
  6. Kehrwald N.M. (2008): Mass loss on Himalayan glacier endangers water resources, Geophysical Research Letters, Vol 35, doi:10.1029/ 2008GL035556

Siehe auch

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